Hammerfall
European Outbreak Tour 2011
Konzertbericht
Wären HAMMERFALL nicht eine Band, sondern ein Mensch, wäre dieser jetzt volljährig. Denn seit 1993 treiben die Schweden jetzt schon ihr Unwesen in der internationalen Metal-Szene. Dies – und natürlich auch das neue Studioalbum „Infected“ – ist ein guter Grund, mal wieder eine Tour zu starten. Als Special Guest holten sie sich zudem noch die US-Metal-Legenden von VICIOUS RUMORS mit ins Boot, das noch mit den ebenfalls aus Schweden stammenden Bands AMARANTHE und DEATH DESTRUCTION aufgefüllt wurde.
DEATH DESTRUCTION
Letztere durften als erste Band die Bühne in der Kölner Essigfabrik entern. Und das Erste, was sie beim Publikum verursachten, waren offene Münder. Das Publikum hatte sich an diesem Abend auf eine satte Portion Metal im eher klassischen Gewand eingestellt. Immerhin waren die Fans von HAMMERFALL und VICIOUS RUMORS klar in der Überzahl. Was die Truppe aus den beiden ehemaligen EVERGREY-Migliedern Henrik und Jonas, dem HAMMERFALL-Bassisten Fredrik sowie DEAD BY APRIL-Shouter Jimmie da anbot, hatte mit dieser Art von Musik mal so gar nichts gemeinsam. Die vier knüppelten sich durch ein Set, das inhaltlich eher an eine Mischung aus Göteborger Melo Death und modernem Metalcore erinnert. Das Ganze nur gewürzt mit gelegentlichen progressiven Einlagen und knackigen Soli. Das Publikum war erst einmal überrascht. Mit zunehmender Länge des Sets konnten sich allerdings immer mehr Zuschauer für den Sound der Schweden begeistern. Denn eines ist klar: Auch wenn das Material des Quartetts manchmal etwas gleichförmig wirkt, treten sie live doch mächtig Arsch. So viel Energie kam an diesem Abend kein zweites Mal von der Bühne. Und das obwohl DEATH DESTRUCTION, ebenso wie die anderen beiden Opener, nur die Hälfte der Bretter, die die Welt bedeuten, nutzen konnten, da HAMMERFALL im hinteren Teil schon ihr Bühnenbild und das Drum-Kit aufgebaut hatten.
AMARANTHE
In eine ähnliche musikalische Kerbe schlagen auch AMARANTHE, die irgendwo zwischen Melo Death, und Female Fronted Melodic Metal schweben. Allerdings erschien ihr Konzept an diesem Abend weitaus weniger ausgereift, als das der anderen Combos. Die Bühnenshow nahm mitunter ähnlich chaotische Züge an, wie das musikalische Material. Die Zuschauer wussten bei zwei männlichen Shoutern und einer weiblichen Sängerin einfach nicht so recht, wo denn nun der Mittelpunkt der Show zu suchen sei. Dementsprechend verhalten fielen dann auch die Reaktionen aus, die sich über höfliche Applausbekundungen nur selten hinaus bewegten.
VICIOUS RUMORS
VICIOUS RUMORS sind da schon ein ganz anderes Kaliber. Immerhin haben die Amis ja auch mehr als 30 Jahre Bühnenerfahrung, die sie an diesem kalten Novemberabend gelungen umsetzten. Vor allem Brian Allen wirkte omnipräsent und nutzte die gesamte Breite der Bühne aus. Da fiel es gar nicht so sehr ins Gewicht, dass der Rest der Band mangels Platz nur wenig Bewegungsdrang entwickeln konnte. Musikalisch konnte natürlich ebenso wenig anbrennen. Wenn man so viele Hits wie diese Combo im Gepäck hat und sich dann auch noch auf die erfolgreichen Phasen bis 1991 und ab 2006 konzentriert, dann kann schon gar nicht mehr viel schief gehen und so wurde das Quintett ordentlich gefeiert. Zumal scheinbar längst nicht alle Zuschauer wegen HAMMERFALL gekommen zu sein schienen. Da es in Europa mittlerweile einigermaßen schwierig ist, eine Headliner-Tour alter amerikanischer Helden zu erleben, gibt man sich eben auch damit zufrieden, wenn eine solche Band nur „Special Guest“ ist. Und so setzte nach diesem Gig nicht nur eine etwas längere Umbaupause ein, sondern auch eine Publikumswanderung, bei der die etwas älteren Herrschaften die vorderen Reihen freigaben, die jetzt von einem wesentlich jüngeren Publikum besetzt wurden.
