Swallow The Sun
Swallow The Sun
Interview
Anläßlich des neuen SWALLOW THE SUN Albums "Hope", welches Anfang Februar 2007 offiziell erscheint, fand am 30.11.06 in Hamburger Ballroom eine Listening Session ab, an welcher sich nicht nur die Presse, sondern auch die Fans einen ersten Eindruck des neuen Werkes der Finnen, welches soeben fertig geworden ist, vermitteln konnten. Wenn dann mal die beiden Herren M. Kotamäki (Gesang) und Juha Raivio (Gitarre) in Norddeutschland weilen, packt man dann natürlich gerne die Gelegenheit beim Schopfe und telefoniert mit einem zwar müden, aber trotzdem blendend aufgelegten Juha und löchert diesen mit einigen Fragen zur neuen Platte, dem European Song Contest, den Beach Boys und weiteren Themen.
Hallo Juha! Wie geht es dir? Wie verlief die Listening Session im Ballroom in Hamburg?
Hallo Markus. Mir geht es wirklich ausgezeichnet, alles ist cool, danke der Nachfrage! Die Listening Session verlief wirklich gut, die Leute scheinen unser neues Album „Hope“ zu mögen. Die Party war natürlich auch sehr cool, ich bin daher noch ein wenig müde, verkatert und fertig. Sollte ich also während deiner Fragen einschlafen, halte dich nicht zurück und schreie mich einfach an. Hahaha!
Hahaha, ok, ich werde mein Bestes geben! Ihr habt ja dieses Jahr bereits einen Gig im Logo in Hamburg gespielt, was gleichzeitig euer erster Auftritt in Deutschland war. Wie war dieser Auftritt und welche Eindrücke hast du von Hamburg?
Das war wirklich ein toller Auftritt, auch wenn nicht so viele Leute da waren, was ich aber irgendwo natürlich auch verstehen kann. Trotzdem, ich liebe es, live zu spielen, und das Publikum war auch ausgezeichnet. Der Sound war ebenfalls gut, und das Logo ist ein recht alter, aber sehr cooler Laden. Und natürlich, wie kann man Hamburg eigentlich nicht mögen, haha?
Hehe, ja, ein guter Ort, um Party zu machen!
Hahaha, genau das meinte ich! Das ist wirklich wahr!
Wie war denn das bisherige Feedback seitens der Presse zu eurem dritten und neuem Album „Hope“?
Nun, wir haben bis jetzt erst zwei Reviews von den Listening Sessions gelesen, diese waren aber wirklich gut, ich sollte also die „Hoffnung“ nicht aufgeben, hahahaha!
Hehe, Scherzkeks! Ich finde „Hope“ etwas melodischer und gleichzeitig schwungvoller, es befindet sich meiner Meinung nach mehr Uptempo in den Songs, worin siehst du die hauptsächlichen Unterschiede zwischen „Hope“ und „Ghosts Of Loss“?
Ich gebe dir Recht, „Hope“ hat mehr Uptempo, gleichzeitig wurde der Anteil der Melodien erhöht. Es ähnelt dabei mehr unserem ersten Album „The Morning Never Came“, wobei „Hope“ sogar noch melodischer ist, gleichzeitig auch mehr Doom, zumindest Teile der Songs. Ich ging dabei aber nicht an die neuen Stücke mit dem Wunsch heran, etwas mehr Tempo reinzubringen, sie kamen einfach so aus mir heraus. Dieses Mal waren auch die Begleitumstände anders, es waren bessere Zeiten für uns, vielleicht haben wir deshalb das Album „Hope“ genannt. Während „Ghosts Of Loss“ durchlebte ich eine sehr schwere Zeit, einige Menschen aus meinem direkten Umfeld starben, dies kann man auch wirklich auf „Ghosts Of Loss hören. Vielleicht ist „Hope“ daher ein wenig optimistischer, ich weiß es nicht genau, hahaha es ist schwierig zu sagen, da es natürlich immer noch sehr depressive Musik ist. Es ist etwas mehr Uptempo, also wird uns beim Spielen nicht langweilig, und den Leuten beim Hören hoffentlich auch nicht, hehe!
