Vulvark
Interview mit Vulvark

Interview

Vulvark

Nach einer eindrucksvollen EP im Jahre 2005 hat das Projekt VULVARK vor ein paar Wochen über Ván sein erstes komplettes Album veröffentlicht. Der düstere und bedrückende BM von Alleinunterhalter Nihilaz ist nicht nur halbwegs eigenständig sondern auch ziemlich großartig – Grund genug, VULVARK etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Traditionell könnte man zum Auftakt nach der Bandgeschichte fragen, aber das ist dann doch etwas zu ausgelutscht. Stattdessen meine (auch nicht mehr ganz frische) Alternative: Warum gibt es VULVARK? Was treibt Dich an und um, wonach strebst Du mit dem Projekt, was willst Du erreichen?

VULVARK ist meine totale musikalische Verwirklichung ohne Umschweife, Kompromisse oder Regeln. Der Soundtrack zum Hier und Jetzt. Nicht erst zum Weltuntergang, denn die Apokalypse ist ja schon in vollem Gange. Die Menschheit bewegt sich auf technisch hohem Niveau und glaubt – insbesondere die westliche Hemisphäre – sie hätte die Weisheit mit Löffeln gefressen, dabei erreichen Volksverdummung und ähnlich katastrophale Entwicklungen einen Zenith nach dem anderen. Religionen, deren Inhalte sich in vielen Fällen nur marginal unterscheiden, sollen eine Antwort auf die große Frage liefern, stattdessen werden den Menschen Science-Fiction-Geschichten verkauft, deren Glaubwürdigkeit durch ein möglichst hohes Alter zu steigen scheint. Von global angelegten Dilemmas mal abgesehen… das ist das Hier und Jetzt. Und den kurzen Abschnitt meiner Existenz inmitten dieses Schauspiels untermale ich farbenfroh (schwarz / silber) mit VULVARK.

Deine erste Veröffentlichung war vor ein paar Jahren eine EP. Warum nicht das übliche Demo in CD-R- oder Kassettenform?

Ich hatte nie das Anliegen, mich irgendwo vorzustellen, denn nur so verstehe ich eine „Demoaufnahme“. Ich wollte die Musik ganz einfach veröffentlicht sehen, und da Tapes und CD-Rs ziemlich schäbige Formate sind, blieb nur das Vinyl.

Liegt Dir Vinyl besonders am Herzen?

Ja, es ist ein klassisches Format und begleitet bzw. begeistert mich schon mein ganzes Leben. Vinyl gilt auch, im Vergleich zu den anderen Formaten, als „das Haltbarste“. Das ist doch faszinierend.

Und was hat es mit der Limitierung auf 100 Exemplare auf sich?

Ich mag kleine Auflagen und hatte keine Lust, mich mit einer größeren Auflage lange herumzuschlagen. Da mir die Zeit fehlt, mich um den Vertrieb zu kümmern und es auch wahrlich nicht darum ging, Geld zu verdienen, bot sich diese Stückzahl förmlich an.

Mit Hymiana Records hattest Du ja seinerzeit extra ein kleines Label gegründet, um die Musik von VULVARK unters Volk zu bringen. Warum musste es unbedingt ein eigenes Label sein? Und warum hast Du Dich nun doch dazu entschlossen, mit einer Plattenfirma zusammenzuarbeiten?

Ich wollte die 7″ genau so veröffentlicht sehen, wir ich sie mir vorstellte. Ich hatte schlicht kein Interesse, diesbezüglich mit irgendwem zusammenzuarbeiten und so war es ein ganz natürlicher Prozess, sie selbst rauszubringen.
Das Album in angemessener Form zu veröffentlichen, hätte meine Kapazitäten in verschiedenen Hinsichten gesprengt. Allerdings konnte es nur ein Label sein, bei dem ich das Gefühl habe, dass die Musik dort hinpasst oder vielmehr dort „hingehört“. Das ist bei Ván definitiv der Fall.

Ich nehme an, dass Du in Labelfragen eher wählerisch bist, sonst hättest Du Dir Hymiana wohl kaum angetan. Wieviele Vereine außer Ván gibt es eigentlich, denen Du VULVARK anvertrauen würdest?

