Ordeal & Plight - Her Bones In Whispers

Review

Selten war eine Beschreibung auf einem Promo-Zettel so treffend wie im Falle des zweiten Albums von ORDEAL & PLIGHT mit dem Titel „Her Bones In Whispers“. Irgendwo zwischen ANGST SKVADRON, KLAUS SCHULZE und PORTISHEAD umreißt Mastermind und RockHard-Kollege Stefan Hackländer den Stil auf dem neuesten Release des Projekts mit wechselnder Besetzung. Ganz ursprünglich als Black-Metal-Band gestartet werden mittlerweile ganz andere Felder beackert, zudem soll jedes Album anders klingen. Und so viel sei vorweg genommen: Dies ist auch auf dieser Platte der Fall.

ORDEAL & PLIGHT – Anders als erwartet

Was ist „Her Bones In Whispers“ definitiv nicht? Ein PORTISHEAD-Klon. Denn wer die beiden vorab veröffentlichten Songs „A Hole In The Ocean“ und „…And I Miss Her“ (mit DOOL-Sängerin Ryanne van Dorst am Mikro) bereits kennt, der dürfte sich verwirrt fragen, was das denn nun mit dem Klangkünstler und kurzzeitigem TANGERINE DREAM-Schlagzeuger KLAUS SCHULZE zu tun haben soll? Nun ja, das führt uns zu der Frage:

Was ist „Her Bones In Whispers“? Eine 45-minütige Klangcollage trifft es vielleicht am ehesten. Vielleicht auch Dark Ambient. Denn ja, die beiden Vorveröffentlichungen stellen ganz und gar nicht den Sound des Albums dar, sind vielmehr die mit großem Abstand eingängigsten Songs. Allgemein kommt Gesang nur Recht sparsam zum Einsatz, bzw. im Falle von „In The Desert I Prefer You Over Water“ ist es eher ein schnarrend-knarziges Raunen. Einen erheblichen Teil der Kompositionen machen Klangteppiche aus, in denen man sich verlieren kann und vermutlich auch soll, deren Synths immer wieder nach Siebziger-Moog klingen – die eben auch SCHULZE oft und gerne verwendete.

Wenig überraschend daher: Einzelne Songs herauszugreifen funktioniert nicht wirklich, „Her Bones In Whispers“ funktioniert als Ganzes oder gar nicht. Ok, eine Ausnahme gibt es doch: „…And I Miss Her“. Ryanne van Dorst klingt seltsam vertraut und dennoch ganz anders als mit ihrer Hauptband. In jedem Fall gilt: Wen dieser Song nicht berührt, der muss eigentlich schon tot sein. Wer also der Meinung ist, dass jede Platte mindestens einen richtigen Hit braucht: Et voilà!

Sperrige Seelen-Erleichterung – „Her Bones In Whispers“

„Uff, schwierige Nummer“. Das waren ungefähr die Gedanken des Rezensenten nach dem ersten Hördurchlauf der neuen ORDEAL & PLIGHT. Klar, nicht jeder wird Zugang zu diesem sperrigen Werk finden und das dürfte den Künstlern vermutlich ganz Recht oder zumindest egal sein. „Her Bones In Whispers“ wirkt wie eine Seelen-Erleichterung und vertont irgendwie – möglicherweise unabsichtlich – die Tristesse der aktuellen Zeit. Erst bei genauem Hinhören offenbaren sich Details, die zum immer wieder Hören anregen. Eine Platte, die zwar einerseits eine gewisse innere Leere vertont, andererseits aber auch in der Lage ist, diese zu füllen.

Egal ob sich die Scheibe gerade in moderneren Synth-Welten, analogen Siebzigerjahre-Soundeskapaden, avantgardistisch-jazzigem Downtempo oder in ihren zugänglichsten Momenten vagem Post-Rock bewegt: Sie lässt einen entweder komplett kalt oder gewinnt mit jedem Durchlauf an Faszination. Es lohnt sich also durchaus, eine weitere Empfehlung aus dem Promo-Zettel anzunehmen: Dies ist ein Album um dazu auf dem Boden zu liegen. Tatsächlich funktioniert dieses Experiment hervorragend, denn „Her Bones In Whispers“ ist definitiv nichts zum nebenbei Hören, um dabei zu lesen, putzen oder zu kochen. Es verlangt zu jedem Moment die volle Aufmerksamkeit des Hörers.

Am Ende noch ein Pro-Tipp für alle, die der Empfehlung folgen wollen und zu Hause Laminat oder Parkett haben: Nehmt Euch ein Kissen mit, sonst werden das verdammt harte 45 Minuten. Oder um es mit einem Zitat aus dem letzten Track zu sagen: „Geht’s Dir jetzt besser? – Nee. Hab ich auch nicht erwartet.“

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14.05.2021

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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1 Kommentar zu Ordeal & Plight - Her Bones In Whispers

  1. blackthrash sagt:

    hab die Band erst gestern entdeckt! Bin positiv überrascht.

    8/10