Polarkreis 18
The Smashing Pumpkins
Konzertbericht
Die Ankündigung einer ausgedehnten Europatournee traf Ende 2007 viele SMASHING PUMPKINS Fans angesichts der US-Tour vielleicht nicht unerwartet, dennoch insbesondere die alteingesessen unter ihnen, wohl mitten ins Herz. Nach rund 7 Jahren ohne neuem Album oder Konzerten sind die Pumpkins nach ihrer Trennung im Jahr 2000 zumindest zur Hälfte in ihrer Ur-Besetzung unterwegs, denn einzig Schlagzeuger Jimmy Chamberlin ist neben Frontman und Bilderbuch-Egoist Billy Corgan wieder mit von der Partie. Ihr 2007 erschienenes Album „Zeitgeist“, welches zwar durchaus gut angenommen wurde, jedoch von Fans als zu glatt und überproduziert empfunden wurde, haben die beiden Altkürbisse ohnehin fast ausschließlich alleine eingespielt. Sich dieser Kritik annehmend wurde auch die Setlist auf der gesamten Europatournee neu ausgerichtet. Zeichneten sich die ersten Reunion-Auftritte 2007 noch durch die größten Erfolge und viel Material aus dem frischen Studioalbum aus, boten die Europakonzerte nun einen ausgewogenen Mix mit erstaunlich vielen unbekannteren Liedern, die bei Hardcore-Fans jedoch für viel Freude sorgten.
Der Setlist, die mich erwarten würde, bewusst und mit einigen Konzertberichten und Bootlegs der bereits gespielten Europakonzerten im Hinterkopf begab ich mich voller Vorfreude und gleichzeitiger Angst, enttäuscht zu werden, nach Hamburg. Ohne sonderlich früh zu kommen, die erste Überraschung: die Halle war leer. Die, in der Mitte bereits „geteilte“ Colorline Arena war nur spärlich mit Menschen verseht. Ein paar Sitzplätze waren besetzt, vereinzelt saßen auch schon einige auf dem Boden im Innenraum, wo sich vor der Bühne lediglich die allererste Reihe gebildet hat. Entgegen der schlimmsten Befürchtungen, Hamburg könnte noch erheblich schlechter besucht werden, als die bereits stattgefundenen Deutschlandkonzerte, füllte sich die Halle bis zum Auftritt der Vorband schleppend doch noch zu einem annehmbaren Maße.
Die Band POLARKREIS 18 hat jenes bittere Los gezogen, was wohl jede unbekanntere Vorband fürchtet: vom Publikum als langweilig abgestempelt zu werden und für dessen Geschmack gar nicht schnell genug von der Bühne verschwinden zu können. Verdient haben sie dieses Los nicht wirklich. Sie zogen ihr Programm aus synthesizerlastigem, sphärischem Rock/Pop durch und der Sänger konnte zeitweilig unter Verzicht auf das Mikrofon nur mit seiner Ureigenen Stimme inmitten der elektronischen Klänge das Publikum gar beeindrucken. Die grelle weiße Lichtshow passte zwar gut zur Musik, jedoch dürfte jeder die Beleuchtung der Hauptgruppe als angenehmer empfunden haben.
Nachdem POLARKREIS 18 die Bühne geräumt hatten wurde das Publikum, inklusive mir, zunehmend nervöser. Der Sound, den allein die Vorband aufs Parkett gelegt hat klang, zumindest bei mir in der zweiten Reihe, schon sehr imposant und bei dem Gedanken gleich die ersehnten Pumpkins-Stücke so zu erleben stieg die Vorfreude gleich noch mehr.