Eine Frage, mit der ich mich nie beschäftigt habe und auch jetzt fällt mir keine Antwort ein. Bei dem Gedanken, für das Album mit einem Label zusammenzuarbeiten, viel mir instinktiv Ván ein. Wir hatten schon bei Erscheinen der EP Kontakt und spätestens nach unserem ersten Treffen gab es keinen Zweifel, dass dies die richtige Heimat ist. Mit anderen Worten: ein anderes Label wäre nicht in Frage gekommen.

Trotz Labelunterstützung ist auch das Album wieder in einer sehr bescheidenen Auflage erschienen. Warum? Ist es nicht schade um die Musik, wenn sie keiner zu hören bekommt?

In gewisser Hinsicht schon, aber Du beantwortest die Frage ja selbst mit der nächsten Frage.

Auf der Habenseite muss man natürlich sehen, dass die CD sehr ansprechend verpackt ist. In größeren Auflagen ist derlei wohl kaum zu schaffen.

Das kann man wohl sagen. Die Herstellung des Covers war extrem kostspielig. Aber so sollte sie nun mal aussehen, dafür fällt die Auflage dann halt etwas geringer aus. Bei Ván wird ja generell viel Wert auf hohe Qualität gelegt – und das nicht nur in musikalischer Hinsicht, was ich sehr unterstütze und zu schätzen weiß.

Bist Du ein Verpackungsfetischist?

Ich denke schon, allerdings bezieht sich das für mich im Wesentlichen auf Musikprodukte. Das Wort erscheint mir jedoch etwas limitierend, denn es geht für mich definitiv nicht ausschließlich um Verpackung. Ich denke, dass ein Cover oder eine Verpackungsform den Geist der Musik und die Atmosphäre transportieren und weiterführen muss. Beides muss als Einheit funktionieren. Wenn also ein spezielles Werk eine extraordinäre Verpackung bekommt, kann das nur von Vorteil sein und es ist gleichfalls ein Gruß an alle Käufer, denn sie bekommen etwas nicht Alltägliches.
Demnach kannst Du Dir bestimmt vorstellen, dass ich kein großer Freund von Downloads etc. bin. In der iPod- und mp3-Welt wird das Coverartwork auf Thumbnailgröße reduziert sind. Das ist doch wirklich Schrott.

Was mir in Sachen Gestaltung aufgefallen ist, sind ein paar sehr stimmungsvolle Fotos, die man vom Motiv her wohl fast originell nennen muss. Es ist jedenfalls kein Wald, und das ist ja schon mal eine ganze Menge. Hast Du diese Fotos eigentlich selbst gemacht?

Einige der Fotos habe ich selbst gemacht und einige wurden von Eewa Geena, der Hausfotografin von VULVARK und Hymiana, eingefangen. Als wir diesen Ort entdeckten, wusste ich sofort, dass ich hier finden werde, wonach ich noch nicht suchte. Die musikalischen Aufnahmen für das Album waren zu dem Zeitpunkt bereits abgeschlossen und die Stimmung in den Höhlen (und später auf den Bildern) bildete zusammen mit der Musik, die bereits beschriebene Einheit.

Ist Fotografieren ein ernsthaftes Hobby, oder bist Du eher der Gelegenheitsknipser?

In gewisser Art ist Fotografieren auf alle Fälle eine langjährige Leidenschaft von mir, jedoch nicht in der gleichen Dimension wie Musik. Mittlerweile hat sich allerdings sowohl bei Frau Geena als auch bei mir sehr viel Material angesammelt, so dass wir immer wieder überlegen, wie man es verwerten kann.

Du machst Deine Musik allein, Du hast die CD selbst gestaltet… kannst Du Dir vorstellen, VULVARK jemals zu einer kompletten Band auszubauen, um bspw. mal live zu spielen?

Absolut. Ein Konzept, um VULVARK auf die Bühne zu bringen, besteht bereits und wenn alles so verläuft, wie geplant, gehen die Vorbereitungen dafür in den nächsten Monaten los.
Was allerdings die kompositorische Ebene oder Studioaufnahmen betrifft, wird VULVARK mit Sicherheit immer ein Ein-Mann-Betrieb bleiben.

Was einem Soloprojekt im Gegensatz zu einer Band fehlt, ist zwangsläufig die Reaktion der Band auf Deine musikalischen Ideen. Wie muss ich mir bei VULVARK die Qualitätskontrolle vorstellen? Wie gewinnst Du genug Abstand, um schlechte Ideen als solche zu erkennen?

