Stormwarrior
Interview mit Alex Guth

Interview

Stormwarrior

STORMWARRIOR gehören seit einigen Jahren zum festen Bestandteil der deutschen Teutonenstahl-Elite. Nachdem sie vor drei Jahren mit „Heading Northe“ ein wahres Genre-Highlight veröffentlicht haben, legen die Hamburger mit „Heathen Warrior“ ein starkes Album nach. Grund genug bei Gitarrist Alex Guth anzuklingeln, um ihm ein paar Fragen zu stellen, wie zum Beispiel ob die neue Scheibe besser als der Vorgänger ist und ob sich der Metal wirklich auf dem absteigenden Ast befindet.

Hey Jungs, Glückwunsch zum neuen Album! Könnt ihr schon was zu dem Album sagen oder fehlt euch noch der nötige Abstand? Seid ihr mit der Scheibe so zufrieden, wie sie ist?

Moin Colin, danke für Deine Glückwünsche! Ich brauche immer etwas, um Abstand von einer neuen Scheibe zu bekommen, aber ich bin schon mit “Heathen Warrior” sehr zufrieden! Es gibt einige Momente, wo ich beim Hören einfach Gänsehaut bekomme, und das ist bei der eigenen Platte ein schönes Gefühl. Natürlich höre ich auch ein paar Ecken und Kanten, wo ich denke ‘vielleicht hätten wir da noch mal was justieren können’, aber das ist ja immer so. Als Gesamtwerk bin ich aber sehr stolz, dass wir “Heathen Warrior” so hinbekommen haben, wie die Platte jetzt in den Läden steht!

Habt ihr schon Feedbacks der Presse gelesen? Wie sind die Reviews zu “Heathen Warrior” denn ausgefallen? Durchgehend positiv oder gab es auch negative Stimmen zum Album?

Das Feedback ist gut! Die Leute brauchen anscheinend einen Moment länger als bei der “Heading Northe”, um sich reinzuhören, sind aber dann umso mehr von der neuen Platte angetan. Vor allem ist es schön zu hören, dass uns Weiterentwicklung attestiert wird. Wir haben uns in den letzten drei Jahren seit “Heading Northe” an unseren Instrumenten weiterentwickelt, sind als Songschreiber gereift und vor allem als Band weiter zusammengewachsen. Dass die Ohren da draußen so etwas mitbekommen, freut jeden Musiker!

Könnt ihr schon etwas zu den Verkaufszahlen sagen? Besser oder schlechter als “Heading Northe” zum gleichen Zeitpunkt?

Dazu ist es leider noch zu früh, die Scheibe ist erst ein paar wenige Wochen auf dem Markt. Am Erscheinungstag waren wir laut Vertrieb sogar in den Charts. Aus der Auflistung sind wir am nächsten Tag natürlich wieder verschwunden (haha!), aber ich sehe das als positives Zeichen dafür, dass die Fans auf die Scheibe gewartet haben und beim Release in die Geschäfte gestürmt sind. Vielen Dank dafür! Ich bin gespannt, wie sich die nächsten Monate für uns entwickeln werden!

Das neue Album hat weniger gedoppelte Gitarren als noch “Heading Northe”. War das von euch so gewollt? Immerhin gab es ja auch kritische Stimmen, was die Umsetzung der vielen Gitarrenspuren auf der Bühne angeht.

Moment, das ist das erste Mal, dass ich so eine Art von Kritik höre! Ist das so, gibt es solch negative Stimmen wirklich? Bisher wurde keinerlei Kritik an den Live-Umsetzungen der Leads an uns herangetragen, und ich wüsste eigentlich auch nicht wieso. Wir investieren stets sehr viel Zeit in die Proben und versuchen, die zweistimmigen Sachen so genau wie möglich auf zwei Gitarren zu verteilen. Natürlich nutzen wir im Studio mehrere Spuren, setzen da mal eine Quinte noch zwischen, oder dort mal eine Oktave oben drauf, aber Lars und mir liegt sehr viel daran, den Charakter der Leads auch live adäquat rüberbringen zu können. Wenn ich mir Liveaufnahmen von uns anhöre, gelingt uns das auch sehr gut. Du wirst nie alle Stimmen aus dem Studio auf die Bühne bringen können, es sei denn Du hast nicht zwei sondern zwanzig Gitarristen dabei oder mehr als zwei Arme am Körper. Grundsätzlich gibt es auf “Heathen Warrior” eine Menge mehrstimmige Gitarren, und oft nicht nur gedoppelt sondern auch mal verfünffacht. Ich denke, wir haben mit dem neuen Album sogar noch ein wenig draufgelegt, auch was schnelle zweistimmige Sachen angeht. Beispiele wären da der Titeltrack oder “Ravenhearte”. Es tut mir leid, ich sehe da keine Reduzierungen!

