Siniestro - Vortexx

Review

Soundcheck Mai 2021# 18

Das ist mal akkurate Metal-Länderkunde: SINIESTRO sind heuer, zumindest fernab der Bühne, ein Duo bestehend aus Linus Öhrn alias Commander aus Schweden an Gitarre und Gesang und Sebastian Rojas alias The Machine aus Chile an der Schießbude. Und der Black Thrash, den die beiden mit „Vortexx“ zum zweiten Mal in voller Länge ins Rund feuern, klingt original wie etwas, was finstere, skandinavische Kälte und heißblütiges, südamerikanisches Temperament zusammenbringt. Man nimmt auf schwedischer Seite Einflüsse u. a. von DISSECTION wahr, während auf südamerikanischer Seite vor allem frühe SEPULTURA respektive SOULFLY (jeweils abzüglich der weltmusikalischen Elemente) wenig überraschend in den Sinn kommen.

SINIESTRO vereinen sowohl die Nord- als auch die Südkurve des Metals

Sprich: Die schwarzmetallischen Melodien werden mit einem ausgeprägten Sinn für Melancholie dargeboten, was beispielsweise in „Blod Eld Död“ nicht nur aufgrund des in der Landessprache von Commander gehaltenen Textes deutlich schwedischere Akzente setzt. Hier kommt fast eine einschlägige Viking-Metal-Ästhetik herüber, wenn der Track mit diesen bedeutungsschwangeren Gitarrenlinien langsam aber bestimmt dahin stampft unter dem hymnischen Brüllgesang von Commander. Dazu gesellt sich die rohe Brutalität und Leidenschaft Brasiliens (hier in chilenischer Vertretung, wohlgemerkt), die einem „Buried In The Bog“ beispielsweise einige grobgelenkige, effektive Grooves auf den Leib schneidert.

Das funktioniert ziemlich gut, sodass „Vortexx“ tatsächlich wie eine liebevolle Amalgamierung dieser beiden, geografisch bedeutenden Pole extremer Musik anmutet. Commanders Gesang fernab seiner leichten Melodisierung z. B. gegen Ende des Titeltracks sowie im bereits erwähnten „Blod Eld Död“ klingt wie ein junger Max Cavalera, der sich mit Wut im Bauch den Frust von der Seele brüllt. Das kommt besonders gut bei einem feisten Wüterich der Marke „Escape By Death“, speziell dann, wenn The Machine das Tempo gebührend anzieht. Der Höhepunkt des Albums ist „Anti Human Commando“, ein vielschichtiger Neunminüter, der die songschreiberischen Qualitäten des Duos so richtig schön zur Schau stellt, inklusive AMON AMARTHschen Gestampfe.

„Vortexx“ ist eine wunderbare Amalgamierung aus Schweden und Südamerika mit nur kleinem Schönheitsfehler

Mittendrin tummeln sich einige Ausreißer, namentlich das instrumentale „Hiisi“, ein stimmungsvolles Solo auf der Akustischen, „Den Svartaste Flamman Och Renaste Hat“, ein kurzer Punker für zwischendurch, sowie der Rausschmeißer „My Innermost Sun“, gespielt auf einer Orgel. Alle drei Stücke würde man auf diesem Album nicht vermissen wenn sie fehlten, vor allem aber der abschließende Track wirft Fragen auf. Die gespielten Orgellinien greifen nicht mal irgendwelche prominent in Erscheinung tretenden Melodien innerhalb des Albums sinnvoll auf. Es scheint mehr wie ein zusammenhangloser Lückenfüller, um das Album auf die gewünschte Spielzeit aufzublasen. Und mit seinen fünf Minuten überschreitet der Track eindeutig seine Halbwertszeit.

Einige fragwürdige Entscheidung betreffs der Trackliste muss man also hinnehmen, bekommt abseits dessen aber die volle Packung Black Thrash, die skandinavische Kälte und südamerikanische Hitze kombiniert, ohne dass sich beides gegenseitig aufhebt. Im Gegenteil: Das grobe Gestampfe im Zusammenspiel mit den zum Teil sehr filigranen Melodien schafft eine ordentliche Dynamik, die auf Gimmicks wie Keyboards und dergleichen überhaupt nicht angewiesen ist. Die einzigen Gimmicks, die sich SINIESTRO hier zuschulden kommen lassen, sind nun mal diese drei Tracks, die den Hörer eher ratlos zurücklassen dürften. Diese machen aber einen vergleichsweise geringen Anteil von „Vortexx“ aus, denn über den Rest der Spielzeit prügelt das Album seine Hörer schön in Form.

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07.05.2021

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Siniestro - Vortexx

  1. Kartoffelblues sagt:

    Das alte und nicht auszumerzende Grundübel: Instrumental top, Komposition analog zu Kompost: flop…