Soul Demise
Soul Demise
Interview
Als Death Metal-Band aus deutschen Landen hat man es nicht leicht, egal ob man die Old-School-Schweden-, die Melo-Schweden- oder die Brutalo-Tech-Grind-Schiene fährt. Beispiele für Truppen, die in den letzten Jahren hochkrätige Alben abgeliefert haben, denen gemessen am Erfolg der Skandinavien- oder Ostblock-Importe aber nie die verdiente Beachtung zuteil geworden ist, gibt es zuhauf. Das letzte SOUL DEMISE-Werk "In Vain" war z.B. eine dieser Scheiben. Nun steht ihr Nachfolger "Blind" in den Startlöchern, auf dem die Bayern einem noch vehementer den Schmalz aus den verdreckten Ohren pusten als zuvor. Sänger Roman Zimmerhackel sieht trotz aller Nachteile für heimische Bands die Situation ganz gelassen.
Servus nach Bayern! Was geht im Land des Stoibers, des Deutschen Meisters, der Weißwurst, des Weißbiers und des Oktoberfestes?
Hi David und servus zurück. Da ein Teil von uns aus Franken ist, möchte ich doch, dass die Nürnberger Rostbratwürste, die Lebkuchen und vor allem der nicht abgestiegene 1.FC Nürnberg nicht vergessen werden. Ansonsten ist alles prima im Hause Soul Demise und wir sind froh, dass es endlich mit der neuen Scheibe losgehen kann.
Zu der ich euch gleich mal beglückwünschen darf. Im Vergleich zum Vorgänger kommt sie weniger roh, aber dafür brutaler und zielgerichteter um die Ecke. Gründe? Wieviel habt ihr in punkto Songwriting seit „In Vain“ dazu gelernt?
Danke für die Glückwünsche. Die werden dankend angenommen. Dass „Blind“ weniger roh erscheint, liegt wahrscheinlich am Sound, da wir dieses mal bei Jacob Hansen und nicht im Berno Studio aufgenommen haben. Der Sound von Hansen ist wesentlich druckvoller und differenzierter als auf unseren Vorgängern. Das Songwriting ist wesentlich ausgereifter. Es wäre auch traurig, wenn wir uns seit „In Vain“ nicht entwickelt hätten, sondern immer noch auf derselben Stufe wären. Dass sich die neuen Songs reifer anhören, liegt auch daran, dass es Andy (Schuhmeier, Git.; Anm. d. Verf.) mittlerweile egal ist, ob wir mit At The Gates verglichen werden. Warum sollte er die Songs schlechter schreiben, bloß um dem Vergleich aus dem Weg zu gehen? Bei „In Vain“ war das noch eher der Fall, während wir „Blind“ so durchgezogen haben, wie wir es für richtig hielten.
Ihr habt immer kurze, prägnante Songs am Start, die nie die 5-Minuten-Grenze überschreiten. Absicht oder Zufall?
Das ist eher Zufall. Uns ist schon im Proberaum aufgefallen, dass die Songs fast alle die gleiche Länge haben. Die letzten hätten wir gar nicht mehr stoppen brauchen, da eh wieder 3 Minuten 50 raus gekommen wären. Mir persönlich sind die kurzen Songs lieber. Ich mag es, auf den Punkt zu kommen, da man bei längeren Tracks schon mal ins Verspielte abdriften kann.
Die fette Hansen-Produktion unterstreicht eure Stärken besser, als der gute, aber doch manche Feinheiten verschluckende Berno-Sound des Vorgängers. Seit ihr deswegen gewechselt?
Das war mit Sicherheit ein Grund dafür. Wir waren uns alle einig, dass die neuen Songs einen fetteren Sound benötigen als unsere Vorgängeralben. Das soll natürlich nicht heißen, dass wir mit Bernos Arbeit nicht zufrieden waren. Aber wir wollten dieses Mal einen moderneren Sound, den wir von Berno eher nicht bekommen hätten. Jacob hat eine super Arbeit geleistet und der Sound ist ein absolutes Brett geworden.
