Vortex (Hun)
Vortex (Hun)
Interview
Mit einer starken EP haben sich VORTEX nach fünf Jahren Abwesenheit wieder zurückgemeldet. Was das Duo aus Blazsek und Major zu der Entwicklung von VORTEX sagt (viel), was sie von meiner Interpretation der Texte halten (wenig) und was von der ungarischen Black-Metal-Szene (nicht mal gar nichts), kann man im Folgenden nachlesen.
Ihr habt 2002 angefangen, Old-School-Black-Metal zu spielen. Es gibt ein Demo von 2003 und die EP „VERSion“ ist eure einzige Veröffentlichung seit damals. Gab es irgendwelche bestimmten Umstände, die die Entwicklung der Musik verlangsamt haben?
Blazsek: Eine Menge Zeit ist zwischen den beiden Veröffentlichungen verstrichen, aber wir haben auch während dieser Periode Stücke geschrieben. Die Struktur dieser Stücke war wesentlich komplizierter als die derjenigen auf „VERSion“ und wir haben sie niemals aufgenommen, weil sie im Grunde für Gitarren und Live-Schlagzeug geschrieben waren, mit ein paar zusätzlichen Samplerteilen. Die aufzunehmen, wäre zu diesem Zeitpunkt sehr kompliziert geworden, hauptsächlich aus finanziellen Gründen… trotzdem haben wir diese Stücke live sehr oft gespielt.
Major: Eigentlich war es – und ist immer noch – eine natürliche Entwicklung, ich empfinde sie also nicht als langsam, obwohl wir nur zwei Veröffentlichungen in acht Jahren rausgebracht haben. Eine gewisse Zeit muss einfach vergehen, damit man den bestmöglichen Weg finden kann, um sich selbst auszudrücken und ehrlich gesagt bin ich der Meinung, dass wir uns noch am Anfang unserer Reise befinden. Natürlich gab es da ein paar Änderungen in der Besetzung wie auch andere Probleme, aber ich bezweifle, dass sie das Voranschreiten unserer Musik sehr beeinflusst haben.
2006 habt ihr euch entschieden, euch von den anderen Mitgliedern zu trennen und eure Arbeit als Duo fortzusetzen. Was waren die Gründe? Glaubt ihr, dass ihr als Duo auch mehr auf die Musik konzentrieren könnt?
Blazsek: Wir haben die Musik immer als Duo geschrieben, wir haben diese Entscheidung für VORTEX getroffen, um in der Lage zu sein, als das zu erscheinen, was wir heute sind und in der Zukunft sein werden. Wir haben ein klares Bild davon. Wir stehen am Anfang dieses Prozesses, aber indem wir ein Duo geworden sind, kamen wir einen Schritt weiter.
Major: Naja, der Hauptgrund war die bereits erwähnte Entwicklung. Wir haben immer elektronische Teile in unserer Musik benutzt, aber wir haben das mit einem menschlichen Schlagzeuger verbunden, was natürlich einerseits eine große Herausforderung war, wenn wir Konzerte gegeben haben, andererseits der Musik aber auch ein organisches Gefühl verpasst hat. Das Problem mit dieser Herangehensweise war, dass wir uns dachten, dass es zwei total verschiedene Teile sind, zwei verschiedene Schichten in eine gezwängt, und dass das den Fluss der Musik behindert. Daher haben wir uns entschieden, sogar noch weiter in die Welt der Elektronik einzusteigen. Wir wollten der Musik eine solide und klare Basis geben. Wir haben haben die Stücke immer mit Computerhilfe geschrieben, also hat es den Schreibprozess sogar erleichtert, dass wir ein Duo geworden sind. Wir können die komplette Struktur daheim erstellen und arrangieren. Und lass mich noch ergänzen, dass ein guter Freund von uns, M (VEÉR, WITCHCRAFT), uns als Live-Mitglied unterstützt, sodas wir auf Konzerten als Trio agieren.
Wie wichtig ist es euch, Musik mit VORTEX zu machen? Musik um der Musik willen oder ein Katalysator für höhere Absichten?
Blazsek: Es ist ganz sicher ein Katalysator.
Major: Heuzutage denken die Leute über Musik nicht als eine Kunstform, sondern halten es nur für billige Unterhaltung, hängen mit ein paar blöden Idioten rum und haben ihren Spaß. Diese Einstellung hat die Musik selbst ruiniert, deswegen hört man so wenig wirklich Herausragendes. Ich halte VORTEX für eine Art konzeptuelle Kunst. Diese verdinglichte Idee, die in uns geboren wurde, drücken wir durch diesen Kanal namens VORTEX aus. VORTEX selbst ist das Konzept, das Konzept, das wir mit jeder einzelnen Note unserer Musik ausdrücken wollen. Es ist ein Katalysator, es muss einer sein, ansonsten macht man nur geistlose, leere, sogenannte Musik ohne weitere Bedeutung.
Gibt es in Ungarn denn eine aktive Black-Metal-Szene, zu der ihr euch zugehörig fühlt oder mit der ihr euch austauscht?
Blazsek: Mit ein paar Ausnahmen besteht die ungarische Black-Metal-Szene aus besoffenen Bastarden. Von denen abgesehen gibt es ein paar Leute, die sich gute Musik anhören oder sogar welche spielen, denen kann man ihre Beurteilung von Qualität abnehmen. Im Grunde teilen wir die selben Ideen, aber manche von uns sind geduldig, andere nicht.
Major: Ich fühle mich in keiner Weise zugehörig zu diesen hirnverbrannten Vollidioten, die sich in Ungarn Black-Metaller nennen. Das sind dumme Kinder ohne die leistese Ahnung, was sie überhaupt tun sollen außer die alten Black-Metal-Klassiker zu kopieren. Eine der sehr wenigen Ausnahmen ist VEÉR, hör dir die mal an, die sind echt stark.
