The Arcane Order
Interview mit Flemming C. Lund

Interview

THE ARCANE ORDER machen sich bereit, mit ihrem just erschienenen „In The Wake Of Collisions“ erneut eine mörderische Walze extremen Thrashs und Death Metals über Europa hinwegrollen zu lassen. Bevor der Angriff im Festivalsommer 2008 richtig losgehen soll, habe ich mich deshalb mal bei den Dänen eingeklinkt. Am anderen Ende der Datenleitung stand mir Bandhäuptling und Gitarrist Flemming C. Lund Rede und Antwort.

The Arcane Order

Seid gegrüßt, Männer des arkanen Ordens! Wie läuft’s denn zur Zeit?

Ich grüße Sie auch, edler Herr! Hier im TAO-Camp läuft’s zur Zeit bestens. Momentan sind wir sehr damit beschäftigt, das neue Album zu promoten und auch für unsere erste Show seit 6 Monaten zu proben, die nächstes Wochenende stattfinden soll.

Vor nicht mal zwei Wochen kam es zu einer Kollision, als nämlich Euer zweites Album einschlug und die Metalwelt erschütterte. Was wollt Ihr denn anno 2008 alles in Schutt und Asche legen?

Wir wollen losziehen, um zu zerstören und die Meute mit unseren infernalischen Symphonien bombardieren. Wir sind grad dabei, möglichst viele Shows in Dänemark und im Rest von Europa zu organisieren. Wir können es gar nicht erwarten, auf Tour zu gehen und die Songs von unseren beiden Alben zu spielen!

Einige unserer Leser werden schon durch Euer Debüt „The Machinery Of Oblivion“ von Euch gehört haben (und weil sie vielleicht auch schon bei einem Eurer Auftritte das Haupthaar haben kreisen lassen), aber die breite Masse braucht dennoch etwas Nachhilfe – sei unser Tutor und kläre uns mal eben auf, was es mit Euch auf sich hat.

Angefangen hat alles 2000 unter dem Namen SCAVENGER, allerdings veröffentlichten wir erst 2005 eine erste Promo CD. Diese brachte uns dann den Deal mit Metal Blade Records. 2006 veröffentlichten wir dann unser Debütalbum „The Machinery Of Oblivion“, was uns einige exzellente Reviews einbrachte, gefolgt von „In The Wake Of Collisions“, welches just erschienen ist. Die Bandmitglieder sind auch in anderen Bands aktiv, zu denen INVOCATOR, RAUNCHY, SUBMISSION, KOLDBORN und THE CLEANSING gehören.
Unser Stil ist schwer zu beschreiben, aber ich denke, die beste Beschreibung wäre eine Mixtur aus extremem Thrash und epischem, mal schnellem, mal langsamem Death Metal.

Der Name SCAVENGER weckt deutliche Assoziationen zum Death Metal. Kurz nachdem Ihr bei Metal Blade unterschrieben habt, habt Ihr Euch in THE ARCANE ORDER umbenannt. Nun, das klingt schon etwas interessanter und auch mysteriöser (sic!) und fällt auch ein bißchen aus dem „The XYZ“-Band-Schema heraus. Welche Bedeutung steckt dahinter?

Nun, wir wollten etwas Anderes, etwas Originelles, und wir wollten einen Namen, bei dem wir sicher sein konnten, dass er nicht schon vergeben ist. Wir haben viel darüber geredet, wie der Bandname aussehen sollte, und wir wollten einen, der ein bißchen düster und mysteriös klingt und der uns auch erlaubt, als Band zu wachsen. Es sollte kein Name sein, der 100%ig nach Death Metal klingt, weil wir einfach anderes mit unserer Musik im Sinn hatten, und weil ich denke, dass auch jedes unserer Alben ein bißchen anders klingen wird.

Was war denn ausschlaggebend bei der Entscheidung für Metal Blade? Ich meine, klar: Metal Blade sind seit Jahren fest verwurzelt im Extrem-Metal-Geschäft, aber was hat Euch davon überzeugt, bei Ihnen einzusteigen, als bei einem anderen Label?

Genau das – Metal Blade Records ist ein legendäres Label, und außerdem ist noch keine andere dänische Band bei ihnen unter Vertrag. Sie haben uns einfach ein großartiges Angebot gemacht, und wir sind bisher absolut zufrieden mit der Zusammenarbeit. Metal Blade haben einen exzellenten Vertrieb und unterstützen uns, wo sie nur können. Sie lassen uns alle Freiheiten und haben vollstes Vertrauen in unsere Musik. Und es sind allesamt wirklich echt nette Leute!

