Grave
Interview mit Ola Lindgren zu "Burial Ground"

Interview

Keine zwei Jahre sind seit dem letzten Oldschool-Hammer „Dominion VIII“ vergangen, da stehen GRAVE mit einem neuen Langeisen auf der Matte: „Burial Ground“ heißt das neunte Album der Todesmetaller, und diesmal weist es auch optisch weit in die Vergangenheit. Was die Scheibe mit amerikanischen Muscle Cars zu tun hat, und in welchen Situationen gestandene Death-Metal-Bands an einen Kindergarten erinnern, erzählt uns Ola Lindgren, Sänger und Gitarrist der Schweden.

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Hallo Ola, wie geht’s und womit vertreibst Du Dir derzeit den Tag?

Danke, mir geht’s absolut großartig! Derzeit bin ich hauptsächlich damit beschäftigt, für den Herbst Gigs an Land zu ziehen. So gesehen passiert also nicht so viel. Weißt Du, wir haben für die Aufnahmen, den Mix und das Mastern sechs Wochen im Studio verbracht. Es ist gut, dass das jetzt vorüber ist und man alles einfach mal sacken lassen kann. Bis jetzt haben wir aber phantastisch gute Reviews einfahren können, die Leute scheinen das Album zu mögen. Wir machen erstmal die ganze Promogeschichte und können die Veröffentlichung des Albums kaum noch erwarten.

Wo habt Ihr „Burial Ground“ aufgenommen?

Wir haben das Album in unserem eigenen Studio aufgenommen, im „Studio Soulless“ in Stockholm. Ronnie und ich haben alles selbst produziert, vom Anfang bis zum Ende.

Wenn Ihr alles selbst gemacht habt, hattet Ihr eine sehr konkrete Vorstellung davon, wie das Album letztendlich klingen soll.

Ja genau, wir hatten eine sehr feste Vorstellung davon. Wir haben uns die nötige Zeit genommen und ohne Stress alles so gemacht, wie wir es wollten.

Und Ihr hattet auch nicht vor, in ein anderes Studio zu gehen?

Nein, letztendlich ist uns das sogar sehr entgegen gekommen. Es hat länger als geplant gedauert, bis wir die Aufnahmen beginnen konnten. Die Vorbereitungen waren eben noch nicht abgeschlossen. Ursprünglich wollten wir bereits im Januar mit den Aufnahmen beginnen, haben dann aber am 1. April damit begonnen.
Und diesmal wollten wir wirklich alles in unseren Händen halten. Beim „Dominion“-Album sind wir für den Mix in ein anderes Studio gegangen, und letztlich gibt es ein paar Punkte, die ich anders gemacht hätte, vor allem beim Gitarrensound, der etwas matschig war. Es war eben teilweise sehr weit von dem entfernt, was wir ursprünglich mit dem Album vorhatten. Mit „Burial Ground“ bin ich aber bislang sehr zufrieden.

Da das Album wie auch schon der Vorgänger „Dominion VIII“ ziemlich oldschool klingt, kann man sagen, dass das die neuen GRAVE sind?!

Ja, ich hoffe doch. Ich meine, wir spielen diese Art von Musik schon seit so vielen Jahren. Es ist eine Herausforderung, diese Art von Musik so primitiv, brutal und nach vorne treibend zu spielen. Das ist gar nicht so einfach – es dauert seine Zeit, bis man den gewünschten Sound fertig hat. Ich mag einfach diese Art von Stil – es ist eine Fortführung dessen, was wir auf dem „Dominion VIII“-Album begonnen hatten. Es ist ein Zurückgehen zu den Wurzeln, das bewusste Weglassen von modernen Einflüssen und Solos und solchen Elementen, das bewusste Einfachhalten. Den Leuten scheint es aber zu gefallen.

Und Ihr versteckt Euch nicht hinter technischen Fähigkeiten…

Nein, wir machen das, ws wir können, und selbst wenn wir es könnten – es würde einfach nicht zu GRAVE passen.

