Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
Im Grindcore-Sektor erscheint es über all die Jahre schwer, die ganz besonderen Perlen aus dem Underground zu wühlen. Das liegt nicht unbedingt am akuten Fachkräftemangel, sondern viel mehr an dem riesigen Wulst aus bestenfalls mittelmäßigen Bands, was gerade in diesem Bereich häufig in uninspiriertem Krach enden kann. Die feinfühligen Könner gibt es innerhalb der Szene auch dem Heldentod NASUMs durchaus noch. In diesem Fall muss man leider ebenfalls sagen „gab“, denn nur sieben Jahre nach dem Aus der schwedischen Vorzeigebrüller erwischte es auch die ungleich deutlicher unter dem Radar schwirrenden SPLITTER.
„Avskräckande Exemplar“ war eine Lichterscheinung
Das aus der schwedischen Hauptstadt stammende Quintett ist eine typische Lichterscheinung, welche im Jahr 2006 mit der EP „En Sorglig Historia“ auf den Plan trat und damit bereits im Rahmen ausgewählter Kenner für Furore sorgte. Nur ein Jahr später folgte mit „Avskräckande Exemplar“ das bisher einzige Full-Length der Band. Auch wenn im Coronajahr 2020 die unerwartet erfreuliche Nachricht durch die Lande zog, dass sich SPLITTER wieder zusammengefunden und mit „Vannsinnesfärd“ sogar noch eine ganze 87 Sekunden lange Single aufgenommen haben, darf man skeptisch bleiben, ob wirklich noch mehr im Köcher ist. Schließlich ist es seit coronabedingten Problemen im Anschluss wieder recht still um die Skandinavier geworden.
Steigt man in die routinierte Urgewalt auf „Avskräckande Exemplar“ ein, ist es kaum zu glauben, dass sich im Aufgebot der Stockholmer, bis auf eine Live-Beteiligung von Gitarrist Niklas Holm bei AFGRUND, keine erwähnenswerten Referenzen finden. Klar, es braucht nur wenige Anschläge, bis hier klar wird, dass NASUM Pate gestanden haben, nichtsdestoweniger hat selten eine Nachfolgeband in dieser Qualität anknüpfen können. SPLITTER betitelten ihre musikalische Ausrichtung als „Tragedy-Grind“, und tatsächlich schon „Totalkvaddad“ zeigt, in welche Richtung das führen wird. So entwickeln die Schweden hier eine Zahnradapparatur, die aus fiesem Geschepper und teilweise wahrhaftig ergreifenden Melodien ineinanderpackt.
Tragedy-Grind
So wirkt „Avskräckande Exemplar“ zwar wie aus einem Guss, und doch offenbart das Album etwa mit „Träffad“oder „Död (För Lange Sedan)“ bemerkenswerte Highlights, in denen die saftigen Leads entweder durch Mark und Bein gehen oder für den Grind-Bereich vergleichsweise emotionale Abschnitte produzieren. Nicht nur wegen der Saitenfraktion, sondern auch aufgrund des stets intensiven Einsatzes von Frontbrüller Fredrik Thalberg ist das Album variabel, abwechslungsreich und einsteigerfreundlich. Nur wenige Grindplatten dürften im Gesamtpaket derart gut durch die menschlichen Synapsen laufen wie dieses Werk.
Sicherlich standen und stehen SPLITTER im Schatten der großen NASUM und Machtwerken wie „Shift“ oder „Human 2.0“, aber qualitativ entscheiden hier wirklich nur Marginalien. Auch wenn es „Avskräckande Exemplar“ nicht geschafft hat, einen breitere Masse von der eigenen Existenz in Kenntnis zu setzen, so bleibt hier dennoch eine Perle, die auch 15 Jahre nach dem Release noch keinen Funken Durchschlagskraft eingebüßt hat und zu den stärksten Grind-Outputs der 00er-Jahre gehört.
Exzellente Wahl für einen Blast from the Past! Die Band war seinerzeit einfach mal Perlen vor die Säue. Einfach wunderbar.