Linkin Park - Hybrid Theory - 20th Anniversary Edition

Review

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LINKIN PARK feiern 20 Jahre „Hybrid Theory“. Dafür öffnet eine der erfolgreichsten Bands weltweit ihre Archive und haut eine „Hybrid Theory – 20th Anniversary Edition“ in verschiedenen Versionen heraus. Da Kollege Rothe das Album bereist in einem Blast From The Past gewürdigt hat, fühlen wir dem umfangreichen Bonusmaterial auf den Zahn – schließlich liegt hier der Hase im Pfeffer oder anders gesagt: Füllmaterial-Overkill oder value for money? Eine entscheidende Frage, die sich Sammler und Die-Hard-Fans stellen sollten.

Ist alles Gold, was glänzt?

Fraglos ist „Hybrid Theory“ ein wegweisendes Album, das vermutlich zur richtigen Zeit veröffentlicht wurde und für nicht wenige den Einstieg in den harten Musikbereich geebnet hat. Umso schöner ist es in Nostalgie zu schwelgen und dafür bieten LINKIN PARK und das „Hybrid Theory – 20th Anniversary Edition“ im „Super Deluxe Boxset“ auch reichlich Material. Eine Perle ist die „Hybrid Theory EP“, die schon früh einen Hinweis auf den Stil der Band gegeben hat. Neben den Highlights „And One“ und „Part Of Me“ ist auch „High Voltage“ in einer frühen Version enthalten, das einerseits fest zum Live-Set gehört hat und in einer finalen Version als Single-B-Side diente. Diese frühe EP ist definitiv ein Must-Have für LINKIN PARK-Fans, die mehr vom ursprünglichen Sound der Band hören wollen – und spätestens nach „Meteora“ nicht mehr bedient wurden.

Doch auch „Reanimation“ hat seinen Weg ins Boxset gefunden, das Remix-Album, das schon zu seiner Veröffentlichung 2002 gespaltene Meinungen hervorrief – wo wir beim Thema Füllmaterial wären. Abseits von „1Stp Klsor“ mit Jonathan Davies (KORN) und dem von Aaron Lewis (STAIND) begleiteten, sehr gefühlvollen „Krwlng“ war das Kollaborationsalbum ein eher überflüssiges Experiment. Es zeigte LINKIN PARK zwar offen für Experimente, doch für „Hybrid Theory“-Jünger waren die in Zusammenarbeit mit verschiedenen Rappern und DJs entwickelten Versionen ihrer Lieblingssong eine Enttäuschung. Dabei offeriert beispielsweise „Ppr:kut“ mit seiner düsteren Grundhaltung und ansprechenden Rap-Einlagen von Rasco und Planet Asia Potenzial, strengt durch verschiedene Effektspielereien aber schnell an.

LINKIN PARK öffnen ihre Archive

Wesentlich spannender ist der Blick in die Schatztruhe. LINKIN PARK haben in den Archiven gegraben und einige Raritäten auf gleich drei Scheiben gezaubert. Der wirkliche Spaß lauert nämlich auf den „LPU Rarities“, den „Forgotten Demos“ und mit Abstrichen den „B-Side Rarities“. Letztere glänzen vor allem mit Live-Versionen und den schon bekannten „My December“, Step Up“ in einer Demo-Version von 1999, „High Voltage“ und einem Remix von MARILYN MANSON, der sich „By Myself“ vorgenommen und es als „Buy Myself“ in ein düsteres Industrial-Gewand gehüllt hat.

Was gibt‘s „Neues“?

Für alle außer Fanclub-Mitgliedern bieten die „LPU Rarities“ und die „Forgotten Demos“ einen Fundus an Entdeckungsmaterial. Nicht jeder Ton ist eine Offenbarung, doch es gibt echte Perlen zu entdecken – selbst für langjährige Fans. Seien es Demos von Hits wie „In The End“, „Crawling“ „A Place For My Head“ (noch unter dem Titel „Esaul“) oder „Forgotten“ mit teilweise anderen Texten oder eben bislang unzugängliche Songs. Dabei zählen zu den Highlights das dramatisch vertonte Rap-Stück „Dedicated“, bei dem Mike Shinoda mehr Skills zeigt als beispielsweise in „High Voltage“ oder das bereits vorab ausgekoppelte „She Couldn‘t“, das die Band selbst als wegweisend für ihre künftige Affinität zu Synthesizern benannte – aber vor allem dank Chester Benningtons zärtlichem Gesang für einen Gänsehautmoment sorgt. Ebenso spannend sind die ersten Gehversuche unter dem Gründungsnamen XERO. Hier sticht allen voran „So Far Away“ mit dem ersten LINKIN PARK-Sänger Mark Wakefield heraus, das gerade frühe DEFTONES-Fans mitreißen könnte. Auch aus der HYBRID THEORY-Phase finden sich erste Aufnahmen mit Chester Bennington: Roh, ungeschliffen und spannend. Hier sei „Blue“ mit seiner Grunge-Schlagseite erwähnt. Und es hört eigentlich nicht auf. Natürlich ist nicht alles dazu gedacht, es in Dauerschleife zu hören – doch auch erste Songfragmente von beispielsweise „Points Of Authority“ oder „Runaway“ sind unter anderen Namen im Boxset vertreten und lassen erahnen, wie weit der Weg von einer Idee zu einem fertigen Song sein kann.

Der Live-Faktor

Die Bühnen waren gerade nach der Veröffentlichung des Debüts die Heimat von LINKIN PARK. So kommt der Live-Faktor in der „Hybrid Theory – 20th Anniversary Edition“ Box nicht zu kurz. Verteilt auf die bereits erwähnten B-Seiten und Raritäten-CDs finden sich bereits zahlreiche Live-Aufnahmen. Doch auch in bewegten Bildern hat die Band einige Shows ausgegraben und als DVD beigelegt. Neben dem Rock am Ring Auftritt von 2001 ist vor allem die „Projekt Revolution 2002“ interessant. So findet sich unter anderem das DEFTONES-Cover “My Own Summer“ in einer großartigen LINKIN PARK-Version sowie das seltener live zu hörende „Step Up“ im Set. Dazu gibt es noch die „Frat Party At The Pankake Festival“-Dokumentation sowie den Auftritt beim Fillmore 2001 sowie noch mehr Bildmaterial und lustige Zusammenschnitte.

Welche „Hybrid Theory – 20th Anniversary Edition“ lohnt sich?

Ein Fazit zu einem so umfangreichen Projekt zu ziehen, das auch noch nur für Fans gemacht wurde, ist gar nicht so leicht. LINKIN PARK haben insbesondere beim Deluxe Boxset ein umfassendes Archiv aufgefahren. Dass dabei nicht alles begeistert, insbesondere bei den Demos, ist fast logisch. Aber für Fans lohnt sich der Spaß eben doch – einerseits, weil sich ein paar (sehr positive) Überraschungen finden, andererseits weil fast schon das Gefühl entsteht, ein bisschen Entwicklung der Band miterleben zu können – wenn auch 20 Jahre später. Nostalgie pur ist es natürlich dennoch. Schön auch, dass beim Live-Bonusmaterial darauf geachtet wurde nicht zu sehr in einen Re-Release-Wahnsinn zu verfallen sondern auf möglichst viel unveröffentlichtes Material zu setzen. Demnach hat die Band den „Hybrid Theory“-Geburtstag zumindest würdig gestaltet – warum Songs wie „She Couldn‘t“ so lange im Archiv verstaubten, oder „Blue“ nie weiter verfolgt wurde, bleibt in der Rückschau ein kleines Rätsel.

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15.10.2020

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