Inside The Wire
Interview mit Boris Kaiser
Special
The Dark Site geht hinter die Kulissen – die Interviewreihe „Inside The Wire“ widmet sich einigen Tätigkeitsbereichen im Musik- bzw. Metalbusiness, von denen der Fan normalerweise nicht allzu viel mitbekommt. Also versuchen wir mit einigen interessanten Interviewpartnern Licht in dieses Dunkel zu bringen!
Dass der Metal spätestens seit der NWOBHM zu einem jugendkulturell relevanten Zweig avanciert und somit allmählich in den Fokus eines großangelegten Vermarktungsmechanismus‘ geraten ist, ist ein Fakt, der wohl so manchem Fan immer wieder Bauchschmerzen bereiten dürfte ob der Diskrepanz des eigentlichen Leitgedankens seiner Musik (und u.U. Lebenseinstellung) zu der kommerziellen Realität. Was aber treibt dann so manchen Rock- und Metal-Freund dazu, sich unser aller Lieblingsnebensache zur Hauptsache bzw. Profession und sich somit doch sofort der Kommerzeingliederung verdächtig zu machen? Da gerade auch der schreibenden Zunft eine nicht geringe Macht der Beeinflussung von Meinungen und Verkaufszahlen nachgesagt wird, werde ich nun die Gelegenheit, die mir diese Story-Reihe bietet, bei der Matte packen und Boris Kaiser vom Rock Hard mit meinen Fragen perforieren.Den wesentlichen Unterschied nämlich, der ihn von den zahllosen Wochenend- Rezensenten und Fanzine-Redakteuren abhebt (und mich vor einem drohenden Selbstinterview bewahrt), ist seine Qualifikation als hauptberuflicher Musikjournalist, der für seine Tätigkeit demnach tariflich entlohnt wird – sprich: seinen Lebensunterhalt damit verdient. Aber genug des Prologes, legen wir mal die Daumenschrauben an.
Erläuter mal ein wenig Deine Stellung und Deine Aufgaben beim RockHard. Wie sieht Dein Tagesablauf so aus? Gibt es da überhaupt Regelmäßigkeiten, oder jettest Du im Firmen-Heli vom Interview auf Teneriffa zur Release-Party nach Manhattan, vom Who-is-Who-Empfang in Berlin zum Redaktionsplenum auf Sylt? Immerhin seid Ihr doch Deutschlands Heavy-Magazin N° 1… 😉
Hm, ja, so ein Leben zwischen Hummer-Häppchen und Prosecco hätte sicherlich auch etwas für sich, nur leider entspricht dieses Klischee in keinster Weise der Realität. Der Großteil des Jobs, den man als so genannter „fester Redakteur“ erledigt, besteht aus Büroarbeiten. Der Aufwand, jeden Monat mindestens 156 Seiten sinnvoll und unterhaltsam zu füllen, ist größer, als viele denken. Die Koordination – Wer macht was? Wer kann wann wohin? Machen wir das, oder machen wir das nicht? Was ist hier zu verbessern? Was dort? – frisst die meiste Zeit auf. Zumal es ja nicht so ist, dass immer alles klappt, was man sich vornimmt. Du musst hier mal ´nen halben Tag nachhaken, dich um dieses kümmern, um jenes… Dazu kommt, dass ich zusätzlich Schlussredakteur bin; d.h. ich lese zusammen mit Matthias Breusch und vereinzelt Michael Rensen die eingehenden Texte Korrektur, wobei wir versuchen, das Ganze sehr gewissenhaft zu machen, um journalistischen Ansprüchen zu genügen. Dabei ist es auch wichtig, öde Texte – die natürlich auch wir bekommen – ein bisschen aufzupeppen – sei es durch griffige Headlines, Zitate oder – hoffentlich – witzige Klammerbemerkungen. Das eigentliche Schreiben verkommt deshalb leider schon mal zur „Nebensache“, da oft einfach die Zeit fehlt. Das merkt man sicherlich auch, wenn man ein Rock Hard durchblättert: Der größere Teil der Storys kommt von freien Mitarbeitern. Das ändert aber nichts daran, dass dieser Job mit all seinen Vorteilen nach wie vor ein absoluter Traum ist, den ich – bei allem Stress hier und da – gegen keinen anderen Beruf der Welt tauschen würde.
