October Falls
October Falls

Interview

Wer auf ernsthaften, ehrlichen, authentischen und atmosphärisch dichten Pagan-Black-Metal steht, kommt an OCTOBER FALLS schon lange nicht mehr vorbei. Die Finnen um Mikko Lehto verbinden gekonnt und auf faszinierende Weise dunkle Folklore mit harschem Black Metal sowie traurigem Doom Metal und schaffen damit ganz eigene, epische Klangwelten. Das neue Werk "A Collapse Of Faith" macht da keine Ausnahme, zeigt sich jedoch etwas schwärzer und trostloser. Was es damit auf sich hat, erklärt Mainman Mikko.

October FallsZuerst möchte ich dir zum fantastischen neuen Album „A Collapse Of Faith“ gratulieren! Wie lange hast du an dem Album gearbeitet?

Danke! Am Material habe ich grundsätzlich seit der Veröffentlichung von „The Womb Of Primordial Nature“ gearbeitet, die ersten Teile sind auch von dort. Trotzdem ist die Frage ein wenig schwierig zu beantworten, da es einige Pausen gab, an welchen ich nicht daran gearbeitet habe. „A Collapse Of Faith“ enthält sogar Material, welches ich schrieb, nachdem ich annahm, dass der Songwriting-Prozess für das Album abgeschlossen wäre, aber ich entschied mich dann dazu, dieses hinzuzufügen, bevor wir alles aufnahmen.

Ich schätze, alles in allem hat es ca. ein Jahr benötigt, um das neue Album zu schreiben. Dann gibt es da noch die anderen Dinge, die man erledigen muss, wie Aufnehmen, Mischen, Mastern und das Artwork. Nun wird das Werk letztendlich veröffentlicht und es sind nun 2 Jahre, nachdem das vorherige Album erschien. In Sachen Produktion war dies ein ziemlich langer Prozess, aber ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat.

Es handelt sich hierbei um ein Konzeptalbum, richtig? Wovon handelt das textliche Konzept von „A Collapse Of Faith“? Welche Bedeutung steckt hinter dem Albumtitel?

Die Inspiration hinter „A Collapse Of Faith“ stammt von verschiedenen Kulturen und Nationen, welche von Leuten betrogen wurden, welche keinen Respekt für ihre Kultur und ihr Erbe hatten, und stattdessen alles beschmutzten, was von ihren Vorfahren für sie erschaffen wurde. Es geht um den Mangel an Hingabe dieser Leute, und um das spätere Bezahlen hierfür an den Galgen. Es geht aber auch um jene, welche kein schlechtes Gewissen hatten, dafür aber die Stärke, um für das, woran sie glauben, einzustehen, jene, welche Stolz auf ihr Erbe waren und einen starken Willen besaßen, auf den vorherigen Ruinen aufzubauen.

Diese Ideale sind nicht an einen bestimmten Teil der Welt gebunden, da die Welt mit vielen interessanten Kulturen gefüllt ist, welche zu oft dahinschwinden und ersetzt werden durch die moderne Notwendigkeit, neue Elemente zu erhalten und diese mit ihnen zu vermischen, auch wenn diese nichts Gutes bringen. Und letztendlich sind diese Kulturen langsam gestorben und in Vergessenheit geraten in einem totalen spirituellen Verfall.

Ich entnahm den Albumtitel aus den Texten, da ich fühlte, dass dieser perfekt zur Aura der Zeit passte, als dieses Album entstand, und der Titel dreht sich auch um das ganze Konzept, in welchem die alten Traditionen verschwinden.

Wer erschuf das Coverartwork und worin besteht die Verbindung zwischen dem CD-Booklet und den musikalischen und textlichen Inhalten?

Wie gewöhnlich habe ich mich um das Coverartwork gekümmert. Es ist ein Bild des Herbstes, in welchem man sieht, wie die Kraniche das Land verlassen. Ich dachte mir, es passt perfekt als Cover. Das tatsächliche Cover ist ein großes Panoramabild, das Frontcover zeigt also nur einen kleinen Teil der Idee. Das Bild der Digipack-Hülle endet nie wirklich, man kann es umdrehen und das Bild scheint immer weiterzugehen, so wie ich es geplant hatte. In letzter Zeit hatte ich immer viele Fotos für die Cover verwendet und ich denke, dass sie großartig funktionieren, aber dieses Mal lag ein einfacherer Denkansatz zugrunde.

Wieder einmal sind es die überwältigenden Melodien, welche mich stark beeindrucken! Bist du der Meinung, dass eine Hauptmelodie in jedem Stück von großer Wichtigkeit ist? Wie kommst du auf diese tollen Melodien?

Für mich ist es sehr wichtig, der Musik Hauptmelodien hinzuzufügen. Sie können die Atmosphäre erhöhen und der Musik weitere Dimensionen hinzufügen. Ich weiß nicht warum, aber persönlich denke ich immer, dass die Musik, welche ich komponiere, so geschaffen sein muss, dass diese von einem Symphonieorchester gespielt werden kann, und dafür benötigt man diese Melodien ebenso.

