Blut aus Nord
Blut Aus Nord
Interview
BLUT AUS NORD scheiden die Geister. Ihr neuestes Album "MoRT" steht irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn und spaltet dementsprechend die Gemüter wie fast keine andere Band! Obwohl sich Vindsval, bekannterweise Kopf hinter der Band, eine menge Zeit gelassen hat, um die folgenden Fragen zu beantworten, stellt er sich als reflektierter und doch redseeliger Mensch heraus, dem das Konzept seines Schaffens mehr als alles andere am Herzen zu liegen scheint.
Grüß dich, Vindsval und vielen Dank im Voraus für das Beantworten der folgenden Fragen. BLUT AUS NORD sind ja nicht gerade dafür bekannt in der Öffentlichkeit viele Worte über die Band oder die Personen dahinter zu verlieren. Die öffentlichen Reaktionen auf euer Schaffen scheinen euch relativ wenig zu interessieren, oder?
Allerdings, wir reden wirklich nicht gerne über uns, einfach aus dem Grund, dass wir uns nicht in diesen Bahnen verstehen wollen. Das einzig wichtige für uns ist die künstlerische Einheit BLUT AUS NORD.
Das Veröffentlichungsdatum von MoRT ist mehrmals verschoben worden. Woran lag es, dass das Album mehr Zeit gebraucht hat, als ihr ursprünglich dachtet?
MoRT ist eben ein sehr komplexes Album. Das Komponieren des Materials war sehr anstrengend und die Aufnahmen stellen sich als verdammt kompliziert heraus, da wir eine präzise Vorstellung vom endgültigen Sound hatten. Wir wussten genau, was wir wollten und da war es einfach unmöglich Kompromisse bezüglich dem Veröffentlichungsdatum einzugehen.
Ihr habt als relativ “normale” Black-Metal-Band angefangen, habt aber im Laufe der Jahre eine extreme Wandlung hinter euch gebracht. Euer heutiger Sound stellt meinen Augen nicht nur eine absolut individuelle Position im Black-Metal-Bereich dar, es ist fast schon eine eigene Art Musik zu definieren. Wie Black Metal sind BLUT AUS NORD noch in euren Augen? Wie würdet ihr eure Musik jemandem beschreiben, der euch noch nicht kennt?
Wie du weißt definieren wir den Black Metal, egal in welcher Form, nicht als bloßen Musikstil, sondern als tief innewohnendes Gefühl das sich nicht in vorgesetzten Richtlinien wie Stimme, Riffs oder Sound ausdrücken lässt. Wir sind in einem stetigen Fortschrittsprozess weil Black Metal eine subversive Kunstform bleiben muss. Diese rebellische Ader ist seine pure Essenz. Die Dinge beginnen zu verrotten wenn man sich nicht weiterentwickelt und es ist sehr wichtig neue musikalische Wege zu erforschen, genau wie es BATHORY, EMPEROR oder BURZUM in der Vergangenheit getan haben.
Black Metal ist ein unverkennbares Gefühl, denn hier liegt die wahre Rebellion.
Es scheint ohnehin essenziell für euch zu sein, sich stetig weiterzuentwickeln. Ist der Fortschritt mitunter die treibendste Kraft hinter BLUT AUS NORD?
Mal ehrlich, wo läge der Reiz wenn es nicht so wäre? Die meisten Bands klingen doch mittlerweile ohnehin wie Kopien von DARKTHRONE, BURZUM, MORBID ANGEL, CARCASS und so weiter.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder du bist selbst führend oder du folgst blind. Wir überlassen Zweiteres den Schwachen ohne Vorstellungskraft und Talent. Die alten Bands sind Wegweiser für uns auf denen wir unser eigenes musikalisches Universum aufbauen, genauso wie wir hoffen, dass unsere Musik irgendwann einmal Basis für eine neue Form des Black Metals in der Zukunft sein wird. Das ist der normale Prozess der Evolution.
