Core Fest 2022
Stuttgart lebt endlich wieder

Konzertbericht

Billing: Escape the Void, Elwood Stray, Rising Insane, Defocus, Aviana, The Oklahoma Kid, Unprocessed, Distant, Betraying The Martyrs, Necrotted, Nasty, Paleface und Emil Bulls
Konzert vom 17.09.2022 | Im Wizemann, Stuttgart

Live is back! Dieser Ausdruck steht zumindest in all den Sommer-Festival-gebräunten Gesichtern, die im kalten Nieselregen am Samstag, den 17.09.2022 zum Core Fest 2022 ins Wizemann tingeln. Natürlich mit der Straßenbahn – denn die ist an dem Tag in der Stuttgarter Innenzone sogar kostenfrei. Was für ein Leben!

Nach drei langen Jahren findet das selfmade Festival endlich wieder statt und mit ganzen dreizehn Bands gibt es bis zum Abend ordentlich zu tun. Dass die Location sich dabei wieder mal als Glücksgriff entpuppt, ist bereits nach wenigen Minuten und dem ersten Stage-Wechsel selbsterklärend: Mit zwei voneinander getrennten Räumen mit Bühne, der Main Stage und der Club Stage, hat man nach jedem Act genau fünf Minuten Zeit, um in den anderen Raum zu pilgern. Oder man holt sich eine Currywurst, Bier oder ein Knoppers. Das kommt auch ein Bisschen darauf an, ob man bei Betreten der Location den Altersdurchschnitt spürbar anhebt, wie es mit Mitte 30 der Fall ist. Also besser ein Wasser, damit man vom Mittag bis 23 Uhr durchhält und diese Wahl stellt sich als weise heraus. Aber eins nach dem anderen.

Faustregel für Clubshows: Je dunkler die Musik, desto dunkler das Licht.

Opener sind ESCAPE THE VOID auf der größeren Hauptbühne. Etwas moderner bis Hardcore-lastiger Wind aus Karlsruhe also und Hut ab: Nicht nur die Performance, auch der Sound sitzt astrein – auch wenn jemand in der ersten Reihe bei den ersten drei Bands lautstark und zu jeder Möglichkeit ruft, dass es zu leise sei. Ganz so leise ist’s dann doch nicht, aber da tut sich dann hinter der Kamera auch ziemlich schnell ein „Problem“ auf, welches sich durch den gesamten Verlauf ziehen wird. Gehen wir mal davon aus, dass dem Metalcore ja ohnehin zugeschrieben wird, dass er böse ist und wir alle Kinder fressen. Deshalb liegt es auch nahe, dass gerade Clubshows folgender Faustregel folgen: Je dunkler die Musik, desto dunkler das Licht. Beim Deathcore frägt man sich dann doch, ob man nicht bei einem Black Metal Konzert gelandet ist und wieso sie nicht gleich alle Lichter auslassen, nur so aus Prinzip. Wenn dann aber noch jemand an den dafür vorgesehenen Knöpfen Gefallen an Strobo im Rücken und Nebel gefunden hat, ist das hysterische Lachen des (an diesem Tag lächerlich ungeübten) Fotografen im Fotograben durchaus nachvollziehbar. „Ja gut, haben halt alle Bands KEINE Drummer dabei!“ ist zwar im Text dann leicht zu erklären, aber alle Anwesenden können bestätigen: Man hört Schlagzeug! Jede Menge davon! Man sieht nur leider nix!

Zurück zu ESCAPE THE VOID: Anstatt erwarteter fünf Musiker stehen vorn nur vier. Sie wissen aber mit ihrer Balance aus Growls, Cleangesang und elektronischen Elementen durchaus zu überzeugen, auch wenn der Raum leider noch nicht mal bis zur Hälfte gefüllt ist. 30 Minuten Spielzeit sind kurzweilig, die ersten drei Reihen – vermutlich allesamt Anwesende, die die Band kennen – feiern insbesondere „Circles“ und den letzten Song „Skydrifter“. Ja doch, für einen derart gelungenen Auftakt verspricht der Tag doch Einiges.

