SKÁLD ist nicht nur das aktuelle Album von WARDRUNA, sondern auch der Name einer französischen Band, die spätestens mit der Veröffentlichung ihres Debüts „Vikings Chant“ sowieso die entsprechenden Vergleiche kassieren wird. Beworben werden SKÁLD als „einzigartiges Projekt, das von der nordischen Mythologie inspiriert ist“. Ganz so einzigartig sind sie zwar nicht, doch mit ihrem Neofolk besetzen sie eine Nische, in der sich bisher vergleichsweise wenige Bands niedergelassen haben. Natürlich gibt es auch hier bereits eine Szene, die sich ausgebildet hat, und mit WARDRUNA oder auch den frühen FAUN (deren Sound noch im Oliver S. Tyr-Nebenprojekt KAUNAN nachhallt) auch durchaus größere Namen, die sie vertreten. Insgesamt bleibt diese Art der Musik jedoch (noch) eher eine Randerscheinung.
Altbekannte Instrumente
Nach einem recht minimalistischen (und zugegebenermaßen nervigen) Intro mit Harfengezupfe, einem gesprochenen Text und ein wenig ätherischem Frauengesang geht „Vikings Chant“ mit „Rún“ so richtig los. Der Song stellt sich schnell als starke Nummer heraus und stellt auch die ganze Bandbreite der von SKÁLD genutzten Instrumente vor. Diese sind für den Neofolk-Hörer allesamt altbekannte Klänge. So gibt es allerhand Trommeln sowie Saiteninstrumente, die sich wahlweise zupfen oder mit einem Bogen spielen lassen. Lyra, Talharpa, Citole, Jouhikko und Nyckelharpa sind dabei für das musikalisch eher laienhaft vorgebildete Ohr nur bedingt unterscheidbar. Abgerundet wird mit diversen Perkussions-Elementen, zu denen auch Knochen gehören.
SKÁLD kommt von den Skalden
SKÁLD wollen aber vor allem ein Gesangprojekt sein und stützen sich dabei – wie der Name schon sagt – auf die skaldische Tradition der mündlichen Überlieferung. Mit zwei Sängern und einer Sängerin stellen sie sich dafür gut auf. Tatsächlich legen viele der Stücke auf „Vikings Chant“ – dessen Titel ein weiterer Indikator für den gesanglichen Schwerpunkt ist – den Fokus ganz klar auf das gesungene Wort. Die Texte sind der Lieder-Edda entnommen und daher komplett auf Altnordisch. Wie authentisch die Aussprache dabei ist, ist schwierig zu sagen und für den Durchschnittshörer wahrscheinlich aus relativ irrelevant. Stimmlich punkten SKÁLD jedenfalls und es gelingt ihnen, durch verschiedene Gesangsstile immer wieder neue Atmosphären zu schaffen.
„Vikings Chant“ überzeugt mit Abzügen
Zu empfehlen sind neben dem bereits erwähnten „Rún“ ganz klar „Flúga“, „Gleipnir“ und „Ó Valhalla“. Sie alle haben das Potenzial, einen in eine kleine Trance zu versetzen und beschwören vor dem inneren Auge Bilder aus der TV-Serie „Vikings“ herauf. Es entsteht allgemein der Eindruck, dass die Band nicht unerheblich davon und von den darin verwendeten Stücken von WARDRUNA und EINAR SELVIK beeinflusst wurde, auch, wenn sie dies nicht offen als Inspiration angibt. Böse Zungen mögen sogar behaupten, sie hätten schlicht abgekupfert.
Schwächere Stücke hat „Vikings Chant“ ebenfalls zu bieten. So gewinnen „Krákumál“ und „Ec Man Iötna“ nicht wirklichen einen Blumentopf. Die zweite Hälfte des Albums ist allgemein etwas schwächer als die erste. Der letzte Track „Jóga“, der plötzlich auf Englisch (mit starkem Akzent) daherkommt, ist dann auch noch so schlecht, dass man sich fragt, wieso er denn unbedingt mit auf die Platte musste. Allein hierfür hätten SKÁLD einen Punktabzug verdient. Stattdessen wird dem Hörer empfohlen, einfach nach „Ginnunga“ auszumachen. Bedenkt man aber, dass es sich hier um ein Debüt handelt, lässt sich nicht von der Hand weisen, dass bereits in hoher Qualität abgeliefert und damit eine ganz ordentliche Leitung erbracht wurde.
Anhand dessen, was man auf Youtube hören kann, klingt das ganz gut. Ob die sich deutlich genug von anderen Bands in dem Bereich abgrenzen, ist mir eigentlich egal. Das haben die Skalden sich früher vermutlich auch nicht gefragt. Es erzeugt jedenfalls Stimmung.