Pagan's Mind
Pagan's Mind
Interview
Die norwegischen Progressive und Power Metal-Vermischer von PAGAN’S MIND feiern ihr zehnjähriges Band-Jubiläum standesgemäß mit einer anständigen DVD-Veröffentlichung. Zu viele Worte von mir sind an dieser Stelle nicht angebracht, denn Fronter Niels K. Rue stand mir Rede und Antwort und plaudert frisch und frei über den visuellen PAGAN’S MIND-Akt „Live Equation“…
Hi Niels, schön, dass du für uns Zeit gefunden hast. Gleich vorweg, wie geht es dir?
Hi Mathias. Danke, mir geht es sehr gut. Außerdem ist es ein tolles Gefühl, die erste DVD veröffentlicht zu haben!
Du sprichst schon gleich das richtige Thema an. Mit „Live Equation“ habt ihr vor Kurzem quasi euer DVD-Debüt präsentiert. Warum habt ihr euch zu diesem Zeitpunkt für einen DVD-Output entschieden und warum den Auftritt in der Rockefeller Music Hall in Oslo mitgeschnitten?
Wir haben uns schon lange überlegt, dass eine DVD hervorragend zu unserem 10-jährigen Jubliäum passen würde. Nach vier Studioalben und zehn gemeinsamen Jahren, war es endlich an der Zeit, etwas Besonderes zu machen und ein Live-Statement abzuliefern. Außerdem füllt die DVD die Pause zwischen „God’s Equation“ und einem neuen Album hervorragend aus. Wir haben das Konzert in der Rockefeller Music Hall gewählt, weil wir damals vor einem genialen Publikum gespielt haben, auf einer Tour mit VANISHING POINT und SONATA ARCTICA. Sobald wir von der Bühne runter gegangen sind, wussten wir, dass wir es geschafft haben, die Magie und die Adrenalinstöße, die auf der Stage vorherrschen, perfekt einzufangen und zu transportieren.
Die Tour hat einen Tag vor der Rockefeller-Show mit einem Co-Headline-Auftritt beim „Progpower Scandinavia“ in Dänemark begonnen. Normalerweise geben wir ja nach unseren Shows meistens noch ordentlich Gas, doch nach diesem Gig haben wir nur noch unsere Instrumente und unser Equipment eingepackt und eine Stunde nach dem Auftritt lagen wir auch schon in unseren Betten! Das ist nicht wirklich normal für uns, doch es hat uns eindeutig geholfen, einen Tag später, eine geile Show zu liefern!
„Live Equation“ orientiert sich graphisch sowie in konzeptueller Hinsicht stark an eurem letzten Studioalbum „God’s Equation“. War es eure Absicht die DVD mit dem Album zu verbinden?
Auf den letzten fünf Tourneen, die wir durch Europa und die USA gemacht haben, haben wir die „God’s Equation“-Platte supportet. Da das meiste Material, das auf der DVD zu sehen ist, nach dem Release des Albums aufgenommen wurde, haben wir uns entschieden, Farben, Layout und quasi auch das „Konzept“ der Scheibe größtenteils zu übernehmen.
Auch eure Cover-Version von „Hallo Spaceboy“ hat es auf die DVD geschafft. Wie seid ihr überhaupt auf die Idee gekommen, aus diesem Song eine PAGAN’S MIND-Ausgabe zu machen?
