Knorkator
Knorkator - Ü77-Tour
Konzertbericht
Der Live Music Hall in Köln steht heute ein verdammt knorker Abend bevor. Die beste Boygroup, die meiste Band der Welt, wird dafür Sorge tragen. Einen Ausweg gibt es für niemanden, der sich einmal in die Höhle der humoristischen Absurdität begeben hat.
Eine Vorband fällt auf der „Ü 77“-Tour weg. Stören wird das wohl niemanden. Schließlich werden die Fans mit einer kleinen Leinwand belohnt, auf der KNORKATOR, zumindest optisch, das wartende Leid der Fans teilen. Man kann die Band 60 Minuten lang um einen Tisch herum sitzen sehen, wie sie Döner ist und sich die Zeit vertreibt, während oben rechts in der Ecke eine Uhr die Zeit bis zum Auftritt rückwärts zählt. Auf eine derartige Idee, die so viel Langeweile für KNORAKTOR bedeutet haben muss, kommen auch nur die Berliner.
Eine Stunde zwischen Einlass und dem Beginn der Show ist eine durchaus lange Zeit. Die Live Music Hall füllt sich nur schleppend, aber der Anblick der Fans verspricht bereits einen amüsanten Abend. Neben bunten Nylon-Ganzkörperanzügen in Regenbogenoptik, hat sich auch ein Drache in das Gebäude verirrt. Während der Warterei erklingt plötzlich ein Gitarrenton, der unverzüglich für Zugabe-Rufe sorgt. Diese wird folgen. In Form einer ultimativen, unterhaltsamen und amüsanten, zweistündigen Liveshow.
„Der ultimative Mann“ eröffnet das Konzert. In einem äußerst sexy wirkenden, grünen Ganzkörperbody hat Stumpe die Herzen der männlichen und weiblichen Fans im Sturm erobert. Der von oben bis unten geschlossene Nylonanzug zeichnet gnadenlos alles ab. Im Laufe der ersten Songs pellt sich Stumpe nach und nach aus seiner grünen, zweiten Haut, bis er nur noch im Body auf der Bühne steht. Auf dieser bringt er eine wahnsinnige Energie zu Tage, hüpft, verrenkt sich und stampft immer wieder mit voller Wucht mit seinen nackten Füßen auf den Boden.
Während die Fans Feuer und Flamme sind und die amüsanten Texte mitsingen, bekommt bald jeder sein Fett weg. Sehr rasch sind auch die kahlköpfigen Securitys an der Reihe. Deren glänzenden Schädel sind einfach zu verlockend und werden schnell betatscht. Nachdem Stumpe feststellen musste, dass auch das Sicherheitspersonal zum Schwitzen neigt, wird derjenige öffentlich bekannt gegeben, der für die Wiedervereinigung der meisten Band der Welt verantwortlich ist. Der Täter ist Basser Rajko, der mit Tolle und schnieken Anzug für die tiefen Töne sorgt.
„Du guckst etwas irritiert! Gibt es jemanden, der die Energie dieser Boygroup noch nicht erleben durfte?“ Bevor auch nur irgendjemand die Möglichkeit gehabt hätte zu antworten, dröhnt auch schon ein lautes Buhen durch die Halle. KNORKATOR Fans sind dies halt nicht erst seit ihrer Wiedervereinigung und dem damit veröffentlichten Album „Es werde Nicht“. Denn gerade live sind KNORKATOR ein wahres Erlebnis, immer für ein Späßchen, Selbstironie und einen vulgären Spruch gut.
Das heutige Stagediven von der Bühne aus verschiebt Stumpe an den Wellenbrecher und holt sich stattdessen lieber ein paar Damen auf die Bühne, die sich Todesmutig von der Bühne stürzen. Nachdem ein paar nette Mädchen auserwählt wurden hätte Stumpe „gerne noch etwas um die 100 Kilo“. Kurz darauf steht ein kräftiger Mann auf der Bühne, der sich als erstes die Klamotten vom Leib reist, bevor er Stumpe unverblümt in den Schritt greift. Der anfeuernde Gesang von KNORKATR ist wohl eher dezent beunruhigend. Schnell gesprochenes und instrumentell untermauertes „Oh mein Gott! Oh mein Gott! Oh mein Gott!“ ist nun mal nicht gerade das, was den Puls in einer solchen Situation beruhigt. Aber selbst die langgewachsene Gotin, die mit den endlos hohen Plateaus den Sprung wagt, schafft es auf die rettenden Hände des Publikums, bevor es mit „Refräng“ im knork’schen Takt weiter geht und bei „Du bist schuld“ dazu aufgefordert wird, dass jeder jeden anschubst. Anstelle von Toastbrotscheiben gibt es heute zwei blaue Säcke Laub bei „Bleib Stehn“, das in der Menge verteilt wird. Schön sinnfrei, so wie es sein muss. Natürlich bleibt da etwas für das Auge und für den Spaß, aber Sprüche wie „Kannst du mir bitte das Glied richten, dann darfst du auch weiter spielen!“ sind einfach unschlagbar und gehören halt zum knork’schen Inventar.
