Scars on Broadway

Konzertbericht

Konzert vom 2008-06-27 | Luxor, Köln

Zum ersten Mal in seiner noch jungen Geschichte traten SCARS ON BROADWAY auf eine Europäische Bühne. Für einige wenige schien ein Traum in Erfüllung zu gehen. Sie konnten ihre SYSTEM OF A DOWN Helden hautnah spüren – zumindest zwei von ihnen.

Warum letztendlich SYSTEM OF A DOWN auf Eis gelegt wurden, scheint auch jetzt noch nicht endgültig aufgelöst zu sein. Die Bandmitglieder geben zu diesem Thema nur halbherzige Statements ab. Auffällig ist jedoch, dass die kreativen Köpfe der Band, Serj Tankian und Daron Malakian, mit Tatendrang andere musikalische Projekte ins Leben gerufen haben. Nachdem Serj ein eher mäßiges Soloalbum vorgelegt hat, ist nun der kreativere (und durchgedrehtere) Part dran: Ähnlich wie zu den letzten SOAD-Alben hat Daron auch hier gleich komplett die Zügel in die Hand genommen: Vom Schreiben der Songs bis zur finalen Produktion. John Dolmayan wurde gebeten, als Schlagzeuger Teil der Band zu sein – und hat direkt zugestimmt. Vor diesem Hintergrund galt es nun, im Kölner Luxor einer exklusiven Hörerschaft erste Proben vorzustellen. Eine Chance also, den treuen Fans einen unvergesslichen Abend zu bereiten. Doch sie wurde nicht wirklich genutzt.

Analog zum SYSTEM OF A DOWN Konzert 2005 in Köln sollte der Promo-Gig ohne Vorband auskommen. Pünktlich um 21.00 Uhr betrat eine Horde dunkelhaariger, im Gesicht zugewachsener Männer die Bühne. Ein Traum für jede Rasterfahndung. Deutlich aufgedunsen mit schickem Hut und Pornobrille löste besonders der Star des Abends, Daron, frenetischen Beifall aus. Stärker als SERJ TANKIAN unterscheidet sich SCARS ON BROADWAY von SYSTEM OF A DOWN. Das mag zum einen daran liegen, dass Serjs markante Stimme einen hohen Wiedererkennungswert hat – unabhängig davon, welche Instrumente sie begleitet. Zum anderen versucht Daron seine deutlich gradlinigere Rockvariante mit einem typischen Schuss Wahnsinn aufzufrischen.

Und genau dann wird es interessant. Während „Enemy“ mit schrägen Gitarrentönen äußerst animierend wirkt und bei einem hypnotisierenden „We’re on drugs“-Interlude Luft holt, begleiten beim ohrwurmerzeugenden „World Long Gone“ und „“Exploding/Reloading“ prägende Keyboardtöne die rockigen Gitarren. Völlig abgedreht ist „Chemicals“ mit seinen Elektrospielchen. Das Kontrastprogramm dazu bildet das großartige „Whore Street“, das mit einem ungewöhnlich schweren und langsamen Riff anfängt, um anschließend in eine zarte Melodie einzutauchen und die Fans zum Mitsingen einzuladen.

Während das Publikum zu fast jedem Song steil ging, als hätte es das Album bereits im Besitz und auswendig gelernt, schlichen sich im Set auch eher höhepunktarme, glatte Lieder ein („Serious“). Unabhängig davon merkte man Daron an, dass er es sichtlich genoss, endlich komplett im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen. Zwar beschränkte er seine Dialoge auf ein spärliches Minimum, gestikulierte und hampelte dafür wie ein wildgewordenes Meerschweinchen herum und suchte zweimal den Körperkontakt mit seinen Fans (die bei geschätzten 200 Mann hinter einem unnötigen Schutzwall von der Bühne ferngehalten wurden). Daron hatte sichtlich Spaß dabei. Selbst ein freundliches Lächeln konnte er sich nicht verkneifen – im Gegensatz zu John, der es noch immer schafft, wie ein Türsteher hinter seinem Schlagzeug auszusehen. Lächeln? NIEMALS!

Ob Daron stimmlich überzeugen konnte, war aufgrund der Erfahrungen mit SYSTEM OF A DOWN in der Vergangenheit das große Fragezeichen. Zu häufig hat er live Töne versemmelt. Diesmal ging alles glatt, auch dank des zweiten Gitarristen, der Darons hohe Stimme eine angenehme Tiefe mit auf den Weg gab.

Als nach 40 Minuten und dem bekannten „They Say“ die Band ohne ein großes Dankeschön von der Bühne ging, dachte jeder an das übliche Zugabespielchen. Doch das blieb aus. Früher wären Barhocker, Gläser, Feuerzeuge und schallende Pfiffe Richtung Bühne gefeuert worden, heutzutage nimmt das Publikum eine solch unverschämte Spielzeit (ohne Vorband) für fast 20 Euro Eintritt mit einem kleinen Seufzer hin. Trotz einiger musikalischer Höhepunkt bleibt ein äußerst bitterer Nachgeschmack. Von gestandenen, mit Multiplatin ausgezeichneten Musikern kann und muss man mehr erwarten.

Weiteres zu SCARS ON BROADWAY bald auch im Interview bei metal.de!

04.07.2008

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