Ruhrpott Metal Meeting 2019
Pott zu Asche und Death zu Mosh
Konzertbericht
Nein, Pottasche ist nicht nur ein Backtriebmittel – es sind die menschlichen Überreste, die nach dem Ruhrpott Metal Meeting ausgebrannt aber glücklich in der Nacht auf Sonntag aus der Turbinenhalle wanken.
In den letzten (nicht ganz) 32 Stunden davor fand schließlich das 5. Szene-Familientreffen des Ruhrgebiets auf und vor der Flöz und Ruhrpott Stage statt. Dabei ist die Zusammenkunft auch für Zugereiste die ideale Möglichkeit um der Open-Air-Zwangspause zu entkommen und die im Sommer hart erarbeitete Nackenmuskulatur nicht vollends verkümmern zu lassen.
FREITAG – 6.12.2019
Am frühen Freitagabend empfangen massive, meterlange Heizstrahler an der Decke des ausladenden Foyers durchgefrorene Festival-Ankömmlinge mit wohliger Wärme. Auch die große Halle, die sich – noch recht sporadisch besetzt – vor der Ruhrpott Stage auftut, benötigt noch künstliche Wärmezufuhr, ehe genug Hitze durch die Bewegung organischer Körper erzeugt werden kann.
DYSCARNATE eröffnen mit leichten Startschwierigkeiten
Die große Aufgabe des musikalischen Aufheizers kommt in diesem Jahr dem englischen Death-Metal-Trio DYSCARNATE zu. Was ist schließlich verlässlicher, als angenehm rohes, unverblümtes Gewämms, das Moshen ohne komplexe Taktberechnungen erlaubt?
Dem Auftakt macht zu Beginn allerdings der noch dürftige Sound einen kleinen Strich durch die Rechnung. Wie so häufig das große Leiden der Opener. Das Boxenscheppern wird von den Soundmenschen jedoch im laufe des Sets einigermaßen behoben, sodass die flockig stehende Zuhörerschar dann doch zunehmend in Bewegung gerät.
Zwischen den sich ideal ergänzenden, tiefen Growls von Gitarrist Tom Whitty und dem teils dämonisch bösen Gekreische von Bassist Al Llewellyn, wabern im Publikumsraum noch recht viele Gespräche herum, sodass Motivationsversuche seitens der Band nur sporadisch fruchten. Ist ja klar: Auf einem Familientreffen ist am Anfang halt erst mal großes Hallo angesagt, ehe sich schließlich den Festivitäts-Pflichten zugewandt wird.
Galerie mit 12 Bildern: Dyscarnate - Ruhrpott Metal Meeting 2019Italienische Grazie – und italienischer Symphonic Death Metal
Besseren Stand haben da FLESHGOD APOCALYPSE, die nach dem auf das nötigste reduzierte Bühnenbild der Vorgänger, ordentlich auftragen. Opulentes Backdrop meets gülden-stuckiges Mikro-Stützwerk und geballte, italienische Lockenpracht. Abgerundet wird die festliche Death Metal-Oper durch die perfekt orchestrierte Beleuchtung. Kudos an den Lichtmischer.
Der Sopran von Live-Sängerin Veronica Bordacchini geht zwischen dem Rasen der Instrumental-Fraktion manchmal unter, ansonsten ist hier nur noch wenig an dem auszusetzen, was qualitativ auf die Fans herunterschallt. Das Energielevel vor der Bühne ist bereits gut angeheizt, doch die Wall-Of-Death Bestrebungen der Band sind dann doch etwas zu optimistisch für den noch jungfräulichen Abend. Und so entlädt sich die Energie des Fankerns direkt vor der Bühne lediglich in einen kleinen Circlepit.
Galerie mit 17 Bildern: Fleshgod Apocalypse - Ruhrpott Metal Meeting 2019Quirliger Melodeath mit BLACK DAHLIA MURDER
Etwas energetischer präsentiert sich das Publikum beim folgenden Auftritt von THE BLACK DAHLIA MURDER. Kein Wunder: Wer den äußerlich zugegeben mehr und mehr zu einem knuffigen Teddybär mutierenden Trevor Strnad unterschätzt, wird schnell eines Besseren belehrt, denn trotz energiesparendem Bewegungsradius und einem Aufzug, als hätte man ihn gerade in seinem Lazy-Day-Outfit erwischt, keift der Kerl immer noch alles im Saal mit links zusammen. Der Rest der Band präsentiert sich da auch sichtbar etwas quirliger und feuert den zuckeligen Melodic Death Metal in die Menge, die sich für den Sound auch etwas mehr aktivieren lässt.
Galerie mit 15 Bildern: Black Dahlia Murder - Ruhrpott Metal Meeting 2019Für das allgemeine, leibliche Wohl ist natürlich gesorgt – mit Abstrichen
Wer sich für das abendliche Band-Workout stärken möchte, findet ein angenehm ausgewogenes Essensangebot in Foyer und in der großen Halle mit Metal Markt und Food Court. Von Erbensuppe über Bratwurst bis zu veganer Bolognese werden vom Herbi- bis zum Carnivoren alle satt. Verbesserungsbedarf ist allerdings beim Preis-Leistungsverhältnis, insbesondere beim veganen Essen. Sechs Euro für schleimig, zerkochte Nudeln mit (zugegebenermaßen gaumenfreundlicher) Soße sind nicht ideal. Zumal ausgerechnet das rein pflanzliche Mahl teurer als alle Fleischhaltigen ist.