Galerie mit 39 Bildern: Knorkator - Knorkator - Ü77-Tour 2011, Köln
Für „Du nich“ und „Arschgesicht“ kommt die Leinwand wieder zum Einsatz, um passende Videos abzuspielen. Bei „Du nich“ gibt es dabei nicht das allseits bekannte Video mit Till Lindemann zu sehen, sondern ein Filmchen, in dem zu jeder Zeile eine passende, offenbar selbstgemalte Darstellung eingeblendet wird. Wer sich heute auch nur eine Sekunde nur ansatzweise langweilt, der macht ganz eindeutig etwas falsch, hat keinen Sinn für Humor, oder gehört einfach zu der Sorte Menschen, die zum Lachen in den Keller gehen.
Auch Buzz Dee erhebt heute Abend, neben Stumpen und Alf Ator, für einen Titel seine Stimme, die gar nicht mal schlecht ist. Natürlich kann sie nicht ansatzweise gegen die hohen Töne von Stumpe anstinken, aber „Ain’t Nobody“, ein schick interpretiertes Cover von CHAKA KAHN, ist dennoch bemerkenswert vorgetragen, von dem Herrn mit der weißen, auf die Nasenspitze gezogenen Sonnenbrille und dem roten String an der Gitarre.
Neben einem Federballspiel auf der Bühne, dass zwischen Alf und Stumpe ausgetragen wird und wohl unentschieden ausfällt, wird noch rasch ein Geburtstagsständchen für Galaxie in das Set geschoben. Wer Galaxie ist, weiß wohl kaum jemand, außer seine Freunde, die das passende Plakat geschrieben haben und diejenigen, die ihn bis zur Mitte auf ihren Händen tragen, wo er, nach Aufforderung von Stumpe, fallen gelassen wird. Nach dieser, mehr oder weniger, halsbrecherischen Aktion, lässt sich der Sänger der Boygroup auf das nächste Wagnis ein. Während er in den höchsten Tönen „Highway To Hell“ in der Knorke-Version singt, trägt er einen Feuerwehrhelm auf den Kopf. An sich nichts schlimmes, nur die drei Raketen, die am Ende des Songs gezündet werden und in die Höhe sprühen, brennen sogar ein kleines Löchlein in den Pulli von einem der Securitys.
Wie jede andere Band auch, verlässt auch die Meiste Band der Welt für eine Zugabe die Bühne, die von Stumpe als erstes wieder betreten wird. In seiner Hand hält er einen langen Bambusstab, an dessen Ende elegant ein Pappbecher befestigt wurde. „Los! Zückt eure Portemonnaies. Wenn hier drei Euro drin sind, spielen wir eine Zugabe!“ Ruckzuck reihen sich auch Alf, Buzz Dee, Nick und Rajko neben Stumpen ein. Mit Keschern in der Hand versuchen sie ebenfalls ein wenig Kleingeld zu erbeuten, als sich plötzlich ein Kleingeldregen über der Band ergießt. Fluchend und schreiend vor Schmerz, beglückt Stumpe die Fans mit seinem gesamten Schimpfwörterarsenal, wobei „Klassenbester“ ganz sicherlich das größte von allen ist. Auf der Bühne befinden sich inzwischen sicherlich eher 30 Euro, statt 3 Euro und sogar ein 10 Euro Schein findet seinen Weg in den schicken Pappbecher. Von dieser Taktik kann sich so mancher Straßenmusiker noch einiges abschauen.
Die Zugabe wird letztendlich sogar gespielt und folgt in Form von „Wir werden alle sterben“, „Böse“, „Verflucht und zugenäht“ und findet mit „Warum“ sein Ende.
Ein grandioser, teils sarkastischer, selbstironischer Auftritt, voller Kreativität, Spaß, vulgären Sprüchen und vor allem Spaß, geht zu Ende.
Setlist:
- Der ultimative Mann
- Buchstabe
- Schwanzlich Willkommen
- Mich verfolgt meine eigene Scheiße
- Eigentum
- Ich will nur fickn
- Refräng
- Du bist schuld
- Bleib stehn
- Du nich
- Arschgesicht
- Ick wer zum Schwein
- Ma Baker
- Ain’t Nobody
- Alter Mann
- Konflikt
- Ich lass mich klonen
- Highway To Hell
- Kurz und Klein
- Weg nach unten
- Für meine Fans
- Wir werden alle sterben
- Böse
- Verflucht und zugenäht
- Warum
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