Erneut wurde auch euer neues Album „Hope“ von Sami Kokko produziert. Was ist das Besondere an Sami? Fühlt ihr euch an die Redewendung „never change a winning team“ gebunden?
Nun, Sami ist erfreulicherweise ein sehr relaxter Typ, und ein sehr guter Zuhörer. Er schafft uns immer eine transparente Produktion, dass man auch wirklich jedes noch so kleine Detail, jede noch so feine Melodie der Gitarre, hören kann. Es ist wirklich eine sehr gute Zusammenarbeit mit Sami. Vielleicht werden wir aber für das nächste Album mal mit jemand anderem versuchen zu arbeiten. Aber das kann ich jetzt noch nicht sagen, das ist alles noch viel zu weit entfernt.
Die Produktion ist wieder einmal sehr gut und unterstützt die schwermütige, traurige und dunkle Atmosphäre, wobei alles ein wenig lebhafter klingt. Wieviel Zeit habt ihr im Studio verbracht und was kannst du uns hiervon berichten?
Die Aufnahmen zogen sich insgesamt 26 oder 27 Tage hin, fast ein Monat also. Die Seawolf Studios liegen auf einer kleinen Insel bei Helsinki. Es ist nicht genau innerhalb der Stadt, man gelangt auf diese Insel nur per Fähre oder Boot. Das Studio befindet sich recht nahe zu uns. Die hatte vielleicht auch ein wenig Einfluss auf den Sound. Die Atmosphäre war dieses Mal jedenfalls eine gänzlich andere. Unsere vorherigen Aufnahmen fanden in dem kleinen, nicht gerade schlechten aber auch nicht besonders tollen Sam’s Workshop statt, welches keinerlei Fenster besaß. Es drang also keinerlei Tageslicht ein.
Erklärt dies vielleicht auch noch die sehr melancholische Ausrichtung von „Ghosts Of Loss“?
Ich weiß nicht genau, vielleicht hatten die Umstände dort tatsächlich einen gewissen Einfluss darauf. Zusammen eben mit der damaligen schweren Zeit. Es war etwas damals, was das Album so klingen ließ, wie es letztendlich tut. Ich kann es nicht sagen, ich bin zu Nahe mit der Musik verbunden.
Was kannst du uns über die Texte von „Hope“ erzählen?
Dieses Mal stammen lediglich vier der Texte aus meiner Feder, drei stammen von unserem Sänger M. Kotamäki und einer von unserem Keyboarder Alexi Munter. Für die letzten beiden Alben schrieb ich fast alle Texte. Es ist eigentlich jedes Mal die gleiche Ausrichtung, hahaha, immer die gleichen Probleme, über Frauen, Menschen zu verlieren, Geister und das Ende der Welt, also wie immer sehr fröhlicher Stoff, hahaha! Grundsätzlich drehen sich alle Texte um diese Themen.
Zum Song „Don’t Fall Asleep“, welcher auch als Single veröffentlicht wird, habt ihr unter der Regie von Antti Hyyrynen ein Video gefilmt. Was gibt es über das Video zu erzählen?
Das Video wird derzeit noch geschnitten, ich habe es also selbst noch nicht gesehen. Es ist für mich daher recht schwierig, sehr viel darüber zu erzählen, da ich nicht weiß, ob sich daran noch einiges ändern wird. Es wurde in einem Schlosshotel in der Mitte Helsinkis gedreht. Das ganze Album dreht sich ein wenig um dieses Thema, wir wurden diesbezüglich ein wenig von dem Film „Shining“ inspiriert. Die Art und Weise sowie die Atmosphäre des Videos ist sehr von David Lynch Filmen wie „Twin Peaks“ oder „Lost Highway“ inspiriert.
„These Low Lands“, ein Song dieser Single, ist ein Cover des ursprünglichen Stückes „Alavilla Mailla“ von Timo Rautiainen und Trio Nisalaukaus. Wie kam es zu der Idee, diesen Song zu covern?
