Scram - Radial Neuropathy

Review

„Mmh, mmh!“ Der gefesselt auf dem Boden liegende Ken murmelt unverständliches Zeug.
„Sind Sie Ken?“ Archie Leach betritt den Raum und zieht dem bemitleidenswerten Ken die Birne mit einem vernehmlichen „Plopp“ aus dem Mund.

Was hat das Intermezzo zwischen der wohl amüsantesten Verhör/Folterszene der Filmgeschichte im Streifen „Ein Fisch namens Wanda“, in dem neben einer Birne auch zwei Pommes und eine Handvoll Fische eine gewichtige Rolle spielen, und der genialen Szene, in der Archie versucht, dem Stotterer Ken die Information abzuringen, wohin Otto und Wanda verschwunden sind, bitte mit der vorliegenden Platte von Scram zu tun?
Ganz einfach : Die Scheibe hat auch eine Birne im Maul!

Nicht, dass man den angenehm nach einer heiseren Version von „uns Mille“ klingenden Fronter P-ter nicht hört. Nee, hier sind dummerweise die Klampfen so dünn, der Bass und die Kicks so matschig, dass leider so Einiges am Hörer vorbeiläuft (ja, ich WEISS, dass es sich um eine Eigenpressung handelt). Schade, denn wenn man genauer auf die dargebotenen Klänge achtet, entpuppt sich das Ganze als kräftiger, recht old-schoolig angehauchter Silberling, den man durchaus als Hommage an die großen deutschen Thrash – Väter Kreator und Sodom verstehen kann. Hier wird geschrotet und gerifft wie in den glorreicheren Tagen der deutschen Metalgeschichte.

Dabei sind die Songs durchaus abwechslungsreich und zeugen von einem intelligenten Songwriting; dieses hat mit Originalität und Innovation etwa so viel am Hut, wie Rainer Calmund mit Askese, macht aber durchaus Spaß. Bemerkenswert ist auch der Titel der Scheibe und der dazugehörige flotte und eingängige Titeltrack „Radial Neuropathy“, denn hier bekommt „Megadave“ Mustaine sein Fett weg. Sicher, ein wenig seltsam erschienen mir die Meldungen auch, in denen der eigenwillige Megadeth Mainman behauptete, so dämlich auf einem Stuhl eingeschlafen zu sein, so dass sein Arm einen fürchterbaren Nervenschaden erlitten habe und Dave deswegen die Band auflösen müsse. Diese Entscheidung lag vielleicht auch an den Verkaufszahlen der unsäglichen „The World Needs A Hero“ Platte. Naja, mittlerweile ist zumindest musikalisch bei den „wiedererstandenen“ Megadeth einige Besserung geschehen.

Ein Cover des „Endless Pain“ Songs„Tormentor“ stellt dann Scrams direkteste Verbeugung vor Kreator dar und ist in Anbetracht des übrigen Materials wohl nur eine logische Konsequenz; so könnte das folgende „Searching The Right Way“ genauso gut aus Essen kommen und nicht nur aus dem Neissetal. Jetzt müssen Scram nur noch an der Produktion arbeiten, um einen echten Nackenbrecher hinzulegen. Apropo Nackenbrecher… ich zitiere Ken frei : „M-m-maggie, t-t-töte!“

12.10.2004

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