Wie seid ihr die Produktion generell angegangen? Für mich klingt “Heathen Warrior” insgesamt wesentlich basischer und mehr der Live-Situation angepasst als der Vorgänger. Die neuen Songs wirken trotz ihrer Musikalität frei von songwriterischem Ballast. Auf der anderen Seite brauchen die Nummern teilweise drei, vier Durchläufe um sich im Gehör fest zu setzen. Das war auf “Heading Northe” noch anders, da war jeder Refrain ein Volltreffer und ging direkt ins Ohr. Ein bewusster Schritt, um die Komposition in ihrer Gänze in den Vordergrund zu stellen und die Lieder nicht über den Refrain zu definieren?

Das einzige Konzept, das wir beim Songwriting im Hinterkopf hatten, war, dass die Stücke nach STORMWARRIOR klingen müssen! Alles andere hat sich dann einfach ergeben. Dass sich auf “Heathen Warrior” die einzelnen Songs dieses Mal eher durch ihre Komposition als Ganzes definieren, war eine natürliche Entwicklung. Für uns fühlte es sich einfach gut und richtig an, die Stücke so zu schreiben, wie sie jetzt auf der Platte zu hören sind. Vielleicht ist unser Anspruch als Musiker auch da mittlerweile ein anderer, und wir betrachten unser Material eher von einer gesamtkompositorischen Ebene um uns als Künstler zu befriedigen. Mir gefallen die vielen subtilen Details, die wir auf “Heathen Warrior” eingebaut haben. Der Vorgänger hatte da mehr eine ‘voll auf die Fresse’-Ausrichtung, während “Heathen Warrior” etwas vielschichtiger erscheint. Wir haben uns auf jeden Fall nicht einfach wiederholt. Das Material hebt sich schön voneinander ab, und wird dadurch auch unser Live-Set etwas abwechslungsreicher machen.

Auffällig ist ebenfalls, dass Lars bei seinem Gesang experimentiert hat. Als Beispiel sei hier mal “The Valkyries Call” mit dem gehauchten Refrain genannt. Das ist auf der einen Seite mutig von euch, neue Wege zu gehen in einem Genre, das eher durch ein enges Korsett bekannt ist. Auf der anderen Seite nimmt diese Facette der genannten Nummer doch die Power und der Gesang klingt hier, sagen wir mal ‘gewöhnungsbedürftig’. Wollt ihr die Art des Gesangs als Stilmittel beibehalten oder betrachtet ihr das eher als Versuch?

Generell denke ich, dass er sich eher weiterentwickelt hat und seine Stimme einfach besser und differenzierter einsetzen kann als zuvor. Er und Yenz sind gesanglich ein großartiges Team, die sich auch gegenseitig mal anstacheln, und Lars hat mit jeder Platte am Gesang entsprechend zugelegt. Das ist ein natürlicher Vorgang und zu gewissen Stimmungen muss dann der Gesang natürlich auch mal anders in Erscheinung treten. Und gerade “The Valkyries Call” lebt ja von dieser mystischen Atmosphäre, welche durch diesen ‘Hauchgesang’ perfekt umgesetzt wird. Das ist ja nun mal kein Partysong…!

Als Musiker geht es doch auch darum, Gefühle mit seinem Instrument zum Ausdruck zu bringen. Hier ist die Stimme das Instrument, und Lars nutzt seine Fähigkeiten, um das Optimum für den jeweiligen Song rauszuholen. Kein Sänger blökt die ganze Zeit nur ins Mikro, selbst im ‘von Korsetts eingezwängtem’ Heavy Metal nicht. Und wenn ein Bruce Dickinson oder meinetwegen auch ein Kai Hansen mal etwas feinfühliger wird, ist das doch auch nichts Schlechtes, oder?

Wie habt ihr vor “Northern Warrior” zu betouren? Wollt ihr neben den bestätigten Festival-Gigs auch eine Tour machen? Vielleicht als Headliner? Oder ist euch das zu unsicher in der heutigen Zeit, wo man, ob des Überangebots an Tourneen, schon beinahe nicht mehr weiß, wo man hingehen soll?

Entschuldige, aber die neue Scheibe heißt “Heathen Warrior”.

Ach, verdammte Tippfehler…

Wir arbeiten gerade mit unserer Booking-Agentur unter Hochdruck an Tourmöglichkeiten. Wir wollen die neue Platte adäquat promoten, und dafür müssen wir auf die Bühne, und zwar oft und überall. Natürlich ist die Platte gerade frisch in den Läden, und die Veranstalter brauchen dann immer einen kleinen Moment, aber so langsam kommen die Anfragen rein und das wird sich in den nächsten Monaten steigern. Eine Headliner-Tour wäre natürlich wünschenswert, und ich bin gespannt was wir in nächster Zeit auf die Beine bekommen!

Nachdem die CD Verkäufe in den letzten Jahren ja drastisch eingebrochen sind und das Download-Übel nur schlecht in den Griff zu bekommen ist, verlassen sich immer mehr Bands nur noch auf die Tourneen. Glaubt ihr, dass auch dieses Feld für Musiker bald übersättigt ist und man auch hier nichts mehr verdienen kann?