Diese Frage wurde uns schon oft gestellt. Warum „Hallo Spaceboy“? Warum nicht ein richtiger Metal-Song? Meine Meinung ist, dass die Musik von PAGAN’S MIND von vielen verschiedenen musikalischen Stilistiken beeinflusst wird. Es ist nicht nur ausschließlich Metal, der uns antreibt. Wenn ich einen guten Song höre, der mir gefällt, dann ist es egal, welche Musikart das gerade ist. David Bowie ist ein musikalisches Genie, da sind wir uns alle einig. „Hallo Spaceboy“ ist auf dem originalen Bowie-Album zugegebenermaßen nicht gerade ein Killer. Als wir aber zum ersten Mal die Live-Version davon gehört haben, wussten wir, dass wir daraus unseren eigenen Song machen können. Die musikalischen Farben und Klangwelten ähneln unserem Songwriting. Der Titel trifft quasi den Nerv von PAGAN’S MIND. Neben dem humorvollen Text, der sich auch mit dem Weltall auseinandersetzt, dachten wir einfach, dass das Ganze eine neue und verrückte Idee ist, die wir machen sollten. Nachdem wir den Song nun schon oft live gespielt haben und die Leute immer ganz begeistert sind, kann ich im Nachhinein behaupten, dass es eine gute Wahl war! Eine weitere coole Sache war, dass wir, nachdem uns unsere Plattenfirma nach Verhandlungen mit Bowie’s Management die Verwendung des Songs zugesagt hat, persönliche Grüße und Glückwünsche von David bekommen haben. Er sagte, dass ihm unsere Version sehr gut gefällt und wünschte uns alles Gute. Das ist schon ein Erlebnis, kann ich dir sagen [lacht]!
Gibt es einen Song, der dir persönlich sehr am Herzen liegt?
Ich würde sagen, dass wir alle verschiedene Favoriten haben und von den anderen Jungs kann ich es dir nicht sagen, aber für mich sticht vor allem der Titeltrack „God’s Equation“ heraus. Das Intro und das ganze Drumherum, es ist jedes Mal ein richtiger Adrenalinkick, wenn wir den Song spielen. Total aufregend, aber auch anstrengend [lacht].
Soll dieser Adrenalinkick auch durch die sechsarmige Frau auf eurem Cover ausgedrückt werden? Oder wollt ihr damit die menschliche Vielfalt bebildern?
Wir haben das Cover des „God’s Equation“-Albums übernommen und quasi in eine Live-Version umgewandelt. „God’s Equation“ war im Prinzip ein Konzeptalbum. Das soll nicht unbedingt heißen, dass man eine Story von A bis B erzählen muss, sondern es geht viel mehr um das durchgängige Behandeln eines gleich bleibenden Themas. Es geht dabei nicht nur um die Ursprünge der Menschheit, sondern eigentlich um den Ursprung von allem. Der Begriff „God’s Equation“ kann ja mehrere Auslegungen haben. Albert Einstein hat zum Beispiel darüber geredet und auch Texte zu dieser Thematik in den 1930ern veröffentlicht. Seine Theorie über das sich immer erweiternde Universum, das er als „God’s Equation“ bezeichnete, hat er später wieder relativiert, bevor jüngere Wissenschaftler bewiesen haben, dass er im Recht war. Das wollten wir mit unserem Album auch irgendwie ausdrücken. Es geht um Mathematik, Physik und Religion und in einem bestimmten Kontext spielt alles zusammen. Alles im Leben hängt irgendwie mit Mathematik zusammen, mit Zahlen und Gleichungen, die die Grundlage darstellen.
„God’s Equation“ kann aber auch eine richtige Gleichung sein. Eine Formel, auf der alles Organische und Lebende unseres Universums basiert. Darüber musst du nachdenken, denn wenn du weißt, dass alle lebenden Dinge einen gemeinsamen Nenner haben – diese spezielle Formel -, kann man nicht mehr behaupten, dass irgendetwas zufällig passiert! Neben diesem thematischen Hintergrund dachten wir, dass es auf eine bestimmte Art und Weise provokativ ist, wenn der Albumtitel „God’s Equation“ ist und man auf dem Cover eine Frau, ja, eine Göttin sieht! An die „Mutter Gottes“ haben die alten, heidnischen Religionen lange Zeit geglaubt. Noch lange bevor die großen Religionsströmungen der heutigen Zeit entstanden sind. Naturverbundene Menschen haben immer an „Mutter Erde“ geglaubt, an die Natur und das Universum. All das repräsentiert die Göttin auf unserem Cover. Sie hält verschiedene, bekannte Religionssymbole in ihren Händen, die von der mehrarmigen Shiva inspiriert wurden. Die Aussage soll sein, dass alles von derselben Quelle kommt. Die Energie des Lebens, die du Gott, Vishnu oder wie auch immer nennen kannst, stammt von einer einzigen, ursprünglichen und göttlichen Quelle ab.