Natürlich gibt es großartige Gruppen, welche auf klare Leads verzichten, aber wenn ich Musik mache, sind sie ein großer Teil meiner Arbeit. Vielleicht kommt mein Denken aus der Zeit, als ich begann, hauptsächlich instrumentale Musik zu hören und zu spielen. Wenn ich es richtig zerlege, sind die Melodien nicht geplant, bevor es an die ersten Aufnahmen geht, aber wenn ich die Basis aufgenommen habe, improvisiere ich einfach viele Male, und einige der Versuche werden dann die Melodie dazu. Auf diese Weise funktioniert es für mich am besten, nicht jede Note vor dem Aufnehmen zu planen.

Mir gefällt auch sehr die Mischung von akustischen Folklore Parts und harschem Black Metal. Denkst du, dass deine musikalische Entwicklung, diese beiden verschiedenen Stile miteinander zu verschmelzen, nun perfektioniert ist, oder wünschst du dir, irgendetwas daran besser zu machen oder gar in eine andere Richtung zu driften?

Ich denke, beide Stile sind nun gut ausbalanciert auf dem Album, und ich sehe keinen wirklichen Grund, daran etwas zu ändern. Aber immer noch die einzige gewisse Sache ist der Fakt, dass es niemals ein OCTOBER FALLS Album ohne die Verwendung von Akustikgitarren geben wird. Es gab und wird vielleicht auch in Zukunft Veröffentlichungen geben ohne verzerrte Gitarren, aber nicht umgekehrt. Ich denke, einige Veränderungen werden in der Zukunft auftauchen, aber es ist noch zu früh um zu sagen, wie diese ausfallen. Auf bestimmte Weise schließt „A Collapse Of Faith“ einige Pfade für mich, aber ich kann nicht weit genug sehen, um zu sagen, was als nächstes kommt.

Worin siehst du selbst die Unterschiede zwischen „A Collapse Of Faith“ und „The Womb Of Primordial Nature?

Natürlich vermitteln beide ein ähnliches Gefühl, aber letztendlich sehe ich persönlich „A Collapse Of Faith“ in jeglicher Hinsicht als fokussierter. Das neue Album enthält bessere Kompositionen und ist besser als ein ganze Konzept arrangiert, die Musik ist aufwendiger dargebracht und die Produktion ist besser, es stützt sich auf denselben Ausdruck, aber ich denke es hält besser zusammen.

Trotzdem denke ich, dass es schwieriger zum anhören und schwerer zu verdauen ist, als „The Womb Of Primordial Nature“ war, die einzelnen Teile sind sehr lang und man muss sich mehr anstrengen und konzentrieren, wenn man sich das neue Album anhört. „A Collapse Of Faith“ ist kein Album, dass man sich mal geschwind in Eile reinzieht, da es um das Album als Ganzes geht und nicht nur um einzelne Songs.

Wenn ich mir deine Musik anhöre, erzeugt diese eine Art „naturnaher“ Atmosphäre; wenn ich meine Augen schließe, sehe ich tiefe, dunkle Wälder, nebelbehangene Täler im Zwielicht, die düstere Schönheit der Natur. Welche Bilder kommen dir in den Kopf, während du deine Musik erschaffst oder anhörst? Welche Gefühle regen sich dann in dir?

Ich sehe oft Musik als Bilder, sei es meine eigene oder etwas anderes, das ich anhöre. Wenn ich an meine eigene Musik denke, so sehe ich im Prinzip genau das, was du auch beschrieben hast. Pauschal gesprochen, sehe ich die Alben immer als ein Ganzes, ich brauche das materielle Album in meinen Händen, das Booklet, in welches ich mir anschauen kann, die Texte lesen usw. Die Alben richtig als ein Ganzes fühlen und nicht nur die Musik an sich anhören. Ich denke, diese Erfahrung ist zu oft verloren, wenn sich die Leute ihre Daten an ihrem Computer anhören. Vielleicht klappt das ja bei ihnen, aber ich brauche alles von dem jeweiligen Album, die Musik, die Texte, das Artwork; die Musik selbst ist nur ein Teil der Veröffentlichung für mich, natürlich ist sie der wichtigste Bestandteil, aber ich brauche alles, um mich daran zu erfreuen.

Was glaubst du wie wichtig es für dich und deine Musik ist, dass du in Finnland lebst?

Was das Persönliche anbelangt, so ist dies meine Heimat und ich respektiere sie und das Erbe des Landes. Ich möchte niemals permanent irgendwo anders leben. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich am liebsten weiter im Norden leben, aber momentan ist das nicht möglich. Wenn es um die Musik und Finnland geht, würde ich sagen, dass es für mich sehr wichtig ist hier zu leben, da ich von der Natur um mich herum viel Inspiration erhalte. Auch durch den Fakt, dass man hier den Wechsel der Jahreszeiten so klar sieht, ist meine Heimat wirklich essentiell für meine Musik und andere Aktivitäten.

Warum ist der Oktober so etwas besonderes für dich? Faszinieren dich die vielen Farben, welche die Welt dann bietet, wie sich alles wandelt oder ist es einfach die Atmosphäre, die so typisch ist für den Herbst?

