Agathodaimon
Aller guten Dinge sind sieben
Interview
Die Mainzer Dark Metaller AGATHODAIMON sind nach einigen Jahren Pause wieder zurück und setzen mit ihrem siebten Album „The Seven“ direkt mal ein Ausrufezeichen. Klar, dass wir bei solch einer gelungenen Scheibe bei Bandkopf Sathonys anklopfen und ihm ein paar Fragen stellen mussten: Hey Sathonys, inwiefern passen die sieben Todsünden in die heutige Gesellschaft, wer hat bei Euch in der Band eigentlich die beste Jobbezeichnung, und was macht Euer alter Sänger Vlad – außer seinem Gastauftritt auf „The Seven“ – heute?
Grüß Dich, Sathonys! Ich hoffe, bei Dir ist alles in Ordnung!
Soweit alles gut, wir haben gerade die Arbeiten am nächsten Videoclip zu „Kyrie / Gloria“ beendet, der finale Schnitt ist noch nicht durch, sollte aber morgen soweit sein. Und drei Tage später ist auch schon der Release des Abums [die Antworten erreichten uns am 14.03.; Anm. d. Reds]. Wir sind gespannt!
AGATHODAIMON lagen zwischen 2014 und 2020 auf Eis. War die Pause als solche geplant, also als temporäre Angelegenheit? Und was gab den Ausschlag, die Band 2020 aus der Asche auferstehen zu lassen?
Nun, dass es eine Pause geben sollte, war so nicht geplant. Aber manchmal muss man Entscheidungen treffen, und die damalige Situation erlaubte es einfach nicht, Familie und Band unter einen Hut zu bringen. Wir stecken viel Energie und Zeit in die Band, aber es war absehbar, dass ein paar Jahre die Familie Vorrang haben müsste, und das wäre AGATHODAIMON nicht gerecht geworden. Also haben wir eine Auszeit besprochen, mit dem Plan, zum Zeitpunkt X weiter zu machen. 2018 war es dann soweit, Ashtrael und ich begannen, uns nach neuen Mitmusikern umzusehen und die Band wieder an den Start zu bringen. Das dauerte einige Zeit, bis wir uns sicher waren, dass die jetzige Besetzung auch in jeglicher Hinsicht harmonieren würde, deshalb hatten wir erst 2020 die Reunion bekannt gegeben.
Von der letzten Besetzung sind mit Dir und Ashtrael nur zwei Mitglieder übrig. Gab es Bestrebungen, die alte Truppe wieder zusammenzutrommeln?
Jein, eigentlich war zum Zeitpunkt der Auflösung geplant, mit der alten Besetzung weiterzumachen. Allerdings offenbarte uns Bassist Till kurze Zeit später, dass er der Metal-Szene den Rücken zukehren will und ist seitdem eher in der Progrock-Ecke unterwegs. Und Gitarrist Thilo hat die Gitarre ganz an den Nagel gehängt, auch hier kam die Familie ins Spiel. Unser alter Drummer Manuel hingegen ist von Beruf Schlagzeuglehrer, er wollte natürlich weiterhin aktiv bleiben und stieg bei THE SPIRIT ein, die ja seitdem sehr umtriebig waren und ziemlich zeitgleich mit uns ihr drittes Album veröffentlichen. Das machte keinen Sinn, ihn da quasi wieder mit Gewalt quasi rauszuziehen, er fühlt sich bei THE SPIRIT sehr wohl.
Du hast allerdings jetzt eine ziemlich schlagkräftige und gut eingespielte Band zusammen. Ein bisschen Lobhudelei darf sein: Warum ist die jetzige Besetzung so gut?
Wie vorhin erwähnt, hatten wir uns ja durchaus Zeit gelassen, neue Mitglieder zu suchen. Es sollte nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich passen. Und das stellt sich immer erst nach einer gewissen Zeit heraus. Außerdem war es wichtig, dass es auch stilistisch passt. Jeder bringt seinen eigenen Background, musikalische Vorlieben und Einflüsse mit, aber letztlich harmoniert es sehr gut im Zusammenspiel.
Wie ist die Zusammenarbeit bei Euch geregelt?
Was die Zusammenarbeit angeht, will ich die alte Maxime aufrecht halten, dass sich jeder einbringen kann. Unser Gitarrist Nakhateth beispielsweise ist nicht nur ein exzellenter Gitarrist, sondern auch ein sehr guter Songwriter. Und Bassist Von Yanesh hat einige sehr nette Bassläufe eingebracht. Er ist übrigens staatlich anerkannter Berufsmusiker und Instrumentalpädagoge, Deutschland hat einfach die besten Jobtitel. Mortos reden wir generell wenig rein, als Gitarrist bin ich nicht so anmaßend, einem Schlagzeuger vorzuschreiben, wie er zu spielen hat.
