Whitechapel - The Valley

Review

Soundcheck März 2019# 10 Galerie mit 18 Bildern: Whitechapel - Summer Breeze Open Air 2024

Dass WHITECHAPEL entwicklungsfähig sind, haben sie Zeit ihrer Karriere bewiesen. Doch der Schritt auf „The Valley“ ist nicht nur mutig, sondern auch der passende zur richtigen Zeit. Einst als Death-Metal-Truppe gestartet, sind sie vor allem als ziemlich brachiale Deathcore-Band bekannt geworden. Eindimensional war der Vorwurf, den man ihnen bis zu „Mark Of The Blade“ machen konnte, ja vielleicht sogar musste. Doch vom einstigen reinen Weltuntergangs-Soundtrack, bei dem außer finster grollenden Wolken nichts mehr zu erkennen ist, hat sich die Band Jahre nach ihrer Gründung einigermaßen entfernt.

Haben sich WHITECHAPEL neu erfunden?

Nicht etwa, dass „The Valley“ ein Sonnenschein-Album ist, ganz und gar nicht. Die Brutalität, die WHITECHAPEL schon immer ausgestrahlt haben, ist auch ihrem siebten Studioalbum anzumerken. Aber sie sind facettenreich wie nie, geben Melodien Raum zur Entfaltung und lassen sogar gänzlich andere Einflüsse wirken und mit der finsteren Gewalttätigkeit ihrer Wurzeln kollidieren. Der inhaltlich düstere, depressive und schwerverdauliche Hintergrund des Albums – es befasst sich mit den Tagebüchern und Erfahrungen der Mutter von Sänger Phil Bozeman, die eine gespaltene Persönlichkeit hatte – schlägt sich auch in der instrumentalen Ausdrucksweise nieder.

Neben gewohnten Deathcore-Walzen gibt es auflockernde, nachdenkliche und emotional packende Momente. Zeitweise sind diese wie im Opener „When A Demon Defiles A Witch“ in fast schon herzzerreißenden Hooks verarbeitet, die den harten Kern WHITECHAPELS melodisch und mit Klargesang abmildern und einen schlicht berühren. Songs wie „Forgiveness Is Weakness“ oder „Brimstone“ beweisen dann, dass „The Valley“ nicht gänzlich aus der Reihe fällt, da hier der gewohnt brachiale Deathcore inklusive bösartig-bedrohlicher Gitarren und tiefen Growls zu Tage tritt.

Der Fünfer hat mehr als nur ein brutales Gesicht

Aber der Fünfer hat eben noch ein anderes Gesicht, das sich in „Hickory Creek“ völlig entblößt zeigt. Zeitweise beinahe balladesk findet sich der Song ganz klar in modernen Rock-Sphären wieder, die mit musikalischer Vielseitigkeit glänzen und deutlich musikalischer wirken als die wirkungsvolle, aber eben relativ eingeschränkte Ausdrucksweise der Deathcore-Songs – sogar inklusive Akustikgitarren-Gezupfe, das wie ein leichter Sonnenstrahl wirkt. Und so findet sich „The Valley“ zwischen den Extremen, die WHITECHAPEL heraufbeschwören wieder, zieht mal klar die Grenze und lässt selbige an anderen Stellen wieder verschwimmen (u.a. in „Third Depth“).

„The Valley“ ist eine krasse Überraschung

Es wirkt beinah irrational, dass „The Valley“ neben überraschend aufgerissenen Ohren sogar schwerer im Magen liegt, als so manche ihrer Deathcore-Alben. Aber die Emotionalität, die WHITECHAPEL heuer an den Tag legen, gepaart mit einem guten Songwriting und interessanten Spannungsbögen, braucht Zeit zum Ergründen, Kennenlernen und sich Wiederfinden. Dass sich auch ältere Fans der Band wohlfühlen können, gibt dem Werk einen zusätzlichen Schliff, da es eben nicht mit der Vergangenheit bricht, sondern sich als klare Entwicklung einordnen lässt. Eine Überraschung, die in dieser ausgefeilten Form kaum zu erwarten war.

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29.03.2019

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6 Kommentare zu Whitechapel - The Valley

  1. ClutchNixon sagt:

    Der Opener läuft seit Vorabrelease bei mir in Dauerschleife und nach zwei kompletten Durchgängen bin einfach nur begeistert. Der derbe Growl zu Beginn von Brimstone rechtfertigt allein den Kauf der Platte und das alles in einer endfetten Produktion, welche die ebenfalls gelungenen Cleans sehr gut in Szene setzt.

    9/10
  2. doktor von pain sagt:

    Als Whitechapel noch reinen Deathcore gespielt haben, haben die mich nicht interessiert. Kein Wunder, Deathcore ist nicht meins, da klingt eine Band genau wie die andere. Aber spätestens seit dem letzten Album „Mark of the Blade“ habe ich Gefallen an Whitechapel gefunden, da sie ihren Stil weiter- und vom puren Deathcore wegentwickelt haben. Das neue Album habe ich noch nicht gehört, werde es aber in den kommenden Tagen tun – ich bin mal gespannt.

  3. L@THERIVERFLOW sagt:

    Gefällt mir richtig gut! Klingt definitiv nach Weiterentwicklung und nicht nach Ausverkauf. Die Cleanparts stehen der Musik richtig gut zu Gesicht und der Deathcore Anteil ist auf gewohnt hohem Niveau. Sieht ganz so aus als ob Whitechapel ihren Stil nun endgültig gefunden haben!
    Der wichtigste Punkt dabei ist, dass sie authentisch sind in dem was sie tun. Hier passiert es ja Erfahrungsgemäß schnell mal das der oben erwähnte Ausverkauf vorgeworfen wird, was hier aber überhaupt gar nicht der Fall sein kann. Weiter so!!!!

    9/10
  4. BlindeGardine sagt:

    Das Album ist ok, spannender als die Deathcore-Eskapaden allemal. Aber warum das Album wegen ein paar Cleans teilweise so über den grünen Klee gelobt wird versteh ich nicht ganz. Insgesamt ist es dann doch zwar sehr solider, aber jetzt auch nicht unbedingt außergewöhnlicher Metalcore.

    7/10
  5. dan360 sagt:

    Derbes Brett. Grade der Kontrast zwischen Phils clean‘ und infernalischen Vocals gefällt mir. Aufgrund der Story des Albums entfalten die Songs nochmal ne intensivere Wirkung. Man merkt ihm in jeder Sekunde die rohe Wut und Verzweiflung seiner Vergangenheit an. Die Jungs liefern seit Jahren konstant gute Mukke ab.. bestes Beispiel dafür, wie moderner Deathcore/metal interpretiert werden kann, thumbs up.

    8/10
  6. dan360 sagt:

    *zu jeder Sekunde natürlich… ne Korrekturfunktion wäre schon fresh.🙂