Papierflieger & HeadDown
Adamshof Kulturbühne 2021
Konzertbericht
HEADDOWN und PAPIERFLIEGER besiegeln den Sommer
Es ist einer dieser vielleicht letzten schönen Sommerabende. Der tiefblaue Himmel über dem mit rund 50 Gästen gefüllten Adamshof in Rüsselsheim wird umrahmt von den Mauern des Opel-Altwerks. Dort, wo einst die großen Maschinen in den Werkshallen der Stadt ihren Puls vorgegeben haben, wird diese Tradition im Auftrag des städtischen Kultursommers durch erstklassige Vertreter der Musik weitergetragen.
HEADDOWN mit neuen Songs im Gepäck
Den Anfang an diesem Abend machen HEADDOWN, die unverkennbar mit frischer Energie und neuen Songs im Gepäck dem Publikum entgegenstrahlen. Das Alternative-Quartett legt souverän los. Schon mit dem zweiten Stück – ausgelöst durch einen stetig aufbauenden Instrumentalpart, dem guten alten V8 Sound des beheimateten Diplomats aus den Hallen von nebenan in nichts nachstehend – muss man sich bereits den ersten Höhepunkt eingestehen. Nach so viel Live-Gig-Flaute keine Schande!
Spätestens hier sind die Jungs warmgelaufen und Sänger Frank Baumann steigt zu „Krude“ das erste Mal auf das Podest vor das Publikum. Der Spaß an Live-Rock nach so langer Abstinenz greift ungebremst auf die Gäste über.
Mit „All Because“ kündigt der Warwick Bass den ersten Donnergroll dieses warmen Sommerabends an, kurz danach bricht ein wahres Grunge-Gewitter über den Hof nieder, was mit Passagen wie „Sun is shining“ ebenbürtig gekontert wird mit sanglicher Unterstützung des Gitarristen Jens Rödner. So schnell es kam, so schnell ist es auch wieder vorbei und es folgt eine ruhigere Ballade, die mit dem Ansporn „leave it all behind“ an die Überwindung dieser vor allem für die Kultur schwierigen Zeit hoffen lässt.
Aus diesen Gedanken lockt einen lässig der ¾-Takt vom Mann hinter den Kesseln mit Sonnenbrille und weißer Krawatte, stabil wie eh und je – dass der letzte Auftritt fast ein Jahr zurückliegt, ist nicht erkennbar. Sie haben die Zeit gut genutzt für neue Songs; Studio und Video sind in der Mache – aus Arbeitstiteln wie „Masto“ wurden fertige Titel gegossen – in diesem Fall „All That’s Left“ – „volle Breitseite“ hätte auch gepasst!
Nach dem letzten Titel, bei dem die Ellenbögen mit geballter Faust unter Anleitung vom Sänger nach unten katapultiert werden, endet der Auftritt mit einer fulminanten Zugabe, die den Stühlen unter den Besuchern mit „We Should Try Another Lie“ eine Hochglanzpolitur verpasst.
Setlist HEADDOWN:
- Once Again
- Six Feet Down
- Back For More
- All Because
- Leave It All Behind
- All That’s Left
- Discolouring
- Confide In Me
Zugabe
- We Should Try Another Lie
PAPIERFLIEGER: Deutscher Powerrock mit hoher Schlagzahl
Auch für den zweiten Auftritt des Abends wird es schwierig, auf den obligatorischen Sitzplätzen zu bleiben. Zumal die Frontfrau Sabine Dittrich von PAPIERFLIEGER mit der Motivation eines Personal Trainers mit „Wir feiern diesen Tag“ Bewegung einfordert. Ihr Partner an der Gitarre lässt sich nicht bitten und zu „Kannst du mich sehen?“ bangt der rote Schirm seiner Cap bedingungslos Richtung Boden, auf dem die ebenfalls roten Sneaker für festen Halt bei der Übung garantieren müssen.
Eine kurze Verschnaufpause mit „Traumkämpfer“ lässt erneut Gedanken an harte Zeiten aufkommen und huldigt Menschen, „die sich den Arsch aufreißen“. Abschalten? Training schon um? Haste gedacht! Mit „Seiten der Geschichte“ dreht der rote Schirm auf dem Kopf nach hinten und im Stil von Stallone in „Over The Top“ wird der Panzer angeschmissen – jetzt muss es krachen!
Im Weiteren werden Themen von Depression und Ängsten über Träume Liebe und Hoffnung aufgegriffen. „Hinter Mauern“ passt nahezu perfekt zum aktuellen 60. Jahrestag des Mauerbaus.
Bis zum Ende des neun Songs umfassenden Sets müssen die Kids in der ersten Reihe ihre Mickey Mäuse auf den Ohren lassen, denn das Programm lässt keinen niedrigeren Pegel mehr zu. Zum Abschluss feiern wir mit der Wiederholung des ersten Songs erneut den Tag, an dem es wirklich kein Makel zu geben scheint. Jetzt darf die Kappe wieder nach vorne gedreht werden und ihren Applaus genießen.
Schöne Stimme trifft auf biestige Gitarre, die metallische Klangwelle fühlt sich wohl im Industriehof. Einzig die stetige Aufforderung zum Abgehen der Besucher will nicht aufgehen, aber Schuld ist weniger die Band als die notwendigen Regeln.
Mit neuen Songs in Arbeit inkl. Studio im Winter wird der Festival-Sommer 2022 dann hoffentlich für mehr Bewegungsfreiheit sorgen, ein sattes Fitness-Programm wird der Plauze sicher guttun.
Setlist PAPIERFLIEGER:
- Feier Diesen Tag
- Kannst Du Mich Sehen
- Traumkämpfer
- Seiten Der Geschichte
- Alles Neu
- TLH
- Hinter Mauern
- Schwerer Als Wasser
- Machtlos
Zugabe
- Feier Diesen Tag
Text: Jonas Eisenbraun
Fotos: Thomas von Schaewen
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