Mit „Abyssal“ zogen HUMANITY’S LAST BREATH sich vor gut zwei Jahren mit einem brutalen Karnickelgriff an den eigenen Haaren aus den unendlichen Deathcore-Sumpflandschaften der Szene: Technisch, steril und reizüberflutend war das – in einer Kompromisslosigkeit, die selbst eine Szene, die sich gerne über maximale Härte definiert, selten hervorbringt. Das noch junge Jahr 2021 wird nun mit einem Angriff vom Hochplateau des Artwork-zierenden Monolithen begangen. „Välde“ differenziert die Extreme aus.
Studio-Kunst und Menschengemachtes in brutaler Symbiose
Natürlich stimmen HUMANITY’S LAST BREATH deswegen ihre Gitarren nicht plötzlich auf E. Weiterhin meint man, die Saiten bisweilen an die Hälse schlackern zu hören. Weiterhin sind die Anschläge in den Breakdown-Parts mehr akzentuierte Leberhaken als Klänge, die man sich in irgendeiner Partitur verortet vorstellen kann. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu beeindruckend, dass dabei am Ende ein zwar kalter und industrieller, aber dennoch auch ein ziemlich fetter und differenzierter Sound steht, dessen Live-Reproduzierbarkeit zur Herausforderung werden dürfte.
„Välde“ ist in erster Linie Studio-Kunst und verwebt Menschengemachtes, unleugbar vorhandene technische Qualität und durchdachtes Songwriting der beteiligten Musiker mit allen Möglichkeiten einer modernen Produktion: Stampfgeräusche wie aus den Schmieden Isengards, Killswitch-Staccato-Sounds und Filtereffekte liegen wie ein Teppich unter den tonnenschweren Grooves und Uptempo-Riffs im Braunton-Bereich. Majestätische Score-Elemente wie die HANS ZIMMER-Nebelhörner in „Väldet“ tragen zusätzlich zur Gesamtatmosphäre bei.
HUMANITY’S LAST BREATH differenzieren ihre Vision und musikalische Identität aus
In gewisser Weise neu ist, dass HUMANITY’S LAST BREATH auf „Välde“ eine stärkere Tendenz zu den epischeren und erhabeneren musikalischen Momenten entwickelt zu haben scheinen. Songs wie „Spectre“ und „Dehumanize“ erinnern in den entsprechenden Parts an eine Black Metal-affinere GOJIRA-Version. Überhaupt scheinen die (symphonischen) Black Metal-Anteile im Vergleich zum Vorgänger gewachsen zu sein.
HUMANITY’S LAST BREATH machen zwar im Kern ziemlich herausfordernde bis anstrengende Musik, schaffen es jedoch durch Verknüpfung all der oben genannten Elemente die durchaus amtliche Spielzeit von „Välde“ gut mit musikalischer Substanz zu füllen. Atmosphärisches, Breakdowns, feine schwarzmetallische Tremolo-Harmonien, auf Blastbeats geschichtet, Thrashiges – die Schweden verrühren all das zu einem Cocktail mit Attitüde und, wichtig, einer klaren musikalischen Vision und Identität, die die kalte Produktion nicht zu überlagern vermag.
Interessante Nummer! Nur das mit dem Black Metal erschließt sich mir nich nicht so… Hab aber bisher auch nur den einen Song gehört.
…die kalte Produktion vermiss ich auch noch
Hab der neuen Scheibe heute nun auch schon ein paar Durchläufe gegeben und ich stimme mit dem Review weitesghened überein. Auch die 8 Pkt. geb ich so ab.
Die neue Scheibe setzt eigentlich nahtlos an der letzten „Abyssal“ aus 2019 an. War aber die Abyssal eigentlich in jeder Faser auf bodenlos böse getrimmt so nimmt Välde den Hörer deutlich mehr mit. Abyssal war an vielen Stellen sehr vertrackt und unzugänglich was aber wie ich finde der Idee dahinter geschuldet ist. Abyssal sollte das böseste und schwerste Metallwerk überhaupt sein. Und weit weg davon waren die Jungs sicher nicht damit.
Im Grunde bleibt der Sound auch bei Välde so bestehen, aber nun garniert mit zugänglicheren Themen. Die Songs fließen nun besser und sind nicht mehr ganz so zerhackt. Was wie ich finde dem ganzen sehr gut zu Gesicht steht. Es gibt immer noch extreme Breaks und ein bitterböses Riffing, garniert mit heftigem Drumming, aber in Summe hat nun alles einen deutlicheren Fluß als auf dem Vorgänger.
Sicherlich ist das immer noch keine Musik für die Party auf der Sommerwiese, aber ich finds geil.