“MoRT” ist im Vergleich zu “The Work Which Transforms God” wesentlich langsamer ausgefallen. Trotzdem, oder vielleicht sogar genau deshalb, haben die neuen Songs eine enorme Zunahme an Intensität zu verzeichnen. Was war der Gedanke hinter dieser Veränderung?
Wir wollten ein kriechendes Album, ein hässliches, klebriges und makabres Stück lebloser, folternder Musik komponieren. Die Intensität hatte keinerlei Priorität, wir wollten einfach nur ein krankes Feeling entstehen lassen, das einen die Extremität dieser Seite der Musik spüren lässt. Wir begannen diesen schmerzlichen Weg mit “The Mystical Beast Of Rebellion”, und heute nach “The Work…” und “MoRT” ist das letzte Kapitel dieser schrecklichen musikalischen Inkarnation wahrscheinlich abgeschlossen. Ich glaube wir brauchen wieder mal ein paar Melodien.
Das neue Album klingt verdammt krank, verstört und weltfremd. Ich welcher Stimmung befandet ihr euch beim Komponieren des Materials? Kannst du uns erzählen, wie die Songs entstanden sind?
Wir haben uns fernab jeglicher Harmonielehre bewegt. Es war die perfekte Art und Weise mehr Modulationen in die Gitarrenarbeit einzuarbeiten. Wenn man die Gitarre schnell spielt, hat man keine Möglichkeit den Sound bis zur letzten Schwingung vernehmen zu können. Und genau hier begann unsere Arbeit: Wir benutzten die letzten Schwingungen um ihnen dann einen neuen Klang zu verpassen. Man könnte sagen, dass MoRT auf den Kompositionen von WEBERN, LIGETI , STOCKHAUSEN basiert. Ihre Annäherung an die Musik ist faszinierend und MoRT sollte als extreme Anlehnung an ihr Schaffen betrachtet werden.
Wirkliche “Strukturen” finden sich kaum in den neuen Songs wieder, da das Drumming ja eher perkussionierend wirkt und die Gitarren einen absolut eigenen, dissonanten Sound haben. Wolltet ihr bewusst eine chaotische Stimmung vertonen, oder kam das einfach spontan zustanden?
Alles, aber auch wirklich Alles ist bei diesem Album bewusst kreiert worden. Jede Sekunde dieses Albums ist die Wichtigste.
„Thematic Emanation Of Archetypal Multiplicity“ hatte dadurch, dass zum ersten Mal reine Elektronika in euerer Musik Platz fanden, eine art verbindende Funktion zwischen “The Work…” und “MoRT”. Wie seht ihr die MCD im Kontext eurer gesamten Diskographie?
“Thematic…” ist “nur” ein Teil unserer Diskographie, aber ich kann dir verraten, dass es ein weiteres “Thematic…” mit dem Untertitel “Lighteater” geben wird, da wir diesen elektronischen Aspekt auf diese Weise weiterentwickeln wollen. BLUT AUS NORD ist ein Projekt mit vielen Gesichtern und wir betrachten jedes unserer Alben als Teil einer bestimmten unvollendeten Gesamtarbeit. Es gibt keine “neuen” oder “alten” BLUT AUS NORD. Wir wollen (und müssen) uns in unserer Diskographie weiterbewegen. Bis vor kurzem waren wir sehr “urban” in unserem Schaffen, aber mittlerweile brauchen wir schon wieder etwas Neues. Unsere nächste Veröffentlichung (vermutlich eine langausfallende MCD) wird den Titel “Odinist” tragen (“Ultima Thulee war schließlich nur der Anfang)! Unsere Diskographie ist wie ein Baum mit einem soliden Stamm (nämlich dem, was wir unter Black Metal verstehen, egal welche Form das nun darstellt) und einer Menge abzweigender Äste die unaufhörlich wachsen. All diese Äste repräsentieren verschiedene Universen, die verschiedenen Gesichter BLUT AUS NORDs eben. Wir haben keinen bestimmten Stil Riffs zu schreiben, wir haben eher verschiedene Annäherungen an unseren eigenen Stil, welcher viele Universen entsprechen kann. So ist “Fathers Of The Icy Age”, als Beispiel” genauso zeitgemäß für uns wie “MoRT” in unserer künstlerischen Struktur.
