Witchery
Interview mit Patrik Jensen über "Witchkrieg"

Interview

Vier Jahre ist es her, dass die schwedischen Blackened Thrash Metaller von WITCHERY ihr letztes Album “Symphony For The Devil” veröffentlichten. Doch nun ist es endlich soweit: In wenigen Tagen steht das neue Output der Band in den Läden – “Witchkrieg”. Warum die neue Scheibe die beste ist, die WITCHERY je veröffentlicht haben und warum die Arbeiten an “Witchkrieg” mehrere Jahre gedauert haben, erzählt uns Gitarrist Patrik Jensen im Interview.

Witchery

Hi, Patrik! Wie geht es dir?

Es geht mir sehr gut, danke. Ich bin bereit, die Musik von WITCHERY zu verbreiten!

Herzlichen Glückwunsch zu dem bevorstehenden Release eures neuen Albums “Witchkrieg” am 21. Juli. Wie fühlt ihr euch damit?

Danke, wir sind sehr stolz auf das Album, zugleich besorgt, da es nun bald veröffentlicht wird und die Leute es sich anhören können. “Witchkrieg” wartet nun bereits so lange darauf, zu erscheinen und wir hätten unsere Fans nicht so viele Jahre darauf warten lassen sollen. Unglücklicherweise war dies doch schon wieder der Fall, aber hoffentlich wird das Album ihnen richtig einheizen. Deshalb hoffe ich, unsere Fans werden uns vergeben.

Du machst auf eurer Homepage deutlich, dass die neue Scheibe eure mit Abstand beste ist. Warum denkst du, ist das so? Was würdest du einem Außenstehenden sagen, um ihn zu überzeugen, das Album zu kaufen?

Mit der heutigen Technologie brauche ich niemanden überzeugen, es zu kaufen, höchstens, dass derjenige sich das Album irgendwo online anhört. Wenn ich das erreicht habe, wird er es sich sowieso kaufen wollen, haha! Nein, im Ernst: Ich glaube, es ist das beste WITCHERY-Album bisher. Es ist direkt, abwechslungsreich, die Produktion ist großartig und ich denke, dass WITCHERY mit dem aktuellen Line-Up etwas Eigenes geschaffen hat und den Leuten so eine eigene Mischung präsentieren kann.

Was bedeutet “Witchkrieg”?

Der Titel ist natürlich abgeleitet von dem Begriff “Blitzkrieg”, einem Begriff, der von einem totalitären Staat geprägt wurde. Das Artwork ist im frühen sowjetischen Stil gemacht: Propaganda, aber ohne das Geld, rote Farbe zu verwenden, deshalb ist das Feuer orange und die Flammen sehen aus, wie irgendwo ausgeschnitten, also ein Produkt eines weiteren totalitären Staates. Vor 400-500 Jahren wurden Hexen verbrannt, dafür, dass sie anders sind oder eine andere Meinung haben als die, die das Sagen haben oder die Masse der anderen. In den Lyrics geht es darum, zu dem zu stehen, was man glaubt und meint.

Wer war denn für das besagte Artwork zu der Platte zuständig?

Andreas “Diaz” Pettersson, ein alter Freund von mir, hat das Artwork entworfen, so wie er auch die der letzten drei WITCHERY-Alben gemacht hat. Er ist auch für das Logo und die Artworks von THE HAUNTED verantwortlich.

Gibt es bei der Scheibe irgendein bestimmtes Konzept, das ihr verfolgt (Lyrics liegen mir ja leider nicht vor)? Oder besser: Worum geht’s im Allgemeinen auf “Witchkrieg”?

Wenn man sich dafür erwärmen kann, dass die Lyrics pure Horror-Stories sind, dann können sie das sein. Wenn man darum bemüht ist, einen tieferen Sinn zu finden, dann muss man zwischen den Zeilen lesen, so z.B. bei “Witchkrieg” oder “From Dead To Worse”, es geht darum, zu leben, aber so, als wäre man “tot”. Arbeiten – TV – Schlafen – Arbeiten – Schlafen – TV – … Und das das ganze Leben lang. Das ist sogar schlimmer, als tot zu sein, wenn man sein Leben nicht in vollen Zügen lebt.

Nachdem zwischen euren ersten drei Alben “Restless & Dead”, “Dead, Hot And Ready” und “Symphony For The Devil” jeweils nur ein oder zwei Jahre lagen, dauerte es immerhin fünf Jahre bis “Don’t Fear The Reaper” veröffentlicht wurde und für “Witchkrieg” habt ihr euch erneut vier Jahre Zeit gelassen. Wie kommt das? Habt ihr private Verpflichtungen, wie Job und Familie, die euch daran hinderten, schneller neues Material zu schreiben? Oder wart ihr in euren anderen Bands zu stark eingebunden und WITCHERY musste hinten anstehen?

