Gost - Valediction

Review

Soundcheck Oktober 2019# 23

Unser Synthwave-Album des Monats September: Mit „Valediction“ setzt GOST seinen spannenden Weg bei seinem neuen Label Century Media fort.

Impulsiv und aggressiv war GOST vormals häufig unterwegs, eingeordnet in die eigene Kategorie „Slasherwave“. Dabei nahm er mitunter direkte Anleihen im Black Metal und beschränkte sich nicht bloß auf die Übernahme von atmosphärischen Elementen – nein, da wurde ordentlich geblasted und mitunter eisig-industrieller Furor dargeboten.

MYSTICUM meets THE CURE. Oder andersrum.

Die klassischen Synthwave-Attacken, die Mastermind Baalberith auf „Non Paradisi“ (und bereits eingeschränkter auf „Possessor“) fährt, werden auf „Valediction“ allerdings nochmals zurückgefahren. Gleichzeitig werden die vorher eingestreuten Andeutungen hin zu einer wavig-gothischen Ausrichtung konsequent ausgebaut. Der knallige „Slasherwave“ früherer Tage erklingt pointierter, aus dem wüsten Gehacke ein chirurgisch eingesetztes Instrument. Dazu shredded die Gitarre immer mal wieder genüsslich rein, gelegentlich übernimmt Kreischgesang das Ruder vom tiefen Klargesang – MYSTICUM meets THE CURE und denkt an MARILYN MANSON.

Hierdurch entstehen abgedrehte Kompositionen: Gerade der unverhoffte Wechsel zwischen den maßgeblichen Stilelementen (von Song zu Song, aber auch gern innerhalb der Titel selbst) sorgt bei den ersten Hördurchgängen mitunter für Irritation, zumindest wenn man mit „Possessor“ nicht vertraut ist. Bei längerer Betrachtung zeigt sich aber, wie gut dieses Zusammenspiel funktioniert, denn gerade das Durchbrechen der wavigen Phasen mit harten Passagen reißt den Hörer aus der Gefahr allzu versunkener Träumereien – Titel wie „Dreadfully Pious“ oder der knallige Opener „Relentless Passing“ treiben dieses Wechselspiel auf die Spitze. Da werden typische Synthwave-Elemente fast zu unscheinbaren Nebendarstellern, bilden aber immer noch einen soliden Anker („The Call Of The Faithful“) und sorgen für eine wohlige Rückbesinnung auf die Wurzeln von GOST („She Lives In Red Light“). Aber manchmal wird dann eben doch wieder ungestüm drauflos gehämmert (Rausschmeißer „Severance“): Der überraschende Mix all dieser Elemente macht „Valediction“ interessant – negativ ausgelegt könnte man sowas wie Willkürlichkeit unterstellen. Ist es natürlich nicht, aber ein bisschen Chaos gehört halt zu einer ordentlichen Black Metal-Attitüde dazu.

GOST (2019)

Da ist das Bestreben, sich noch stärker in der traditionellen Black Metal-Ecke zu positionieren nachvollziehbar – die anstehenden Auftritte in Gesellschaft der neuen Labelkollegen MAYHEM und der ebenfalls auftretenden GAAHL’S WYRD wirken nach dem Genuss des aktuellen Albums passender als noch vor „Valediction“. Ist das also Blackened Post Synthwave? Oder Synthesized Wave Metal? Auf jeden Fall ein einzigartig gelungener Mix zwischen 1980er-Wave-Flair, Industrial Black Metal-Charme und modernen Einflüssen, was auch die teilweise angenehm dumpfe Produktion von Jaime Gomez Arellano (u.a. PARADISE LOST, SOLSTAFIR) widerspiegelt.

GOST liefert mit „Valediction“ ordentlich ab

Der mit „Possessor“ beschrittene Weg wird konsequent fortgesetzt. Die auf dem Vorgängeralbum ausprobierten Elemente werden nun ausgefeilter dargeboten. Es ist erfreulich, dass GOST mit „Valediction“ seinen Horizont zunehmend erweitert und den beschrittenen Weg mutig verfolgt – ein Alleinstellungsmerkmal hat sich Baalberith (nunmehr verstärkt um Kompagnon Carreau) mit dieser Ausrichtung allemal erarbeitet, auch wenn sich stilistisch seit „Non Paradisi“ oder „Behemoth“ so einiges verändert hat und viel liebgewonnenes über Bord geworfen wurde.