HAMMERFALL
Und dieser Teil der Menge war an diesem Abend nur wegen einer einzigen Band in die Essigfabrik gekommen: HAMMERFALL. Dementsprechend ordentlich feierten sie die Hammerschwingen dann auch während jedem einzelnen Tons ihres Gigs ab. Die Combo gab ihnen auch ausreichend Grund dazu, da sie alle Hits der letzten Alben anstimmte. Die etwas älteren Herrschaften – jene die sich nach dem VICIOUS RUMORS-Auftritt nach hinten bewegt hatten – waren da schon weitaus kritischer. Einige von ihnen mögen das Quintett noch von einer der legendären Touren Ende der 90er oder Anfang der 2000er kennen. Für diese Klientel hatten die Schweden sogar einige alte Klassiker wie „Renegade“ oder „The Dragon Lies Bleeding“ wieder ausgepackt und mit in die Setlist übernommen. Dennoch hatte diese Fraktion des Publikums doch einiges zu monieren. Und zwar hauptsächlich die Leistung von Sänger Joacim Cans. Dieser kam stimmlich nicht im entferntesten an jene Leistungen heran, die er auf Platte oder auf älteren Konzerten gezeigt hat. Im Gegenteil: Das Trauerspiel ging so weit, dass er versuchte, jene Falsett-Passagen, die ihn einst zu so einer herausragenden Figur des Genres gemacht haben, zu umschiffen, indem er seine Gesangs-Parts einfach eine Oktave tiefer interpretierte. Wo er mit dieser Taktik scheiterte und doch einmal zu einem hohen Ton ansetzen musste, traf er ihn entweder nicht oder konnte ihn nicht halten. Lediglich hin und wieder blitzte sein Talent auf. Diese Momente standen allerdings so sehr im Widerspruch zu seinen sonstigen Leistungen, dass in den hinteren Reihen des Publikums vereinzelt hinter vorgehaltener Hand das Wort „Playback“ zu hören war, was sich aber natürlich nicht beweisen lässt. Immerhin setzten sich die Instrumentalisten an diesem Abend gelungen in Szene und erlaubte sich keine Aussetzer, wenn auch ihr Stageacting ein wenig hölzern und einstudiert wirkte. Wenigstens verzichteten HAMMERFALL auf den ganzen Klimbim, der während der vergangenen Touren die Bühnen füllte. Statt Schneekanonen setzten sie an diesem Abend auf LED-Wände, die allerdings nur irgendwelche Muster runterspulten, die nicht immer einen Bezug zu den Songs hatten. Das kann natürlich auch eine Frage des Budgets sein. Denn vor einigen Jahren hätte die Band auch noch größere Hallen als die Essigfabrik gefüllt.
Diese war an diesem Abend zwar ordentlich gefüllt, aber nicht ausverkauft. Zudem war ein Teil des Publikums auch ganz klar wegen VICIOUS RUMORS angereist. So lässt dieses Konzert eigentlich nur einen Schluss zu: HAMMERFALL befinden sich auf dem absteigenden Ast. Als Entschädigung für deren nur mittelmäßige Show konnten musikalisch offene Zuschauer allerdings in DEATH DESTRUCTION auch eine Band entdecken, deren Stern gerade erst aufgeht.
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