Airbourne - Boneshaker

Review

Galerie mit 29 Bildern: Airbourne – Rockharz Open Air 2023

Eine neue Platte von AIRBOURNE zu besprechen ist ungeachtet der Qualität des vorliegenden Exponates ganz angenehm, wenn man dies einmal tut. Als Wiederholungstäter tut man sich dagegen schwer, nicht in gleiche oder ähnliche Formulierungen zu verfallen, wie beim letzten Mal – hier: „Breakin‘ Outta Hell“. Nicht, dass die Australier um die Gebrüder O’Keefe ihr Pulver verschossen hätten, oh nein. Live ist die Band nach wie vor sympathisch und unterhaltsam. Aber das ist es eben: live. Und auf Platte fehlt mehr und mehr die forsche Frische, die noch auf dem spritzigen Full-Length-Debüt vorhanden war und welche die Band so wunderbar auf die Bühne transportiert.

Von Höllenhunden zu Knochenschüttlern

Um mal das Kind beim Namen zu nennen: Das vorliegende „Boneshaker“ ist ein AIRBOURNE-Album und nichts als ein AIRBOURNE-Album. Joel O’Keefe keift immer noch voller Inbrunst, als stammte er zumindest partiell aus den Lenden von Brian Johnson, und natürlich mit der emotionalen Feinfühligkeit eines Suppentellers, was ihn aber irgendwie wieder ganz knuffig macht. Das ist schön für alle, die vom quirligen Australier mit den kaputten Hosen und seiner Crew nicht genug bekommen können und sich nicht so sehr um die Langlebigkeit des Gebotenen kümmern. Wenn es aber darum geht, den Sound von „Boneshaker“ auf einen Nenner zu bringen, so steht dieser auf einem Level mit dem Vorgänger.

Der AC/DC-Worship ist immer noch der gleiche. Entsprechend passt die Band nach wie vor wunderbar in die Fußspuren der Aussie-Hard-Rock-Ikone und füllt diese voll und ganz aus. Doch damit scheint der kreative Teil der Arbeit für die Band zum Großteil erledigt zu sein, denn viel mehr kann man als Hörer aus „Boneshaker“ nicht herausholen. Okay, das stimmt nicht ganz, aber der Großteil der Tracks klingt wie bandtypisches Malen nach Zahlen, das neben abgedroschenen Machismen die üblichen Phrasen über das Rockerleben, rockende Rocker, saufende Rocker, vögelnde Rocker und das Rocken an sich enthält. Und auch so klingt.

„Boneshaker“ bietet Vertrautes und ein paar Perlen

Das ist schade, denn gerade zum Ende der Platte hin, speziell in den letzten beiden Songs der Trackliste, zeigen die Aussie-Hard Rocker doch, dass man durchaus kreativ mit dem Genre umgehen kann, ohne gleich wild in der Weltgeschichte herumzuexperimentieren. Gerade dann, wenn man sich als Nicht-Fanatiker mehr gezwungen als gewollt durch die ersten acht Songs gewurschtelt hat, die allesamt in Ordnung gehen aber nicht überragend sind, kann „Weapon Of War“ einen schon auf dem falschen Fuße erwischen – im besten Sinne der Worte.

Im gedrosseltem Tempo beginnend fahren die Herren hier einen überraschend vielschichtigen, abwechslungsreichen Song auf, der sich sogar eine herrliche Über-Hook und eine für AIRBOURNE-Verhältnisse ganz uncharakteristisch stimmungsvolle Bridge aus dem Ärmel schüttelt. Kann man sich gerne mehr von wünschen. Der folgende, nervöse Rausschmeißer „Rock ‚N‘ Roll For Life“ klingt dann tatsächlich wie eine lebensfrohe, entfesselte Liebeserklärung an den Rock ’n Roll und zeigt, mit wie viel Energie hier gerockt werden kann. Die Rhythmik geht gut in Mark und Bein, die Gitarren wuseln wie nervöse Hinkel hin und her und die Bridge mit den gezielt eingesetzten „Woohoohoos“ ist erste Sahne und eines hervorragenden Rausschmeißers würdig.

AIRBOURNE fliegen mit Autopilot

Diese beiden Songs zeigen, dass die Australier durchaus zu starkem Songwriting fähig sind. Aber im Autopilot zu musizieren und dabei mit offenen Karten zu spielen, die nichts der Fantasie überlassen, ist halt einfacher, zumal die Band eh für ihre Bühnenpräsenz lebt. Klar, live werden Tracks wie „Sex To Go“ oder „She Gives Me Hell“ wieder Stadien und Festivals zum Beben und Bierbecher zum Überlaufen bringen. Und der Titeltrack geisterte ja schon in der diesjährigen Festivalsaison hier und da durch die Setliste der Band.

Schade also, dass „Boneshaker“ wieder einmal ein blaupausenartiges Album der Australier geworden ist, welches das songschreiberische Potential aufzeigt, aber nicht ausschöpft. Es bleibt zu hoffen, dass die Jungs ihr kommendes Scheibchen etwas mehr reifen lassen, damit die Band auch auf Tonkonserve frisch bleibt. Für das Liveprogramm geben die neuen Songs aber immerhin genug Riffs und Hooks her, um ihren Zweck zu erfüllen. Im Grunde machen AIRBOURNE also nichts falsch. Etwas mehr Risikobereitschaft ihrerseits ist aber mittlerweile mehr als willkommen…

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18.10.2019

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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