Kurz nach Eurer Reaktivierung habt Ihr in der neuen Besetzung einige Playthrough-Videos gepostet, darunter (und das hat mich besonders gefreut) auch „Ne Cheamă Pămîntul“ von Eurem zweiten Album. Die Fans konnten allerdings auch kommentieren, welchen Song sie hören wollten. Hat das etwas in Euch ausgelöst?
Nun, wir haben das recht entspannt aufgenommen, beziehungsweise versucht, mit der Corona-Situation irgendwie umzugehen. Wir werden sicher noch ein paar weitere Songs aufnehmen. Was die Publikumslieblinge sind, kann man heutzutage dank Stats auf Spotify und Co ja recht einfach nachvollziehen, aber wir wollten auch Songs wählen, die uns persönlich zusagen. „Ne Cheamă“ ist einer meiner persönlichen Favoriten.
Welcher Song auf „The Seven“ stand eigentlich am Anfang bzw. war zuerst fertig?
Das war unsere erste Single „Ain’t Death Grand“, den Song hatten wir als erstes in Zusammenarbeit geschrieben. Mir fiel damals ein Stein vom Herzen, weil ja auch nicht sicher war, ob es letztlich von der Chemie passen würde, aber der Song entwickelte sich prächtig und zählt sicher zu meinen drei favorisierten Songs auf dem Album.
Der Albumtitel „The Seven“ verweist nicht nur darauf, dass es Euer siebtes Album ist, sondern die Titel behandeln das christliche Konzept der sieben Todsünden. Wie hast Du bzw. habt Ihr diese Thematik in den Songs aufbereitet – Ihr hättet natürlich auch auf „La Haine“ noch sechs weitere Titel folgen lassen können, die sich alle genau einer Todsünde widmen?!
Nun, prinzipiell haben wir das auch getan. Aber es gab noch ein paar Besonderheiten, bei „Mother Of All Gods“ hatten wir beispielsweise mit unserem alten Sänger Vlad zusammengearbeitet, der auch den Text schrieb, der Song fällt somit etwas aus dem Rahmen. Es ging auch nicht darum, ein starres Konzept um das Album zu schließen, es wird keine durchgehende Geschichte erzählt. Aber es gibt quasi zu jeder Sünde einen passenden Song.
Manche der sieben Todsünden dürften ja außerhalb der Kirche(n) als nicht so schröcklich angesehen werden – wie stehst Du zu diesem Konzept der Todsünden?
Ich sehe es meist aus dem geschichtlichen Kontext heraus, aus einer Zeit, in welcher das Leben unter anderem Umständen ablief, in dem man wenig Freiheiten hatte, sein eigenes Geschick, seine individuelle Entwicklung zu beeinflussen. Die Kirche bot Leitfaden, Weg und gleichzeitig Unterdrückung an. Erlösung, aber auch Verdammnis. Spielt nach unseren Regeln und ertragt alle weltlichen Bürden, dann wartet das Himmelreich auf Euch, gewissermaßen.
Heutzutage darf und sollte man viele religiöse Lehren mit der nötigen Skepsis und in Relation betrachten. Die sogenannten Todsünden sind Wesenszüge, welche in vielen von uns mehr oder weniger stark verankert sind. Gier, Lust, Hass und so weiter, jeder hat dies wohl bereits mehr oder minder gespürt. Die Kirche hat heute noch in unserem sozialen Leben und im Werteempfinden, im Verhalten einen starken Einfluss, und wir hinterfragen vieles nicht mehr, weil es eben so ist und früher schon so war. Es wäre aber an der Zeit, das eine oder andere zu hinterfragen, um sich als Mensch entwickeln zu können, nicht nur innerhalb gesellschaftlich akzeptierter Normen.
Wie schon gesagt, hören wir bei „Mother Of All Gods“ Euren alten Sänger Vlad, der ja einst unter unglücklichen Umständen aus der Band ausscheiden musste. Was macht er heute, wie ist die neuerliche Zusammenarbeit zustande gekommen, und wie lief diese ab?
Oh, er lebt noch in Rumänien, hat mit Fußball und IT zu tun, ist aber nach wie vor mal mehr mal weniger als Musiker aktiv. Wir sind über die Jahre hinweg in Kontakt geblieben, mal ist der Kontakt enger, mal ist eine Zeitlang Funkstille. Als wir beide an neuem Material gearbeitet haben, hatten wir ein paar Songs ausgetauscht, und auf einmal war da dieser Song. Nur Keyboards und simple Drum Patterns, aber der Vibe war wie bei den alten AGATHODAIMON-Songs. Letztlich haben wir daran weiter herumgeschraubt, und Vlad hat zusätzlich Texte beigesteuert, und auch Gesang in einem Studio in Bukarest aufgenommen. Die Sache ist quasi immer mehr gewachsen, und ich bin sehr froh, dass es in diesem Maße hingehauen hat. Das erste Mal seit 1999, dass Vlad auf einer Scheibe von uns zu hören ist, das war lange überfällig.
