Anthrax
The Wörld Is Yours - Tour 2012
Konzertbericht
ANTHRAX
Sie können es noch, und zwar verdammt gut. Mit über 30 Jahren Bandhistorie auf dem Buckel, Belladonna in der Band, Belladonna nicht mehr in der Band, Sängerkarussell, dass einem schwindlig wird, nach Hitalben und weniger hitverdächtigem Material ist man zumindest skeptisch, ob einen die Band live anno 2012 nicht irgendwo zwischen Begeisterung für die guten alten Zeiten und leichten Mitleidsanflügen stehen lässt. Aber alle Sorge ist unbegründet, die Herren hauen dermassen rein, dass es eine Freude ist. „Caught In A Mosh“ ist gleich zu Beginn der Arschtritt, den das Publikum braucht, und in kürzester Zeit haben ANTHRAX die tobende Menge auf ihrer Seite. Als nächstes kommt die Zombie-Apokalypse in Form von „Fight ‚Em ‚Til You Can’t“ von „Worship Music“, dem letztjährigen aktuellen Studioalbum der New Yorker, auf dem nach längerem Hin und Her dann schliesslich doch Joey Belladonna zum ersten Mal nach 21 Jahren wieder für ANTHRAX die Vocals abliefern darf. Und nicht nur die hat er an diesem Abend bestens im Griff, sondern auch seine Fans, die er mit Eifer anheizt und denen er rennend, springend, posend mit ansteckend guter Laune eine Wahnsinnsshow bietet. Ein paar Stücke dürfen bei einem guten ANTHRAX-Set nicht fehlen, so auch der nächste Titel, „Antisocial“; dass dieser gar nicht aus der Feder von ANTHRAX stammt, sondern den Franzosen von TRUST geschuldet ist (ursprünglich auch noch mit französischen Lyrics), haben viele schon längst vergessen, gilt er doch als einer der bekanntesten Songs der Amerikaner.
Auch „Indians“ sollte jedem ANTHRAX-Fan ein Begriff sein, hier darf man nur beim Text nicht so genau hinhören. Und der Chorus.. wo daheim der Finger Richtung Vorspultaste zucken würde, kann ich live recht gut darüber weghören, denn die Formation, die ja nicht ganz unschuldig an der Entwicklung des Thrash, wie wir ihn heute kennen, beteligt war, macht im wahren Leben um einiges mehr Freude als auf mancher ihrer in Albumform gepressten Werke. Die Herren sind in hervorragender Spiellaune, Ian, Bello und Caggiano machen ihre Sache ziemlich gut, nur Benante fehlt am Schlagzeug; der durfte dank privater schwierigkeiten, es gab da wohl eine Prügelei und Verhaftung, diesen Teil der Tour nicht mitmachen. Für ihn sitzt Jon Dette, der schon für TESTAMENT und SLAYER getrommelt hat, hinter den Fellen. „In The End“, ebenfalls ein aktueller Track, wird Ronnie James Dio gewidmet, laut Belladonna ein wichtiger Einfluß für die Band. Das folgende „Deathrider“, noch so ein Muss, haut dann endgültig den Putz von den Wänden, großartig. Der Rest des Sets birgt keine Risiken mehr für ANTHRAX, quer durch die Alben werden die Hits eingesammelt: „Madhouse“, das für die Band ungewöhnliche Joe Jackson-Cover „Got The Time“, und okay, mit „The Devil You Know“ wird auch noch ein neues Stück eingeschmuggelt. Zum Abschluß gibt es die Ode der Band an einen futuristischen Comic-Cop namens Judge Dredd, „I Am The Law“. Wer jetzt noch nicht auf 180 ist, dem ist auch nicht mehr zu helfen.
