Metallica
Worldwired-Tour 2019 in Berlin
Konzertbericht
„Worldwired“-Europa-Tour Teil drei und wieder heisst es reihenweise „Sold Out!“. Zumindest die vier Deutschland-Konzerte des „Hardwired…To Self-Destruct“-Zyklus in Köln, Berlin, Mannheim und München verschaffen METALLICA wieder binnen Tagen oder gar Stunden offiziell ausverkaufte Häuser, wobei im Falle Berlins wohl noch begünstigend hinzukommt, dass sich METALLICA seit tatsächlich 11 Jahren nicht mehr in der Hauptstadt haben blicken lassen. Zur Einordnung: damals an jenem 12.September 2008 wurde „Death Magnetic“ veröffentlicht, hieß die Mercedes-Benz-Arena noch O2 World (die übrigens zwei Tage zuvor frisch eröffnet wurde und in der, Sachen gibt’s, das erste Großkonzert am selben 12. September METALLICA gaben) und hatten die heute ebenfalls aufspielenden GHOST, mittlerweile Dauergäste als Support auf einer METALLICA-Tour, noch nicht mal ihr Debut „Opus Eponymous“ veröffentlicht. Ganz zu schweigen von BOKASSA, dem Support des Supports,…
Newcomer BOKASSA auf KVELERTAKs Spuren nutzen Ihre Chance
…der damals wahrscheinlich nicht mehr als eine entfernte Idee in den Köpfen dreier norwegischer Jungs war. Pünktlich wie geplant um 17.45 Uhr eröffnet das Trio, das Lars Ulrich in seiner Radioshow „It’s Electric“ mal als „seine neue Lieblingsband“ bezeichnete, die Bühne. Die folgenden 30 Minuten Stage Time zeigen dann nicht nur, dass METALLICA sich auch bei der Auswahl dieses Supports treu geblieben sind (BOKASSA erinnern, abgesehen von ihrer Herkunft, frappant an eine vergleichbar dreckige aber weniger assige Version ihrer Vorgänger KVELERTAK), sondern ebenfalls, dass die Newcomer ihre Chance durchaus zu nutzen wissen. Vom zu der frühen Zeit bloß halbvollen Stadion lassen sich BOKASSA nicht einschüchtern sondern tragen ihren Stoner Punkt mit breiter Brust vor sich her. Insbesondere Basser Bård Linga nutzt die METALLICAs charakteristische Snakepit-Bühne für regelmäßige Ausflüge in das Rund im Publikum, während Sänger Jørn Kaarstad eher im Hintergrund ackert. Die Menge mag sich zwar erst für den Abend sortieren, BOKASSA ernten aber mit treibenden Rhythmen und melodischen Grooves mehr als nur beiläufigen Szenenapplaus und dürften heute so einige Teilnehmer mehr für ihre im November stattfindende Headliner-Tour durch Deutschland gewonnen haben.
Setlist BOKASSA:
Impending Doom
Last Night (Was A Real Massacre)
Hellbilly Handfishin‘
Captain Cold One
Mouthbreathers Inc.
