Amorphis - The Karelian Isthmus

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

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Das Debütalbum von AMORPHIS, “The Karelian Isthmus”, erschien im November 1992 und somit zur Hochphase des Death Metals. Dabei zeigt nicht nur die Rückschau, wie sich die jungen Finnen schon damals einen Ausweg aus der reinen Lehre gesucht haben, die noch das Demo „Disment Of Soul“ sowie die 1991 aufgenommene, aber erst später veröffentlichte EP „Privilege Of Evil“ geprägt hatte. AMORPHIS schauten also schon recht früh über den Tellerrand, übernahmen Ideen aus anderen Genres und verfeinerten so ihren Stil.

AMORPHIS schauen über den Tellerrand

Diesen Werdegang kann man auf „The Karelian Isthmus“ sehr schön nachverfolgen: Quasi als Bonustrack enthält die Scheibe nämlich den Track „Vulgar Necrolatry“, der einst von AMORPHIS‘ Vorgängerband ABHORRENCE komponiert wurde, von Frontgrunzer und Gitarrist Tomi Koivusaari aber zu seinem neuen Betätigungsfeld hinübergerettet wurde. „Vulgar Necrolatry“ wechselt zwischen rollendem Midtempo, flottem D-Beat und einem epischen Zwischenpart, lässt aber keine Zweifel daran aufkommen, dass hier der gute alte Death Metal regiert, wo die tiefergestimmten Gitarren sägen müssen und der Grunzgesang keinen Deut verändert werden darf.

Gut, gerade letzterer Punkt steht auf „The Karelian Isthmus“ auch gar nicht auf dem Prüfstand (für diesen Zweck holten sich die Finnen später gleich neue Sänger ins Boot). Dafür setzten AMORPHIS in ihren Texten nicht mehr auf unergründlichen Horror, sondern blicken zurück zu in Mythen versunkene vorchristliche Zeiten und erzählen Geschichten von Schlachten und Tragödien aus längst vergangenen Zeitaltern.

Schlachten und Tragödien aus längst vergangenen Zeiten

Und das passte ungleich besser zu den neuen Wegen, die AMORPHIS hier gehen: Die Grundsubstanz ist selbstredend noch Death Metal, der zudem wunderbar schwer und massiv von Tomas Skogsberg in den Sunlight Studios in Stockholm in Szene gesetzt wird. Aber schon das Intro „Karelia“ zeigt sich differenzierter: eine von zwei Gitarren gezupfte, folkige Melodie mit zurückhaltender Keyboarduntermalung. Und das eröffnende „The Gathering“ präsentiert nicht nur mächtigen Death Metal, sondern auch epische Momente. Und wenn man ehrlich ist, ist das Eingangsriff von „Sign From The North Side“ bei aller Schwere sogar ziemlich rockig.

Nicht zuletzt sollte die prägnante Leadgitarre von Esa Holopainen zum Markenzeichen der Finnen werden. Flottere Songs wie „Grails Mysteries“ oder „Exile Of The Sons Of Uisliu” wechseln sich mit doomigeren Stücken vom Schlage „Warriors Trail“ ab, wobei aber immer wieder besagte Leadgitarre hervorsticht: Esa Holopainen experimentiert auch hier schon mit orientalischen Skalen und folkigen Melodien, was mit den harschen Passagen eine gelungene Synthese eingeht.

Das Songwriting wiederum ist bereits ziemlich geschickt und flüssig, auch wenn AMORPHIS immer wieder einige unerwartete Wendungen einbauen. Und so wechseln sich rauhe mit epischen Momenten ab, dunkle mit lichteren und melancholischen Momenten. Man taucht als Hörer ein in eine vergangene, längst vergessene Welt der Mythen und Schlachten, eine Welt, die fremd und anziehend zugleich ist. Eine Welt, deren Protagonisten zwar noch dem Namen nach bekannt sind, bei deren Taten aber zwischen Wahrheit und Legendenbildung nicht mehr unterschieden werden kann.

„The Karelian Isthmus“ ist markant

Was die Stellung von „The Karelian Isthmus“ im reichhaltigen Backkatalog von AMORPHIS heute etwas erschwert, ist die Tatsache, dass das Album durchaus hochklassig ist; einen Übersong sucht der geneigte Hörer allerdings vergeblich. Aber hey: Bei der Aufnahme des Albums waren die Jungs auch gerade mal zwischen 18 und 20 Jahre alt – und sie hatten ihr Pulver mit ihrem Debütalbum noch lange nicht verschossen. Bereits zwei Jahre nach „The Karelian Isthmus“ legten AMORPHIS nach – mit „Tales From The Thousand Lakes“ und damit einem Album, das auch heute noch für feuchte Augen sorgen kann.

Doch das ist eine andere Geschichte – und eine weitere Folge von Blast From The Past hier auf metal.de.

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08.06.2022

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