Gestaltet sich das Einspielen einer Platte in Dänemark anders als in Schweden?
Wir mussten nicht soweit mit dem Auto fahren. Das ist doch schon mal was, hehehe. Prinzipiell ist es egal, ob in Schweden, Dänemark oder sonst wo aufgenommen wird. Beim Aufnehmen selbst gibt es keine so großen Unterschiede. Wichtig ist, dass die Umgebung und Stimmung in Ordnung sind. Die Chemie zwischen Produzent und Band sollte stimmen, da man etliche Tage aufeinander hockt und man das ganze nicht nur als zwei Arbeitsparteien sehen sollte.
Ihr habt immer wieder Instrumentals auf euren Platten. Auf der neuen ist „Perishing Blind“ sogar der Quasi-Titelsong. Was könnt ihr durch sie aussagen, wozu sich ein Song mit Vocals nicht eignet?
Das mit „Perishing Blind“ ist eher Zufall. Er war nicht als Titelsong gedacht. Auf unserem Vorgänger „In Vain“ haben wir die Instrumentals schon mal ausgetestet und es hat uns sehr gut gefallen. Sie sind ein guter Ausgleich bzw. Gegensatz zu den anderen Songs, um sich etwas auszuruhen. Für uns ist es wichtig, dass nicht nur die einzelnen Songs gut sind, sondern dass das Gesamtkonzept passt und die Lieder miteinander harmonieren. Das Ganze muß eine bestimmte Struktur bekommen. Damit sich der Hörer nicht langweilt, sind unserer Meinung nach die verschiedenen Stimmungsschwankungen sehr wichtig. Ich denke ich hätte auch gesangsmäßig etwas Passendes zu den Instrumentals gefunden, aber ich muß ja nicht überall meinen Senf dazu geben.
Der Plattentitel „Blind“ kann auf tausend verschiedene Arten interpretiert werden. Welche ist die richtige?
Du hast es eigentlich schon angesprochen. Der Titel ist genau so gewählt, dass sich jeder seine eigenen Gedanken dazu machen kann. „Blind“ steht nicht unbedingt für etwas Bestimmtes. Man kann blind vor Wut sein, „Blind“ kann aber auch für die Krankheit selbst stehen oder, wenn Du es auf einen Text beziehen willst, dann nimm Dir mal „Obtuse“ zur Brust. Jeder kümmert sich nur noch um sich und ist blind für die Probleme seiner Mitmenschen. „Blind“ spiegelt einiges von unserer Wut wider, denn wir können eine gewisse Art, Charaktere und Einstellung vieler Menschen überhaupt nicht leiden. Eben Leute, die hauptsächlich aus Ignoranz und Naivität bestehen, zu dumm und zu faul sind, sich selbst Gedanken zu machen, und sich lieber von Meinungen anderer berieseln lassen. Richtig schlimm wird es, wenn es ins Extremistische, Politische oder Religiöse geht. Wenn man dann noch so scheiße dumm ist, nicht mal zu merken, was man sich selbst und anderen damit antut… Das Frustrierende an der ganzen Sache ist, dass sich tagtäglich in unserem Umfeld solche Typen von Menschen herauskristallisieren.
Das Artwork stellt eine augenscheinliche Verbindung zum Titel her. Allerdings fällt auf, daß ihr euch vom gemalten Cover verabschiedet habt und jetzt mit Photo-Art arbeitet. Eine neue Ausdrucksform?
Was heißt neue Ausdrucksform? Mich persönlich sprechen modernere Cover eher an. Wir waren uns alle einig, daß sich bezüglich des Covers etwas ändern sollte. Ich versuche mich selbst gerade an Covergestaltungen. Aber vielleicht ist es ja auch unterbewusst eine Komplettänderung. Das Line-up hatte sich mal wieder geändert, das Studio wurde gewechselt, es wurde bei einem neuen Label unterschrieben. Wwarum sollte man nicht gleich auch das Artwork ändern?