Interviews sind ja so desillusionierend… Koordinationsvermögen ist also die halbe Miete, wer hätte das gedacht. Wie bist Du denn zu diesem Job gekommen? Über Umwege, langen Anlauf oder Referenzen? Wessen Brief und Siegel muss man heute auf seinen Bewerbungsunterlagen vorweisen können, um beim RockHard zu landen? Und was mich vor allem interessiert: Was war die Motivation, sich bei einem einflussreichen Instrument der Hartwurst-Branche hinter die Regler zu klemmen?
Eigentlich war es schon immer mein Ziel, mein Hobby zum Beruf zu machen. Ich hatte bereits mit 17 angefangen, über Musik zu schreiben, und gründete mit einem Kumpel mein eigenes Fanzine „Dying Illusion“, von dem sechs Ausgaben existieren. Ich war also schon seit längerem Teil des Undergrounds. Irgendwann war im Rock Hard eine Anzeige, in der ein neuer Redakteur gesucht wurde. Ich habe mich mit Schriftproben beworben, war beim Vorstellungsgespräch und hatte das Glück, unter mehreren Hundert Bewerbern ausgewählt zu werden. Ich habe mein Studium abgebrochen, Familie und Freunde in Aachen gelassen und bin nach Dortmund gezogen. Jetzt sitze ich immer noch hier und habe es bis heute nicht bereut, Im Gegenteil: Das war vielleicht die wichtigste und beste Entscheidung in meinem bisherigen Leben.
Das ist wohl der Weg, den die meisten motivierten Aspiranten auf dem Weg zur professionellen journalistischen Tätigkeit zu beschreiten suchen. Bist Du nie in Authentizitätskonflikte geraten, den Schritt aus dem freien Underground an das kommerzielle Tageslicht zu wagen und damit womöglich einige Einschränkungen in Kauf zu nehmen, nicht nur zeitliche, sondern u.U. auch Einschränkungen in der Kritikfreiheit? Ich denke da an den Einfluss absatzorientierter Interessenkräfte wie Labels, Promoagenturen etc., zu denen man als Musikmagazin ja immer in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis steht. In wie weit kannst Du diese Interessen mit Deinem journalistischen Anspruch unter einen Hut bringen, und in wie weit bekommst Du sie überhaupt zu spüren?
Jaja, der große Irrtum der Szene. Mich verblüfft es immer wieder, dass Mutmaßungen und Anschuldigungen dieser Art vor allem ständig von Leuten kommen, die selbst Teil des Undergrounds sind. Das Rock Hard ist jedenfalls in keinster Weise käuflich, und es interessiert hier in der Redaktion auch niemanden, wer Anzeigen schaltet. Vielleicht schließen vor allem viele ach so kritische Fanzine-Macher schon mal ganz gerne von sich selbst auf andere. Die Rechnung ist doch auch ganz einfach: Dadurch dass das Rock Hard Marktführer ist, sind die Labels auch auf uns angewiesen – und werden den Teufel tun, uns in den redaktionellen Inhalt reinzureden. Die Leute sind auch nicht so blöd, wie manche Zeigefinger-Akrobaten immer gerne behaupten: Der Leser merkt, wenn man ihm irgendeinen halbgaren Kram unterjubeln will, was wir meiner Meinung nach auch nicht tun. Dass Geschmäcker auseinandergehen, ist natürlich eine andere Sache. Was ich aber sagen will: Auch eine Plattenfirma hat durch unsere Ehrlichkeit mehr von einer sehr guten Note im RH, da sie dadurch wertiger wird. Eine „9“ bedeutet bei uns immer noch „super“ und nicht „ganz nett“. Ich habe jedenfalls – und das ist die volle Wahrheit – beim Geben einer Note oder beim Schreiben einer Kritik noch nie einen Gedanken an die jeweilige Plattenfirma verschwendet. Frag doch mal im „freien Underground“ nach, wie die Sache dort aussieht…
Offensichtlich wirst Du mit diesem Vorwurf nicht zum ersten Mal konfrontiert… hehe… Wir als mittlerweile herangereiftes Fanzine übrigens auch nicht. Einigen Labels scheint es jedoch derweil noch immer an der Weitsicht zu mangeln, sich über den reellen Wert eines „ehrlichen“ Magazins, gerade im Metal-Bereich, bewusst zu werden. Ein Fanzine wird hin und wieder mit abstrusen „Innovationen“ oder „Benachrichtigungen“ konfrontiert, die beispielsweise beinhalten, dass Promoexemplar einer Neuerscheinung nicht eher an die Redaktion versandt wird, als bis eine Album-Rezension verfasst ist anhand eines Web-Streams – der zusätzlich durch ohrenbetäubende Piep-Unterbrechungen potenziell copy-manische Redakteure von der vorzeitigen Verbreitung abhalten soll. Die nach Review-Erscheinen zugesandte Promo darf dann wohl als Belohnung verstanden werden… Allein solchen pauschalen Unterstellungen (polemisch: Redakteur = Copy-Gangster) und Manipulationsversuchen durch Negation einer solchen Review-Anfrage standzuhalten, bedeutet für ein Fanzine ein gewisses Risiko. Wird der Rock Hard überhaupt noch mit solchen Versuchen der (u.U. subtilen) Einflussnahme konfrontiert? Oder stellt diese Art der Rezensionsmöglichkeit gar kein Problem für Euch dar?
