Die ARCHITECTS gehen auf ihrem dritten Album einen etwas anderen Weg als auf den Werken zuvor. Der bisher von zahlreichen technischen Feinheiten geprägte Mathcore ist einer verhältnismäßig geradlinigeren Post-Hardcore-Variante gewichen, die im Grunde solide umgesetzt ist, die aber den nicht unerheblichen Nachteil hat, dass der Inselvierer nun wie eine Band unter Vielen klingt. Das mag der Zielgruppe gerecht werden, ein etwas bitterer Beigeschmack bleibt, zumal auch instrumentale Finessen weitestgehend außen vor bleiben. Der Gesang bietet nach wie vor das typische Wechselspiel aus hysterischem Gebrülle und melodischen cleanen Momenten. Letztere stehen diesmal bei einigen Songs eindeutig im Vordergrund und geben den Takt an.
Meistens geht dieses Stilmittel auf. Der Opener „Day In Day Out“, und das sehr Melodiebetonte „Learn To Live“ eröffnen das Album ordentlich. Im Finale der letztgenannten Nummer bedient man sich etwas arg offensichtlich an Bombast der Marke 30 SECONDS TO MARS. Umgesetzt ist das anständig, innovativ zu keiner Sekunde. Ähnlich gelagerte Kompostionen, die zumeist wie von der Band gewohnt einen klaren roten Faden und Refrains oder Songstrukturen vermissen lassen, lassen sich ebenso als anständig verbuchen. Die Wortwahl führt uns ein großes Problem des Albums vor Augen: Einen herausragenden Gänsehaut-Effekt, ein wie auch immer geartetes Highlight, fehlt. Dazu kommt eine allerhöchstens den emo-geschwängerten Teil des Publikums ansprechende Schmachtnummer wie „An Open Letter To Myself“, bei dem besonders Sänger Sam Carter durch die gar fürchterliche Kombination aus pubertärem Fremdschäm-Text und wenig souveränem Jammer-Gesang die Schmerzgrenze mehr als deutlich überschreitet. Die zweite ruhige Nummer „Heartburn“ ist zwar auch gewöhnungsbedürftig und ebenso alles andere als herausragend gesungen, weiß aber zumindest kompositorisch zu gefallen. Das Schlussdoppel „Year In Year Out/Up And Away“ tut nicht weh, kann sich aber auch nach mehreren Durchläufen nicht zum erhofften versteckten Hit mausern.
Insgesamt bleibt „The Here And Now“ also ein sehr zweischneidiges Schwert. Die Band macht wenig falsch und dürfte in gewissen Szenekreisen mit ihrem Songmaterial gut ankommen, scheint aber das Gefühl für wirklich essentielle Momente ein bisschen außer Acht gelassen zu haben. Die Vorgängerwerke waren irgendwie spannender, eigenständiger und vielversprechender. „The Here And Now“ ist in Ordnung. Euphorie und Jubelstürme wird die Band damit jedoch kaum hervorrufen.
Fans der Band und Genrefreunde können getrost 1-2 Punkte auf die Wertung legen. Das Album macht definitiv Spaß, auch wenn die ganz großen Momente wie im letzten Album nicht mehr dermaßen frequentiert sind; für meine Begriffe sind sie dennoch zu finden.
Bestes Album der Band bis jetzt, denke aber, nachdem ich Devil’s Island gesehn habe, dass sies noch toppen werden.
Brotip: Super live Band!