MOTÖRHEAD
Die Zeit, in der wir leben, wird gerne als schnelllebig bezeichnet, was heute als angesagt, avantgardistisch, populär gilt, ist morgen schon wieder aus dem Gedächtnis verschwunden. Fähnchen im Wind haben Hochkonjunktur, ein Trend jagt den nächsten, Bands spriessen aus dem Boden wie Unkraut und werden von der Musikindustrie genauso schnell auf den Komposthaufen verfrachtet. Wie schön, dass es nicht überall, wohin man schaut, so abläuft. Es gibt noch Konstanten in unserer musikalischen Welt, und eine davon nennt sich MOTÖRHEAD. Vorstellen muss man die seit 1975 agierende Truppe glaube ich niemandem mehr, und wenn man eine ihrer Shows gesehen hat, dann weiß man ganz genau, was einen erwartet. Bis hin zu Lemmys Mikroposition. Vielleicht ist aber genau das der Grund dafür, dass trotz alljährlicher ausgedehnter Tour die nicht grade kleinen Hallen immer voll sind. Dazu natürlich die recht beeindruckende Menge an Songmaterial, darunter einige waschechte Hard Rock-Hymnen. Insgesamt wohl auch dieses verschworene-Fangemeinde-Ding. Wenige Bands können auf eine über Jahrzehnte derart treue Fanschar blicken, die sich mittlerweile durch mehrere Generationen zieht. Aber genug der Vorrede.
„We are Motörhead, and we play Rock’n’Roll!“. Noch so eine Sache, mit der man fest rechnen kann. „I Know How To Die“ eröffnet das letztlich wie im Flug vorbeirauschende Set; es stammt vom aktuellen „The Wörld Is Yours“-Langspieler, welcher auch der nun schon im zweiten Jahr laufenden Tour ihren Namen gibt. Eigentlich wird es ja langsam wieder Zeit für einen Nachfolger. Das Stück ist, nun ja, ein typischer MOTÖRHEAD-Titel, auch in dieser Hinsicht weiß man was man kriegt bei den Briten. „Damage Case“ und „Stay Clean“ gehen dann weit zurück auf das großartige Zweitwerk von MOTÖRHEAD, „Overkill“. Auf der Bühne business as usual, Lemmy mit tief ins Gesicht gezogenem schwarzen Hut hält sich wie gewohnt am liebsten hinter dem Mikro auf, Campbell macht als einziger sowas wie eine Show, und vom hoch über dem Geschehen thronenden Mickey Dee ist hinter seinem riesigen Drumset nur die blonde, fliegende Mähne zu sehen – und das beeindruckend kraftvolle Drumming zu hören. Zwischendrin ein ausgedehntes Gitarren-Solo, Campbell in einem einzigen Lichtkegel nebst quietschig weiß-grüner Leuchtklampfe. Mit „Metropolis“ bleiben wir auf „Overkill“, während sich „Over The Top“ auf die „Bomber“-Platte in die Zukunft vorarbeitet.
Die Fans können gar nicht anders als abzugehen, auch wenn ich sagen muss, dass mir ANTHRAX noch positiv in den Knochen stecken und Lemmy und Co. dagegen nicht so richtig ankommen. Der Mehrzahl der Anwesenden geht es da aber sichtbar anders. Auch die Setlist glänzt nicht gerade durch Überraschungen, aktuelle Stücke gibt es keine weiteren, hier wird auf sichere Nummern wie das obligatorische „Ace Of Spades“ gesetzt, welches das reguläre Set beendet. Die geforderte Zugabe wird nach kurzer Pause bedient. Zunächst erweist die Formation THIN LIZZYs „Are Your Ready“ die Ehre, gefolgt von einem hammermäßigen „Overkill“. Alles in allem bleibt dennoch ein etwas blasser Eindruck zurück von diesem MOTÖRHEAD-Gig, der schon nach knappen 75 Minuten sein Ende findet. Werden die drei Herren langsam alt? Lemmy bringt es an Heiligabend schließlich schon auf stolze 67 Lenze. Oder schlaucht das Tourleben inzwischen doch mehr als ihnen lieb sein? Diese Frage wird sich wohl nächstes Jahr um diese Zeit genauer erörtern lassen, aber an diesem Abend bleiben vor allem die fantastisch energiesprühenden ANTHRAX im Gedächtnis.
Setlist MOTÖRHEAD
I Know How to Die
Damage Case
Stay Clean
Metropolis
Over the Top
Doctor Rock
Guitar Solo
The Chase Is Better Than the Catch
Rock It
You Better Run
The One to Sing the Blues
Going to Brazil
Killed by Death
Ace of Spades
Encore:
Are You Ready (Thin Lizzy cover)
Overkill
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Ganz toller Bericht!!!