Letztendlich ging es natürlich genau darum: keine (Qualitäts-)kontrolle durch ein Kollektiv oder andere Meinungen. Ein wohlverdienter Egotrip. Oft verwässern Ideen nur, wenn mehrere Menschen mitrühren. Noch schlimmer: Kompromisse sind fast immer die Folge. Im besten Falle entsteht durch das Zusammenwirken verschiedener Charaktere etwas Interessantes, Neues. Das ist aber nur äußerst selten der Fall und darum geht es bei VULVARK auch nicht. Ich habe diverse Erfahrungen in Bands gesammelt, aber hier wollte und habe ich alles selbst entschieden. Genug Abstand gewinne ich dadurch, dass ich mir Zeit lasse. Außerdem arbeite ich daran, schlechte Ideen gar nicht erst aufzunehmen. Warum sollte ich das auch tun?

Dein Album ist atmosphärisch sehr bedrückend und im Vergleich zum üblichen Norsecore eher uneingängig, Stimmung scheint wichtiger als Melodie, auch wenn es natürlich ein paar Hitmomente gibt. Unterm Strich würde ich aber sagen, dass das Material weniger leicht verdaulich ist als die EP. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Das kann ich nur schwer beantworten, da diese Entwicklung keinem Konzept zugrunde liegt und um ehrlich zu sein, empfinde ich das auch gar nicht so extrem. Einfachere Strukturen langweilen mich häufig sehr schnell. Es ist halt so, wie Du schon sagst, die Stimmung steht für mich sehr stark im Vordergrund. Es gab keinen Gedanken, der mehr Eingängigkeit gefordert hätte, aber es ist mir auch nie aufgefallen, dass die Musik schwerer zu verdauen ist. Dafür fehlt mir vielleicht der Abstand. Das ganze Album war irgendwann in meinem Kopf sichtbar und ich wusste auch genau, was noch fehlte, bzw. wann es fertig sein wird. Ich empfinde das Album auch eher als Ganzes und interessanterweise scheinen das einige Hörer mit mir zu teilen.

Ist damit zu rechnen, dass es auch in Zukunft weiter in diese Richtung geht?

Höchstwahrscheinlich, aber es ist zu früh, um darüber zu spekulieren.

Was mir (neben vielen anderen Dingen) an „Vulvark“ gut gefällt ist der Mangel an allzu klaren Vorbildern. Bist Du selbst eigentlicher aktiver Musikkonsument?

Das freut mich zu hören.
Und ja, absolut.

Wie vermeidest Du überdeutliche Einflüsse?

Die Musik, die mich in meinem bisherigen Leben wirklich stark berührt hat, stammt aus sehr vielen verschiedenen Richtungen. Überdeutlich hörbare Einflüsse können in meinen Augen nur entstehen, wenn Du Dich eindimensional bewegst. Das habe ich nie getan. Ich habe nie versucht, irgendwas zu imitieren und so blitzen die Splitter der Einflüsse höchstens in verschwommenen Momenten der Nahaufnahme auf, was ich – wenn dem so ist – für völlig legitim halte, denn nichts geschieht im luftleeren Raum. Das, was ich mit Black Metal verbinde, stellt einen sehr wichtigen Teil in meinem Leben dar, deshalb war es für mich ganz logisch, dass das Album dieser Musikrichtung folgt. Ich wollte mir aber freien Lauf lassen und alles mitnehmen, was kommt. Soll heißen, alle inspirativen Funken waren erlaubt. Alles, was zur akustischen Wiedergabe oder Darstellung der Atmosphäre beitragen könnte, habe ich umgesetzt und integriert. Es ging nicht darum – und das wird für mich auch nie so sein -, ein reines klischeetreues BM-Album aufzunehmen. Das wäre langweilig und beim besten Willen ziemlich überflüssig.

Das soll’s für heute gewesen sein. Ich könnte jetzt noch fragen, wann das nächste Album kommt und wie es klingen wird, aber da Du über drei Jahre am Debüt gewerkelt hast, wäre das wohl etwas verfrüht. Was mich jedoch interessieren würde: Wird das nächste Album einen Namen haben, nachdem EP und erste Scheibe un- bzw. selbstbetitelt waren? Vielleicht „II“?

Ja, „II“ klingt gut. Um ehrlich zu sein, hatte ich tatsächlich schon den gleichen verrückten Gedanken, das nächste Album so zu nennen.

Ansonsten gehören die letzten Worte traditionell Dir. Vielen Dank für Deine Zeit.

Vielen Dank für das Interview.

31.08.2009

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