Naja, es ist wirklich schwierig, alle mal zu versammeln, gerade jetzt, wo unsere anderen Bands auch großen Erfolg haben und oft auf Tour sind. Für “Don’t Fear The Reaper” haben wir nach einem neuen Plattendeal gesucht und das hat eine Weile gedauert. Auch haben wir immer geprobt und zusammen gejammt, wenn wir ein Album geschrieben haben und das wollten wir auch bei “Don’t Fear The Reaper”. Deshalb hat es damals so lange gedauert. Bei “Witchkrieg” wurde das nur noch schwieriger und eigentlich habe ich fast alles allein geschrieben und am PC aufgenommen. Das Album entstand bereits 2008. Rikard und ich haben im Herbst 2008 die Gitarren eingespielt, Sharlee und Martin haben ihren Teil während der Weihnachts-/Neujahrsferien 2008/2009 aufgenommen und dann haben wir auf Toxine gewartet. Und wir haben gewartet und gewartet, aber nichts passierte. Deshalb haben wir im Januar diesen Jahres, nach einem Jahr des Wartens, entschlossen, dass es Zeit ist für einen Wechsel. Wir haben Toxine gehen lassen und fragten Legion, ob er stattdessen einsteigen möchte. Er nahm das Angebot an und nach zwei Wochen hatten wir die Vocals im Kasten. Ich kann versprechen, dass das nächste Album nicht so lang auf sich warten lassen wird, haha!

Wie bekommt ihr das überhaupt alles unter einen Hut? Ich meine, jeder hat ein Leben außerhalb des Metals und, wie schon erwähnt, zahlreiche andere Projekte. Findet ihr überhaupt die Zeit, zusammen zu proben, zu touren oder neue Songs zu schreiben? Oder macht bei WITCHERY eigentlich jeder sein eigenes Ding und ihr seht euch nur gelegentlich?

Als wir WITCHERY 1996 gegründet haben, habe ich noch nicht bei THE HAUNTED gespielt, Sharlee nicht bei ARCH ENEMY und Martin war noch nicht Teil von WITCHERY, sodass es keine Schwierigkeiten mit OPETH gab. Wir sind somit ungewollt eine Allstar-Band. Wir wollen es zwar nicht, denn wir begannen einfach als fünf Typen mit einer Band. So sollte es mit WITCHERY auch weiter gehen, aber das ist eben schwierig. Touren zum Beispiel wäre nahezu unmöglich, aber Festival-Shows sind etwas, das wir machen können. Dort können auch viele Menschen WITCHERY sehen, wenn sie das möchten. Nur Rikard und ich leben in derselben Stadt, die anderen sind in Schweden verteilt und das ist ebenso wenig hilfreich. Also kann es wirklich frustrierend sein ab und an, aber wir schaffen das.

“Witchkrieg” ist die erste Scheibe, auf der euer neuer Sänger Erik “Legion” Hagstedt, der zuletzt bei MARDUK tätig war, hinterm Mikro stand. Wie kam es, dass Legion als eigentlicher Black Metal-Sänger bei euch eingestiegen ist?

Ich habe Legion bereits einige Male auf Festivals Backstage getroffen, wenn MARDUK und THE HAUNTED irgendwo spielten. Er war immer sehr cool drauf und wohnt ebenso in einer Stadt nahe meiner Heimatstadt. Als wir einen Sänger suchten, dachte ich sofort an ihn. Netter Typ, guter Sänger, jede Menge Live-Erfahrungen usw. Somit waren wir natürlich hoch erfreut, dass unsere erste Wahl direkt zugesagt hat und eingestiegen ist.

Im Allgemeinen ist eure Musik auf “Wichtkrieg” noch Black Metal-lastiger geworden als sie es sowieso schon war. War diese Entwicklung gewollt oder war sie eine natürliche Folge davon, dass Legion Teil der Band geworden ist?

Das ist wirklich interessant. Denn bisher hat jeder etwas anderes gesagt. Manche sagen, wir sind jetzt thrashiger, manche sagen, wir klingen nun mehr nach Heavy Metal, manche sagen, wie du, es ist blackiger… Ich für meinen Teil sehe es einfach als großen Vorteil, dass unsere Musik offensichtlich nicht so leicht zu kategorisieren ist. Nicht einmal ich kann sagen, wie ich unsere Musik nennen würde. Wie auch immer, Legion hat nur sehr wenig zum Album beigetragen, da die Musik bereits aufgenommen war und die Lyrics geschrieben, als er zu uns kam. Ich bin mir allerdings sicher, dass er auf dem nächsten Album größeren Einfluss haben wird, besonders da er die Lyrics schreiben wird und natürlich auch musikalische Ideen einfließen lassen kann.

Du hast vorhin schon gemeint, dass du die Musik diesmal ausnahmsweise fast allein geschrieben hast. Wie entstehen denn eure Songs sonst? Habt ihr dabei eine gewisse Rollenverteilung?

Normalerweise schreibe ich die Musik. In unseren frühen Tagen haben wir geprobt, ich habe ein Riff vorgestellt und die anderen sagten dann “Das ist gut” oder “Das ist nicht gut, wirf es weg”. Diesmal habe ich alles allein gemacht und den anderen die fertigen Songs geschrieben. Dann sagten sie mir ihre Meinung dazu. Das hat bei diesem Album wirklich gut funktioniert, aber ich vermisse die Stunden des Probens, denn viele gute Riffs entstanden dabei zufällig. Auch die Lyrics habe ich diesmal allein geschrieben, aber ich bin sehr froh, dass Legion das nun übernehmen kann.

