Carpenter Brut
Leather Terror - Tour
Konzertbericht
Für einen von nur zwei Deutschland-Auftritten macht die Synthwave-Größe CARPENTER BRUT in Hamburg Station – da heißt es für Fans von Darksynth und Disco natürlich „Dabei sein!“. Die Markthalle ist allerdings um kurz nach halb acht noch ziemlich spärlich gefüllt – anscheinend genießen die meisten Konzertgäste noch das spätherbstliche Wetter vor der Tür.
SIERRA überzeugen im Vorprogramm
Um kurz vor acht Uhr beginnt SIERRA ihr Set. Und ganz schnell wird deutlich: An Bass wird hier heute nicht gespart, durchgehend wackelt der Boden, beschwingt durch die druckvollen Bässe. Und dass ist auch ziemlich gut so, lebt der düstere Elektrosound der Französin doch von seiner Eindringlichkeit. Der Sound ist urban, die Stimmung der Songs kühl, aber nicht hoffnungslos, irgendwie passend für einen verregneten Herbsttag. Das hat etwas John Carpenter, viel PERTURBATOR, aber vor allem einen mächtigen Schlag hämmernden Darksynth. „Gone“ und „Unbroken“ werden als aktuellere Tracks geboten und klingen live nochmal deutlich eindrucksvoller als von Platte. SIERRA selbst greift auch immer wieder zum Drumstick, um etwas Percussion einzustreuen, und zum Mikrofon für kurze Gesangseinlagen, beschränkt sich aber sonst im Wesentlichen auf ihren Synthesizer.
Mit einer sympathischen Ankündigung und mit charmant- französischen Akzent gesteht SIERRA abschließend: „Es ist mein erstes Mal in Hamburg“ – und geht nach (nur) knapp über dreißig Minuten von der Bühne. Das Publikum hätte wohl gern noch etwas mehr gehört und verabschiedet SIERRA unter Applaus von der Bühne. Sicherlich haben die vorgebrachten Songs bei einigen Besuchenden das Interesse geweckt, sich eingehender mit dem Backkatolg von SIERRA zu beschäftigen. Abschließend bleibt das Gefühl, dass SIERRA doch deutlich geschmeidiger in das Vorprogramm von CARPENTER BRUT passen, als es die kantigen YOUTH CODE Anno 2018 im Uebel&Gefährlich vermochten.
CARPENTER BRUT liefern eine große Party
Eine kurze Umbaupause rückt dann den wuchtigen, altarähnlichen Synthesizer-Aufbau samt Bandlogo von CARPENTER BRUT in die Mitte der Bühne – und dreißig Minuten später geht es auch schon los. Ziemlich gut im Zeitplan anscheinend, die Bühnencrew. Und was gibt es als Song zum Anheizen? „Everybody“ von den BACKSTREET BOYS. Na, das kann ja heiter werden. Der Große Saal hat sich auch mittlerweile gut gefüllt, spätestens jetzt strömen auch die letzten Zuschauenden aus dem Vorraum dazu.
Wuchtig haut CARPENTER BRUT zum Auftakt erstmal neues Material von „Leather Terror“ mit „Straight Outta Hell“ und „The Widowmaker Maker“ raus in die Menge, anscheinend ist das Ziel erstmal den Saal in Bewegung zu versetzen und das Tanzbein zu lockern. Und nachdem dann auch alle warmgetanzt sind, gibt’s das wunderbare „Roller Mobster“ obendrauf, womit erstmal ein Setlist-Block mit älterem Material eingeläutet wird. Es sit allerdings unerheblich, ob altes oder neues Material gegeben wird, eins zieht sich heute wie ein roter Faden durch das Set: Eine Verschnaufpause gibt es zwischendurch nicht. Ohne Ansagen, ohne Unterbrechungen, wird hier durchgezogen, maximal gestikuliert CARPENTER BRUT-Mastermind Franck Hueso ein wenig vom Synthwave-Altar herunter. Da tobt der Mob und die Luftfeuchtigkeit steigt rapide.
Zur Halbzeit des Sets spendiert CARPENTER BRUT dann das poppige „Lipstick Masquerade“, geht mit „Inferno Galore“ und „Disco Zombi Italia“ anschleißend in einen beinahe klassischen Disco-Block. Das zur Unterstützung wie gewohnt Gitarrist und Schlagzeug den Auftritt mit auf der Bühne sind, sorgt für zusätzliche Bewegung, das Trio scheint zudem gut eingespielt und nutzt den Raum auf der Bühne vor der LED-Wand ziemlich weit aus. Wiederholt rollt der hinter einer dunklen Sonnenbrille verborgenene Frontmann Huego seinen Synthesizer-Aufbau über die Bühne um ein bisschen Dynamik und Abwechslung zu erzeugen. Den Rest erledigt dann ohnehin die opulente Lichtshow, die wahrlich nichts für lichtempfindliche Personen ist. Da blinkt und leuchtet es aus den LEDs und Videoeinspielern in den grellsten Neonfarben – bevorzugt natürlich rot und pink.
Zu „Turbo Killer“ gibt es dann sogar noch eine „Wall Of Dance“, „Le Perv“ schließlich bereitet das unvermeidliche Ende vor: Mit dem traditionellen Covertitel „Maniac“ beschließt CARPENTER BRUT sein Set und holt zum Abschluss nochmal alles aus dem bereits arg schwitzigen Publikum heraus. Einziger Wehrmutstropfen heute: Gefühlt hätten es noch ein paar Songs mehr sein dürfen, auch wenn letztlich derer fast 20 (!) auf der Setlist stehen. Die Mischung zwischen Material des neuen Albums „Leather Terror“ und den vorherigen Platten ist stimmig, auf die balladesqueren Titel wird verzichtet – das hält die Stimmung und die Intensität durchgehend hoch.
So ist dann bereits um kurz nach zehn Uhr Schluss. Aber das ist für einen Abend unter der Woche vielleicht auch ganz nett für alle weitgereisten Werktätigen, zumal dann auch noch genug Zeit zum shoppen bleibt. Und davon wird offensichtlich ausgiebig Gebrauch gemacht: Es entstehen lange Warteschlangen an den Mechandise-Ständen im Vorraum. Die limitierten Kunstdrucke zu diesem Auftritt sind schnell vergriffen und SIERRA unterschreibt noch geduldig allerlei Vinyl-Neuerwerbungen und steht hinter dem Verkaufstresen für Selfies zur Verfügung. Schließlich leert sich allerdings der Vorraum der Markthalle und mit einem leichten Rot-Neon-Eindruck auf der Netzhaut geht es schließlich in den spätherbstlichen Abend.
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