Van Canto
Interview mit Stefan Schmidt zu "Peers Heimkehr"
Interview
VAN CANTO wollen ans Theater! Als ob allein der Gedanke an Metal-A-Cappella für viele Metaller nicht schon pure Blasphemie wäre, haben sich ausgerechnet jene Sechs, die diesen Gedanken Wirklichkeit werden ließen, nun entschlossen Metal-A-Cappella ans Theater zu bringen und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Und auch für diesen Gedanken stehen die Chancen gut, dass er Wirklichkeit wird. Zusammen mit Gregor Hopf als Buchautor, der einen starken Musicalhintergrund mit ins Team bringt, arbeitet die Band seit einiger Zeit an dem Transmedia-Projekt „Peer Returns“, das die Autoren Gregor Hopf, Stefan Schmidt und Bastian Emig in der deutschen Fassung „Peers Heimkehr“ am Hamburger Thalia-Theater aufführen wollen. Möglich wird dies durch die öffentliche Spielplanwahl 2012/13, bei der jeder – also auch Du, lieber Leser – ein Stück vorschlagen kann, das den Vorgaben des Thalia-Theaters entspricht. Warum Ihr VAN CANTO dabei helfen solltet „Peers Heimkehr“ ans Theater zu bringen, erzählt uns Stef im Interview.
Hallo Stef, auf Eurem aktuellen Album „Break The Silence“ habt Ihr mit dem Song „A Storm To Come“ einen Vorgeschmack auf das Transmedia-Projekt „Peer Returns“ gegeben. Nun ist auf Eurer Website zu lesen, dass Ihr mit der deutschen Fassung „Peers Heimkehr“ ans Theater wollt. Mal ehrlich, seid Ihr jetzt total übergeschnappt?
Grundsätzlich ja, aber wahrscheinlich nicht mehr als vorher auch. Das Thalia Theater hat ausdrücklich nach originellen Vorschlägen gefragt. Was könnte origineller sein, als die zeitgenössische Fortsetzung eines der großen Klassiker der europäischen Theatertradition und das Ganze auf Metal-A-Cappella. Gab es so auf jeden Fall noch nie und ist vielleicht spannender als zum 400. Mal Hamlet zu sehen, wenn ich mich hier mal so respektlos äußern darf, haha.
Im Interview zu „Break The Silence“ hast Du schon ein bisschen über das Transmedia-Projekt erzählt, kannst Du noch einmal darlegen, wie Ihr zu dem Projekt gekommen seid, wer daran mitwirkt und was sich inzwischen getan hat?
Initiiert hat das ganze Gregor Hopf. Er schreibt die Story und hat einen starken Theater- und Musicalhintergrund, war unter anderem mit verantwortlich für „Disney’s die Schöne und das Biest‘ im Londoner West End, für Cats und Elton Johns Aida in Deutschland, oder auch für moderne Cirque Nouveau Produktionen wie SOAP etc.
Er hat uns ziemlich direkt nach der Veröffentlichung vom „Mission“-Video angesprochen und dann mal auf einem Konzert besucht. Er war von der Kraft unserer Musik und vor allem den Eigenkompositionen angetan. Das Ganze läuft also schon seit 2007. Seitdem komponieren wir, schreiben gemeinsam an der Story und überlegen uns, wie man das Ganze darbieten kann.
Mit dem Bonustrack „A Storm to Come“ haben wir auf „Break the Silence“ dann offiziell den Startschuss gegeben.
Worum geht es in „Peers Heimkehr“? Wie nah ist die Geschichte an der Peer Gynt Sage?
In Peers Heimkehr geht es um die Fragen, die Ibsen in seiner berühmten Peer Gynt Bearbeitung offen lässt. Was passiert eigentlich wenn Peer am Ende seiner Lebensreise wieder bei Solvejg anklopft. Nimmt sie ihn wirklich einfach zurück? Was ist in der Zwischenzeit mit Solvejg geschehen, hat sie wirklich einfach nur auf ihn gewartet, würde sie das noch in unserer Zeit tun und wird Peer den Kampf mit seinen Dämonen endlich aufnehmen? Warum ist Peer überhaupt so wie er ist? Mit „A Storm to Come“ geben wir schon einen Einblick in Peers Kindheitstrauma, das bei Ibsen nur kurz erwähnt wird.
