„Metalcore ist tot, langweilig, stagniert, peinlich, oder kurz: Metalcore ist einfach doof.“ Tja, dem antworten WHILE SHE SLEEPS jetzt „So What?“. Und das auf so vielen Ebenen und gleichzeitig auch noch passend betitelt. Ihrer Egalhaltung verleihen sie nicht etwa mit Fließbandware Ausdruck, noch nicht einmal mit einer Selbstwiederholung ihrer durchaus beachtlichen Vorgänger, sondern mit einem Album, das eines hervorragend kann: unterhalten!
WHILE SHE SLEEPS haben ihre Rezeptur gefunden
Und auch hier entfaltet „So What?“ seine Stärken auf vielen unterschiedlichen Ebenen. Denn an der Oberfläche sind die meisten der elf Songs durchaus radiotauglich und voller Hooklines. Doch darunter schlummert ein ausgeklügeltes Songwriting, dass eine unverkrampfte Lockerheit an den Tag legt, die zwar nicht zwingend mutig ist, aber dennoch frei von einem unbedingten Anpassungswillen. Sowohl in die eine, wie auch in die andere Richtung: Weder versuchen sich WHILE SHE SLEEPS in reinem pseudo-emotionalen Gesäusel noch legen sie wert auf Teufel komm raus mit der Brechstange noch eine harte Nummer auf „So What?“ unterzubringen.
Vielmehr ist es ein Zeichen von gekonnt statt nur gewollt, dass die Zutaten passend dosiert zum Einsatz kommen. Schnell zeigt sich nämlich, dass Nummern wie „I’ve Seen It All“, „Inspire“ oder „The Guilty Party“ wunderbar funktionieren. Obwohl sie extrem catchy sind, gelingt es trotz Mitsing- und Mithüpf-Momenten mit wohldosierter Härte ein ordentliches Energielevel unterzubringen. „Oho“-Singsang inklusive, und das wie in „The Guilty Party“ durchaus passend gesetzt. Entsprechend dürfte es kein Zufall sein, dass WHILE SHE SLEEPS auch in der Folge ein ziemlich melodisches Feuerwerk inklusive einiger vorzüglich platzierter Metalcore-Explosionen liefern.
„So What?“ ist ein Must-Have – gerade wegen der ganzen Ohrwürmer
„So What?“ dürfte zu einem Must-Have avancieren. Zumindest, wenn man sich nicht davon abschrecken lässt, dass es wie bei den Briten üblich, viele Melodien, Klargesang und Hooks gibt. Aber keine Sorge, bei WHILE SHE SLEEPS hält sich die klebrige Süße in Grenzen, sodass vor dem Anhören nicht der nächste Zahnarzttermin gebucht werden muss. Im Gegenteil, „So What?“ macht gerade durch die vielen Ohrwürmer mit songwriterischer Substanz viel Spaß und das auf Dauer – geht nicht nur gut rein, sondern bleibt eben hängen.
Wieder mal ein wirklich gelunges Teil, so muss moderner Metal für mich klingen.
Nach dem fantastischen „Brainwashed“ aus dem Jahr 2015 scheint es bei While She Sleeps Schritt für Schritt bergab zu gehen. War „You Are We“ von 2017 schon nichr mehr ganz so geil, so rauscht „So What?“ fast ganz an mir vorbei. Das ist mir mittlerweile zu viel weichgespülte Poppigkeit. Wer’s mag: bitteschön. Meins ist das so langsam nicht mehr.
Die „You Are We“ fand ich noch sehr geil, aber das hier wirkt tatsächlich im direkten Vergleich etwas generisch, obwohl die Zutaten ja im Grunde die selben geblieben sind. Vielleicht ist aber auch genau das der Grund. Das Ding ist natürlich immer noch sehr gut hörbar, aber wenn quasi jeder Song auf Mitsing-Hymne gebürstet ist, wird das auf die Dauer doch irgendwie eintönig.
While She Sleeps sind aktuell wahrscheinlich eine der drei besten Metalcore-Bands überhaupt für mich (neben Architects und KSE). Sie schaffen es dieses unglaublich rar gewordene Wir-Gefühl in ihrer Musik aufzuleben lassen. Gute Musik, wirklich gute Texte und mir persönlich ist das auch nicht zu poppig. Ich werde die Band weiter verfolgen und mal sehen, wie sich ihre Musik entwickelt; ich befürchte allmählich Stagnation, und das beschleunigt sich denke ich auch durch diesen 2-Jahres-Release Zyklus, der meiner Meinung nach einfach zu kurz ist, um wirklich neue Ideen zu schöpfen (ich halte 3 oder 4 Jahre zwischen einem Album für ideal – man freut sich wieder, was neues zu hören und die Musikschaffenden haben wieder neue Inspiration getankt.)