Nein, denn wenn wir das volle Album nicht in vernünftiger Form vorliegen haben, gibt´s halt kein Review und keine Soundcheckteilnahme. Das haben wir schon immer so gehandhabt. Deshalb machen wir auch keine Reviews aufgrund von einmaligen Listening-Sessions, angespielten Tracks oder Webstreams. Kein Mensch – und hat er auch noch so geübte Ohren – kann auf diese Weise eine Platte richtig beurteilen. Auf der anderen Seite kann ich die Labels bei großen Veröffentlichungen schon bis zu einem gewissen Grad verstehen – es sind halt hauptsächlich Promos, die vorab ins Netz gestellt werden, und die ganze Internet- und CD-Brenner-Sache ist definitiv etwas anderes, als es früher das Tapetrading war – auch wenn das jetzt ein eigener Themenkomplex ist. Dieses Reduzieren des Promoversands ist halt das unbedingte Suchen nach einer Lösung des Internet-Problems. Ob das letzten Endes etwas bringt, ist allerdings zu bezweifeln. Die Labels müssen sich halt entscheiden, was ihnen wichtiger ist: flächendeckende Promo auch bei kleinsten Heften/Webzines oder mehr – angebliche – Sicherheit.
Eure Konsequenz ist sicher ein wichtiger (Zeige-?) Fingerzeig für die Labels, und gleichzeitig sollte es kleinere Mags in der Verweigerung solcher „Anfütterungen“ bestärken. Zurück zum Magazin: Auffällig ist, dass ihr im Gegensatz zu manch konkurrierendem Heft viel auf buntvisuelles Entertainment setzt, sprich auf knallige, übergroße Titel, halbe Seiten füllende Bandphotos charismatisch blicktötender Finstermänner oder (aktuelles Beispiel) erhebend attraktive Frauenzimmer auf Seite 1 – gottlob verzichtet ihr auf haarsträubend inszenierte Hochglanz-Provokation, die andere Mags bisweilen zu albernen Illustrationen von Hirn- oder Damenblut- Mahlzeiten auf ihrem Titelblatt treibt. Dennoch möchte ich die Frage stellen: Ist Schlichtheit nicht mehr zielgruppengerecht? Zu welchem Anteil spielt die Optik des Magazins überhaupt eine Rolle für das Interesse gerade dieser Leserschaft? Oder gibt es da keine großen Unterschiede zu „anderen Leserschaften“?
Hm, ich sehe ehrlich gesagt keinen Sinn in Schlichtheit und verstehe das jetzt auch nicht als Vorwurf. Das Wichtigste sind und bleiben natürlich die Texte, und die dürfen in keinster Weise leiden. Die Umsetzung im Layout kommt aber direkt danach. Es geht beim Rock Hard natürlich in erster Linie um Unterhaltung – verbunden mit Information. Und ein ansprechendes Layout mit ansehnlichen Fotos gehört nun mal dazu. Was wir tatsächlich zu vermeiden versuchen, sind dämliche Klischee-Pix. Dafür ist und war das Rock Hard auch schon immer zu selbstironisch. Ich weiß auch nicht, ob wir tatsächlich – wie deine Frage beinhaltet – den allgemeinen Trend hin zu schnell konsumierenden und kürzeren Texten, also zu journalistischem, Effekt haschendem Fastfood, mitmachen. Ich denke eher nicht. Das Gesamtpaket muss Sinn ergeben und Spaß machen; das ist unser Ziel.
