Traitor
Metal steckt überall

Interview

Mit „Exiled To The Surface“ haben die Balinger ihr nunmehr viertes Studioalbum an den Start und es bietet viele interessante Geschichten: Den Titelsong zur Dokumentation „Total Thrash“, eine Interpretation des WHAM-Klassikers ‚Careless Whisper‘ und die neuen Songs des Jubiläumslivealbums „Decade Of Revival“. Grund genug um sich mit dem Bassisten Lorenz Kandolf (1 v. l.) zusammenzusetzen.

Es ist ungewöhnlich, dass du als Bassist im Vordergrund stehst und die meisten Interviews führst. Wie kommt es dazu?

Das liegt einerseits daran, dass die anderen tagsüber arbeiten und ich der einzige bei TRAITOR und REZET bin, der nur Musik macht. Ich hab halt die Zeit dafür und kümmere mich zudem noch um die organisatorischen Dinge, weswegen ich auch am meisten zu erzählen hab. Sonst bekommst du nur Einzeiler für dein Interview, was ein bisschen langweilig ist. Das machen wir seit Jahren so und das läuft auch ganz gut. Mir macht das Spaß und ich rede auch gern. (schmunzelt)

Um gleich beim Thema zu bleiben: Bei euch gibt es die besondere Situation, dass euer Sänger Andi Mozer als Fixpunkt für die Zuschauer:innen hinter dem Drumkit versteckt ist. Habt ihr mal darüber nachgedacht, die Aufteilung auf der Bühne zu verändern?

Das ist eine beliebte Frage, aber tatsächlich haben wir nicht darüber nachgedacht. Wir haben das mal 2010 probiert, als wir einen anderen Schlagzeuger hatten, der zufälligerweise auch Andi heißt, und Andi Mozer hat nur gesungen. Das hat zwar funktioniert, aber Andi macht es mehr Spaß gleichzeitig zu singen und Schlagzeug zu spielen. Er fühlt sich wohl und wir haben auch mehr Platz auf der Bühne zum rumspringen. Es hat auch nicht jede Thrash-Metal-Band einen singenden Schlagzeuger. DARKNESS und KREATOR hatten das am Anfang auch. EXUMER, AUTOPSY. Es gibt schon ein paar Vorbilder in der Hinsicht. Wir machen das in der Konstellation seit zehn Jahren so und das ist so etabliert. Wenn man TRAITOR sieht, weiß man das entweder schon oder ist hinterher überrascht. Das ist gar nicht das Problem.

Ich habe euch durch euer letztes Album „Knee-Deep In The Dead“ kennengelernt, von dem ich den Eindruck habe, dass es ein Durchbruch war, weil ihr danach viel präsenter wart.

Die kam generell gut an. Das war das erste Album, dass wir mit Matthias Koch geschrieben haben, der 2013 in die Band kam, als wir die zweite Platte schon fertiggestellt hatten und mit ihm dann nur noch über die Songs gegangen sind. Bei „Knee-Deep“ konnte er sich voll einbringen und da hat es diese funktionierende Konstellation gegeben. Die Scheibe kam gut an, wir haben riesige Festivalshows gespielt und konnten uns nicht beschweren. In der Presse war der Vorgänger „Venomizer“ noch besser, aber „Knee-Deep“ hatte den größeren Zuspruch vom Publikum und uns einen guten Aufschwung beschert.

Im Jahr danach habt ihr mit „Decade Of Revival“ ein Livealbum rausgebracht, bei dem es mich gewundert hat, warum ihr als verhältnismäßig kleine Band so eine totgesagte Gattung bedient.