Trotzdem habt Ihr auf dem Album ein kleines Zückerchen, denn Karl Sanders von NILE hat beim Song „Bloodtrail“ ein Solo beigesteuert.

Ja, wir sind mit NILE zwei- oder dreimal getourt, und Karl ist ein wirklich guter Freund von uns. Und ich als Kollege behaupte mal, dass er alles auf der Gitarre spielen kann – angefangen von Siebziger-Jahre-Kram wie SCORPIONS bis hin zu seinem speziellen Stil von heute. Er ist ein sehr positiv denkender Mensch und eigentlich für jede Idee zu begeistern. Als wir an „Burial Ground“ gearbeitet hatten, kam uns bei dem Stück der Gedanke, dass Karl ein Solo darauf spielen könnte. Wir haben ihn also angemailt und eine Mp3-Datei hinterhergeschickt, und innerhalb von 24 Stunden hatten wir das Solo. Und das war nicht runtergerotzt, er hat das Solo aus ich glaube 42 verschiedenen Takes ausgewählt. Das ist wirklich unglaublich, weil er das Stück vorher ja gar nicht kannte, und sein Solo passt einfach perfekt zum Song.

Wenn Du das Album mit einem Auto vergleichen würdest, welche Eigenschaften hätte das Auto?

Ich würde sagen, es wäre dann wie eine amerikanische Karre aus den Sechzigern, wie ein Pontiac GTO oder ein Dodge Charger. Sehr laut, kraftvoll, brutal, voller Energie. Vielleicht an ein paar Kanten mit ein wenig Rost versehen, aber in einem guten Allgemeinzustand.

Passend zum Sound habt Ihr diesmal ein Albumcover, das in die Frühzeit des schwedischen Death Metals verweist – NIHILIST und frühe DISMEMBER. Wart Ihr im Rückblick mit dem Cover zu „Dominion VIII“ zufrieden?

Ja, das war nämlich in beiden Fällen derselbe Künstler [Costin „13“ Chioreanu; Anm. d. Red.]. Wir mögen einfach seinen Stil und haben ihn diesmal nach etwas Düsterem gefragt, mit dreckigen Farben. Er hatte nach gut einer Woche einen Entwurf fertig, der genau das darstellte, was uns vorschwebte. Wir haben daran nichts mehr geändert, weder das Logo, noch den Schriftzug vom Titel. Er hat dann schließlich das komplette Layout und das Booklet übernommen. Es war eine so einfache Zusammenarbeit, und ich mag das Ergebnis sehr. Sehr oldschool, sehr zum Titel passend.

Wo wir die ganze Zeit bei oldschool sind: Robert Sennebäck (ex-DISMEMBER) hatte vor einiger Zeit eine Band zusammengetrommelt, bei der Du Gitarre spielen solltest. Von SOULDEVOURER hat man allerdings schon länger nichts mehr gehört. Was ist aus der Band geworden?

Hmm, in den letzten anderthalb Jahren ist nicht so viel passiert. Wir haben acht oder neun Stücke mehr oder weniger fertig. Jedesmal wenn wir uns treffen, sagen wir, wir müssten die Stücke endlich fertig arrangieren und aufnehmen, aber…

Welchen Stellenwert hat dann diese Band?

Sie wird bei niemandem von uns die Hauptband sein, vielleicht machen wir aber mal ein paar Festivalauftritte. Das Hauptziel bleibt aber, die Stücke aufzunehmen und zu veröffentlichen.

Zurück zu GRAVE: Ihr spielt seit über 20 Jahren Death Metal – Zeit, ein wenig zurückzublicken. Wie hast Du die erste Phase der Band bis zur zwischenzeitlichen Auflösung in Erinnerung?