Ich weiß nicht, wie sehr sie in Deutschland bekannt sind, sie haben allerdings bei euch auch schon ein Album veröffentlicht. Ich mag die Band wirklich sehr, das Stück ist großartig. Sie kommen aus einem anderen Teil Finnlands, und als die Band vor ca. 3 Jahren auseinanderbrach, meinte jeder, er hätte die Band sowieso noch nie gemocht. Vorher war es jedoch so, dass eigentlich fast jeder sie liebte, doch plötzlich schlug die Liebe in Hass um. Hass ist vielleicht etwas übertrieben, aber es wurden nicht gerade freundliche Worte darüber gesagt. Wir mussten einfach einen Song einer Band covern, welche derzeit so wenig gemocht wird, und um zu zeigen, welche großartige Band wir alle verloren haben. Es ist schwierig, viel über diesen Song zu erzählen, er unterscheidet sich sehr stark von der ursprünglichen Version. Als Gastsänger konnten wir übrigens Tomi Joutsen von AMORPHIS gewinnen. Es ist ein wirklich schönes Stück, und wir betrachten es als SWALLOW THE SUN Song, auch wenn er eigentlich nicht aus unserer Feder stammt.
Eure letzte Single „Forgive Her…“ stieg in die finnischen Top 20 Single Charts auf Platz 4 ein und blieb für insgesamt sechs Wochen in den Charts, „Ghosts Of Loss“ erreichte Platz 8 der Charts. Wie hast du dich damals gefühlt?
Das war wirklich verrückt und seltsam zugleich, ich hätte das niemals gedacht! Nie hätte ich damit gerechnet, dass wir mit irgendeiner unserer Veröffentlichungen in die Charts kommen, in welchen sich normalerweise Multiseller wie Britney Spears befinden. Nun ja, man sieht mal wieder deutlich, dass in Finnland wirklich alles passieren kann. Vielleicht läuft bei uns manches falsch, hahaha, irgendwas muß doch mit den Finnen flasch laufen, verrückt!
Nun, ich finde sie in dieser Hinsicht dann doch eher cool, hehe!
Hahaha! Also natürlich kann ich mich darüber nicht beklagen. Das Album blieb insgesamt über 3 Wochen in den Charts, was wirklich großartig und seltsam zugleich für eine Underground Band wie uns war. Hehe, wie gesagt, darüber will ich mich nicht beklagen. Wir Finnen neigen ja normalerweise dazu, über alles zu klagen, aber natürlich nicht über so was.
Verständlich! Wie war denn euer Erfolg in anderen Ländern mit „Ghosts Of Loss“?
Ich weiß nicht genau, wie viele Scheiben wir jetzt wo genau verkauft haben, aber natürlich war der Erfolg doch weit geringer als in Finnland. Mit unserer Musik kann man ja auch nicht gerade auf große Verkaufszahlen hoffen. Aber ich hoffe, dass wir nun mit unserem neuen Plattenvertrag mit Spinefarm Records „Home“ in sämtliche Läden bekommen, dass das Album überall erhältlich ist. Ich weiß, dass es in der Vergangenheit teilweise recht schwierig war, unsere Alben überall auf der Welt zu kaufen. Das soll sich jetzt mit Spinefarm verbessern.
Fühltet ihr während des Songwritings und der Aufnahmen zu „Hope“ eine Art Druck auf euch lasten?
Nun, es war etwas seltsam, aber Druck verspürten wir keinen. Das erste Album war schon ein Erfolg, das Zweite ein noch größerer Erfolg in Finnland, aber natürlich halten sich die Verkaufszahlen in einem gewissen Rahmen, wir sind ja schließlich nicht HIM, hahaha, oder produzieren auch nur annähernd ähnliche Musik. Aber für unsere Art von Sound war das schon wirklich großartig. Ich kann das neue Album diesbezüglich nicht einschätzen, erwartet einfach alles Mögliche. Ich denke, wir haben mit „Hope“ einen wirklich guten Job hingelegt. Den Leuten scheint das Album zu gefallen. Ähm, sorry, wie war nochmals die Frage?
Hahaha, ob ihr irgendeinen Druck verspürt habt?