Das ist eine DVD unserer Wackenshow, die wir mit acht Kameras aufgenommen haben und ein Livealbum, dass wir auf dem Rock Hard Festival aufgenommen haben. Der Hintergrund war, dass wir unser zehnjähriges Jubiläum gefeiert haben und wir was aufregendes machen wollten. Das kam gut an, aber es lief nicht so gut, weil wir nur 500 Einheiten zur Verfügung hatten, worunter aber kein Vinyl war. Jeder wollte es auf Vinyl haben, aber das konnten wir nicht machen. Eigentlich haben wir uns davon einen Promoschub für unsere Tour 2020 erhofft, aber dann kam Corona und dann ist die Wirkung dieser Veröffentlichung leider auch verpufft. Jetzt haben wir die Zeit genutzt und neue Musik geschrieben. Aber selbst für unsere Größe haben wir uns nie gescheut, in unsere Produkte Geld zu investieren.

Wie hat sich die Produktion zu „Exiled To The Surface“ gestaltet, gerade im Angesicht des Tods des Labelchefs Bauke de Groot, der an Krebs verstorben ist?

Das war eine große Scheiße, weil wir uns persönlich kannten und nicht nur Geschäftspartner waren, sondern uns auch privat getroffen haben und uns ungefähr sieben, acht Jahre kannten. Wir kannten auch seine Frau Joni, die jetzt das Label übernommen hat und mit uns befreundet war. Das hat die Prozesse verzögert, weil einige Sachen umgestellt werden mussten. Coronabedingt brauchten wir eine neue Peripherie um gemeinsam Musik zu schreiben und mussten uns ein neues Studio suchen.

Wir waren dann bei Kai Stahlenberg im Studio B in Seeheim, wo auch die Frankensteinburg in der Nähe ist und haben wieder die Sachen mit ihm als neuen Produzenten aufgenommen. Im Oktober letzten Jahres waren wir dann fertig und haben die Dinge konkretisiert. Mit Joni haben wir weitergearbeitet und auch von außerhalb viel Unterstützung bekommen. Wir gucken mal, wie das weiterläuft mit dem Label, aber ich bin sehr guter Dinge, weil sie auch aus dem Musikbusiness kommt und dem Bauke alle Ehre macht.

Auf dem letzten Album hattet ihr ein Gastsolo von SUICDAL ANGELS-Gitarristen Gus Drax. Jetzt habt ihr Tom Angelripper und den ABANDONED-Gitarristen Holger Ziegler dabei. Worin seht ihr den Reiz solcher Features?

Ich finde das cool. Bei SUICIDAL ANGELS war das so: Unser Gitarrist Gerd ist ein krasser Gus Drax-Fan, weil wir mit der Band schon zusammengespielt haben, er ein netter Kerl ist und sie sich auch richtig gut verstehen. Da meinte er, dass wir ihn doch einfach fragen, ob er das möchte. Im Hip Hop ist das normal, wenn auf einem Album die Mehrzahl der Tracks Songs mit anderen Interpret:innen hat und das verleiht dem Ganzen eine gewisse Würze. Das lockert auf, man hat einen anderen musikalischen Input. Den Holger kennen wir von ABANDONED, mit denen wir schon ein paar Mal gespielt haben, und Gerd ist auch mit ihm befreundet. Er wohnt in der Nähe des Studios, in dem wir aufgenommen haben und dann haben wir ihn ins Studio eingeladen, wo wir ihm spontan das Feature auf’s Auge gedrückt haben.

Das mit Tom war wegen dem Kinofilm „Total Thrash“. Da kam der Regisseur Daniel Hoffmann auf mich zu und meinte sehr kurzfristig, dass sie noch einen Titeltrack bräuchten. Da haben wir dann ein paar Demos gemacht und da kam von ihm die Idee, ob wir nicht SODOM anfragen sollten. Mit der Band sind wir auch seit einigen Jahren verbunden. Yorck kennen wir schon seit 2014, als er noch auf Festivals Stagehand war. Der Kontakt war da, wir mögen uns auch untereinander und da haben wir frech gefragt, was unkompliziert war.

Galerie mit 14 Bildern: Traitor - Headbangers Open Air 2023

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08.07.2022

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