Für den Kauf von Essen und Getränken, wechseln allerdings nicht direkt Geldscheine, sondern Bons die Thekenseite.
Was bei diversen Großveranstaltungen ein absoluter Umrechnungs-Nervfaktor ist, entpuppt sich auf dem Ruhrpott Metal Meeting allerdings als faires, unkompliziertes System. Ein Bon ist ein Euro. Zack, bumm, fertig. So bleibt die Übersicht über die Ausgaben entspannt. Und wer nicht alle Bons verbraucht, bekommt am Ende sein Geld zurück. Perfekt.
WHITECHAPEL – eine etwas emotionalere Deathcore-Walze
Weiter geht es mit WHITECHAPEL, wieder im Rahmen des gastierenden, diesjährigen MTV Headbanger’s Ball-Lineups bestehend aus ebendiesen, DYSCARNATE, FLESHGOD APOCALYPSE und KATAKLYSM, und mit Deathcore, den die US-Amerikaner aber spätestens im Rahmen ihres aktuellen Albums “The Valley” mit mehr Tiefe ausgestattet haben.
Das zeigt sich schon daran, dass Sänger Phil Bozeman mitunter auch am Klavier sitzt, um die neu gefundene, einfühlsamere bzw. emotionalere Seite der Band eindrucksvoll zur Schau zu stellen. Dennoch steht natürlich WHITECHAPEL auf dem Backdrop – und auch im Hinblick auf das neue Album mit seinem tragischen Hintergrund bedeutet der Name Deathcore-Programm. Und deshalb gibt es immerzu schwungvoll und groovig auf die Zwölf, was sich in reger Nackenbelastung von Seiten des Publikums widerspiegelt.
Galerie mit 11 Bildern: Whitechapel - Ruhrpott Metal Meeting 2019Finnisches Melodic-Death-Kontrastprogramm mit INSOMNIUM
INSOMNIUM fertigen zwar wie FLESHGOD APOCALYPSE eine melodische Spielart des Death Metal, doch der Unterschied hinsichtlich ihres kulturellen Einflusses könnte nicht hör- und sichtbarer sein. Statt italienisch dunkler locken, blonde, zarte Finnensträhnchen; statt opulenter Licht- und Bühnen-Show, minimalistisch und monochrom. Hach ja, die europäische Vielfalt eben.
Für die fünf Herren gilt es allerdings, heute einen Nationalfeiertag zu begehen. Der finnische Unabhängigkeitstag soll angemessen mit jenem Auftritt gemeinsam mit den Fans zelebriert werden. Tags zuvor spielte die Band im niederländischen Leeuwarden. Ganz dem europäischen Gedanken trotzend, versucht Bassist und Sänger Niilo Sevänen Deutsche gegen Niederländer auszuspielen. Rivalität ist schließlich ein altbewährtes Ansporn-Mittel. Und es funktioniert.
Mit fortschreitender Show und INSOMNIUM-Klassikern vermehren sich die Headbanger und auch der Moshpit wird ein kräftiger kleiner Bursche. Ganz Tapfer ist schließlich der erste Crowdsurfer. Dieser hat nur ein kleines Problem: Die Security ist quasi nicht im Bühnengraben vorhanden und rechnet scheinbar noch gar nicht mit so viel Action. Als der Surfer 50 Zentimeter vor Publikumsende ist, legt ein überraschter Security glücklicherweise einen olympiawürdigen Sprint zurück und fängt diesen mit Punktlandung. Ab da läuft es dann. Sowohl das Crowdsurfer-Band, als auch die Security-Füße. Na bitte.
INSOMNIUM spulen ihr Set derweil routiniert mit immer wieder in die Höhe gereckten Saiteninstrumenten und anderen heroischen Posen ab. Die effizienten „Dankeschön, Bitteschön”s, die Niilo in einem Abwasch nach den Songs ruft, bilden ein charmantes i-Tüpfelchen.
Galerie mit 20 Bildern: Insomnium - Ruhrpott Metal Meeting 2019KATAKLYSM nehmen die Ruhrpott Stage auseinander
Dann folgt auch schon der Höhepunkt des Freitags – sofern man diesen nicht schon mit INSOMNIUM zuvor erlebt hat. Die kanadischen Hyperblast-Spezialisten KATAKLYSM sind gekommen, um die Bühne zu zerlegen – und das tun sie auch. Allein die Tatsache, dass die Band die Security am Graben durch das erhöhte Aufkommen an Crowdsurfern beschäftigt (die jedoch im Vergleich zu sommerlicheren Festivals immer noch zögerlich nach vorne durchgereicht werden), spricht Bände.
Wenn man sich als Zuschauer nicht zu sehr davon ablenken lässt, dass die beiden Bassdrums zusammen mit dem auf deren Podest abgebildeten Logo-Banner der Grimasse des Krümelmonsters ähnlich sieht, nimmt die schiere Energie, die aus Richtung der Bühne in den Saal geblasen wird, einen richtig mit.
Und dem Publikum geht es genauso, das die bislang heftigste Beteiligung in Form von fleißigem Headbangen und Moshen zeigt. Sogar zu einer Wall Of Death lässt sich das Publikum von Maurizio Iacono nicht lange bitten und liefert ihm diese – nach einigem Zurechtdirigieren seinerseits – auch eindrucksvoll ab. Eindrucksvoll ist aber auch die Songauswahl, mit dem KATAKLYSM den richtigen Nerv treffen. Vornehmlich jenen in der Nackengegend, versteht sich …
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