Whitechapel
Interview mit Gitarrist Zach Householder
Interview
Obwohl WHITECHAPEL mit ihrem selbstbetitelten Album eine der besten modernen Death Metal-Scheiben des Jahres gelungen ist, zweifelt Gitarrist und Songwriter Zach Householder ein wenig an der Loyalität einiger Fans und an der Offenheit beinharter Metaller. Warum der Musiker trotzdem an seine Kunst glaubt, und was das Wesen von WHITECHAPEL für ihn ausmacht, verriet er uns in einem kurzen Interview.
Hallo Zach, Danke für deine Zeit. Zunächst: Wenn WHITECHAPEL der Soundtrack zu einem fitkiven oder nicht-fiktiven apokalyptischen Ereignis wären, welches wäre es?
Das ist schwer zu sagen…angesichts all das Zornes und der Wut, die wir mit unserer Musik transportieren wäre es aber wohl Kampf zwischen Himmel und Hölle. Wenn nicht, dann vielleicht ein riesiger Moshpit in der größe eines Staates, voller Waffen, Menschen und den Kreaturen aus den Alien und Predator-Filmen.
Euer neues Album ist wohl tatsächlich das beste eurer Karriere, und von den vermehrt eingestreuten Melodien abgesehen suggeriert die Tatsache, dass es nach der Band benannt ist, dass die Scheibe euren Stil definiert. Ist das so?
Vielleicht definiert es nicht unbedingt unseren Stil, aber ja, man bekommt das, was der Titel vermuten lässt. Man bekommt WHITECHAPEL und nichts Anderes. Der Titel lässt keine anderen Rückschlüsse zu.
Gab es eurerseits Bedenken, dass einige eurer Fans allzu kritisch sein würden angesichts der melodischeren Songstrukturen?
Es scheint, dass je mehr wir uns stilsitisch von unseren ersten beiden Alben wegbewegen tatsächlich mehr Fans uns den Rücken zuwenden. Es zerfrisst mich innerlich: Egal, wie sehr wie versuchen, uns zu verändern, damit wir relevant bleiben, umso mehr Leute beschweren sich, dass es nicht wie unser altes Zeug klingt. Ich finde nicht, dass die Melodien die Musik verwässern, schließlich sind das keine fröhlichen Melodien oder so…es dient lediglich der Atmosphäre. Ich weiß, dass das viele Hater auf den Plan ruft, aber so ist das nunmal, wenn man neue Dinge ausprobiert.
Im Grunde seid ihr eine moderne Death Metal-Band mit einem speziellen Sound, der mit Deathcore im eigentlichen Sinne nicht viel zu tun hat. Ist es manchmal belastend zu diesem trendigen Genre gezählt zu werden?
Wir werden ständig von Leuten verachtet, die uns als Deathcore-Band betrachten. Ich wusste nicht mal, dass es diese Bezeichnung gibt, bevor wir selbst damit bedacht wurden. Man pusht einen Trend an die Spitze, bis ihn jeder hasst, so funktioniert die Welt nunmal. Die sturen Metalheads werden uns nie eine Chance geben, weil wir dieses Label tragen, und unsere Fans möchten nicht, dass wir uns zu sehr von unseren sicherlich vom Deathcore beeinflussten Wurzeln entfernen. Wenn es nach mir geht, sind wir einfach eine Metal-Band, und entweder man mag das, was wir tun, oder nicht.
Wie viel von WHITECHAPELs Texten ist in irgendeiner Form politischer Natur? Gibt es eine grundsätzliche Message in eurer Musik?
Das wäre eine gute Frage für unseren Sänger Phil, aber ich beantworte sie so gut wie es geht. Manche Songs sind politischer als andere, aber Phil will sich darauf nicht beschränken. Er schreibt, was er fühlt, und was er fühlt ist oft Abscheu gegenüber der Menschheit, denn wir sehen viele der wirklichen schlimmen Seiten der Menschheit auf unseren Reisen durch die Welt. Wir sind natürlich nicht perfekt und die Menschheit ist immer noch verhältnismäßig jung…aber Vieles von dem, was in unseren Songs angesprochen wird, zeigt, dass wir sehr oft nicht sehr viele Hoffnungen in sie setzen.
