Der gute alte Rock’n’Roll… alt ist er geworden und doch nicht müde seine ewige Rebellion zu verkünden. Doch wer unbeschwert gradlinigen Schweinerock anno 2004 zelebrieren will als wären die letzten 30 Jahre Musikgeschichte nicht gewesen, muss entweder Lemmy heißen, das ganze unter nostalgischen Gesichtspunkten verkaufen oder eine dicke Haut haben und alle unfreiwilligen 70er-Dejavues ignorieren. Andernfalls dürfte einem das unbeschwerte 3-Akkordwunder kaum überzeugend gelingen. Skandinavien-Rocker wie die Hellacopters oder Gluecifer verteidigen schon seit einigen Jahren ihre Nische beharrlich wie Castro seine Revolution, und das recht erfolgreich. Ja, es klingt alles wie schon mal dagewesen; von Motorhead über MC5 ist alles vertreten. Doch sollte dies die Existenzberechtigung für neuere Rockgeneration entziehen? Natürlich nicht, schließlich lebt dieses Rock’n’Roll-Ding vom stets jugendlichen Update schweißgetränkten Blue-Collar-Charmes samt ausgestrecktem Mittelfinger, der allem und jedem entgegenragt. Doch Gluecifer beschränken sich nicht ausschließlich auf testosteronhaltigen Rock-Rotz, sondern nehmen regelmäßig den Fuss vom Gas und setzen häufiger mal Soundspielereien ein, die so manche Verkrustung auflockern (man höre „Here Come The Pigs“ samt der Kastanietten oder das entspannte „Freeride“). Ohnehin klingt die Produktion nach glühenden Röhren und muffiger Pub-Luft, was schon die halbe Miete ausmachen kann. Das Songwriting ist meist recht durchsichtig geraten, was Fans dieser Sparte eher ansprechen als abschrecken dürfte. Leider klingen nicht alle Hooklines so ungezwungen wie auf „A Call From The Other Side“ (sicherlich das Highlight) und in manchen Fällen (bei „Shaking So Bad“ zum Beispiel) verläuft sich die angestaute Dynamik im Sand halbgegorener Ideen. Fazit: Unterm Strich ein mehr als solides Album, das auf dem schmalen Grad zwischen zwangsläufiger Adaption und konsequentem Vibe sicher zu balancieren scheint. Wer zu Gluecifer greift kann zumindest sicher sein, dass er keine Mogelpackung in der Hand hält. Ob die Welt ein Album wie „Automatic Thrill“ gebraucht hat, sei dahin gestellt, aber wie gesagt: Rock’n’Roll braucht frisches Blut, auch das der Nordmänner.
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