Katatonia
Interview mit Jonas Renkse und Anders Nyström zu "Dead End Kings"
Interview
Vergangene Woche haben KATATONIA die Dark-Metal-Gemeinde mit einem weiteren starken Album beglückt. „Dead End Kings“ untermauert dabei einmal mehr den außergewöhnlichen Satus der Schweden als eine der bedeutendsten Bands des Genres. Auf dem diesjährigen Summer Breeze trafen wir Frontmann Jonas Renkse und Gitarrist Anders Nyström zum Interview. Was die Herrschaften über Festival-Gigs zu später Stunde, den Djent-Boom und Innovationen im Metal zu sagen haben, könnt ihr hier lesen:
2006 habt ihr auf dem Summer Breeze euer Live-Album „Live Consternation“ aufgenommen. Wie fühlt es sich an, nun zur exakt gleichen Uhrzeit und am selben Ort wieder auf der Bühne zu stehen?
Anders: Dass wir um diese Zeit auf so einem Festival spielen können, ist natürlich super. Das ist, wenn ich mich recht entsinne, wahrscheinlich der beste Slot, den wir je in einem Billing bekommen haben. Das Summer Breeze war für uns generell immer etwas Besonderes. Insgesamt dürfen wir ja zum vierten Mal dabei sein. Es ist eine sehr schöne Location und die Leute hier sind wirklich freundlich. Hier fühlt man definitiv die „magic in the air“. Das wird heute sicherlich ein sehr schöner Abschluss der Festival-Saison für uns.
Euer neues Album „Dead End Kings“ wird dieser Tage erscheinen. In einem Interview habt ihr über eure letzte Platte „Night Is The New Day“ gesagt, es wäre die am schwersten zu schreibende Platte eurer Bandgeschichte gewesen. Wie lief es diesmal für die neue Scheibe?
Anders: Es war dieses Mal wesentlich einfacher. Die letzte Platte hat Jonas ja mehr oder weniger allein geschrieben. Das hat dann natürlich auch länger gedauert. Für „Dead End Kings“ haben wir uns die Arbeit wieder geteilt und einiges auch zusammen erarbeitet. So ging vieles schneller von der Hand, der gesamte Schreib-Prozess war spontaner. Wir waren auch viel konzentrierter. „Night Is The New Day“ haben wir dreimal versucht zu schreiben und immer wieder verworfen. Dieses Mal war es wieder ein viel stringenterer Prozess.
Wer hat den größten Anteil der Musik beigesteuert?
Jonas: Wenn Anders und ich Songs schreiben, dann produzieren wir jeder für sich Demo-Tracks mit programmiertem Schlagzeug, Keyboards und Gesang. So können wir dem jeweils anderen bereits ein komplettes Bild davon vermitteln, was wir uns vorstellen. Es geht dann im Endeffekt gar nicht darum, wer was geschrieben hat, sondern wie gut und komplett die Songs in unseren Augen sind. Manchmal nehmen wir dann einzelne Teile und arrangieren sie neu. Es ist schwer zu sagen, aber ich schätze, dass Anders und ich zu gleichen Teilen an den neuen Songs beteiligt waren.
Gibt es ein besonderes Konzept hinter den Lyrics?
Jonas: Nicht wirklich. Ich würde mich gerne hinstellen und sagen, was ich alles anders gemacht habe. Aber es ist wie mit der Musik, man findet ein Konzept, das einem gefällt und welches funktioniert. Und so habe ich es für die neue Scheibe auch gemacht. Es sind mehr oder weniger die selben Themen, die behandelt werden. Die Lyrics sind also wieder sehr düster und depressiv ausgefallen. Das ist es ja auch, was KATATONIA von Anfang an ausgemacht hat. Das Wichtigste für mich ist, dass die Texte gut mit der Musik funktionieren. Die Lyrics sind natürlich auch eine Reflexion meiner Persönlichkeit. Es sind Dinge, über die ich nachgedacht habe oder die mich bedrücken. Insofern bin ich glücklich, einen Weg gefunden zu haben, darüber zu schreiben. Manches klingt wahrscheinlich auch düsterer, als es wirklich gemeint ist. Aber wir haben alle unsere dunklen Seiten, denke ich. Und das ist eine Sache, über die es sich gut schreiben lässt.
Wo habt ihr aufgenommen und wer hat das Artwork für „Dead End Kings“ gestaltet?
Jonas: Wir haben mit David Castillo in den Ghost Ward Studios in Stockholm aufgenommen, wo wir auch schon für die letzte Platte waren. David war früher auch unser Tonmann bei Live-Shows, wir kennen uns also sehr gut. Er ist ein sehr fähiger Soundengineer. Für das Artwork konnten wir wieder Travis Smith gewinnen. Diese Zusammenarbeit gibt es nun auch schon eine sehr lange Zeit, seit 1999 und „Tonight’s Decision“.
Denkt ihr, dass mittlerweile den perfekten Sound für KATATONIA gefunden habt?
Jonas: Es ist wirklich so, dass wir für die beiden letzten Platten einen Sound gefunden haben, der sich für uns gut anfühlt. Natürlich wollen wir in der Zukunft weiterhin neue Dinge ausprobieren. Im Moment haben wir aber eine Mischung aus einem sehr atmosphärischen, andererseits eher rockig-metallischem Sound, mit dem wir sehr zufrieden sind. Gleichzeitig ist der Sound auch irgendwie ein Spiegelbild davon, wo wir uns gerade befinden – als Band, als Musiker und als Menschen.