GOST kommen heuer stärker und gereifter daher, als man nach „Possessor“ unbedingt erwarten konnte – und haben mit „Valediction“ ein richtig starkes Werk erschaffen.


Kein Metal und trotzdem für viele Metaller interessant: Synthwave. Die elektronische Spielart rund um apokalyptische Endzeit, Palmen in Miami und Neonreklame wird einmal monatlich auf metal.de mit einem ausgewählten Release gewürdigt. Also: Synth Or Die!

27.09.2019

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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7 Kommentare zu Gost - Valediction

  1. BlindeGardine sagt:

    Non paradisi und behemoth haben mir ja ganz gut gefallen und auch die ersten eindrücke von valediction klingen interessant. Allein wie man sich abseits der ästhetik damit in der black metal szene positionieren will versteh ich nicht so ganz. Wobei es mir da weniger um die bands als um die mitunter doch recht konservativen fans geht. Am ende des tages ist das ja trotz aller düsternis immer noch irgendwo tanzmusik.

    1. ClutchNixon sagt:

      Erweiterung des Spektrums? Das Erschließen neuer Hörerschichten? Kann alles sein. Ich finde das Ding de facto ziemlich großartig.

      8/10
    2. BlindeGardine sagt:

      Nch ein paar hördurchgängen muss ich mich korrigieren, vom tanzbaren zeug der älteren alben hat sich das hier tatsächlich bis auf ein paar ausnahmen verabschiedet. Ich bin hin und her gerissen, einerseits hat das schon nen sehr eigenen flair, andererseits gefallen mir die black metal einschübe nicht durchgängig.

      7/10
  2. Flo RIA sagt:

    Nach erstem Hörduchgang bin ich eigentlich eher enttäuscht! Vielleicht ein Album das „wächst“ aber im Moment finde ich das Teil um einiges schlechter als Possessor oder Non Paradisi!

    6/10
  3. L@THERIVERFLOW sagt:

    Ich muss sagen ich bin positiv überrascht. So synthie wave Zeug ist normalerweise überhaupt nichts für mich. Dementsprechend hab ich mir das hier garnicht erst weiter angehört. Nachdem ich mir jetzt die Bewertungen angeschaut habe und wissen wollte wie man sowas gut finden kann, muss ich sagen die 80er Jahre Depeche Mode Dinger haben wirklich charme. Allerdings gefallen mir die sehr wave lastigen sachen überhaupt nicht. Da sehe ich immer diese ganzen verkleideten Eunuchen vor mir die auf diesen Veranstaltungen mit Glitzerstäben rumwedeln.
    Darum kann ich das Album als ganzes auch nicht als gut bewerten.

  4. L@THERIVERFLOW sagt:

    Ich muss mich korrigieren… der wave Anteil ist doch sehr gering und nur bei ,Push‘ wirklich störend. Der Rest ist gut hörbar und besonder die Black Metal einschübe gefallen mir sehr. Aber auch die Songs die ohne auskommen haben einen interessanten charakter und tragen diesen 80er Jahre charme mit sich, was ich so in Kombination noch nie gehört habe. Ich finds inzwischen richtig gut und bewerte dementsprechend….

    8/10
  5. Schraluk sagt:

    Boah. Das finde ich rrrichtig schlecht. Habe da jetzt ein paar Mal reingehört, weil ja viele das feiern und einige Mags sich geradezu überschlagen. Was soll das sein? Ich habe ja eine große Liebe zu wavigem Touch, die Anteile auf der Platte sind aber so dermaßen kitschig und langweilig, dass zumindest ich darüber nicht mal wirklich lachen kann. Post-Industrial? Wo? Finde kein einziges Stück in dem ich irgendetwas Industrial-mässiges entdecken kann. Klar, ich habe auch im Vorfeld nicht gedacht, dass es was in Richtung Nocturnal Emissions, Zahgurim, Triarii oder ’nur‘ NUN geben wird, aber warum belegt man als Label eine Band mit einem ‚File Under…‘ wenn dann nichts davon zu hören ist. Vielleicht hätte ich diese Platte spannender gefunden, wenn sie nicht im Vorfeld eingeordnet wurde und dementsprechend Hoffnungen geweckt werden, die dann aber mal so überhaupt gar nicht zutreffen (können). Wird auf jeden Fall wieder verkauft und stattdessen dann doch die zweite von Mordor auf Ebay ersteigert.

    3/10