Heaven's Guard - Pathfinder

Review

Fallen Begriffe wie „Rock/Metal“ und „Hannover“, könnte man an die SCORPIONS denken. Doch auch andere prominente Acts wie VICTORY und CRITICAL MESS sind der Niedersächsischen Landeshauptstadt entsprungen. Im Jahr 2017 kam eine weitere metallverarbeitende Combo hinzu – die von Gitarrist Steven Meißner ins Leben gerufene Band HEAVEN’S GUARD, die sich fortan dem Symphonic Metal widmete. Fast schon logisch, dass mit Doreen Fleck eine klassisch ausgebildete Sopranistin den Platz am Mikro einnimmt. Zu den musikalischen Einflüssen des Quintetts zählen Bands vom Schlage NIGHTWISH, EPICA oder LACUNA COIL, wie uns die Sängerin verriet. Schon hierdurch wird evident, wohin die Reise geht.

HEAVEN’S GUARD präsentieren ihr Debütalbum

HEAVEN’S GUARD kündigten ihren Erstling schon Ende 2020 an und realisierten ihn nunmehr unter dem Titel „Pathfinder“. Das Werk besteht aus elf Songs inklusive eines Bonustracks und wartet schon mit einem mystisch anmutenden, genretypischen Cover-Artwork auf. Mit dem fast sechsminütigen „Obscurity“ wird das Album eröffnet: Zwar kein Gassenhauer, doch eine richtungsweisende Nummer, die mit dichtem Soundteppich, orientalischem Flair und hohen, flüssigen Gesangslinien zu gefallen weiß. Einige charakteristische Stilmerkmale des „Opera Metals“ lassen sich schon hier exemplarisch herausfiltern.

„Veiled In Mist“ bietet einige Sequenzen, die an NIGHTWISH erinnern; ansonsten ist der rifflastige Midtempo-Song ebenso zu empfehlen wie das variable „Fallen Angels“, das einerseits für Alarm sorgt, andererseits aber auch einige gute Breaks und Tempowechsel auffährt. Hinzu kommen schöne, expressive Vocals, die nicht wie eine Blaupause etablierter Stimmakrobatinnen wie Tarja, Sharon den Adel oder Amy Lee klingen. Zweifelsohne ein starker Song. Das selbstbetitelte „Heaven’s Guard“ überzeugt erneut mit eingängigen Vocals und einer satten Orchestrierung. Anspieltipps sind zudem der Uptempo-Titeltrack „Pathfinder“, das melodische „Worlds“ (was für eine Vocal Range!) sowie die Ballade „Symbiosis“ als Bonustrack.

Die beiden Pre-Releases überzeugen

Zwei besondere Perlen des Albums verdienen explizite Aufmerksamkeit. Im Dezember 2020 erschien die erste Single „The Cause Of Destiny“, die schon einen eindrucksvollen Vorgeschmack auf das kommende Debütalbum lieferte. Die butterweichen Gesangslinien, die Instrumentalparts und vor allem der Killer-Chorus machten schon damals Lust auf mehr. Ganz zu schweigen von dem coolen, progressiv angehauchten Break bei 04:18. Selbst eingefleischte Symphonic-Metal-Skeptiker dürften an „The Cause Of Destiny“ Gefallen finden. Das gilt ebenso für das zweite Pre-Release, das im Dezember 2021 veröffentlichte „Deepest Voice“. Auch hier werden repräsentative Elemente des Symphonic Metals vorgetragen, ohne aber den Eindruck zu vermitteln, bei anderen Bands „geklaut“ zu haben.

In dieser Manier spielt sich die Band zunehmend in einen sinfonischen Rausch, der von flotten Tracks bis hin zu sphärischen Momenten reicht, aber immer melodisch, einschlägig orchestriert und arrangiert, geprägt von charismatischer Kreativität. Und nicht zuletzt getragen von einer genrespezifischen Sopranstimme, die die Vorzüge einer talentierten Sängerin mit klassischem Hintergrund abbildet.

Pflichtstoff für Fans des Symphonic Metals „Made in Germany“

„Pathfinder“ ist ein erfrischendes, innovativ klingendes Debütalbum, das aber dennoch als lupenreiner Symphonic Metal durchgeht. Den Himmelswächtern aus Hannover lässt sich definitiv das Potenzial attestieren, in die Fußstapfen etablierter deutscher Bands wie XANDRIA, BEYOND THE BLACK & Co. treten zu können. „Pathfinder“ dürfte jedenfalls Pflichtstoff für Fans des Symphonic Metals „Made in Germany“ sein, wenn es darum geht, heimische Newcomer zu scouten. Angenehm ist der Eindruck, dass es offenbar nicht um Heldenverehrung geht, sondern um ungezwungene Eigenständigkeit als Band. Natürlich lassen sich Einflüsse großer Bands nicht leugnen, doch dies ist in diesem Genre kaum vermeidbar.

Wenn es überhaupt etwas zu meckern gibt, dann ist es die Produktion, die insgesamt etwas druckvoller sein könnte. Die Gitarren kommen etwas zu glattgebügelt rüber; auch Doreens schöne Stimme könnte hier und da etwas aufgepeppelt werden. Musikalisch ist aber alles im grünen Bereich, einschließlich der Songstrukturen. Die Scheibe langweilt zu keiner Zeit und offenbart keine Ausfälle, die Skiptaste wurde nicht benötigt. Ein starkes Debüt einer ambitionierten Band, von der wir noch einiges hören werden.

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15.02.2022

Redakteur | Schwerpunkte: Classic Metal, Female Fronted Metal, Hard Rock

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