Auf “Witchkrieg” arbeitet ihr mit mehreren Gastmusikern zusammen, wieso habt ihr euch dazu entschieden, anderen Musikern Platz auf eurem Album einzuräumen?

Das klingt, als wäre es für sie eine Ehre, auf unserem Album zu spielen. Hehe, nein, es ist anders herum, sie haben uns mit ihrem musikalischen Können beehrt. Hank Sherman hat auch auf den letzten beiden Alben mitgewirkt. Dann, vor einigen Jahren waren THE HAUNTED mit EXODUS auf Tour in Japan und Australien. Gary Holt sagte mir dann, dass er WITCHERY sehr mag und sogar unsere Alben hat. Das hat mich unglaublich beeindruckt, also fragte ich ihn, ob er auf dem nächsten Album ein Solo beisteuern wolle und als ich ihn fragte, kam Lee Altus irgendwie auch dazu. Als wir realisierten, dass wir schon drei Gastmusiker hatten, fragten wir einfach auch noch Andy LaRocque, auch ein Solo einzuspielen, er hatte damals das “Witchburner”-Album eingespielt. Auch Jim Durkin ist ein alter Freund der Band, somit war es kein Problem, auch ihn für diese Idee zu gewinnen. Als THE HAUNTED und ARCH ENEMY in L.A. gespielt haben, haben wir oft bei ihm daheim abgehangen. Er nennt es seine schwedische Botschaft, haha. Kerry King dazu zu kriegen war auch total einfach. Ich kannte ihn bereits seit vielen Jahren und ich traf ihn beim Roskilde Festival in Dänemark. Ich gab ihm meinen Ipod und ein Paar Kopfhörer, er hat sich den Track drei Mal angehört ohne etwas zu sagen, nahm die Kopfhörer ab und meinte nur: “Klar, Mann! Mach ich!” Also nahm er das Solo mit auf, während er “World Painted Blood” aufnahm. Ich denke, diese Musiker haben eine wichtige Rolle gespielt dabei, dass WITCHERY jetzt so klingen. Dass sie also Teil an unserem neuen Album hatten, ist großartig. Es gibt noch einige Musiker, die ich immer noch gern auf einem WITCHERY-Album hören würde, aber wir werden ja sehen, was das nächste Mal passiert.

Betrachtet ihr das vielleicht auch als eine Art Tribut an die teilnehmenden Bands? So wie ihr das auf “Witchburner” mit ACCEPT, WASP, JUDAS PRIEST und BLACK SABBATH getan habt?

Ich würde sagen, ja. Und als Zeichen der Unterstützung von Menschen, die uns von Beginn an inspiriert haben.

Habt ihr vor, um eure neue CD bestmöglich zu promoten, einige Live-Shows zu spielen, z.B. auf einigen Festivals oder auf einer Tour?

Wie ich schon sagte, touren wird nicht möglich sein. Höchstens eine kleine Japan-Tour, aber nur drei oder vier Shows. Wir setzen also mehr auf Festivals und ich hoffe, wir werden bald wieder welche spielen!

Was können eure Fans in Zukunft von euch erwarten? Werdet ihr euch wieder mehrere Jahre für ein Album Zeit nehmen?

Versprochen ist versprochen, das nächste Album wird nicht so lange auf sich warten lassen, wie die letzten beiden. Ich habe bereits die Hälfte der Songs geschrieben und die Scheibe wird großartig! Aber konzentrieren wir uns erstmal auf “Witchkrieg”.

Jetzt mal ehrlich, ihr seid eine international erfolgreiche Band, habt einige tolle Alben heraus gebracht, habt interessante Shows gespielt, getourt usw. Gibt es noch irgendetwas, was du mit der Band erreichen willst oder lasst ihr einfach alles auf euch zukommen?

Ich denke, wenn man Musik macht, erreicht man automatisch bestimmte Dinge. Erfolg, Tourneen, seine alten Helden einmal kennen lernen, vielleicht Auszeichnungen… Aber abgesehen davon gibt es einfach die Liebe zur Musik und ich denke, dass WITCHERY immer Musik machen werden, weil wir Musik lieben. Aber es gibt auch immer etwas, das man besser machen könnte und wir werden uns weiter anspornen, es auch wirklich noch besser zu machen. Und wie ich schon sagte: mit dem neuen Line-Up kann Großes passieren!

Danke für das Interview. Die letzten Worte gehören dir.

An die Menschen, die uns über die Jahre begleitet haben, möchten wir großen Dank richten. Und an alle, die uns noch nicht gehört haben: Ich hoffe, ihr checkt das neue Album aus. Darauf gibt es wirklich für jeden etwas und wenn ihr erst das Album gehört habt, werdet ihr auch bald die Gelegenheit bekommen, uns live zu sehen. Jeder von WITCHERY steht für eine großartige Show. Cheers!

15.06.2010

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