Wilderun - Epigone

Review

Soundcheck Januar 2022# 1 Galerie mit 26 Bildern: Wilderun - Co-Headline Tour 2023 in Berlin

WILDERUN sind, man kann es nicht anders sagen, richtiggehende Senkrechtstarter. Spätestens mit ihrem letzten Album „Veil Of Imagination“ (2019), das erste über Century Media Records und damit auch das erste überhaupt ein größeres Label, haben sich die Amis eine recht ansehnliche Fanbase erobert. Nun liegt der Nachfolger „Epigone“ vor, das inzwischen vierte Studioalbum der 2012 gegründeten Band. Können WILDERUN an den grandiosen Vorgänger anknüpfen oder sich gar noch steigern?

WILDERUN folgen mit „Epigone“ einem lyrischen Konzept

Ein Epigone ist ein Anhänger oder Nachahmer, normalerweise im Kontext von Kunst oder Philosophie. Jeder Song des Albums setzt sich in einem anderen Blickwinkel mit dem Konzept auseinander. Es geht hierbei auch um die persönliche Perspektive der Bandmitglieder mit der Idee, ein Künstler zu sein und deren Gefühle dazu, als auch um persönliche Erfahrungen und Erinnerungen an die eigene Vergangenheit. Und die waren wohl nicht immer nur positiv, wenn man sich mit „Epigone“ auseinandersetzt.

Isolation, düstere Zeiten, dunkle Klanglandschaften

Musikalisch folgen WILDERUN mit „Epigone“ dem eingeschlagenen Weg grundsätzlich weiter. Eigenwilliger, epischer Prog-Sound im Breitwandformat. Raffiniert, Theatralisch, bombastisch, symphonisch, eine explosive Mischung aus progressiven und orchestralen Arrangements, die immer wieder Genregrenzen sprengt. WILDERUN verstehen es wie die teilweise ähnlich gelagerten Vorreiter OPETH, AMORPHIS, HAKEN oder DEVIN TOWNSEND, komplexen Prog Rock/Metal mit hartem Melodic Death Metal, AOR Hooks, melancholischem Folk und Symphonic Metal gekonnt miteinander zu vermischen und das Ergebnis sowohl homogen als auch originell und angenehm frisch wirken zu lassen. Und schütteln sich dabei ganz nebenbei zuhauf denkwürdige Melodien ganz lässig aus dem Ärmel.

Auffällig ist, dass „Epigone“ dabei deutlich dunkler, düsterer und die Songs auch etwas kompakter als dem Vorgänger ausgefallen sind. Dies mag dem lyrischen Konzept geschuldet sein, aber sicherlich auch der Umstände, unter welchen „Epigone“ entstand – der Corona bedingten Trennung der Bandmitglieder voneinander. Hierbei griff WILDERUN-Mastermind Evan Anderson Berry (Sänger und Gitarrist) auch viele alte musikalische Ideen auf, die teilweise nie für WILDERUN gedacht waren. Das Songwriting für das Album fand für die Mitglieder einsam aus der Distanz statt, Ideen mussten hin- und hergeschickt werden. Die Isolation ging auch während der Aufnahmen weiter, während Wayne Ingram insbesondere seine Orchestrierungen in seinem Heimatstudio in Kalifornien aufnahm, traf sich der Rest von WILDERUN in Syracuse, New York.

„Epigone“ wird durch den eindringlichen und dennoch verträumten Akustik-Auftakt „Exhaler“ eingeleitet, ehe das 14minütige Epos „Wolfgatherer“ folgt, beständig Fahrt aufnimmt und für mehr Tempo und Dynamik sorgt. Hier fällt auch gleich auf, dass die epischen Orchesterpassagen noch cineastischer, noch authentischer und einheitlicher wirken als noch auf „Veil Of Imagination“. Und der Anteil der Folk-Elemente ist auch wieder etwas höher als zuletzt, was dem Album einen etwas erdigeren Charakter gibt. Zugleich folgen die Kompositionen von WILDERUN einem etwas klarer erkennbaren Spannungsbogen. Aber es bleibt im Breitwandformat, alleine „Wolfgatherer“ pendelt schon zwischen folkloristischem Symphonic Prog, dazu akzentuierende Blast Beats, Growls, Konserven-Orchester und immer wieder die Rückkehr zu den Ursprungs-Themen.

„Passenger“ ist direkter, treibender und dichter und wird insbesondere von Evans Gesang und klassischen Arrangements innerhalb des raffinierten Prog Metals getragen. Bei „Identifier“ verknüpft die Band die klassischen WILDERUN-Orchestrierungen mit neuen Synthesizer-Klanglandschaften, Extrem Metal und Folk. Ein weiterer Höhepunkt von „Epigone“ ist das proggige Meisterstück „Distraction“, ein vierteiliges insgesamt 20minütiges Epos voller breitwandigem Ausdruck und Atmosphäre.