Die MCD stellte ebenfalls den Einstand mit euerer aktuellen Plattenfirma Candlelight Records dar. Wie läuft denn die Zusammenarbeit ab? Seid ihr zufrieden?
Ja, im Moment stimmt alles mit der Plattenfirma. Sie sind professionell und lassen uns auch genau das aufnehmen, was wir wollen.
Ihr habt ja eine Split-EP mit der französischen Band REVERENCE herausgebracht. Was war die Idee dahinter und wird es in Zukunft wiedermal eine derartige Veröffentlichung geben?
Keine Ahnung, vielleicht gibt es irgendwann mal eine richtige Zusammenarbeit, die um ein bestimmtes Konzept herum gestrickt ist, aber eine simple Split-Veröffentlichung wie diese, in der es darum ging 2 Eps zur gegenseitigen Unterstützung zusammenzuwürfeln wird es wahrscheinlich nicht mehr geben. Das ist auch eigentlich eher uninteressant.
Die nächste Frage stellt zwar eine Utopie dar, aber: Wie würde, gesetzt den Fall, dass ihr live auftreten würdet, die perfekte Bühnenshow für dich aussehen?
Diskretes, schwaches Licht, ein sehr guter Sound und ein aufmerksames Publikum!
Ihr werdet in der Presse ja gerne als “Psychedelische Black-Metal-Band” betitelt. Wo ist die Verbindung zwischen BLUT AUS NORD und JETHRO TULL?
Hahaha, ich habe überhaupt keine Ahnung, und ich glaube auch ehrlich nicht, dass wir irgendeine psychedelische Seite haben. Ich meine, wir mögen die progressiven Bands aus den 70ern wirklich gerne aber ich weiß wirklich nicht, was an unserer Musik “psychedelisch” sein sollte…vielleicht liege ich aber auch falsch?!
Ich habe das Gefühl, dass eine Menge Leute gerne wissen würden, welche Drogen ihr euch zu gemühte führt (Das ist die obligatorische Scherzfrage, also nimm sie nicht zu Ernst, hehe)?
Meine Droge ist die Musik, immer und überall und in jeder möglichen Form. Ich muss stetig neue Musikarten entdecken. Das musikalische Komposition ist ein endloses und faszinierendes Rätsel.
Ihr habt BLUT AUS NORD ja im Jahre 1993 unter dem Namen VLAD gegründet, also noch recht früh in der Black-Metal-Bewegung. Die Leute scheinen sich heutzutage ja brennend für die “Black Legions”, “Les Légions Noires” (Eine Art “Svarte Sirkel” in Frankreich) zu interessieren. Wie siehst du die französische Black-Metal-Szene von Damals und Heute? Habt ihr Kontakt zu Bands wie MÜTIILATION oder NEHEMAH?
Die französische Szene ist durch Bands wie DEATHSPELL OMEGA, SPEKTR, ETERNAL MAJESTY, REVERENCE oder ASMODEE interessant, weil sie alle einen eigenen Stil und ein echtes Gesicht haben. Wir pflegen auch gelegentlich den Kontakt zu ihnen. Was die “Black Legions” angeht: Das mag vielleicht für Neueinsteiger höchstinteressant sein, rein musikalisch gesehen ist das Alles allerdings total uninteressant wie ich finde.
Was erwartet uns von eurer Seite aus in Zukunft?
“Odinist” (welches komplett dem Andenken von QUORTHON gewidmet ist), “Lighteater” und wahrscheinlich auch ein neues Album meines Projektes THE EYE!
Ich dank dir für das ausführliche Interview. Letzte Worte?
Vielen Dank für deine Geduld!
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