Manche Bands haben ihren Sound, den sie auf jedem Song durchexerzieren – das ist bei Euch ja nicht so, Ihr seid da breiter aufgestellt. War es Euch klar, in welche Richtung Ihr musikalisch gehen wolltet, oder hat beispielsweise die Textthematik auf „The Seven“ die Musik noch beeinflusst?
Nun, die Musik hat es nicht unbedingt beeinflusst. Aber es gibt da schon eine gewisse Wechselwirkung, was Musik und Text angeht, aber meist kommt erst die Musik, dann der Text. Musikalisch versuchen wir ja weiterhin, nicht eindimensional zu fahren. Aber die grundlegenden Elemente sind fix, und der musikalische Kosmos gesetzt, da sollte es keine wilden Experimente geben. Die Grundlage ist nach wie vor Black Metal, aber eben auf eigene Weise interpretiert. Kleine Einsprengsel von Doom, Death oder Thrash Metal, sowie andere Stile, die unterschwellig Einfluss üben. Meine grobe, gedankliche Marschrichtung war, „In Darkness“ weiterzuführen, da wir damals abrupt aufhören mussten. Ich bin nach wie vor sehr zufrieden mit der Scheibe.
Auf FB/Instagram habe ich gesehen, dass es zu jedem Track ein spezielles Artwork gibt, das den Track grafisch umsetzt bzw. von davon inspiriert ist. Was kannst Du dazu erzählen?
Nun, heutzutage sind die physischen Tonträger wie CDs oder LPs ja in der Minderheit, und das Künsterteam Credo Quia Absurdum hat wirklich viel Arbeit ins Artwork gesteckt. Also wollten wir ein paar Ausschnitte daraus geben und jeweils das Artwork zum zugehörigen Song zeigen – auf der CD bzw. im Booklet ist es jeweils übrigens eine Doppelseite. Für die Social Media-Posts baten wir um eine kurze Erläuterung ihrer Gedanken hinter den jeweiligen Artworks, und ich habe auch noch meine Senf zum Song selbst beigetragen.
Apropos Artwork: Inwiefern steht das Coverartwork in Bezug zum Titel?
Ha, wir haben nun schon einige Details verlauten lassen, was die jeweiligen Artworks betrifft. Beim Cover würde ich mich erstmal zurückhalten, darauf können wir noch zu einem späteren Zeitpunkt zu sprechen kommen. Ruhig mal etwas Zeit nehmen, auf sich wirken lassen und der eigenen Interpretation Spielraum geben.
Bei AGATHODAIMON stehen jetzt vereinzelte Shows an, beispielsweise eine Release-Show Anfang April in Mainz an. Worauf freust Du Dich dabei am meisten?
Live-Konzerte sind für mich immer das Beste, Bands auf der Bühne zu sehen, deren Musik man liebt, das ist einfach unvergleichlich. Selbst auf der Bühne zu stehen ist ebenso nicht zu verachten- direkt Feedback zu bekommen, das Publikum quasi zu spüren, das hat etwas. Natürlich kann es ebenso grandios in die Hose zu gehen, Anspannung ist immer dabei, aber letztlich hat man nach einiger Zeit eine gewisse Routine. Aber Shows zu spielen ist immer noch mein Hauptgrund, Musik zu machen.
Mainz wird sicher interessant, weil wir dort nur sehr selten gespielt haben und ich absolut nicht einschätzen kann, wer überhaupt zu einer Show kommen wird. Es gibt zwar viele Bands im Umkreis, aber Shows in Mainz selbst sind eher selten. Wir lassen uns überraschen. Ursprünglich wollten wir noch The Spirit mit dazu holen, aber denen kam ein anderer Gig in die Quere. Wir werden dafür wohl im Umkehrschluss auf deren Release Show Ende April in Saarbrücken spielen. Und wir drücken immer noch die Daumen, dass das Ragnarök-Festival dieses Jahr stattfinden kann.
Das war’s auch schon – danke für Deine Antworten! Wenn Du noch etwas loswerden möchtest, herzlich gerne!
Danke für die Unterstützung! Wir würden uns freuen, Feedback nach Release des Albums zu erhalten, nachdem es Zeit hatte, ein wenig zu wirken. Wir haben alle viel Zeit und Mühe in die neuen Songs gesteckt, und hoffen, dass es den alten Fans gefällt und auch vielleicht ein paar neue begeistern kann.
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Stile | Dark Metal, Melodic Black Metal |
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