Ich denke, euren Stil könnte man am ehesten als eine Mischung aus Black Metal, Electronica und Industrial beschreiben, da tauchen in meinem Kopf also sofort solche Bands wie DØDHEIMSGARD, neuere MAYHEM und ABIGOR auf. Was sind eure Inspirationsquellen und wie würdet ihr selbst eure Musik beschreiben? Ist es überhaupt noch Black Metal?
Blazsek: Ich würde zu dieser Liste noch THORNS statt ABIGOR – meinst du nicht eher ABORYM? – hinzufügen, wegen der Einheitlichkeit. Wir sind jenseits von Black Metal.
Major: Ich respektiere DHG, MAYHEM und THORNS wegen ihres absolut eigenständigen Stils und wegen ihrer Art, Musik anzugehen und ich denke, sie spielten eine größere Rolle dafür, dass VORTEX so geworden sind, wie sie nun sind. Ich mag es eigentlich nicht sehr, unsere Musik zu beschreiben, lass es uns meinetwegen Post-Black-Metal nennen, wenn du so willst, und das ist auch die Antwort auf deine andere Frage. Ja, ich würde es als Black Metal bezeichnen, aber in einer völlig anderen Weise, als die meisten denken würden.
„VERSion“ wurde von Tom Kvålsvoll (DØDHEIMSGARD) gemastert. Wie seid ihr mit ihm in Kontakt gekommen und inwiefern war er der Richtige, das zu übernehmen?
Major: Wir sind über Myspace in Kontakt gekommen und er bot uns an, das Mastering dieser EP zu übernehmen. Da er einer der angesehensten Tontechniker der Szene ist mit solchen Referenzen wie EMPEROR, CODE, ARCTURUS und DHG, stand es außer Frage, dass wir das Angebot glücklich annahmen.
Mit der EP „VERSion“ sucht ihr nach einer Plattenfirma. Seid ihr da guter Hoffnung und gibt es ein Label, das ihr bevorzugen würdet?
Major: Ich bin der allerpessimistischste Mensch auf Erden, ich überspringe das einfach mal…
Blazsek: Natürlich hoffen wir nur das Beste.
Der Text des Stückes „Macht“ ist auf deutsch verfasst, was für eine ungarische Band natürlich sehr ungewöhnlich ist. Warum habt ihr die verwendet?
Major: (Auf Deutsch) Ich habe in der Schule Deutsch gelernt und das Getön deiner Sprache ist wirklich faszinierend. Leider habe ich fast alles vergessen, deshalb schreibe ich in Englisch. Schade…
Was ist diese Macht, von der „Macht“ erzählt? Auf welche Weise kann Kunst die Lebenswirklichkeit beeinflussen?
Major: Ich habe einen Artikel über den Wiener Aktionismus gelesen, und da gab es dieses Zitat von Otto Mühl, das unsere Meinung zu Kunst perfekt getroffen hat. „Macht“ ist die ultimative Kreativität und – ich beziehe mich jetzt auf eine der vorherigen Fragen – das Konzept hinter VORTEX. Wir haben uns vorher ein riesiges Bild vorgestellt und versucht, es Schritt für Schritt in kleinen Stücken zu malen, sozusagen als Puzzle, und das erste Stück ist „VERSion“.
Blazsek: Wenn man Künstler ist, kann man alles um einen herum durch diesen Filter sehen, seine Wahrnehmung komplexer machen. Man analysiert. Es ist überhaupt keine spezielle Fähigkeit, jeder kann diese Energie nutzen. Die meisten verpassen das aber.
„VERSion“ erzählt von den Zweifeln des Einzelnen in der Informationsgesellschaft und Selbsterkenntnis in Zeiten des Chaos. Ist das Szenario einer hochentwickelten, aber desorientierten Gesellschaft ein reelles oder ist es nur eine gefürchtete Vision?
Major: Die Texte haben mit der Informationsgesellschaft oder High-Tech nichts zu tun. Sie sind ausnahmslos persönlich und spiegeln moralische Zweifel wieder, die zu jeder Zeit studiert werden können. Ich kümmere mich nicht um die Gesellschaft, ich bin kein Teil von ihr. Ich habe mich in der Isolation zurechtgefunden.
Es sieht so aus, als ob das Industrial-/Electronica-Schema im extremen Metal und besonders im Black Metal immer mehr anerkannt wird. Ist es dort, wo die Zukunft des Black Metal liegt?
Major: Nicht unbedingt. Hör dir doch zum Beispiel mal DEATHSPELL OMEGA an, die benutzen überhaupt keine Elektronik, aber wenn die nicht die Zukunft des Black Metal darstellen, dann wohl keiner.
Blazsek: Es ist ein möglicher Weg, nicht nur für uns, sondern auch für viele andere Künstler. Die Bedingung wird aber nicht von irgendeinem von uns gemacht, sondern von der Welt, in der wir leben. Die Ära, in der wir uns momentan befinden, die Ära der Massenkommunikation, die Absonderung von der Natur, kann am besten mit ihren eigenen Mitteln reflektiert werden. VORTEX, als eine einzelne Gesamtheit, wurde nicht von mir oder Major erschaffen, es hat sich selbst durch uns manifestiert. Ich würde es vorziehen, es „Weltgeist“ zu nennen, andere nennen es kollektives Unterbewusstsein, und die Hauptkomponenten von diesem „Weltgeist“ sind die Formen, die wir uns entschieden für VORTEX zu nutzen.
Vielen Dank für das Interview und viel Glück bei der Labelsuche.
Danke dir für die Unterstützung, wir schätzen das sehr.
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