Wie viel von den neuen Songs ist der Verdienst eures neuen Drummers Ben Haclerode? Inwiefern gab er euch als Band eine neue Energie?
Für Ben mussten wir uns keine Gedanken machen, was in punkto Drums mit den Songs möglich war, und was nicht. Ben kann so ziemlich alles spielen, und das hat natürlich auch dazu beigetragen, dass das Songwriting wesentlich feuriger und energischer war. Wir konnten die Grundstruktur eines Songs entwerfen und er hat das Schlagzeug auf seine eigene Art eingespielt. Wir haben durch ihn einfach viel mehr Möglichkeiten.
Gibt es von der nachvollziehbaren Faszination für die Jack-The-Ripper-Morde abgesehen einen weiteren Bezug der Band zu Whitechapel, London?
Nicht speziell. Die Geschichte von Jack The Ripper kannten wir alle, und die Gegend, in der das passiert ist, als Bandnamen zu verwenden, klang nicht nur gut, es gibt dem ganzen auch eine gewisse dunkle Bedeutung und sorgt direkt dafür, dass man die richtigen Schlüsse zur Musik zieht.
Durch das Internet und die neuen Medien ist die Musikszene derzeit großen Veränderungen unterworfen. Wenn du eine konkrete Sache an der Entwicklung aufhalten könntest, welche wäre es?
Keine illegalen Downloads mehr. Auch ich habe über das Netz viel mehr Musik kennen gelernt, als früher, aber selbst dann habe ich das nur zum Reinhören genutzt, und wenn mich etwas interessiert hat, hab ich mir die Alben gekauft. Das Internet ermöglicht es uns zwar, unsere Musik weltweit bekannt zu machen, letztlich macht es aber die gesamte Industrie kaputt. Das Geld für Aufnahme und Vertrieb bezahlen wir aus der eigenen Tasche. Alles, womit uns das Label aushilft, müssen wir zurückzahlen. Das heißt, dass wir Alben aufnehmen und nicht mehr erwarten können, etwas Geld durch Albumverkäufe einzunehmen, weil man die Scheibe in ein paar Minuten downloaden kann.
Lass uns mal über deine Einflüsse sprechen. Nenne bitte drei Bands, die du als einige deiner Haupteinflüsse betrachtest und erzähle uns, was du von diesen Bands gelernt und vielleicht abgeschaut hast.
AMORPHIS waren immer eine meiner Lieblingsbands. Sie haben mir sehr die Augen geöffnet, als ich Metal gerade entdeckt habe. Sie haben mir gelehrt, dass man nicht gleichförmig sein muss und dass Musik gleichzeitig schön, heavy und dunkel sein kann.
IN FLAMES sind wirklich großartig und haben mich sehr beeinflusst, was Melodie und Songstrukturen angeht. Sie haben Harmonien, die denen von IRON MAIDEN (die ich auch liebe) sehr ähnlich sind, und gleichzeitig klang ihre Musik anders und heavyer.
SEPULTURA sind dafür verantwortlich, dass ich mich mit den härteren Aspekten des Metal beschäftigt habe und mit den etwas traditionelleren Stilen. “Shizophrenia“ ist immer noch einer meiner Favoriten.
Das sind nur ein paar…ich könnte sicher noch den ganzen Tag Bands auflisten.
Und zum Schluss: Deine Band darf an irgendeiner Art Protest teilnehmen und die Hauptband einer Rebellion sein, die Millionen mobilisiert. Für welche Art der Rebellion würdest du deine Stimme erheben?
Tiermisshandlung, Kindesmissbrauch, Drogenmissbrauch (die harten Drogen, die das Leben der Menschen ruinieren). Da gibt es einfach zu viele Dinge. Manchmal denke ich über deine Frage nach, aber es scheint beinahe unmöglich, Millionen mit einem einzigen Gedanken zu motivieren…deshalb bleibe ich erstmal bei Musik.
Danke nochmal für deine Zeit und alles Gute für die Zukunft.
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Stile | Death Metal, Deathcore |
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