Belphegor, Arkona & Atrocity
30 Years Anniversary Processions Tour 2023
Konzertbericht
BELPHEGOR feiern (ungefähr) 30-jähriges Bandjubiläum und zelebrieren zusammen mit ARKONA, ATROCITY und MONASTERY ihre „30 Years Anniversary Processions“. Wir sind in Essen mit dabei und lüften für Euch den Nebelschleier.
Das Turock in Essen ist für einen Sonntag nicht schlecht gefüllt, immerhin muss die arbeitende Bevölkerung am nächsten Morgen wieder früh aus den Federn. Heute abend ist aber eine „30 Years Anniversary Procession“ angesagt, die die österreichischen Teufelsbuben BELPHEGOR zusammen mit den Russen ARKONA, den deutschen (Death-) Metal-Veteranen ATROCITY und MONASTERY aus Ungarn feiern. Letztere waren erst kurz vorher für die iranisch-norwegische Band CONFESS eingesprungen; der Grund: CONFESS-Frontmann Nikan Siyanor bekam die Einladung, bei der Verleihung des Friedensnobelpreises an die im Iran inhaftierte Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi dabei zu sein.
MONASTERY heizen mit Groove ein
Daher stehen also als Einheizer MONASTERY auf der Bühne, deren 1992er-Scheibe „Far From Christ“ als erstes Death-Metal-Album aus Ungarn gehandelt wird. Heute stehen also fünf teilweise gesetzte Herrschaften auf der Bühne, die für die Vorbands übrigens ziemlich schmal ist – das Drumkit für BELPHEGOR steht halt schon im Rückraum aufgebaut bereit. Viel Bewegung ist also von den Herren nicht zu erwarten, was aber durch einen massiven Bandsound aufgefangen wird: Man könnte die Songs als eine Melange aus BOLT THROWER mit Groove bezeichnen, manche mögen teilweise auch Nu-Metal-Einsprengsel raushören.
Jedenfalls ist die Musik wirkungsvoll, die Tempowechsel machen Spaß, und so sehen es auch die Anwesenden vor der Bühne – da wird der erste Moshpit an diesem Abend angezettelt (einzig die bleich geschminkten Gestalten, die uns im Eingangsbereich entgegen kommen, halten sich noch vornehm zurück). Frontmann Roland Kovács jedenfalls bedankt sich zwischen den durch seinen kernigen Grunzgesang angetriebenen Stücken artig beim Publikum: „I f***ing f***ing l**e you!“
ATROCITY frönen dem Death Metal
Nach kurzer Umbaupause stehen ATROCITY auf der eingenebelten Bühne. Die haben in der Vergangenheit musikalisch ja immer mal wieder experimentiert, aber heute steht doch eindeutig der gute alte Death Metal auf dem Programm. Und auf der Bühne eine reduzierte Besetzung – denn einen Bassisten sucht man vergeblich. Dafür machen die mit dezenten schwarzen Striemen geschminkten Mannen um Frontmann Alex Krull ordentlich Alarm – der Mann ist ja ein Bühnenurgestein und kennt alle Kniffe, um die Meute zu animieren: „Auf den Ruhrpott ist immer Verlass“, weiß er und haut noch ein „Wo sind die Hörner?“ raus.
Galerie mit 23 Bildern: Atrocity – 30 Year Anniversary Processions 2023 in EssenDie Menge hat jedenfalls Lust auf Songs vom Schlage „Death By Metal“, „Fatal Step“ und „Necropolis“, und schon bald wird wieder ein wilder Moshpit angezettelt. Und seine Kollegen an der Gitarre haben ebenfalls Spaß in den Backen. Die posieren mal zu zweit, dann kommt der Fronthüne dazu, um mit seinem Mikro über das Griffbrett von Gitarrenmeister Micki Richter zu sliden. Kurzum: Ein kurzweiliger Gig und eine weitere gelungene Aufwärmübung für den Rest des Abends.
Setlist:
Desecration Of God
Death By Metal
Fire Ignites
Fatal Step
Necropolis
Bleeding For Blasphemy
Malicious Sukkubus
Shadowtaker
Reich Of Phenomena
Outro
ARKONA vertonen den Grimm der Steppe
Das Gedränge vor der Bühne wird dichter: Dort betreten die Folk-Black-Metaller ARKONA die Szene und vertonen den Grimm der russischen Steppe – so jedenfalls könnte man das große Backdrop mit der vom schweren Leben gezeichneten Bäuerin und der dahinter stehenden Dämonin deuten. Jedenfalls liegt der Fokus des Vierers vermehrt auf Soundlandschaften als auf Songs, bei denen man einfach nur eskaliert. Der Gitarrist verlegt sich häufig auf Arpeggien, der Drummer spielt vergleichsweise variabel, und als später noch schamanischer Joik-Gesang ertönt, ist der Eindruck perfekt.