„The Machinery Of Oblivion“ hat fantastische Reviews eingefahren und Euch auch eine Nominierung für den dänischen Metal Award für das beste Debüt 2006 eingebracht. Viele von den Bands, mit denen ich bisher gesprochen habe, kümmern sich nicht allzuviel um Reviews – klar, Reviews sind ja nix außergewöhnliches, und eine Menge Leute lieben es, Musik entweder in den Himmel zu loben oder in der Luft zu zerreißen, oder sie einfach in einem komplett anderen Licht zu sehen, als die Band selbst.
Wie sieht es da bei Euch aus? Wieviel bedeuten Euch Reviews und Kritiken, und welche (bzw. von welchen Personen) sind für Euch am wichtigsten?

Nun, es bedeutet uns sehr viel. Es wäre blöd, wenn es uns egal wäre, denn die ganzen Metalfans da draußen verlassen sich sehr oft auf Reviews. Und je größer ein Magazin ist, umso mehr Gewicht haben auch die Reviews für sie, denke ich. Vor allem für Leute, die noch nie was von deiner Band gehört haben, sind Reviews besonders wichtig.
Manchmal gibt es Reviews, mit denen wir überhaupt nicht übereinstimmen, und das kann ziemlich ätzend sein. Ich hasse es, wenn die Kritiker unsere Musik manchmal überhaupt nicht verstehen, und manchmal ist es auch offensichtlich, dass sich diese Leute einfach nicht die Zeit nehmen, um unsere Alben anzuhören. Die hören sich das Ding einmal an, und das war’s dann. Gerade unser neues ist wieder eins, was beim Hörer wächst. Das muss man einfach mehrere Male hören, um die ganzen Ideen, die sich darin verbergen, verstehen zu können, und man wird jedes Mal etwas Neues entdecken.
Das war unser erklärtes Ziel und glücklicherweise haben das viele Rezensenten auch gewürdigt. Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir fast ausschließlich gute Kritiken für beide Alben bekommen haben. Wir leben und atmen für unsere Musik, und würden nie etwas veröffentlichen, von dem wir nicht zu 100% überzeugt sind, deshalb enttäuscht es uns, wenn jemand schreibt, es wäre nichts Interessantes. Man arbeitet als Band viele Jahre lang sehr hart, um alles möglichst perfekt hinzukriegen, das ist mehr Arbeit, als sich die meisten Nicht-Musiker vorstellen können. Deshalb denke ich, dass sich jede Band auch ein ehrliches und fundiertes Review verdient hat.

Lass uns nun über Euer neues Werk „In The Wake Of Collisions“ sprechen. Das Thema ist selbstredend „Kollisionen“ – was kannst Du uns über das Konzept des Albums verraten? Was kollidiert wo und mit wem?

„In The Wake Of Collisions“ ist der Titel eines Konzepts, welches verschiedene Aspekte des Hauptthemas ‚Kollisionen‘ bedient. Es ist kein Konzeptalbum in dem Sinne, dass es eine von Anfang bis Ende durchstrukturierte Geschichte mit einem Hauptcharakter gibt, sondern eher ein Konzept, welches das Hauptthema in verschiedenen Szenarios darstellt, die alle offen für Interpretationen sind. Das Kollisionsthema ist metaphorisch zu verstehen. In den Texten geht es um menschliche Erfahrungen, die man in konkreten Situationen macht, wo verschiedene Ideen aufeinanderprallen, Werte, Moralvorstellungen, Demokratie und Tyrannei, Kriege und Wohlstand, Liebe und Hass, Leben und Tod, Religionen und Säkularismus, Kultur, Natur, etc.

Wir Ihr vielleicht wisst, habe ich ja auch ein Review zum Album verfasst – ich werde Euch jetzt nicht mit dem ganzen Text auf die Pelle rücken, sondern einfach mal meine Beobachtungen zusammenfassen. Ich finde, das Album zeigt einen deutlich Fortschritt der Band beim Songwriting; Ihr berührt ein größeres musikalisches Spektrum, seid experimentierfreudiger und variabler geworden, und im Vergleich zum Vorgänger erscheint mir das neue Album homogener und zugänglicher. War das so von Euch beabsichtigt? Neue Ufer zu erreichen und eine intensivere Atmosphäre zu schaffen?

Eine gute Beobachtung. Zuerst einmal wollten wir keinen einfachen Nachfolger zu unserem Debüt machen. Wir hätten alles nochmal so machen können, was in meinen Augen aber weder sinnvoll erscheint, noch eine Herausforderung darstellt. Wir wollten etwas anderes machen, aber gleichzeitig das Extreme erhalten. Unser Hauptziel war, noch viel mehr nach unserem eigenen Sound zu suchen. Und natürlich lieben wir es, uns immer wieder aufs Neue an unsere eigenen Grenzen zu führen. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf machten wir uns daran, neues Material zu schreiben. Es war schon immer unser Ding, Melodisches mit Düsterem und Extremem zu kombinieren – und all das zusammen resultierte letztendlich in dem, was du auf dem neuen Album hören kannst.