Ach so, hahaha ja, also zuerst machte ich mir natürlich schon Gedanken darüber, wie die neuen Songs klingen sollen. Das letzte Album war wirklich sehr hart zu realisieren. Wir benötigten hierfür ca. sechs Monate, es war eine harte Zeit in jeglicher Hinsicht für mich. 2 Wochen in diesem Zeitraum habe ich nur an den Songs Tag und Nacht gearbeitet. Dieses Mal lief alles besser, auch die Begleitumstände, mein Umfeld. Ich schrieb die neuen Stücke innerhalb von zwei Monaten, es war ziemlich einfach. Ich weiß nicht, also Druck verspürten wir keinen. „Hope“… ich verspüre keine Angst, wenn ich daran denke!
Finnland ist die Geburtsstätte von vielen depressiven Bands, welche eine intensive, leidvolle Stimmung hervorrufen. SWALLOW THE SUN gehören zu diesen Bands. Woher kommt all diese Melancholie?
Das ist eine verdammt gute Frage, welche schwierig zu beantworten ist. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass als wir Kinder waren viele unserer Eltern bereits diese melancholische Musik spielten. Vielleicht ging diese dann in unser Blut über, diese Melodien waren irgendwie immer in unseren Köpfen vorhanden. Natürlich hat das auch mit der Umwelt, in welcher wir uns befinden, zu tun. Die Natur, die häufige Dunkelheit, all das beeinflusst dich natürlich als Mensch und Künstler. Hehe, es ist schwierig, hier Songs über das Surfen zu schreiben. Da kommt dann eben natürlicherweise doch eher etwas wie SWALLOW THE SUN dabei raus.
Hehe, also keine Beach Boys in Finnland?
Hahahaha! DAS wäre natürlich eine großartige Idee für eine Doom Band! Songs zu schreiben über das Surfen, aber die Seen sind zugefroren! „Oh no, we cannot surf! I kill myself!“ Hahaha, wirklich, ausgezeichnet! Ich mag das, eine tolle Idee!
Was hälst du davon, dass LORDI den European Song Contest gewonnen haben?
Ich denke, es ist wirklich gut für Finnland. Aber ich mag auf gar keinen Fall LORDI, KISS sind viel besser! Es war eine gute Sache für diesen Grand Prix, all diese Schockreaktionen! Ich bin froh darüber, dass Finnland die Eier hatte, LORDI daran teilnehmen zu lassen. Das war sicherlich nicht einfach, viele hatten etwas dagegen. Hehe, die ganzen anderen Pussy-Songs dort! Es war jedenfalls gut für Finnland und sicherlich auch für einige finnische Bands.
Euer Keyboarder Alexi Munter spielte einige Parts auf dem neuen INSOMNIUM Album „Above The Weeping World“. Seid ihr mit diesen befreundet und wie ist deine Meinung zu dieser Platte?
Das neue Album ist wirklich gut, genauso wie die Band echt klasse ist. Ich kenne die Leute zwar, habe aber mit ihnen nicht wirklich viel zu tun. Sie sind ziemlich nett, aber du solltest eher Alexi fragen, er hat mehr Kontakt zu ihnen.
Kommen wir zur letzten Frage: Bitte, gibt es irgendwelche Pläne für eine Tour durch Deutschland?
Ja, wir haben definitiv Pläne, durch Deutschland zu touren. Ich hoffe wirklich, dass wir im Frühjahr oder im Herbst 2007 kommen können. Es gibt viele Bands, aber es ist noch nichts spruchreif. Wir würden es auch lieben, auf dem Wacken Open Air oder einem anderen Festival in Deutschland zu spielen. Aber das liegt alles nicht an uns. Natürlich sind wir gerne bereit, hier zu spielen. Ich hoffe, dass den Leuten „Hope“ gut gefällt, das würde einiges für uns einfacher machen, hierher zu kommen. Wobei es nun sowieso ein wenig einfacher für uns sein sollte.
Das klingt doch schon mal sehr gut! Vielen Dank für das Interview und noch einen schönen Abend in Hamburg!
Ich danke dir! Wir müssen nun auf jeden Fall auf die Reeperbahn! Ich hoffe, dass wir uns auf einem Konzert treffen werden. Bis dann!
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