Ist es richtig, daß die Platte eigentlich schon seit August 2004 im Kasten ist, aber jetzt erst erscheint? Was waren die Gründe?
Ja das ist richtig. Das Hauptproblem war, dass wir mal wieder ohne Label da standen und die Aufnahmen zu „Blind“ mal wieder komplett in Eigenregie in Angriff nehmen mussten. Ein neues Label findet sich leider nicht innerhalb von 2 Wochen. Wir sind froh, dass es mit Remedy geklappt hat. Die nächste CD wird mit Sicherheit nicht solange auf sich warten lassen.
Ist der Vertrag bei Season Of Mist ausgelaufen oder habt ihr euch überworfen?
Dass wir mit SOM nicht zufrieden waren, sieht man ja daran, dass wir mal wieder das Label gewechselt haben. Aber warum und weshalb möchte ich ehrlich gesagt nicht ausbreiten, da es eine Sache zwischen der Band und dem Label ist. Außerdem möchte ich nicht als Lästermaul dastehen. Das gehört sich nicht.
„Blind“ ist eure dritte, richtige Platte unter dem Banner Soul Demise. Das Make-It-Or-Break-It-Album?
Wir sind auf alle Fälle davon überzeugt, dass es das beste Album ist, was wir bis jetzt geschrieben haben. Ob wir jetzt damit den Durchbruch schaffen, kann ich Dir leider nicht sagen. Sicher ist, dass wir uns niemals unterkriegen lassen, auch wenn die CD nicht so einschlagen sollte, wie wir uns das erhoffen. Wir bleiben unserer Linie treu und werden unserer Musik nicht ändern, bloß um vielleicht ein breiteres Publikum zu erreichen und dadurch größeren Erfolg zu haben.
Warum haben es deutsche Bands, die keinen Thrash oder Power Metal spielen, so schwer sich einen größeren Namen zu machen? Betroffen neben euch sind z.B. auch Burden of Grief, die immer geile Platten machen, aber dafür immer noch viel zu unbekannt sind.
Es gibt eben wesentlich mehr deutsche Thrash und Power Metal-Bands als Death Metal-Combos. Selbst im Ausland wird deutscher Metal hauptsächlich mit Thrash in Verbindung gebracht. Der deutsche Death Metal hat es leider noch nicht geschafft, sich zu etablieren, nicht einmal im eigenen Land. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber vielleicht fehlt den deutschen Death Metal-Bands der gewisse Exotenbonus. Ich möchte jetzt auch nicht rumjammern, aber als deutsche Band bekommt man relativ schnell gesagt, daß man nur eine Kopie ist. Schweden ist nun mal das Herkunftsland.
Liegt darin auch begründet, daß ihr trotz stets gelobter Alben und Touren mit u.a. Napalm Death, Illdisposed und Dismember immer noch eine Art Underground-Tip seid?
Es sicherlich ein Grund dafür. Wir müssen uns zumindest nicht nachsagen lassen, wir hätten nichts dafür getan, bekannter zu werden. Denn das, was wir bis jetzt erreicht haben, kann sich, denke ich, sehen lassen.
Die Tour mit Dismember war eure erste Tour mit richtigem Nightliner, oder? Habt ihr es krachen lassen?
OOOOOOOhhhhhh jaaaaaaa! Das war voll der Hit. Es ist einfach geil, sich nicht um irgendeinen Fahrerplan kümmern zu müssen, sondern sich völlig stressfrei in den Bus reinzuhocken, ein Bierchen – o.k. es waren mehrere – zu öffnen und zu feiern. Die Fahrt im Nightliner fördert auch den Zusammenhalt der Bands. Wenn ich mir jetzt vorstelle, wir hätten wieder selber fahren müssen, wäre der Kontakt zu den Bands nie so zustande gekommen wie im Nightliner.
Gibt es irgendwelche besoffenen Peinlichkeiten zu erzählen oder willst du dich lieber bedeckt halten?