Kleine Neuerungen halten die Klangwelten von WILDERUN frisch

Mit „Epigone“ haben sich WILDERUN erfreulicherweise nicht drastisch von „Veil Of Imagination“ verändert. Das neue Werk zeigt die Band nochmals gereift, die Klangwelten wurden im Detail verfeinert, alles wirkt etwas organischer. Ein tolles, anspruchsvolles und mitreißendes Hörerlebnis!

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04.01.2022

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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6 Kommentare zu Wilderun - Epigone

  1. Watutinki sagt:

    Geht persönlich nicht so an mich ran, klingt mir irgendwie zu neutral. Mir fehlen die kleinen, epischen Melodien, wie sie Opeth drauf haben, oder etwas emotional tragisches. Plätschert so vor sich hin und bricht halt zwischendurch mal in Bombast oder gekünstelte Härte aus. Vielleicht muss ich dem Album mehr Zeit geben, bin mir aber nicht sicher, ob ich dazu motiviert genug bin.

    6/10
  2. Stefan sagt:

    Sag mal, wenn du schon zugibst, dass hier, wie ja im Genre Progressive Metal generell, ein Durchlauf vielleicht nicht reicht um ein Werk zu erfassen, und dir der Stil insgesamt einfach zu ruhig ist und du deshalb keine Lust hast dich wirklich drauf einzulassen, findest du dann nicht dass deine Meinung für eine allererste Leserwertung vielleicht etwas zu nichtssagend ist? Ich finde halt es gibt auch irgendwie einen gesellschaftlichen Druck zu allem immer sofort eine Meinung haben zu müssen, daher meine ich das auch nicht persönlich, aber ich würde zum Beispiel nie eine Review schreiben oder Wertung abgeben zu einem Album das ich nur 1x gehört habe, es sei denn vielleicht es ist simple, offensichtlich abgekupferte Musik mit ganz eindeutig hervortretenden Defiziten, aber vor allem nicht im progressiven Musik Bereich. Und eben nicht als allererste Wertung die jetzt erstmal für alle Leser:innen steht. Nur mal so, just sayin`…

  3. Watutinki sagt:

    „Und eben nicht als allererste Wertung die jetzt erstmal für alle Leser:innen steht. Nur mal so, just sayin`…“

    Das habe ich hier so noch nie gehört, das man aufpassen muss, ob man die erste Userwertung setzt und diese deshalb vollumfänglich qualifiziert sein muss. Ich glaube Dein Anspruch ist hier auch nicht üblich, es passiert ständig, dass Wertung nachträglich noch mal korrigiert werden.
    Generell gibt es einige Alben die ich nur einmal höre, da ich diese oft auf bandcamp oder youtube höre und wenn es mich nicht voll überzeugt, ich es mir dann auch nicht kaufe. I.d.R. setze ich auch keine Wertung, wenn ich ein Album nicht mind. einmal voll gehört habe und das ist hier der Fall.
    Ich schätze die User Wertung für nicht so relevant ein, wenn es wirklich relevant für einen ist, sollte man die Kommentare schon lesen, finde ich. Interessant finde ich meine Bewertung dahingehend, da es zeigt, dass dieses hier bei metal.de hochgehypte Album offenbar nicht allen gefällt. ;))

    Dennoch danke für Deinen Anmerkung.

  4. onlythewindremembers sagt:

    Hab‘s nun mehrmals laufen lassen. So wohl nebenher als auch mit voller Konzentration drauf. Irgendwie sagt mir der Vorgänger (momentan) mehr zu. Also ein super Album ist es trotzdem und die Jungs wissen, was sie da machen. Die Stimme von Evan sticht natürlich wiedermal heraus. Aber der Vorgänger hat nun mal so einen Übersong wie „Far from where Dreams unfurl“ zu bieten und so leicht lässt der sich eben nicht überbieten.

    8/10
  5. Lysolium 68 sagt:

    Eigentlich hat das Album vieles von dem was ich mag. Opeth kommt mir öfters in den Sinn aber anders als bei diesem Wilderun Album gleite ich dort nicht weg und verliere meine Aufmerksamkeit.

    5/10
  6. dan360 sagt:

    Geht mir wie Lysolium68, leider! Kann auch nicht genau sagen woran es liegt, es fällt mir im Gegensatz zu den allermeisten Opeth Alben schwer, die Songs ohne abzuschweifen anzuhören. Das war bei dem Vorgänger nicht so der Fall.. naja vllt. noch ein paar Durchgänge zugestehen.