Dass der textliche Inhalt im Rock Hard weiterhin informativ und vor allem unterhaltsam ist, ist unbestritten. Was mich noch mal interessieren würde: Wie kommt eigentlich so eine komplette Rock Hard-Ausgabe zustande? Wie viel Zeit steht zur Verfügung, wie viele Mitarbeiter arbeiten daran, wie viel Pfund illegale Amphetamine benötigen diese zur Arbeitsbewältigung, und wo gibt es regelmäßig die meisten Schwierigkeiten? Vielleicht kannst Du einen übersichtlichen Abriss über die wichtigsten Arbeitsschritte eines einzigen Heftes von ersten Ideen und Konzepten bis hin zum Druck geben.
Hm, also der Zeitrahmen schwankt so zwischen drei und vier Wochen, wobei eine Drei-Wochen-Produktion in der Tat in starken Stress ausartet. Ein Heft beginnt damit, dass wir in einer Redaktionssitzung einen Seitenplan machen, der bereits sämtliche Stories und Specials enthält. Natürlich kann sich daran im Laufe des Monats noch etwas ändern, wenn etwas nicht klappt, etwas Wichtiges passiert etc. Danach werden die Stories verteilt (wer macht was? wer ist für was am besten geeignet?). Die schon angesprochene Koordination beginnt. In der Kernredaktion sitzen Michael, Götz, Thomas, Frank und ich. Dazu kommen ein Fotoredakteur, zwei LayouterInnen und Matthias, der mittlerweile zwar in der Nähe von Freiburg wohnt, aber auch noch „festes“ Redaktionsmitglied ist. Dazu gesellen sich natürlich noch die gesamte Online-Abteilung, Produktion, Holger als Herausgeber, die Anzeigen-Geschichten usw. Was den reinen Inhalt des Heftes angeht, ruht die Verantwortung aber auf den Schultern der erwähnten fünf, sechs Kern-Mitglieder. Nach Redaktionsschluss und Belichtung geht das ganze Material an die Druckerei, und es dauert inkl. Vertrieb noch ca. drei Wochen, bis das Heft im Laden liegt.
Neben dem eigentlichen Heft gibt es noch eine Reihe anderer Aktivitäten, bei denen das Rock Hard seine Finger im Spiel hat. Nachdem Ihr Euch nach dem diesjährigen Wacken Open Air aus der Präsentation aus vielumstrittenen Gründen zurückgezogen habt (die mitunter äusserst hitzige Debatte wollen wir an dieser Stelle nicht wiederbeatmen), wurde in vielen Foren und Gesprächsrunden die Relevanz dieses „Präsentierens“ für eine Institution wie das RH diskutiert. Was bedeutet dieses „Rock Hard präsentiert…“, was präsentiert Ihr, was bedeutet das an Mehrarbeit und gleichsam an Mitsprache bei der betreffenden Veranstaltung? Und was sind die Früchte dieser Präsentationen? Es wird mehr sein, als nur das RH-Etikett regelmäßig in die Schädel der Musikfreunde zu tätowieren, oder?
Hier muss man unterscheiden zwischen einer normalem Tourpräsentation und einer Sache wie der Hard Union, wo wir quasi Schiedsrichter sind. Bei normalen Tourneen passiert tatsächlich nicht mehr als das Anbringen unseres Logos und das Aufhängen eines RH-Banners – „präsentiert von“ bedeutet so viel wie „empfohlen von…“. Bei der Hard Union sitzen wir halt mit im Boot. Natürlich kümmert sich jedes Festival selbst um die gebuchten Bands, aber aufgrund unserer Kontakte kann es durchaus sein, dass wir schon mal behilflich sind. Aber auch hier sei – um ein paar Missverständnisse auszuräumen – noch mal betont: Auch an der Hard Union verdienen wir KEINEN Pfennig. Es muss reichen, wenn tolle Festivals wie das BYH, das WFF oder bis vor einiger Zeit Wacken als „Rock-Hard-nahe“ Events rüberkommen und die Fans die Veranstaltungen mit der Hard Union und schlussendlich mit dem Rock Hard in Verbindung bringen. Und wenn wir das Gefühl haben, dass die Fans verarscht werden, ziehen wir Konsequenzen – wie bei Wacken geschehen.
