Vader - The Ultimate Incantation

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

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Als Mitte November 1992 sein Debütalbum „The Ultimate Incantation“ erschien, hatte das polnische Death-/Thrash-Metal-Quartett VADER bereits eine lange Bandhistorie hinter sich. Gegründet zu Zeiten des sozialistischen Polen und eher als Heavy-/Speed-Metal-Band, dauerte es einige Jahre, bis ihr zweites Demo „Necrolust“ die Aufmerksamkeit des Labels Carnage Records auf sich zog. Dieses veröffentlichte 1990 das dritte Demo „Morbid Reich“, das – erstaunlich genug – zum bestverkauften Death-Metal-Demo ever avancierte und wiederum Earache Records auf den Plan rief. Jetzt sollte es noch zwei Jahre dauern, bis VADER ihr Debüt fertig beisammen hatten.

Und das hatte es in sich: Nicht zuletzt, weil VADER quasi für alle Bands aus dem ehemaligen Ostblock eine Vorreiterrolle einnahmen. Extremen Metal aus den vormals sozialistischen Ländern gab es, der hatte bislang aber nicht den Sprung hin in die lukrativen Märkte des Westens geschafft. Aber wir sprechen hier natürlich in erster Linie von der Musik, die nicht von schlechten Eltern war und immer noch ist.

VADER nahmen für Bands aus dem ehemaligen Ostblock eine Vorreiterrolle ein

„The Ultimate Incantation“ erschien zu einer Zeit, als die großen schwedischen, britischen und amerikanischen Death-Metal-Bands bereits längst ihr erstes, zweites oder drittes Album veröffentlicht hatten, war also so gesehen eher spät dran. Aber es hatte Zeit zu wachsen und enthält neben den besten Songs aus Demozeiten auch einige neue Nackenbrecher, die es in sich hatten und haben. Außerdem lässt sich das Album durch seinen starken Thrash-Einschlag nicht direkt mit anderen Platten vergleichen. Vom Death-Metal-Faktor ist „The Ultimate Incantation“ eher amerikanisch geprägt, aber eben mit einem unwiderstehlichen Drive ausgestattet.

Die Scheibe beginnt mit dem gänsehautverdächtigen Intro „Creation“, das langsam anschwillt und in den Opener „Dark Age“ mündet. Das war seinerzeit der „Postertrack“, zu dem auch ein Video abgedreht wurde, das zwar eher rumpelig anmutet, aber damals massiv von MTV und Co. lief und somit den Bekanntheitsgrad der Polen erhöht haben dürfte. „Dark Age“ enthält eine Aneinanderkettung von Sahneriffs, Gitarrensoli im Kerry-King-Style, präzises Drumming und den grummeligen Gesang von Frontmann Piotr „Peter“ Wiwczarek – also alles, was heute als Trademarks der Polen durchgeht.

„Vicious Circle“ steht dem in nichts nach und ist noch eine Spur flotter. Dass die Band in frühen Tagen die eine oder andere KREATOR-Scheibe gehört hat, lässt sich nicht ganz verleugnen. Weiter geht es mit „The Crucified Ones“, das sich nach schnellem Beginn zu einem flotten Headbanger mausert. Hier gehen besonders die präzise eingestreuten Gitarren-Overdubs gut ins Ohr sowie die Textzeile „Hear the screams / of the crucified ones“: Ja, wenn denn die Schreie der Gekreuzigten vertont werden sollen, dann doch bitte so. Abgerundet wird die erste Seite mit dem schnellen „Final Massacre“ und dem Double-Bass-Nackenbrecher „Testimony“.

„The Ultimate Incantation“ enthält Sahneriffs, präzises Drumming, grummelige Vocals

Seite zwei zeigt VADER zunächst von ihrer thrashigen und technischen Seite. „Chaos“ und vor allem „One Step To Salvation“ enthalten kleine eingestreute Hooks, und die chaotischen Soli wechseln sich mit vergleichsweise melodischen ab. „Demon’s Wind“ wiederum fängt atmosphärisch an, und wenn man denkt, das Lied kommt gar nicht mehr in die Gänge, bricht ein Blast-Gewitter über den Hörer herein. Anschließend haben vielleicht SLAYER Pate gestanden, wenn nämlich zu Glockenklängen Tremologitarren das Jammern der Heiligen nachvertonen – hier allerdings der „Decapitated Saints“. Abgerundet wird „The Ultimate Incantation“ durch den ebenfalls flotten Brecher „Breath Of Centuries“.

Und wer sich damals die CD-Version des Albums gekauft hatte, wurde noch durch das bereits auf dem Demo „Morbid Reich“ enthaltene „Reign-Carrion“ belohnt – auch wenn der Track nicht der beste ist und das Album etwas zu sehr in die Länge streckt. Abgerundet wird das Album durch das tolle Artwork von Dan Seagrave.

Insgesamt ist „The Ultimate Incantation“ ein richtig starkes Debüt. Es ist aber auch ein Faustschlag auf den Tisch, dass Bands aus dem ehemaligen Ostblock verdammt noch mal wahnsinnig gute Musik fabrizieren können und international konkurrenzfähig sind. In der Diskographie von VADER nimmt das Debüt somit eine besondere Stellung ein, und es ist lediglich Geschmackssache, ob man nun dieses oder ein anderes Album favorisiert. In der damaligen Death-Metal-Welt herausstechend war sicherlich der nicht zu überhörende Thrash-Einschlag und die herrlich sägenden Gitarren, insgesamt aber natürlich auch das Drumming von Schlagzeuger Doc. Der Mann, 2005 leider viel zu früh verstorben, hatte wirklich etwas auf dem Kasten.

Nur eines bedeutete „The Ultimate Incantation“ nicht: den Durchbruch

Wie ging es aber mit VADER weiter? Zunächst vielversprechend, tourten die Polen doch mit BOLT THROWER und GRAVE, später mit DEICIDE, SUFFOCATION und DISMEMBER durch Europa und die USA und Kanada. Als aber knappe drei Jahre später das Zweitwerk „De Profundis“ auf dem Winzlabel Croon Records erschien, in einer Zeit, als Death Metal sich gerade in einer echten Sinnkrise befand, dürfte jedem klar gewesen sein: Der Durchbruch war das alles nicht. Wenn also heute VADER regelmäßig touren und auf Festivals spielen und wenn sie als allseits beliebte Liveband durchgehen, weiß man: Das war noch ein hartes Stück Arbeit für Peter & Co., um diesen heutigen Status zu erreichen.

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24.07.2019

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1 Kommentar zu Vader - The Ultimate Incantation

  1. ClutchNixon sagt:

    Steht das Originaltape (12,99 DM) auch nebst anderen Klassikern im Regal, ist es für mich doch nicht so wichtig wie andere VÖs jener Zeit, respektive wie der direkte Nachfolger, die Schlagzeugarbeit auch im Kontext noch nicht das Gelbe vom Ei. Dennoch unbestritten wichtig.

    7/10