Ich war ein bißchen überrascht, wieviele Kritiker Euch in die Nähe von STRAPPING YOUNG LAD brachten, weil das eigentlich gar nichts aussagt, wenn man sich mal SYLs unterschiedliche Sounds und Euren eigenen betrachtet. Was wollt ihr mit Eurem Sound erreichen, und wen würdet Ihr zu Euren persönlichen Einflüssen zählen?

Wir wollen einfach unseren eigenen Sound finden, und damit hoffentlich auch einen, den andere Bands als einflußgebend für sich betrachten. Wenn ich bei Myspace die Profilseiten von anderen Bands anschaue und dort uns bei „Einflüsse“ entdecke, macht uns das echt stolz.
Was unsere eigenen Einflüsse betrifft: da gibt’s eine ganze Menge, völlig unterschiedlich. Andere Bands, aber auch Gefühle, Emotionen. Beim neuen Album haben mich viele Dinge bewegt, die nach der Veröffentlichung unseres Debüts in meinem Leben passiert sind. Es waren diese Dinge, die mich ständig dazu trieben, neue Songs zu schreiben, über Hass, Verzweiflung, Frustration, Kummer und Freude. Solche Gefühle, sowohl negativ als auch positiv, können dabei sehr belebend wirken.
Was die Bands angeht, würde ich sagen, dass wir unsere Inspirationen aus SCARVE, CULT OF LUNA, SYL, DECAPITATED, RED HARVEST, THE AMENTA, MESHUGGAH, TEXTURES und DARKANE ziehen, desweiteren andere Sachen, wie z.B. düstere Soundtracks.

Ihr habt wieder mit Jacob Hansen zusammen gearbeitet, mit dem Ihr nochmal einen drauf setzen konntet, mit einem noch besseren und wärmeren Sound. War er Eure erste Wahl – never change a winning team? Wenn es ihn nicht gäbe, mit wem würdet Ihr dann gern arbeiten?

Für eine kurze Zeit haben wir darüber nachgedacht, einen anderen Produzenten zu nehmen, wenigstens für den Mix. Am Ende entschieden wir uns jedoch für Jacob, und sind auch sehr froh darüber, weil wir im genau sagen konnten, wie das Album klingen sollte, und er es genau so produzierte, wie wir es uns vorstellten. Es sollte dieses Mal etwas anders sein, vor allem was das Schlagzeug angeht. Es sollte etwas akustischer und nicht mehr so mechanisch klingen.
Es war natürlich auch so, wie du es gesagt hast – never change a winning team. Mit Jacob zu arbeiten, ist einfach großartig, er ist sehr professionell und es macht einen riesen Spaß, mit ihm abzuhängen. Andere Produzenten, die für uns interessant wären, sind Andy Sneap und auf jeden Fall Daniel Bergstrand. Aber es gibt eine ganze Menge mehr hervorragender Produzenten, z.B. auch Tue Madsen.

Hören wir eigentlich komplett neues Material auf dem neuen Album? Ich frage nur, weil ich den Eindruck hatte, dass einige Ideen vom Vorgänger fortgeführt wurden, vor allem beim Song „Sanctity Of Allegiance“.

Alles ist neu, jedes Riff wurde exklusiv für „In The Wake Of Collisions“ geschrieben – eben weil das Album anders werden sollte, und wir nur frisches Material dafür verwenden wollten. Damit wir uns aber nicht vollkommen unterschiedlich anhören, haben wir auch Riffs eingebaut, die an unserem Debütalbum anknüpfen und daran erinnern sollen. Es war ja schließlich kein schlechtes Album, also gab es auch keinen Grund, sich mit dem neuen vollkommen davon zu distanzieren. „Sanctity..“ ist ein Beispiel dafür, wie du richtig erkannt hast.

Das einzige, was ich wirklich zu bemängeln hatte, war der Gesangsstil. Was war Eure Intention, bzw. die von Sänger Kasper Thomsen? Was hälst Du von dem Gedanken, dass eventuell etwas mehr Variation in der Stimme (oder möglicherweise der Einsatz einer zweiten Stimme) die Atmosphäre des Albums noch besser unterstützt hätte?

