Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
Gerade einmal neun Monate nach „Infernal“ veröffentlichten EDGE OF SANITY im November 1997 ihr siebtes Album „Cryptic“. Wobei, wirklich EDGE OF SANITY?
Eine Band bricht endgültig auseinander
Insbesondere die beiden genialen „Purgatory Afterglow“ und „Crimson“ waren vom kreativen Spannungsfeld zwischen Dan Swanö auf der einen Seite und Andreas „Dread“ Axelsson, Anders Lindberg, Sami Nerberg und Benny Larsson auf der anderen Seite geprägt. Mit „Infernal“ traten dann die ohnehin kaum noch zu überdeckenden Risse und einander unversöhnlichen Lager innerhalb von EDGE OF SANITY endgültig zutage. Das konfuse, zusammengestückelte Album war in sich zerrissen und zerfahren wie die Gruppe, weniger Band als loses Projekt, die zu keiner wirklichen Kooperation mehr imstande war.
Diese Entwicklung führte zu einer geradezu irrwitzigen Situation. Swanö tritt im Anschluss an ihr Label Black Mark Production heran mit der Idee, EDGE OF SANITY alleine weiterzuführen. Dort erklärt man ihm, dass er nicht mehr Teil davon wäre und der Rest ohne ihn weitermacht. Seine ehemaligen Kollegen hatten bereits Roberth Karlsson (u. a. SCAR SYMMETRY, FACEBREAKER), vormals noch in PAN.THY.MONIUM, wo pikanterweise auch Dan und Benny waren, als Sänger verpflichtet und arbeiteten an „Cryptic“. Eine Art Rettungsversuch ohne den vermeintlichen Bandleader.
Aufgenommen wurde „Cryptic“ im August 1997 im schwedischen Soundtrade Studio. Und es war klar, dass das Album wieder deutlich zurück zu den Death-Metal-Wurzeln gehen würde. War bereits das Artwork zu „Infernal“ nicht gerade eine Augenweide, wirkt die Gestaltung von „Cryptic“ geradezu lieblos.
EDGE OF SANITY gehen mit „Cryptic“ wieder back to the roots
„Cryptic“, das erste und einzige Album ohne den überaus kreativen Swanö, präsentierte sich deutlich stärker am ursprünglichen, rohen Klang von EDGE OF SANITY orientiert. Die progressiven Anleihen, all die stilistischen Öffnungen, komplexen und experimentellen Ausflüge sollten von nun an der Vergangenheit angehören. Das fängt mit Karlsson an, der lediglich auf tiefe Growls setzt und damit den Klargesang, den es bereits seit „Unorthodox“ gab, völlig ausklammerte. Keine Frage, der Mann legt einen guten Job hin, aber man muss sich erst einmal an seine Stimme gewöhnen, die natürlich einen anderen Ausdruck besitzt.
EDGE OF SANITY spielen auf „Cryptic“ derben Old School Death Metal. Die Gitarren sind tief gestimmt, die Riffs sind meist recht einfach aber effektiv gehalten, glücklicherweise gibt es aber immer noch hier und da wie in „No Destiny“ majestätische Melodien, die für Eingängigkeit und etwas Abwechslung sorgen. Im Gesamten betrachtet ist das Tempo in vielen Songs wieder deutlich höher, so gibt es einige schlüssig eingebaute Blast-Beats. Auf der Habenseite stehen noch der mächtige Opener „Hell Written“ und das energische, mit einem famosen Chorus ausgestattete „Born, Breed, Bleeding“. Hier blitzt nochmal die Klasse auf, die EDGE OF SANITY ausmacht.
Der Rest des Albums ist im Grunde sehr solide gespielter, teils fast schon austauschbarer Standard Death Metal, wie man ihn nicht nur von den ersten beiden Alben von EDGE OF SANITY kennt. Dazu spielt die Band hier und da ein wenig Death’n’Roll, nicht gerade untypisch für Schweden. Wie es sich für erfahrene Musiker gehört natürlich kompetent und mit Stil, aber nichts Besonderes.
„Cryptic“ fehlt die Magie
Verglichen mit dem Vorgänger „Infernal“ ist „Cryptic“ deutlich homogener und kohärenter, richtige Highlights sind aber hier noch mehr Mangelware. Zwar hatten in der Vergangenheit auch andere Bandmitglieder große Songs geschrieben, es waren aber die Glanztaten von Swanö bzw. das kreative Zusammenwirken beider Pole, die EDGE OF SANITY so besonders machten. Das konnten sie nicht kompensieren. Es fehlt dem wirklich soliden Album die besondere Magie, die EDGE OF SANITY auszeichnete. Nach einer Tour lösten sich EDGE OF SANITY in dieser Konstellation in der Folge auf. Dan Swanö begräbt den Namen schließlich endgültig mit dem gutklassigen „Crimson II“ (2003).
Schon seltsam: Veröffentlichte man dieselben Songs heute unter, was weiß ich, Gatecreeper, oder Black Breath, die Platte bekäme 8 Punkte. Lol.
PS: Damals gekauft, einmal gehört und seitdem im Regal vergammelnd. Braucht keine Sau.
Ich mochte das Album, es war zackig und auf den Punkt gebracht.
Ungewohnt für Edge Of Sanity aber ein Teil ihrer Geschichte.
Gute Autofahrmusik.
Ok. Ich Sau brauche das Album nicht 😂
Auf Edge of Sanity ohne Swanö hatte ich kaum Bock, deshalb habe ich das Album mal vorgezogen.
Und siehe da: Ich wurde überrascht!
Natürlich ist nun all das, wofür die Band mittlerweile bekannt war, verschwunden, aber dafür, dass die anderen Bandmitglieder es doch wieder gerne roher haben wollte, empfand ich das Album als überraschend melodisch. Clean Vocals gibt es zwar keine, doch die Gitarrenarbeit bringt genügend Melodik mit ins Spiel und den Death’n’Roll-Einschlag hört man sogar überdeutlich. Das Ergebnis macht irgendwie Laune und geht flott ins Ohr, ohne natürlich die Klasse eines Swanö zu haben. Eigentlich ist die Musik nun sogar enorm stumpf, doch wenn man das Genre mag, kann man sich das dennoch wunderbar anhören, weil es gekonnt gemacht wurde. Talentierte Musiker waren jedenfalls immer noch vorhanden, nur eben kein Genie wie Swanö, der neue Visionen mit hineinbrachte.
6 Punkte sind meines Erachtens etwas wenig, weil gerade die ersten paar Tracks wunderbar Laune machen. 7 sind dann wiederum fast zu viel, weil es gegen Ende doch immer monotoner wird. Abwechslung wird einem hier halt nicht geboten. Bleiben solide 6,5 für mich. Besser als gedacht!