Oder noch viel einfacher: Ein junger Mann bricht mit der bürgerlichen Gesellschaft, zieht sich in seine Phantasiewelt zurück und muss nun als erwachsener Mann diese Welt selbst herausfordern.
Also eigentlich genau das was jeder Metaller macht, wenn er 16 ist und ihm die Lehrer auf den Sack gehen. Fantasy Pur. Drama Pur. Ganz großes Theater.
Wie sollen das Transmedia-Projekt und das Theaterstück kombiniert werden, oder werden dies zwei mehr oder minder unabhängige Projekte?
Das Transmedia Projekt „Peer Returns“ hat mehrere Bestandteile. Eines davon ist das Theaterstück. Ein weiteres die Appstory (im Sinne von App für mobile Geräte) an der wir gerade mit einer sehr begabten Illustratorin, Gabriel deVue, und mehreren Motion Designern arbeiten. Die Teile greifen ineinander, können aber auch getrennt voneinander angesehen werden. Sie geben uns jeder auf seine Art einen eigenständigen Einblick in die Geschichte Peers. Das Theaterstück handelt von Peers Heimkehr. Die Appstory von seiner Kindheit – wie in „A Storm to Come“ – und in hoffentlich weiteren folgenden Episoden von seinen Jahren als junger Erwachsener. Das gibt uns auch die Möglichkeit andere Charaktere, die im Theater nur am Rand auftauchen, aber sehr wichtig und wunderbar spannend sind, weiter auszuarbeiten, wie zum Beispiel Peers Mutter Åse oder den Knopfgießer, der die Seelen der Welt einsammelt und zu neuen gießt.
In dem schon bereits erwähnten Interview sagtest Du, dass sich „A Storm To Come“ (und sicher auch die anderen Songs von „Peers Heimkehr“) in der Fünf-Sänger-Besetzung gar nicht auf die Bühne bringen lässt. Wie wollt Ihr dieses Dilemma für die Theaterfassung lösen?
Insgesamt werden wir einen Chor aus etwa 15 Sängern und Sängerinnen benötigen, die aber auch die Hauptrollen übernehmen werden. Wenn man bedenkt, dass viele moderne Inszenierungen auch am Schauspiel Musiktheaterelemente nutzen, oft mit einer eigens für die Inszenierung zusammengestellten Band, die wir aber in unserem Fall gar nicht brauchen, ist das gar nicht mehr so abwegig. Aber natürlich ambitioniert. Denn sie müssen alle Metal A-Cappella singen, was zumindest für die Gitarrenimitationen nicht ganz so einfach, weil ungewohnt ist. Professionelle Schauspieler haben aber zumeist auch eine ausgebildete Gesangsstimme. Das wird spannend. Ich freue mich jetzt schon darauf, wenn es wirklich zustande kommen sollte, mit all diesen Profis arbeiten zu dürfen.
Da es um den Spielplan 2012/13 geht, habt Ihr nicht wirklich viel Zeit für die Ausarbeitung der Geschichte und die Komposition der Musik. Wie weit sind die Arbeiten bereits vorangeschritten und wer arbeitet an was?
Durch die Bewerbung am Thalia Theater erhoffen wir uns natürlich auch die Möglichkeit, uns mit dem Team vom Thalia Theater konzentriert auf die weitere Ausarbeitung des Stücks stürzen zu können – wenn es denn Wirklichkeit werden sollte. Das Projekt ist soweit fortgeschritten, dass große Teile des Buchs stehen, der Handlungsstrang und die Charaktere und bereits große Teile der Musik. Wie gesagt, wir haben schon 2007 damit angefangen, in den 4 Jahren ist schon eine ganze Menge Musik entstanden.
Welchen Stellenwert wird die Musik in dem Stück haben und werden die sechs Musiker von VAN CANTO als Schauspieler auf der Bühne stehen?