Diesen umfangreichen, konzeptuellen Hintergrund habe ich, ehrlich gesagt, nicht erwartet! Deine plausiblen Erklärungen eignen sich aber definitiv als gute Denkanstöße. Bevor ich nun in unendliches Sinnieren verfalle, muss ich dich aber noch fragen, was du generell über das Medium DVD denkst? Ist es ein geeigneter Weg, sich den eigenen Fans zu präsentieren?
Ja, ich glaube, dass die DVD ein cooles Medium ist. Natürlich kannst du heute alles aus dem Internet herunterladen, aber du wirst nie ein richtiges Gesamtpaket bekommen. Eine DVD hat normalerweise lässige Extras und ein Cover, in das du eintauchen kannst. Ich persönlich habe immer viel Spaß, wenn ich mir eine DVD anschaue. Wenn du einen großen Fernseher und guten Surround Sound hast, kann man das Live-Gefühl eines Konzertes einfangen, das auch im Wohnzimmer funktioniert. Nachdem wir nun schon eine Dekade mit PAGAN’S MIND unterwegs sind, war es endlich an der Zeit, unseren Fans etwas fürs Auge zu bieten. Und ich glaube auch, dass es der perfekte Weg ist, sich selbst als eingeschworene Einheit zu präsentieren!
Norwegen ist ja eher als Black Metal-Flaggschiff bekannt. Warum habt ihr euch entschieden, eine Mischung aus Progressive und Power Metal zu machen?
Na ja, irgendwer hat das Ganze einmal „The New Wave Of Norwegian Progressive Power Metal“ genannt. Also eine Art „T.N.W.O.N.P.P.M.“ [lacht]! Nein, ernsthaft. In den letzten zwei Jahren haben wir viel mehr Feedback bekommen als zuvor und außerdem haben auch mehrere norwegische Bands in letzter Zeit begonnen, Melodic, Progressive und auch Power Metal zu spielen, weil sie gesehen haben, dass man damit noch immer Erfolge einfahren kann. Es ist quasi zu einem frischen Trend geworden, was Norwegen sicher gut tut, da wir bis jetzt, wie du schon sagtest, eher für Black Metal bekannt waren. Natürlich sind wir noch lange nicht da angekommen, wo wir hinwollen. Mehr Erfolg wäre immer drin, aber die Dinge entwickeln sich definitiv in die richtige Richtung. Wir sind mit unserem Album auf Platz 15 in den offiziellen, norwegischen Charts eingestiegen. Das war nicht nur gut, sondern auch ein historischer Erfolg. Das haben zuvor nur DIMMU BORGIR und SATYRICON zuvor geschafft. Ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass die Musik schwer verdaulich ist. Es gibt einfach schon zu viele Bands, die alle um Aufmerksamkeit kämpfen. Mit harter Arbeit versuchen wir aber unsere Ziele zu erreichen!
Gibt es auch Bands oder Musiker, von denen du dich heute noch inspirieren lässt?
Ja, da gibt es einige. Früher waren es Bands, wie die BEATLES. Heute denke ich dabei eher an DREAM THEATER, QUEENSRYCHE und KING DIAMOND. Diese Gruppen haben mich in den letzten 15 bis 20 Jahren stark beeinflusst.
Der Release von „God’s Equation“ ist auch schon wieder zwei Jahre her. Arbeitet ihr schon an neuem Material? Hast du da ein paar Hintergrundinfos für uns?