Galerie mit 10 Bildern: Escape The Void - Core Fest 2022

Aber das Programm ist stramm, später am Tag frägt man sich, ob nicht vielleicht sogar etwas zu stramm, erfordert der menschliche Körper doch ab und an seinen Tribut. Also kurze Verschnaufpause und rüber zur Club Stage, ELWOOD STRAY sind dran. Post Hardcore aus Essen. Sie starten mit „Free Falling“ und wenn man’s mit drei Worten beschreiben soll, so lauten diese: Energiegeladen, Wumms und Spaß. Sie haben Bock und das spürt man bis in die letzten Reihen. Bereits vor wenigen Wochen haben sich die Jungs auf dem Summer Breeze Open Air mit Ruhm bekleckert, aber noch schöner ist es mit anzusehen, dass sie auch auf einer kleinen Bühne mächtig Stimmung anzetteln können. Und einen kleinen Nebeneffekt hat es auch: Zum ersten Mal wird’s warm in der Bude, was definitiv Auswirkungen von „Exile“, und „Uncertain Me“ sein könnten.

Konzertfoto von Elwood Stray - Core Fest 2022

Elwood Stray – Core Fest 2022

Galerie mit 12 Bildern: Elwood Stray - Core Fest 2022

Wieder Stage-Wechsel: RISING INSANE kommen aus dem östlichen Oldenburger Land, erweisen sich als eine Beatdown-Gewalt vom Feinsten und allein von der Leistung am Mikrofon könnte man noch seinen Enkeln erzählen. Das erklärt auch die Highlights in der Band-Bio, welche unter anderem vom Gewinn des Impericon Next Generation-Wettbewerbs berichten. Während Fronter Aaron Steineker mit den Worten „I feel like my mind is gone“ nach Verstärkung aus dem Publikum ruft, sind die großen Hallen der Main Stage leider immer noch nicht so gut besucht, wie man sich wünschen würde. „…but I know where my heart belongs!“ hört man sich selbst dann mit rufen. Die Bands geben alles, wenn die Leute nur wüssten, was sie verpassen.

Galerie mit 8 Bildern: Rising Insane - Core Fest 2022

Beim Blick auf die Uhr bleibt nicht viel Zeit für Besinnung, DEFOCUS spielen gleich auf der Club Stage, man hört schon das Techno-Intro. (Ja wirklich.) Insgesamt sieben Songs spielen DEFOCUS in der nächsten halben Stunde, also den größten Teil ihres 2021er Albums „In The Eye Of Death We Are All The Same“. Mit „Common Grave“ als Opener, welcher dem Album auch den Titel schenkt, kommt abermals Stimmung in den kleinen Raum. „Ihr bewegt euch mehr als wir!“ kann man als Zuschauer bestätigen, wir haben aber auch mehr Platz und als die letzten Töne von „Diverge“ verklingen, wird es so langsam Arbeit. Aber von der schönen Sorte. (Noch.)

Galerie mit 9 Bildern: Defocus - Core Fest 2022

Von einer bis dato unbekannten Band bis hin zum heimlichen Favoriten des Core Fest 2022? – Ja das geht!

Als nächstes tönt laut „How Much Is The Fish“ aus den Boxen und AVIANA stehen auf dem Zettel, die hierzulande vielleicht nicht ganz so bekannt sind, obwohl sie 2021 quasi über Nacht auf einmal in der Spotify Playlist „New Core“ erschienen sind. Im Mai standen diese mit RISING INSANE im Schlepptau bereits auf ein paar deutschen Bühnen, ihr maskenreiches Comeback hat es in sich und die Spannung steigt. Man steht wieder vor der Main Stage und die ersten Töne sorgen für erschrockene Gesichter, gehen sie doch (sehr laut, na wo ist unser Lautsärke-Kritiker da gewesen?!) durch Mark und Bein, bevor drei vermummte Gestalten nebst Frontmann, der vom Aufzug her ein Bisschen an einen Schäfer erinnert, auf die Bühne kommen und seine – im Dunkeln, wer hätte es geahnt – zu Höchstleistungen antreibt. Tatsächlich reichen diese 40 Minuten aus, um AVIANA an diesem Tag als heimlichen Favoriten des Core Fest 2022 zu küren. Die Stimmung ist düster und ergreifend, Joel Holmqvist überzeugt am Mikro, der Rest brettert mit Blastbeats vom Feinsten vorbei. Was bleibt sind offene Münder und definitiv neue Fans! Chapeau!

Konzertfoto von Aviana - Core Fest 2022

Aviana – Core Fest 2022

Galerie mit 11 Bildern: Aviana - Core Fest 2022

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29.09.2022

The world is indeed comic, but the joke is on mankind.

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