Zunächst einmal: es steht noch gar nicht fest, ob „Peers Heimkehr“ auf der Thaliabühne wirklich zustande kommt. Dazu müssen noch ganz viele für dieses Projekt abstimmen. Wenn wir es dann in der Tat mit dem Thalia Theater zusammen umsetzen dürfen, müssen wir uns auch zu aller erst einmal mit dem Team des Thalias über das Projekt unterhalten. Wir sehen es als Musiktheaterwerk, in dem sogar in den Dialogpassagen ein musikalisches Under-Scoring stattfinden soll, so dass die Emotionalität aus der Musik nie verloren geht. Inwieweit wir als Sänger/innen und/oder Basti als Drummer oder gar einige Gastkünstler in der Inszenierung mitwirken, werden wir mit dem Thalia besprechen müssen. Das Haus hat ja ein existierendes Ensemble und das sind alles Profis. Aber wie gesagt: alles zu seiner Zeit. Erst mal müssen wir überhaupt gewählt werden, deswegen danke ich dir schonmal, dass wir mit so einem Interview darauf aufmerksam machen dürfen. Coole Sache.
Gerne! Wie Du an meinen Fragen merkst, sehe ich Euch auch schon auf der Thalia-Bühne. Allerdings ist anzunehmen, dass Ihr es dort nicht einfach haben werdet. Schauspieler werden oftmals stark kritisiert, wenn sie plötzlich anfangen Musik zu machen, umgekehrt wird es Euch sicherlich nicht anders ergehen. Kümmert Euch das oder seid Ihr durch die Kritik, die Ihr auf Grund Eurer außergewöhnlichen Musik erfahrt, inzwischen immun gegen die harschen Worte engstirniger Kritiker?
Wer sich künstlerisch einem Publikum präsentiert muss mit Kritik leben können. Interessant wird sicher, dass wir für das klassische Theaterpublikum noch viel weniger „Theater“ sind als wir für das klassische Metalpublikum „Metal“ sind. Wir machen halt gerne was, was so noch nicht oder zumindest nicht oft gemacht wurde.
Für mich persönlich hat Metal immer auch was mit Rebellion zu tun und auch damit, dass man eben zu dem steht was man geil findet, egal was der ein oder andere Gelehrte davon halten mag. Deswegen sag ich den paar ganz echten Metallern, die meinen „Ihr seid schwul und habt ja gar keine Gitarren“ genau dasselbe wie dem hochgebildeten Theaterkenner der sagt „Ihr seid ja gar keine Schauspieler und schon gar keine echten Künstler“: Wenn es dir nicht gefällt, hör halt weg, aber wenn du mal was anderes hören magst, riskier ein Ohr, vielleicht gefällt dir ja was daran. Wenn nie einer was anders macht, passiert auch nie was Spannendes. Und wir nehmen ja auch keinem irgendwas weg. Wenn du Van Canto Scheisse findest, hör was anderes. Wenn du „Peer Returns“ nicht magst, ignorier es einfach. Das Leben ist zu kurz um sich über Musik oder Bands aufzuregen, die man persönlich nicht mag.
In dem schon erwähnten Interview mit meinem Kollegen sagtest Du, dass dieses Projekt neben Euren regulären Alben und Touren laufen soll. Wenn Ihr tatsächlich in der Spielzeit 2012/13 ans Thalia-Theater wollt, wird nach der Wintertour 2011/12 wohl erst einmal eine Tourpause anstehen und mit Vollgas an dem Theaterstück gearbeitet?
Nochmal: Wir sind mitten im Abstimmungsprozess, an dem sich bis zum 15.12. gerne jeder beteiligen darf, der uns helfen will. Ich geb hier schon Interviews und am Ende landen wir auf Platz 10 oder 120 und alles war nur eine fixe Idee und wir sind hier die größenwahnsinnigen Spinner. Von daher, abwarten, abstimmen und Halstee trinken.
Was muss man tun, um Euch dabei zu helfen, „Peers Heimkehr“ ans Thalia-Theater zu bringen?
Abstimmen! Und zwar per Mail an spielplanwahl@thalia-theater.de. Den Betreff könnt ihr euch aussuchen, z.B. Spielplanwahl. Im Text dann euren Namen und die vollständige Adresse. Das Thalia will so Mehrfachabstimmungen mit anonymen Emails verhindern. Und dann natürlich der deutsche Name des Stücks „PEERS HEIMKEHR“ und die Namen der Autoren Hopf, Schmidt und Emig. Und dann hoffen und natürlich weitererzählen, posten, etc.
Wir haben auch ein kleines Videotutorial aufgenommen, da wird alles nochmal erklärt:
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Stile | A Cappella, Power Metal |
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