Nun, es könnte Oktober oder November sein, es ist ohnehin in der gleichen Jahreszeit. Immer noch, zumindest in Finnland, sind es normalerweise diese Monate, wenn die Natur beginnt, sich selbst für den Winterschlaf vorzubereiten. Und ich liebe die kalten Morgen, wenn die Brise den Erdboden bedeckt und sich die Luft klar und kalt anfühlt. Naturgemäß ist auch die große Menge an Farben der Natur fantastisch und auch inspirierend. Allgemein denke ich ist es die Atmosphäre des Herbstes, welche meinen Geist mehr bezaubert als jede andere Jahreszeit.

Woher nimmst du deine Inspiration? Welche Bands beeinflussen dich, wo liegen deine musikalischen Wurzeln?

Meine Inspiration kommt von Musik, Geschichte und Kunst im Allgemeinen, aber ich denke, die Bands, welche mich beeinflusst haben, wären beispielsweise ULVER, DRUDKH, PRIMORDIAL, EMPYRIUM und einige weitere. Es ist etwas schwierig und vielleicht auch etwas sinnlos, eine große Liste aufzuzählen, aber das sind die Bands, welche mich am meisten beeinflusst haben. Als ich ca. 15 Jahre alt war, begann ich damit, viele diese Gitarren Virtuosen anzuhören, und ich war von den Dingen, welche sie veröffentlichten, überwältigt. Aber langsam verschwand das Interesse daran und ich begann mir eher Sachen anzuhören, welche Atmosphäre vermitteln, als die Handfertigkeiten der Musiker. Natürlich gibt es noch einige Alben, welche mir damals gefielen, die ich immer noch mag, aber das sind die Alben, welche die „richtige Atmosphäre“ haben.

Wie schreibst du neue Songs? Gehst du dabei spontan vor, oder versuchst du immer, komplexe Arrangements zu verwirklichen, indem du einer Art Plan folgst?

Nichts ist wirklich geplant, normalerweise schreibe ich viele verschiedene Themen und Ideen mit der Akustikgitarre und dann an einem gewissen Punkt beginne ich damit, diese zu vollständigen Songs zu sammeln. Es ist also ziemlich spontan, wenn ich Material schreibe und dann etwas strukturierter, wenn ich das Material zu vollen Songs zusammentrage. Das ist die gewöhnliche Methode für mich, aber manchmal nehme ich mir einfach die Gitarre und komponiere einen ganzen Song an einem Tag, während andere Songs auch Monate benötigen können, bis sie fertig sind. Wie auch immer, ich versuche niemals, komplexe Musik zu schreiben nur der Sache willen, manchmal sind die Stücke ziemlich einfach und manchmal entwickeln sie sich ein wenig progressiver.

Wann hast du damit angefangen, deine eigene Musik zu machen?

Ich begann damit, eigene Musik zu machen, vor ca. 20 Jahren, als ich anfing, Gitarre zu spiele. Aber natürlich waren das am Anfang keine wirklichen Kompositionen oder irgendetwas, das es wert wäre, zu erwähnen, sondern einfach etwas, das ich tat, als ich lernte, das Instrument zu spielen. In den frühen Neunzigern fuhr ich auf alles ab, was am Griffbrett ordentlich abging, technische Gitarrenorientierte Musik wie Jason Becker, Yngwie Malmsteen, Tony MacAlpine usw., aber nach einer Weile interessierte ich mich mehr für die Atmosphäre in der Musik, nicht so sehr für die Darbietung an sich, also änderten sich auch meine Kompositionen drastisch von dem, was sie zu Beginn waren.

Wirst du mit OCTOBER FALLS jemals Live spielen?

An dieser Stelle wäre die Antwort Nein, aber sag niemals nie. Ich bin nicht sehr scharf darauf, selbst Live zu spielen, und auch der Fakt, dass das Line-Up zusätzliche Musiker für die Darbietung benötigen würde, macht es schwierig. Trotzdem, wenn die perfekte Zeit und der perfekte Ort zusammentreffen, könnte ich mir es vorstellen.

Was bedeutet dir der Metal?

Das ist eine etwas knifflige Frage, da mir diese ganze Bruderschaft-Idee, welche manche Leute haben, nichts bedeutet, und ich unterstütze auch nicht jede klassische Band, weil „man sie lieben muss, da man sonst nicht versteht, worum es im Metal geht“, auch denke ich nicht, dass selbst der schlechteste Metal besser ist als alles andere, weil es einfach so viel Müll gibt, welcher als Metal tituliert wird, wobei ich nicht verstehen kann, wie jemand ehrlich so fühlen kann. Trotzdem, die meisten meiner Freunde sind von „Metal-Zirkeln“ und ich habe eine starke Verbindung zu dieser Musik und kaufe mir viele Veröffentlichungen. In gewisser Weise ist Metal also ein großer Teil von dem, was ich bin, aber nicht so direkt.

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!

Vielen Dank für das Interesse! Kiitos!

21.06.2010

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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