Die ersten paar Jahre waren schon etwas besonderes, als wir den Plattenvertrag bei Century Media unterschrieben und das erste Album veröffentlicht haben. Damals war ich 19. Und anschließend sind wir ein paarmal durch ganz Europa und Amerika getourt. Das war schon eine unvergessliche Zeit. Zwischen 1996 und 2002 ist die Death-Metal-Szene ins Stocken geraten, es gab kaum mehr Angebote für Touren, und keine der großen Death-Metal-Bands hat ein Album aufgenommen. Wir selbst haben mit Century Media die Situation diskutiert und schließlich eine Pause eingelegt. Das war schon sehr enttäuschend, weil ich seit meinem 15. Lebensjahr mit GRAVE und vorher CORPSE Musik gemacht hatte. Andererseits brauchte die Band eine Pause.

Was hältst Du im Rückblick von einer Scheibe wie „Hating Life“?

Ich mag das Album für das, was es darstellt. Es gab einen mehr thrashorientierten Ansatz und es war quasi der letzte Versuch, den Sound von GRAVE in andere Bereiche auszuweiten. Mit diesem Album hatten wir auch noch eine erfolgreiche Tour in Europa und Amerika. Danach hätten wir aber noch mehr Kompromisse eingehen müssen, weswegen wir die Konsequenz daraus gezogen haben. Ich mag das Album aber nach wie vor und bereue es nicht.

Wie würdest Du die Bandsituation derzeit charakterisieren?

Ich würde sagen, dass wir in diesem Musikgenre eine ziemlich bekannte Band sind. Die Leute kennen uns, unseren Namen und unsere Geschichte. Andererseits ist es aber sehr schwierig, nach 20 Jahren sich neue Hörerschichten zu erschließen – dafür müsste man wahrscheinlich die Musik zu sehr verändern, und das würde ich niemals tun. Andererseits wächst die Metalszene aber stetig an, und die Leute sind nicht mehr so auf einen Stil fixiert, wie es noch vor zehn Jahren der Fall war. Heute gibt es doch Fans, die alles von SLIPKNOT und LIMP BIZKIT hin zu GRAVE und CANNIBAL CORPSE hören. Insofern haben wir doch einen großen Vorteil gegenüber früher.

Du selbst stehst aber ausschließlich für Death Metal…

So kann man es sehen, hehe!

Du hast gesagt, dass Du Dich um das Tourbooking kümmern musst. Was für eine Tour können wir im Herbst erwarten?

Wir diskutieren derzeit mehrere Optionen: Entweder schließen wir uns einem größeren Package an oder wir sind bei einer kleineren Tour der Headliner, was für uns sehr interessant wäre, weil es schon Jahre her ist, seit wir das das letzte Mal gemacht haben.

Gibt es denn irgendwelche Namen, die Ihr diskutiert, vielleicht auch Nachwuchsbands aus Schweden?

Das ist natürlich sehr schwer, weil Du mit bekannten und zugkräftigen Namen die Halle vollbekommen musst. Aber wenn ich Namen nennen soll, dann fallen mir von den neueren Bands aus Schweden GUILLOTINE und CRAFT ein.

Vielleicht bekommt Ihr ja noch einmal solch eine Tour zusammen wie 2006, als Ihr mit ENTOMBED, DISMEMBER und UNLEASHED zusammen unterwegs wart. Wie hast Du diese Tournee in Erinnerung?

Dabei hatte ich vermutlich den meisten Spaß, den ich jemals auf Tour hatte. Wir kennen uns alle schon so viele Jahre. Es war wie in einem großen Kindergarten, haha! Das ist eine Erinnerung für’s Leben! Aber vielleicht stellen wir etwas ähnliches nochmal auf die Beine. Jedesmal wenn wir uns treffen, sagen wir, dass wir das wiederholen sollten. Nun, die Zukunft wird es zeigen…

Danke Dir, das war’s auch schon, die letzten Worte gehören Dir!

Ich möchte mich bei allen Fans und auch den Magazinen bedanken, dass sie uns über solch einen langen Zeitraum die Treue gehalten haben. Checkt das neue Album, Ihr werdet nicht enttäuscht werden! Und ansonsten hoffe ich, dass wir uns bald auf Tour sehen werden!

Galerie mit 14 Bildern: Grave - Braincrusher In Hell 2023
07.06.2010

- Dreaming in Red -

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