Der Gesang, wirklich? Nun, wir denken, Kasper hat einen erstklassigen Job auf dem Album erledigt und haben auch tonnenweise Lob von anderen Leuten dafür bekommen. Einige meinten sogar, sein Gesang erinnere sie an Devin Townsend, was ich als großes Kompliment empfinde. Ich denke, Kasper wollte einfach sehr extrem klingen, aber auch etwas Melodie in den Gesang einbringen, was man z.B. sehr gut beim Outro von „Eruptions of Red“ oder „Sanctity of Allegiance“ hören kann. In Zukunft werden wir vielleicht noch mehr von dieser Art in unsere Songs einbauen. Solange wir uns nicht irgendwie emo-mäßig anhören, wird das sicherlich auch klappen 😉
Ich denke oft darüber nach, wie interessant es wäre, noch eine weitere Stimme hinzuzuholen, aber andererseits bin ich halt wirklich der Meinung, dass Kasper absolut großartig ist.

Ihr habt ja schon mit einigen berühmten Bands die Bühnen geteilt – welche würdet ihr denn zu Euren persönlichen Favoriten zählen?

Zwei von meinen persönlichen und größten Favoriten sind tatsächlich Bands, mit denen wir schonmal getourt sind: SUFFOCATION und TESTAMENT. Mit ihnen spielen zu können, war eine wirklich große Ehre! Abgesehen davon mag ich sehr unterschiedlichen Kram, größtenteils extremen Stoff. Dazu gehören wie gesagt SUFFOCATION und TESTAMENT, aber auch STRAPPING YOUNG LAD, ROTTEN SOUND, NASUM, DECAPITATED, DEMILICH, DEATHBOUND, MESHUGGAH, KING DIAMOND, ODIOUS MORTEM, FUNEBRARUM, RAUNCHY, SCARVE, FORBIDDEN, und vieles, vieles mehr. Schau einfach mal auf meine persönliche Myspace-Seite (myspace.com/igor_mortis), wenn du die komplette Liste sehen willst.

Man liest und hört ja oft Ausdrücke, die sich auf einen speziellen, dänischen Sound beziehen. „Dänen-Tod“, „Dänen-Stahl“, „Dänen-Hammer“, etc. – Meinst Du, es gibt so einen dänischen Stil, oder ist Stil eher an einen bestimmten Sound als an bestimmte Länder gebunden?

Schwer zu sagen. Ich glaube, man kann oft hören, ob eine Band aus Dänemark kommt, aber dann ist es wiederum so, dass dänische Bands sehr unterschiedlich klingen – was für mich auch das bedeutendste Merkmal dänischer Musik ist. Ich denke, die meisten Bands hier sind vom Thrash Metal beeinflusst, wenn auch nicht in gleichem Ausmaß. Es gibt hier einige coole Bands, und ich bin sehr stolz auf die dänische Szene von heute. Immer wieder gesellen sich neue Bands zu den bekanntesten Namen hinzu, zu denen RAUNCHY, HATESPHERE, MERCENARY, EXMORTEM, THE PSYKE PROJECT, MNEMIC, ILLDISPOSED, ARTILLERY, INVOCATOR und VOLBEAT gehören. Zu den aufstrebenden Bands zähle ich vor allem SLOW DEATH FACTORY (besteht hauptsächlich aus ehemaligen ILLDISPOSED-Mitgliedern), DAWN OF DEMISE, THE BURNING, VIRA und THE CLEANSING.

Auf welchen Festivals und in welchen Ländern werdet ihr denn dieses Jahr wüten? Und wo spielt ihr eigentlich am liebsten: Kleine Club-Gigs oder lieber doch vor einem riesigen Publikum?

Es gibt noch keine handfesten Pläne, aber wir hoffen natürlich darauf, in möglichst vielen Ländern und auf möglichst vielen Festivals in Europa zu spielen. Momentan versuchen wir, Shows für den diesjährigen Sommer zu organisieren. Kleine Clubs sind meiner Meinung nach deshalb so gut geeignet, weil es viel intensiver sein kann, man ist dort ganz nah bei den Fans.

Ok, als letztes noch ein kleines, sinnfreies Fragespiel:

Schlimmst-mögliche Reunion? Die Briten von JAGUAR beim Wacken Festival – es war einfach zum Kotzen!

Beklopptester Albumtitel: Ich weiß, dass ich schon viele, alberne Titel gelesen habe, aber schlag mich nicht, wenn ich mich jetzt grad an keinen davon erinnern kann 🙂

Beknacktester Bandname: Cumgun oder GoreAnus

Hässlichstes Bandlogo, was ihr jemals gesehen habt? Auf dem Wacken Festival hab ich mal ein Poster einer deutschen Band namens „Unlesbares Logo“ gesehen. Das Logo sah natürlich scheiße aus, aber die Idee war einfach zum Schießen!

Dämlichste Interviewfrage, die ihr gestellt bekommen habt? Hm, fällt mir grad keine ein…

So, das war’s dann, schönen Dank und Gruss nach Dänemark! Auf das euch „In The Wake Of Collisions“ eine Stufe höher bringt!

Danke ebenfalls für die interessanten Fragen und die lobenden Worte!

28.01.2008

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