Unfassbar gute Scheibe. Gefällt mir insgesamt noch besser als Abyssal, da Välde noch etwas atmosphärischer ausfällt. In besagter Atmosphäre liegen übrigens auch die Black Metal Anleihen. Hör mal in Dödsdans oder in Dehumanize rein, da hört man das meiner Meinung nach recht deutlich.
Nur eine Anmerkung zum Review:
„Natürlich stimmen HUMANITY’S LAST BREATH deswegen ihre Gitarren nicht plötzlich auf E. Weiterhin meint man, die Saiten bisweilen an die Hälse schlackern zu hören.“
Ackchually sind die Gitarren schon auf E gestimmt. Halt ne Oktave tiefer auf double drop E. Aber Gitarrenstimmung ist bei HLB eh so ’ne Sache, weil die sehr viel mit pitch shifting Pedalen arbeiten, sodass die Stimmung immer hin- und hergeschoben wird.
Was ist „Ackchually“?
@doktor Das ist die klugscheißerische Schreibweise von „actually“ und das sagt man im Internet, wenn man jemanden neunmalklug verbessern möchte
Ach so. Sollte kein Klugscheißen werden, auch wenn das zu mir gepasst hätte. Ich habe das Wort auf Anhieb wirklich nicht erkannt.
Heutzutage muss wohl alles irgendwie auch Black Metal sein, so als ob das ’ne Auszeichnung wäre. Sehe ich hier überhaupt nicht, was aber auch überhaupt nicht schlimm ist. Das ist overall einfach ’ne Form von Deathcore.
Das alles ändert natürlich nichts daran, dass das Lied echt toll ist. Würde ich kaufen.
@nili Nö, es MUSS nicht alles irgendwie black metal sein aber ich persönlich finde es recht erfrischend, wenn gewöhnlicher deathcore mal etwas neue Einflüsse bekommt, vor Allem, wenn es gut gemacht ist wie hier. Und mir persönlich ist das hier auch lieber als die dreitausendste slam deathcore band.
Vielleicht ist meine Sicht auf Black Metal auch zu eng, aber ich sehe das hier einfach nicht. Wäre das so, hätte ich kein Problem damit und natürlich muss sich jedes Genre entwickeln, um (für mich) künstlerisch relevant zu bleiben.
In erster Linie interessiert mich aber dennoch die Qualität der Songs an sich. Originalität ist ein Plus.
Ja, wie gesagt, bei dem Song oben merkt man das nicht, stimmt. Bei Liedern wie Dödsdans oder Dehumanize vom neuen Album ist das offensichtlicher.
Ich sage nicht, dass da KEINE Black Metal-Enflüsse drinnen sind, aber da könnte man im Review drauf hinweisen. Das in die Stilbezeichnung mir rein zu nehmen ist imo nicht gerechtfertigt (yay,’ne Meinung im Internet! lol). Unter’m Strich ist das „einfach“ Deathcore und wohl auch für dieses Klientel am interessantesten.
Ich beziehe mich auf den Album-Sream (Youtube), der gerade läuft, nicht nur dieses Lied.
Seh ich genausi
Also das mit den Black Metal Einflüssen
Ah okay, ich dachte, du beziehst dich nur auf den Song oben. Kann deinen Punkt schon nachvollziehen, es ist wahrscheinlich auch eine ganz eigene Debatte, wie viel prozentualer Anteil an black metal drin stecken muss um eine Stilbezeichnung zu rechtfertigen. Wie gesagt, ich sehe bei HLB durchaus black metal Einflüsse/Anleihen aber ich würde das jetzt zum Beispiel nicht blackened deathcore oder sowas ähnliches nennen. Wie du schon sagtest, es ist gute Musik und das ist es, was unterm Strich zählt.
“ Uptempo-Riffs im Braunton-Bereich”
Was soll der Nazi Vergleich? Sind jetzt neuerdings schon “Riffs” Rechts??
Dein Ernst?
Klar, a moll Tonleiter im Wechsel mit d dur ist total rechtslastig. Gilt übrigens auch für 7/8 Takte.
Sorry, konnte ich mir nicht verkneifen.
Der sog. „braune Ton“ ist ein sehr tiefer Ton, der dafür sorgen soll, dass man sich unkontrolliert in die Hosen macht. Bis auf Eric Cartman hat aber niemand diesen sagenhaften Ton je gefunden. Humanitys last breath haben sich wohl nur da rangetastet.
Erinnert mich aber an den Fall, als sich die AfD bei „… Frau fährt in Fahrspurende“ sich übers gendern beschwert hat xD
Vor einigen Wochen hat sich Ted Cruz (US-Politiker) blamiert, mit einem Tweet zum Pariser Klimaabkommen…
„By rejoining the Paris Climate Agreement, President Biden indicates he’s more interested in the views of the citizens of Paris than in the jobs of the citizens of Pittsburgh. This agreement will do little to affect the climate and will harm the livelihoods of Americans.“ – Ted Cruz