Nach einer Umbaupause kamen dann auch wirklich pünktlich die SMASHING PUMPKINS auf die Bühne und wurden frenetisch begrüßt. Die ersten Momente des Konzertes verliefen ruhig: Mit „Porcelina Of The Vast Oceans“ baute Billy einen immer intensiver werdenden Klangraum auf um schließlich mit voller Gitarren- und Schlagzeugpower mit einem Schlag wohl in jedes der anwesenden Gesichter ein Lachen und über jeden Rücken eine Gänsehaut zu jagen; Pure Emotionen! Es folgten bekanntere und unbekanntere Lieder, von denen einige, wie „Tonight, Tonight“, „Today“ oder „Bullet With Butterfly Wings“, wohl auf jedem Pumpkins-Auftritt vertreten sind, andere wie das sehnsüchtig erwartete „Mayonaise“ oder „Lily (My One And Only)“ entweder schon lange nicht mehr gespielt wurden oder eben für einige ganz persönliche Lieblinge sind. Auch wenn wirklich bekannte und gute Lieder wie „Disarm“ diesmal nicht vertreten waren, konnten mich persönlich z.B. „Try, Try, Try“ oder „Drown“ mehr als entschädigen. Auch keine Überraschung war es, dass Billy Corgan sich sehr wenig mit dem Publikum auseinandergesetzt hat, er zog sein Ding durch und begrüßte das Publikum dann sogar auch nach der Hälfte des Konzertes. Interessant wurde es, als er „The Rose March“ ankündigte, ein kürzlich erst in den USA erschienenes Lied, welches man sich „Ja im wundervollen Internet schon irgendwie besorgen könne“, so oder ähnlich Corgan zumindest. Dieses Lied war so mit das erste, bei dem es ruhig wurde, nicht etwa weil es ein Akustikstück ist, sondern wohl eher weil fast niemand den Text kannte. Man konnte ahnen, dass die Band doch sehr von alten Erfolgen zehrt. Generell wussten Teile des Publikums aufzuregen, abgesehen von meinem persönlichen Pech, eine betrunkene „Billy, Billy!“ schreiende Frau zeitweise in meiner Nähe stehen zu haben, bildeten sich regelrechte Pogo-Felder in den ersten Reihen, dessen Mitglieder wieder und wieder von den Securities ermahnt werden mussten.
Bei den akustischen Darbietungen schwankte die „Qualität“ des Publikums sehr, von enthusiastischem Mitsingen bis zu Kneipengröhlen nach einem Fußballspiel war alles vorhanden. Ich will den SMASHING PUMPKINS jetzt nicht übermäßig viel Intellekt zuschreiben, aber teilweise hätte ich einige Fans doch eher beim Schulhof Punkkonzert gewähnt. Nichtsdestotrotz wussten praktisch alle Lieder zu überzeugen, auch in teilweise anderen Versionen wie „That’s The Way (My Love Is)“ in einer wundervollen Akustikversion (die dem Album sicherlich gut getan hätte). Oder das von mir vorher eher kritisch beäugte elektrofreie, straight-forward-rockige „Ava Adore“, welches normalerweise gerade durch seine Elektronik und den stockigen Beat funktioniert. Zum Schluss hin verlor sich die Setlist leider etwas in den meisten Leuten unbekannten, schwierigen und teilweise störend-langen Gitarrenorgien wie „United States“. Ein versöhnliches „Cherub Rock“ hätte am Ende sicherlich bei vielen noch viele Pluspunkte einstreichen können. So wirkten jedoch viele der Konzertbesucher eher verwirrt und waren schon leicht wieder abgekühlt durch Corgans Gitarrenquälen.
Wohl die größte Überraschung stellte ganz zum Schluss wohl jedoch der Auftritt von Uli Jon Roth dar, der ehemals bei den wohl legendären SCORPIONS spielte. Corgan und Roth sind auch außerhalb der Bühne befreundet und es machte beiden sichtlich Spaß das SCORPIONS-Stück „Robot Man“ zu spielen.
Nach knapp 3 Stunden und der Versicherung Billys „sich nie wieder zu trennen und immer Musik zu machen“ verließ wohl jeder gut gelaunt das Konzert. Die Verkaufszahlen der gesamten Tour mögen eher durchschnittlich gewesen sein und die SMASHING PUMPKINS ihrer Blütezeit entwachsen, aber sie haben routiniert eine unvergessliche Show auf die Bühne gebracht und wissen immer noch wie man wunderbar melodiös, melancholisch, voller Emotionen aber auch mit erschütternden Gitarren-Rock macht. Zu sagen, es sei nicht die Schuld der Band, wenn sich die Karten nicht alle verkaufen lassen, mag paradox klingen und wohl auch nicht so ganz zutreffen, aber qualitativ hat es die Band, wenn auch auf der Bühne nur noch zu 40% in Originalbesetzung, immer noch drauf und weiß, die Emotionen von damals noch genauso ehrlich rüberzubringen. Es ist beeindruckend zu sehen, wie die alten Titel nach all der Zeit und all dem, was seitdem passiert ist, gespielt werden. Es mag sich viel verändert haben, die Welt, die Band, die Fans, aber die SMASHING PUMPKINS gehören immer noch auf die Bühne!
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