Ja, klar! Wir haben gerade eine fünftägige Session hinter uns, bei der wir Demos für das neue Album geschrieben und vorproduziert haben. Die Konturen für das nächste Album können wir bereits erkennen und ich denke, dass es, im bekannten PAGAN’S MIND-Stil, richtig gut werden wird. Die Drums werden Ende Jänner eingespielt und ich glaube, dass wir das Album irgendwann Ende 2010 veröffentlichen können. Und ja, der typische PAGAN’S MIND-Sound hat sich nicht verändert, auch wenn sich das neue Material stark an „God’s Equation“ orientieren wird. Das Album wird also extremer, in jeglicher Hinsicht.
Dieser Fünf-Tages-Ausflug zum Zwecke des Songwritings, wie können wir uns das vorstellen?
Die Band ist demokratisch angelegt und wir beteiligen uns alle in gleichem Ausmaß am Songwritingprozess. PAGAN’S MIND ist ein Zusammenschluss verschiedener Persönlichkeiten, ein kreativer „Overkill“ sozusagen. Um ehrlich zu sein, haben wir achtzig Prozent der Riffs und Ideen verworfen, bevor wir die Songstrukturen zu „God’s Equation“ fertig hatten. Wir haben ja professionell ausgebildete Musiker in der Band, beispielsweise Ronny, die uns dabei natürlich immens weiterhelfen.
Ich glaube, dass es nicht allzu viele Bands gibt, die mit einem Flipchart im Studio arbeiten [lacht]! Wir bauen die Songstrukturen Stück für Stück zusammen und nur ein ganz kleiner Teil ergibt sich per Zufall. Das ist die einzige Möglichkeit, diese Art von Musik zu machen und gleichzeitig auch überzeugend und gut zu klingen. Man muss hart daran arbeiten, eine gute Band zu erhalten und nicht irgendwann den Faden zu verlieren. Diese Befürchtung habe ich wie gesagt nicht, denn alle in der Band haben dauernd hervorragende Ideen. Dabei haben wir aber auch die nötige Portion an Kritikfähigkeit, um bestimmte Konzepte einfach auszulassen und zu verwerfen. Wir sind da sehr ambitioniert und fleißig, denn du bekommst nichts geschenkt. Harte Arbeit, die richtigen Ziele und Gewinnerdenken macht die Band aufregend und fördert auch den Spaß, den wir an unserer Arbeit haben.
Können wir uns dann auch darauf freuen, euch in nächster Zeit in Deutschland oder Österreich zu sehen?
Um unser neues Album zu promoten, werden wir definitiv wieder nach Deutschland und Österreich kommen. Nach dem Release wird aber zuerst eine US-Headline-Tour anstehen, dann kommen wir nach Europa. Wir haben schon oft bei euch gespielt und wir freuen uns immer wieder darauf.
Dann können wir uns also schon einmal auf euch freuen! Das Jahr 2009 geht auch schon bald wieder zu Ende. Dein persönliches Lieblings-Album des Jahres heißt…
ASPERA mit „Ripples“. Das Album wird zwar erst nächstes Jahr erscheinen, wurde aber schon 2008 aufgenommen. Die Jungs sind Freunde von uns und sind großartige und talentierte Typen. Das Album wird im Jänner bei Out Records erscheinen. Hört euch das einmal an!
Ein paar Worte in eigenem Sinne darfst du zu guter Letzt natürlich auch noch loswerden…
Ich bedanke mich für deine Unterstützung und bei unseren großartigen Fans! Nicht Alkohol trinken und gleichzeitig fahren, seid nett zueinander, genießt die schönen Dinge im Leben und was gut für euch und alle anderen ist. Blickt unter die schmutzige Oberfläche unserer „richtigen“ Welt und entdeckt die wahre Magie, die dahinter steckt, denn sie existiert wirklich! Glaubt nicht immer das Schlimmste und vor allem – glaubt an euch selbst! So, das sollte wohl reichen [lacht]! Ich wünsche euch alles Gute!
Danke dir, Niels!
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