In der Tat ist es sehr schwierig geworden, als Musiker zu überleben. Die dicken Zeiten der Plattenfirmen sind definitiv vorbei. Da aber auch Benzin immer teurer wird, von den anderen Unterhaltungskosten auf einer Tour ganz zu schweigen, wird aber auch der Live-Markt komplizierter. An eine mögliche Übersättigung durch zu viele Konzerte glaube ich dabei eigentlich nicht. Der Fan entscheidet doch so oder so, was er hören will und wo er hingeht und entsprechend sein Geld dafür abdrückt. Das hat er immer so gemacht. Man muss es gerade den Metal-Fans wirklich hoch anrechnen, wenn sie auf eine Band stehen, unterstützen sie die auch komme was wolle, gehen zu den Konzerten und kaufen ein Shirt. Treue ist da ein ganz wichtiges Schlagwort, ohne diesen Rückhalt hätten schon viel mehr Bands die Segel gestrichen. Es sind eher gesamtwirtschaftliche und auch soziale Bedingungen, die Musikern das finanzielle Überleben schwer machen. Gerade in Deutschland hast Du mit unserem Beruf einen unheimlich schlechten Stand, kämpfst ständig mit dem Finanzamt und den Krankenversicherungen. Ein zweites finanzielles Standbein ist da manchmal unablässig, um überhaupt weiter Musik machen zu können. Wenn dann auch noch die Wirtschaft im Land ins Straucheln gerät, zieht es Dir als Musiker doppelt schnell die Schuhe aus. Von daher wäre mein Aufruf eher, zu möglichst vielen Konzerten zu gehen, um die Szene und die Musiker, die alles für ihre Kunst geben, weiter zu unterstützen!

Wohin seht ihr den Weg des Heavy Metal führen? Es gibt immer mehr unnötige Reunions und die Großen Bands schwächeln nicht unerheblich. Aus Schweden kommen hingegen fast täglich neue Gruppen, die sich wie STORMWARRIOR dem alten Sound verschrieben haben und etwas frischen Wind bringen. Ist das die ‚Rettung‘ der Szene, wie sie mancherorts beschrieben wird? Oder denkt ihr, dass eine solche ‘Rettung’ gar nicht nötig ist?

Diese Reunion-Masche hat manchmal schon einen etwas merkwürdigen Beigeschmack, da muss ich Dir Recht geben. Dass einige alte Helden wiedergekommen sind, war sicherlich eine coole Sache. Nur jetzt feiert ja schon jede fünftklassige Band aus den Achtzigern gerne ihr Comeback, was nicht unbedingt notwendig ist. Generell muss ich zu Deiner Frage aber sagen, dass ich keine Rettung für nötig halte. Die Metal-Community ist groß und hält weltweit zusammen, das Internet hat dabei doch erheblich geholfen. Man tauscht sich untereinander aus, entdeckt neue Bands oder vergessene Perlen, das gefällt mir gut und ist für mich das Zeichen einer gesunden Szene. Neue Bands bringen natürlich frischen Wind, und es freut mich dass Du uns dort mit einreihst, denn frisches Blut sichert auch weiterhin das Überleben der Szene. Aber auch die etablierten Acts sind noch nicht abzuschreiben. Ich war letzten Monat beim Iron Maiden-Konzert hier in Hamburg, und die Jungs haben die Halle trotz ihres fortgeschrittenen Alters komplett zerlegt! Selbst die Songs der neuen Platte, die mir an sich nicht so gefällt, kamen genial rüber! Der Metal ist auf einem guten Weg, er ist facettenreich wie nie, und die Fans untereinander auch tolerant wie nie. Lederstiefel oder Adidas-Schuhe, who cares? Die Liebe zur Musik hält uns alle zusammen, und ich sehe in keiner anderen Szene ein so starkes Zusammengehörigkeitsgefühl wie im Metal!

Welche Pläne verfolgt ihr mit STORMWARRIOR für die Zukunft – neben der Promotion für das neue Album?

Wir wollen natürlich die Weltherrschaft, ist doch klar. Mein Wunsch ist es, die Band mit “Heathen Warrior” ein ganzes Stück weiter nach vorne zu bringen, viele und große Touren zu machen und die Fahne des Metal weiter hochzuhalten! Es gibt so viele Orte wie Russland oder Südamerika zum Beispiel, wo wir noch nie gespielt haben. Das wäre natürlich toll, wenn das endlich mal klappt und wir mit “Heathen Warrior” schön viel rumkommen. Es ist sechs Jahre her, dass wir in Japan gespielt haben, und wir möchten unsere Fans dort auch sehr gerne mal wiedersehen! Generell ist es einfach die großartigste Sache der Welt, für die Fans zu spielen, und da haben wir noch einige leere Flecken auf der Weltkarte, wo wir kleine Fähnchen draufstecken wollen!

Die letzten Worte gehören euch. Möchtet ihr unseren Lesern noch etwas mitteilen?

Tausend Dank an unsere Fans, die uns nach wie vor so super unterstützen! Wir hoffen, Euch gefällt “Heathen Warrior”, und wir sehen uns bald auf Tour wieder! Hoch die Hörners!

Danke für das Interview!

Galerie mit 19 Bildern: Stormwarrior - Metal Hammer Paradise 2021
01.07.2011

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