Könntest Du Dir vorstellen, bei einem reinen Internet-Magazin zu arbeiten oder gibt es Gründe, die Dich davon abhielten? Was sind Deiner Meinung nach Vor- und Nachteile dieser Magazin-Form gegenüber einem Printmag?
Vorstellen kann man sich viel, und natürlich gibt es Internet-Magazine mit guter Qualität. Aber ich bin persönlich kein allzu großer Fan vom Online-Lesen, da ich mich schlicht und einfach lieber mit ´nem Magazin oder ´nem Buch auf die Couch oder ins Bett lege. Online-Magazine haben aber einen entscheidenden Vorteil: die Aktualität. Durch den Vorlauf dauert es im Printbereich von der News bis zur Veröffentlichung schon mal ein paar Wochen. Insofern sollte sich beides ergänzen, was wir beim RH ja auch versuchen.
Meinst Du, dass ein Printmag allgemein von den Labels und Promoagenturen des Major-Bereiches ernster genommen wird als die reinen Online-Redaktionen, gerade im Hauptbereich der Review- und Interviewmöglichkeiten?
Nein, ich glaube nicht, dass das noch etwas mit Print oder Online zu tun hat – sondern schlicht und einfach mit der Größe und Bekanntheit des zu bemusternden Mediums. Das zeigt sich auch daran, dass alle wichtigen Promoagenturen und auch große Labels eigene Mitarbeiter für den Online-Bereich haben. Wahr ist sicher, dass im Online-Bereich wesentlich stärker gesiebt wird, was ich allerdings durchaus verstehen kann. Wenn man sich manche Seiten anschaut, denkt man echt, die Macher hätten gerade mal die letzte Metallica im Schrank, der zudem noch nie ein Wörterbuch gesehen hat. Das Internet hat die Information sicherlich demokratisiert; Folge ist aber auch, dass jeder, der Bock drauf hat, irgendwas online stellen kann. Das ist zwar das gute Recht desjenigen; dass das Image darunter leidet, sollte aber auch jedem bewusst sein.
Wahre Worte. Man kann wohl kaum jeden dürftigen Freundeskreis erzählwütiger Freizeit-Rezensierer mit Promos eindecken (wobei die Kriterien der Bemusterung wohl manchmal ewiges Geheimnis der zuständigen Mitarbeiter bleiben werden… hehe). Aber ferner halte ich die Konkurrenz unter den Onlinemags für stärker. Wie sieht es mit dem Wettbewerb unter den Printmags aus? Wodurch versucht bspw. das RH seine Identität zu manifestieren? Und in wie weit, glaubst Du, stehen die Online-Magazine in direkter Konkurrenz zu den immerhin käuflich zu erwerbenden Druck-Zeitschriften?
Ach, ich denke, dass das Rock Hard schon eine starke eigene Identität hat – die man aber natürlich Monat für Monat mit viel Einsatz verteidigen muss! Ich glaube, dass wir eine gute Balance zwischen Ernst (dort, wo er angebracht ist) und Humor (man sollte – gerade im Metal – nicht immer alles so bierernst nehmen) gefunden haben, und obwohl wir versuchen, IMMER den Interviewten ins Licht zu rücken und uns zurückzuhalten, ist die Leser/Blatt-Bindung und -Identifikation – zum Glück – recht hoch. Wir sind halt alle nach wie vor große Fans, und ich hoffe, das merkt man auch. Zudem versuchen wir halt, die jeweils beste Story abzuliefern. Wenn man zehn Slayer-Stories gelesen hat, wäre es schön, wenn man sich vor allem an die im RH erinnert – ob dieser hehre Anspruch immer erfüllt wird, weiß ich nicht. Das müssen andere beurteilen. Deshalb möchte ich auch nichts zur Konkurrenz sagen. Nur so viel: Es gibt sicherlich Hefte, bei denen Herangehensweise und Selbstverständnis völlig anders sind.
Informationen rund um den Metal werden aller Wahrscheinlichkeit nach auch weiterhin gefragt sein, unhabhängig davon, wie sehr das Genre sich verändern mag; und entsprechend sind ja auch die zuständigen Mags alles andere als statisch. Was glaubst Du, welche Veränderungen und Innovationen die Zukunft von einem Metal-Magazin verlangen könnte? Vor wenigen Jahren schwadronierten ja gar einige Zeitgenossen, das Printmag habe im neuen Jahrtausend ausgedient (jene Leutz sieht man heute durchaus verlegen in der Nase bohren)… Aber gibt es auch konkretere Visionen (vielleicht drei CDs pro Heft, DIN A2-Format, alle zwei Wochen ein RH, einen Extra-Black-Metal-RH für die ganz Truen?!?)?