Only Gob Can Judge Me
Vultures
Walker Texas Danger
Five Finger Fuckhead
GHOST kitzeln den Damm und trotzen einsetzendem Regen
GHOST dagegen müssen längst nicht mehr um Aufmerksamkeit buhlen. Das mittlerweile fast voll besetzte Olympiastadion begrüßt die Schweden mit hörbarer Vorfreude, die heute weder musikalisch noch in Punkto theatralischer Inszenierung enttäuschen. Zwischen der gewohnten Maskerade der fünf Nameless Ghouls in der Instrumentalabteilung, dem Bühnenbild aus gotischen Kirchenbögen und -fenstern, Nebelkerzen und Feuerraketen ist es vor allem „Cardinal Copia“ Tobias Forge, der in teufelsrotem Frack gekleidet der Fixpunkt der gesamten Show ist. Bis auf den kurzen Gastauftritt des Saxophon spielenden, torkelnden Zombie-Papstes zum Ende von “Miasma” zieht Forge fortwährend jegliche Aufmerksamkeit auf sich und überzeugt sowohl stimmlich als auch durch seine Qualitäten als Entertainer. Merklich amüsiert geben sich die Fans, als er die stimulierende Wirkung der GHOST-Songs als „ass-wobbler“ und Dammkitzler für das deutsche Publikum preist, das es ja seiner Meinung nach doch etwas „rougher“ liebt. Wie „rough“, zeigt sich zumindest bei den Anwesenden im Innenraum, die den Großteil des Auftritts im anhaltend stärker werdenden Regen bei auch nicht gerade einladenden Temperaturen ausharren müssen. Da dürfte sich wohl manch einer einen Platz auf dem Keyboard- oder Drum-Riser wünschen, deren Schutzabdeckungen unfreiwillig komisch nach Bushaltestellen aus riesigen Regenmänteln aussehen. Nach den letzten Klängen von „Square Hammer“ drängt der Inhalt des Innenraums dann auch den Rand,…
Setlist GHOST:
Ashes
Rats
Absolution
Ritual
From The Pinnacle To The Pit
Faith
Cirice
Miasma
Year Zero
Mummy Dust
Dance Macabre
Square Hammer
METALLICA auch nach fast 40 Jahren einsame Spitze
…nur um am Ende doch wieder vom Regen in die Traufe zu kommen. Frei nach dem Motto „Was die können, können wir schon lange“ hat es sich Norddeutschland heute anscheinend zur Aufgabe gemacht, den inoffiziellen Titel der regenreichen Region von Nordengland zurückzuerobern (wir erinnern uns an die viral bestaunte Wasserschlacht bei „Master Of Puppets“ aus Manchester vor ein paar Tagen). Mehr als die Hälfte ihrer Spielzeit müssen METALLICA in nassen Klamotten ihr Publikum bespaßen und dabei höllisch aufpassen, Youtube nicht ein weiteres Video aus der Kategorie „Musician falls from stage“ zu schenken. Was nicht heisst, dass sie auf die Bremse treten. Auch bei widrigen Bedingungen gehen METALLICA ihre Show mit durchgetretenem Gaspedal an, die glücklicherweise anders als die Gigs im letzten Jahr auf jeglichen Firlefanz wie Gruppen-Drumeinlagen verzichtet.
Klar ist eine Show dieser Größenordnung mit den vorhersehbaren Pflichtnummern bis ins letzte Detail durchchoreographiert, nehmen sich die Bay Area-Mittfünfziger mehr und längere Pausen zwischen den Songs heraus und gestalten mittlerweile das ein oder andere Riff simpler und handgelenkfreundlicher als noch Mitte der 80er Jahre. Dafür bleibt bei all der Marketing-Maschinerie und den Langzeitfolgen des Rockstarlebens trotzdem genug Raum für Spontaneität und der Eindruck, dass da mit Hetfield, Ulrich, Hammett und Trujillo satte zweieinhalb Stunden lang vier Kerle auf der Bühne stehen, die auch als Millionen-Seller nach fast 40 Jahren Zusammenspielen immer noch Bock auf den ganzen Zirkus haben – etwa wenn sie auf engstem Raum an der Bühnenspitze stehend bei „For Whom The Bell Tolls“ und „Creeping Death“ die Garagenband wieder aufleben lassen oder Hammett wutentbrannt seine Gitarre mehrfach auf den Boden trümmert, weil er das „Master Of Puppets“-Solo aufgrund des gerade rechtzeitig gerissenen Gitarrengurts komplett in den Sand setzt (und sich Hetfield und Ulrich königlich im Hintergrund darüber amüsieren). Und wenn all das nichts hilft, bleiben immer noch die Songs, die jahrelang aus der Setlist verschwunden waren („Ride The Lightning“, „The God That Failed“) oder der mitreissende Eindruck zehntausender, unisono „Master! Master!“ schreiender Kehlen. Genießen wir es, so lange es noch geht.
Setlist METALLICA:
Intro (The Ecstasy Of Gold)
Hardwired
The Memory Remains
Ride The Lightning
The God That Failed
The Unforgiven
Here Comes Revenge
Moth Into Flame
Sad But True
Welcome Home (Sanitarium)
Kirk & Rob Doodle (Rammstein – “Engel”)
St. Anger
One
Master Of Puppets
For Whom The Bell Tolls
Creeping Death
Seek And Destroy
Zugabe:
Spit Out The Bone
Nothing Else Matters
Enter Sandman
Outro (The Frayed Ends Of Sanity)
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