Galerie mit 23 Bildern: Arkona – 30 Year Anniversary Processions 2023 in EssenDabei treten die Russen ebenfalls in reduzierter Besetzung auf – ohne den Kollegen mit den Flöten und Pfeifen. Trotzdem fehlt nichts – ein paar Backingtracks dürften den Sound ergänzt haben. Und auch auf der Bühne ist genug los, von großen Sprüngen einmal abgesehen, denn immer noch spielen die Musiker vor dem bereits fertig aufgebauten Drumset von BELPHEGOR. Die nach wie vor jugendlich wirkende blonde Sängerin Masha verlegt sich dafür auf bedeutungsschwangere Gesten, Gitarrist Sergej Lazar positioniert sich häufig mal mit ausgebreiteten Armen am Bühnenrand, während Bassist Ruslan seinen Körper ständig in Bewegung hält. Das kommt gut an, genauso wie Songs vom Schlage „Goi, Rode Goi“.
BELPHEGOR drehen die Kreuze um
Die anschließende Umbaupause dauert etwas länger – immerhin müssen die aufgespießten Ziegenschädel, Kunstwerke aus Knochen und Schädeln und ein paar umgedrehte Kreuze aufgestellt werden. Danach wird die Bühne in dichte Nebelschwaden gelegt, und ein dräuendes Intro ertönt. Nach handgestoppten fünf Minuten brandet Jubel auf, als eine Gestalt auf die Bühne kommt; das jedoch ist lediglich eine Stagehand, die Kelche mit Weihrauch vor dem Drumset platziert. Vereinzelte „BELPHEGOR“-Rufe sind zu vernehmen, ein vorwitziger Fan skandiert sogar „Hellmuth, komm raus!“ Und dann: Nach einlullenden zehn Minuten Intro betreten endlich die Mannen um besagten Hellmuth die Szenerie, immer noch eingehüllt in einen undurchdringlichen Nebelschleier.
Galerie mit 20 Bildern: Belphegor – 30 Year Anniversary Processions 2023 in EssenDer Beginn mit „Baphomet“ changiert geschickt zwischen Schlagzeug-Sperrfeuer und technischen Finessen. Der Frontmann reißt immer wieder Augen und Mund weit auf und verharrt in einer Totenpose – Musik und Optik gehen also eine unauflösbare Verbindung ein. Das wird umso deutlicher, als der Österreicher auf Ansagen weitgehend verzichtet und stattdessen seine Mitstreiter an den Saiteninstrument hinter sich zu einer Demutspose versammelt. Beispielsweise. Immerhin steht der Abend ja unter dem Motto einer „Prozession“, und da hat die plakative Umkehrung christlicher Symbole und Rituale ihren festen Platz im Set.
War vor der Bühne bislang immer noch ein wenig Platz zwischen den Reihen, hat sich das beim großen Finale nun geändert: Sogar die Fans mit vollem Corpsepaint sind nach vorne gerückt und feuern die österreichisch-internationale Band an. Lediglich einen Moshpit zettelt niemand an – vielleicht ist es dafür auch zu dicht gedrängt. Und der Frontmann feuert, anders als bei den Vorbands, auch niemanden dazu an. Lediglich ein raunendes „Deeeuuutschlaaand“ entweicht seinen sparsam geöffneten Lippen. Hellmuth bleibt halt in seiner Rolle. Wobei, einmal muss er doch grimmig lachen, als wieder „Hellmuth“-Rufe aufbranden. Unter uns: Das ist schon fast, nun ja, sympathisch.
Nebel, Weihrauch, satanische Rituale – was fehlt noch? Klar, Feuer. Und auch da haben BELPHEGOR die richtigen Accessoires am Start. In diesem Fall zwei links und rechts des Frontmanns am Bühnenrand platzierte Ständer mit Schalen, die entflammt werden. Genauso wie ein Ziegenkopf mit lodernden Hörnern, den der Frontmann in die Höhe reckt. Und die Musik? Variables Getrümmer zwischen „Necrodaemon Terrorsathan“ und „The Devils“, zwischen Hochgeschwindigkeitsgeknatter und schweren Parts. Eine Stunde (plus das lange Intro) reicht, um die Menge geplättet zurückzulassen. Jedenfalls ist angesichts von vier Bands und leidenschaftlich vorgetragenen Shows niemand böse, dass das Konzert ohne Überlänge bereits gegen 22:45 Uhr seinem Ende zugeht.
Setlist:
The Procession
Baphomet
The Devil’s Son
Sanctus Diaboli Confidimus
Belphegor – Hell’s Ambassador
Conjuring The Dead / Pactum
Lucifer Incestus
Virtus Asinaria – Prayer
The Devils
Der Lichtbringer
Totentanz – Dance Macabre
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