Ich glaube, das Wichtigste ist es, sich weiterhin auf das Wesentliche zu konzentrieren und dabei zu versuchen, in jedem Bereich besser zu werden und Schritte nach vorne zu machen. Was Beilagen angeht, sollte man vorsichtig sein, weil zu viel immer schnell den Eindruck macht, es mit minderwertigen Sachen zu tun zu haben. Deshalb sind wir auch nie dazu übergegangen, jedem Heft eine CD beizulegen. Die Qualität sollte nun mal wichtiger als die Quantität sein. Nur bestmögliche Qualität wird das Überleben sichern; alles andere führt schnell ins Abseits, wie der momentan drunter und drüber gehende Medienmarkt zeigt, wo trotz unzähliger Relaunches Woche für Woche immer mehr Angebote eingestellt werden. Die Zeiten werden zweifellos noch härter werden, und 2002 war nicht der Tiefpunkt für die Branche. Wir können glücklich sein, dass wir mit dem Rock Hard unsere Marktposition bis jetzt behaupten konnten, und wir werden alles daran setzen, weiterhin ganz oben zu stehen. Habt bzw. hattet Ihr eigentlich einen Avril Lavigne-Beitrag im Mag? Wenn nicht, was spräche dagegen? Nee, hatten wir nicht, und ich sehe auch eigentlich nicht, dass das kompatibel ist. Avril Lavigne ist für mich so etwas wie Britney Spears oder Christina Aguilera mit ein paar Gitarren. Das meine ich jetzt nicht wertend – viele Pop-Sachen gefallen mir besser als so manches Metall -; ich glaube aber nicht, dass so etwas wirklich in ein Metal-Magazin passt. Wenn schon Pop, dann eher so Sachen Coldplay, Radiohead oder Placebo – die sind zwar auch nicht hart, aber immerhin recht progressiv im herkömmlichen Sinne des Wortes. Aber selbst so etwas muss nicht (oder besser: nicht oft) unbedingt gefeaturet werden; dafür gibt´s andere Publikationen.
Hehe… also wohl auch kein Interview mit Heino – wie es sich jüngst das Vampster erlaubte. Kommen wir aber langsam zum Ende… Zu Beginn des Interviews sprachst Du von Deinem Beruf als Dein „Traumjob“. Gibt es für Dich dennoch berufliche Ziele, die Du langfristig bei diesem Magazin oder darüber hinaus zu erreichen trachtest? Und sei es nur eine Whirlpool-Massage von Miss Scabbia (Lacuna Coil) oder eine Homestory mit Varg Vikernes…
„Berufliche Ziele“ gibt es immer, und wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass ich es tatsächlich schaffe, Redakteur beim Rock Hard zu werden, hätte ich es nicht geglaubt. Insofern bin ich sehr loyal, und das Wichtigste für mich ist, dabei behilflich zu sein, den Status des Heftes beizubehalten bzw. noch auszubauen. Alles andere wird die Zukunft zeigen – im Moment bin ich jedenfalls rundum zufrieden. Gegen eine Whirlpool- Massage von Cristina hätte ich jetzt nicht so viel einzuwenden, meine Freundin wohl schon eher. Zur Strafe müsste ich dann bestimmt Varg Vikernes besuchen. Also lassen wir das lieber…
Ach, wenn er das liest, kommt er vielleicht zu Dir. Okay. Und als letztes: Was hätte ich alles anders machen müssen, damit dieses Interview im Rock Hard hätte gedruckt werden dürfen? 🙂
Einen anderen als mich Pappnase interviewen… 🙂
Oh natürlich, welch unverzeihlicher Fehler. Deshalb möchte ich auch meine jetzt folgende, nicht enden wollende Dankes-Tirade mit einem abfertigenden Unterton eines überaus entnervten Redaktionspraktikanten verstanden wissen: Vielen Dank für das Interview! Und wenn Du jetzt noch etwas loswerden möchtest, vielleicht eine tiefgreifende Sentenz o.ä., will ich Dir dieses obligatorische abschließende Zugeständnis an den Interviewten nicht vorenthalten. Ich höre?
Lasst Euch nicht verarschen!
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