Anders: Wir wissen natürlich nicht, wo die Reise in Zukunft hingeht. Im Moment ist das einfach nur Katatonia. Vielleicht klingt das nächste Album dann auch so ähnlich. Vielleicht aber auch nicht, das kann man nicht sagen. Das ist ja auch das Spannende an Musik, wenn man eben keinen Masterplan für die nächsten fünf Alben hat. Wir sind ja kein Unternehmen, dass planen muss. Wir hören auf unser Herz. Und dein Herz kann dich manchmal auch in die unterschiedlichsten Richtungen leiten.
Steven Wilson und Mikael Akerfeld haben zuletzt ein gemeinsames Album veröffentlicht. Welche Kooperationen könnten ihr euch vorstellen oder sind an euch herangetragen worden?
Jonas: Das sind Dinge, die vor allem andere Leute von uns erwarten. Wir haben uns darüber bis jetzt nicht wirklich viele Gedanken gemacht, auch wenn wir natürlich vieles mit Bands wie OPETH oder PORCUPINE TREE gemeinsam haben, was den Sound oder die Denkweise angeht. Und natürlich lieben wir diese Bands und das, was sie tun. Das war es dann aber auch. Wenn wir je solche Projekte starten würden, könnte sicher Großartiges dabei herauskommen. Aber die Zeit dafür ist gerade eh nicht vorhanden. Und überhaupt wäre es sicher interessanter, etwas zu machen, was sich im Kern von unseren Stammbands unterscheidet. Deswegen haben wir ja auch damals mit Mikael bei Bloodbath gespielt und gemeinsam Death Metal gemacht.
Wenn ihr einen Song von PORCUPINE TREE für ein Tribute-Album beisteuern würdet, welchen Song dürften wir von euch hören?
Anders: Wahrscheinlich „Stars Die“.
Jonas: Ja, „Stars Die“ ist ein perfekter Song für KATATONIA.
Anders: Auf jeden Fall etwas von „The Sky Moves Sideways“, weil dieses Album auf mich den größten Einfluss ausgeübt hat.
Wie geht ihr damit um, wenn wir Journalisten oder eure Fans euch als eine der einflussreichsten Bands im Metal bezeichnen?
Anders: Hört sich für mich gut an… (haha)
Jonas: Natürlich hört es sich gut an. Aber manchmal kommt mir das auch etwas übertrieben vor. Ich weiß nicht, ich schätze es ist schon ok.
Anders: Man muss ja auch sehen, dass wir diese Band nun schon seit über 20 Jahren betreiben. Und manchmal vergessen wir das, weil wir eigentlich immer nur von Tag zu Tag denken. Und eigentlich sind wir auch sehr bescheidene Leute, Menschen wie jeder andere auch. Unsere Sicht auf das Leben ist sehr rational. Aber wenn Leute nach der Show zu uns kommen, uns solche Dinge sagen und sie auch ernst meinen, dann freue ich mich natürlich darüber. Das ist eine Form der Wertschätzung, die wir nach 20 Jahren vielleicht auch verdienen. Und letztlich geht ja um die Musik, die ja auch die treibende Kraft hinter KATATONIA ist. Und ich liebe es mit Menschen über Musik zu sprechen. Es ist die Musik, die das Leben lebenswert macht.
Im November werdet ihr mit JUNIUS und ALCEST in Deutschland auf Tour gehen. Heute spielt ihr vor tausenden Zuhörern, im November vor einem deutlich kleineren Publikum. Wie fühlt sich das an und wie kann man sich nach so einer Kulisse wie auf dem Summer Breeze noch für kleinere Gigs motivieren?
Anders: Wir machen das, weil keine Location so wie die andere ist. Jede Show ist deswegen individuell anders, so wie die Menschen, die zu den Shows kommen. Und es ist auch eine Pflicht gegenüber unseren Fans, dass wir zu ihnen kommen und für sie spielen. Wir werden immer wieder gefragt, was beispielsweise die Unterschiede zwischen den Shows in den USA und in Deutschland sind. Und ich sage dann immer: „Was ist überhaupt so interessant an diesen Unterschieden?“ Auch die Shows innerhalb Deutschlands sind alle unterschiedlich – eben weil unterschiedliche Menschen hingehen. Und deswegen wollen wir einfach nur zu so vielen Orten wie möglich fahren, um diese individuelle Erfahrung mit den Leuten zu machen. Ich würde am liebsten überall auf der Welt spielen, auch weil wir es den Leuten an so vielen Orten noch schulden.
Jonas: Man darf auch nicht vergessen, dass wir – wie jede andere Band auch – in den verschwitzten, kleinen Clubs angefangen haben. Und wir fühlen uns in einem solchen Ambiente nach wie vor sehr wohl. Ich kann nur jeden einladen, im November zu den Shows zu kommen.
KATATONIA auf dem Summer Breeze 2012
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Stile | Dark Metal, Doom Metal |
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Hier gibt’s die Bilder von ihrem letzten, genialen Auftritt auf dem Summerbreeze 2012: http://www.metal.de/bilder/summer-breeze-2012/samstag/0000-ps-katatonia
Danke! Und jetzt auch im Artikel.