Eine Doom-Platte mit dem Titel „Aegis“? War da nicht was? Aber mit dem Namen enden auch bereits die Gemeinsamkeiten, denn im Gegensatz zu FLAME, DEAR FLAME sind LURK ganz klar im Death Metal verwurzelt, was auch schon das abgedrehte Cover Artwork deutlich macht. Auch wenn das finnische Quartett ein noch mehr oder weniger unbeschriebenes Blatt darstellt, existiert die Band aus Tampere bereits seit 2008 und „Aegis“ ist tatsächlich schon Longplayer Nummer vier. Mit dem Vorgänger „Fringe“ zeigte mit Transcending Obscurity auch endlich ein bekannteres Label nachhaltiges Interesse an LURK – finden wir also heraus, ob dieses Interesse berechtigt ist.
LURK – Alles andere als feinsinnig
„Ashlands“ klingt bereits alles andere als feinsinnig, zeigt direkt genau die „bleierne Schwere“, die Kollege Maronde schon dem letzten Album attestierte. Neben Death Metal und Death Doom bildet vor allem Sludge die weitere Grundlage des Sounds, das Ganze aber weniger verkopft, sondern mit einer Menge verkrustetem Dreck, der sich auf allen Bereichen abgelagert hat. Dann gibt es da aber auch noch die andere Seite der Finnen, die eben eher „mitreißend als ätzend“ klingt und vor allem in „Shepherd’s Ravine“ zum Vorschein kommt. Keine Angst, Clean-Gesang oder irgendwelche fragilen Spielereien haben natürlich auf „Aegis“ nichts zu suchen, aber gerade der schmissige Chorus versprüht die Coolness von lässigem Rock’n’Roll, ohne unpassend zu wirken.
Gitarrist und Hauptgrunzer Kimmo Koskinen geht dabei passenderweise nicht unbedingt feinsinnig zu Werke, dennoch schafft er es den Vocals einen gewissen Variantenreichtum, irgendwo zwischen tiefem Gegurgel und heiserem Gekeife zu verleihen, damit eben nicht alles auf die immer gleiche Weise intoniert wird und am Ende nichts als Langeweile bleibt. Interessant sind dabei auch die verschiedenen Möglichkeiten, die LURK nutzen, um die ekelhafte Fantasiewelt des Covers vor dem geistigen Auge des Hörers entstehen zu lassen, denn die Finnen scheuen sich, wie beispielsweise in „Infidel“ deutlich hörbar, keineswegs davor, Synthesizer einzusetzen. Diese dienen aber lediglich zur Unterstützung einer morbiden Grundstimmung und machen die Melange auf „Aegis“ in keinster Weise glatter oder angenehmer.
Wenn die Platte nun aber nicht mit Eingängigkeit überzeugen kann, wie ist es dann um die vielbeschriebene Sogwirkung bestellt? Ja, die ist durchaus vorhanden, doch manchmal reißt der Strom auch plötzlich ab, wie im am Ende etwas zu lang geratenen „Hauta“ oder auch in „Blood Surge“. Nein, dieser Strömungsabriss reicht niemals so lange, um aus der rabenschwarzen Tiefe wieder ans Tageslicht zu kommen, aber die allertiefsten Tiefen der Negativität lassen sich doch nicht erreichen. Und so gibt es dann eben doch noch einen gewissen Qualitätsunterschied zu Großtaten wie dem aktuellen AHAB-Epos „The Coral Tombs“.
Faszination aus seiner eigenen Widerlichkeit – „Aegis“
„Aegis“ geht den auf „Fringe“ bereits eingeschlagenen Weg konsequent weiter, Veränderungen sind hier eher Nuancen. Das kann man vielleicht als Kritikpunkt sehen, allerdings haben sich LURK damit eine sehr kleine, aber dennoch eigenständige Nische geschaffen und suhlen sich mit entsprechendem Vergnügen in ihrem brodelnden Schlammtümpel. Manchmal fühlen sie sich dabei vielleicht auch ein wenig zu wohl, hier und da fehlt das absolut zwingende, das ein oder andere Riff schafft es auch nicht, komplett zu zünden, fällt zu beliebig aus.
Eine große Hörerschaft erschließt man sich mit dieser Mischung ohnehin nicht, aber das ist ganz bestimmt auch nicht das Ziel. „Aegis“ ist kein Album, das auf Heavy Rotation läuft, da es seine Faszination aus seiner eigenen Widerlichkeit zieht, wobei sich der Hörer eben dennoch wundert, warum er sich dem Sound der Finnen trotzdem nicht wirklich entziehen kann. Eben so eine Platte, die man alle Jubeljahre auflegt und gar nicht so recht weiß, warum man gerade Lust darauf hat, danach denkt man aber doch wieder: „Stimmt, das Ding war eigentlich ziemlich cool.“
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