Na ja, bei solchen Sachen hält man sich lieber etwas bedeckt. Wobei ich mich gleich am Anfang der Tour ins Fettnäpfchen gesetzt habe. Wie soll es bei meinem Glück auch anderes sein? Ich war ich der letzte, der in den Nightliner stieg und es sah so aus, als wäre für mich keine Schlafkabine mehr frei. „Na toll, zwei Wochen auf der Couch, das kann ja geil werden“, dachte ich mir. Natürlich, wie soll es auch anders sein, hatte ich auch keine Decke und fror mir den Arsch ab. Durch die Kälte wurde ich natürlich des öfteren wach und beschloss alle Kabinen zu durchsuchen. Laut Tourmanager sollte für jeden ein Bett da sein. Ich hatte Glück. Ich fand eine leere Kabine und machte mir es auch gleich bequem. Doch das Glücksgefühl hielt nicht lange, denn da forderte Martin von Dismember, der nur auf dem Klo war, seine Kabine wieder zurück. Ein toller Einstand, oder? Doch am nächsten Tag bekam ich mein eigenes Schlafgemach, denn es hatte nur jemand sein Gepäck in mein Bett gelegt und dieses über Nacht stehen lassen. Shit happens!
Eurer Musik hört man es (zum Glück, wie man heutzutage ja fast sagen muß) nicht an, aber man kann euch durchaus als Metalcore-affin bezeichnen, oder? Euer neuer Bassist war vormals bei Deadlock aktiv, auf eurer Release Party spielen die Hopefulls von Neaera. Wie kommt’s? Verstehte mich nicht falsch, ich mag Metalcore, bin aber momentan echt froh, wenn sich mal eine Platte in meinem Spieler dreht, die mit diesem Genre nichts zu tun hat!
Was unseren neuen Basser Tom betrifft, ist es ja nicht so, dass er keine Metalroots hätte. Er ist eben mehr im Hardcore/Metalcore gelandet. Metal, vor allem Death Metal hat er aber auch schon vorher größtenteils gehört. Dadurch kam dann nach seinem Ausstieg bei Deadlock die Entscheidung, bei Soul Demise als Bassist einzusteigen. Wobei meiner Meinung nach die Grenzen zwischen Metalcore und Death Metal teilweise sowieso schon sehr stark verschwimmen, Metalcore ist einfach nur noch etwas rhythmusbetonter. Zum Thema Neaera:
Das hatte sich eigentlich eher zufällig ergeben, weil Reimut, der Manager von Neaera, ein Bekannter von Tom ist und weil wir die Metalblade-Scheibe der Jungs sehr gut finden. Zufälligerweise hatten wir noch Platz auf unserer Release Party. Da die Jungs im Moment möglichst viel spielen wollen, lag es also nahe sie einzuladen. Außerdem sind sie eine sehr gute Liveband.
Im Metalcore haben deutsche Bands komischerweise wieder Erfolg. Woran liegt’s? Habt euch wohl doch das falsche Genre ausgesucht! 😉
Das heißt, Du glaubst das sich mit Metalcore Geld verdienen läßt? Shit, ich werd gleich mal mit meinen Jungs reden, hehe! Ich denke, mit dem Metalcore verhält es sich wie mit dem Thrash und Power Metal. Es gibt einfach mehr Metalcore-Bands und sie kommen geballter und vermehrt zu Tage.
Wie läuft es im Ausland für euch?
Wenn ich manche Mails aus dem Ausland bekomme, kann ich mich, wenn du mich so fragst, nicht beschweren. Die Resonanzen waren alle sehr positiv. Für uns ist es natürlich sehr wichtig, dass unsere CD auch im Ausland erhältlich ist. Wenn es klappt, wollen wir durch eine Tour unseren Bekanntheitsgrad auch dort erweitern.
Wie ist es um den Zusammenhalt im bayrischen Underground bestellt?
Ich denke, es ist wieder wesentlich besser geworden und die Hilfsbereitschaft unter den Bands kann sich wieder sehen lassen. Ich persönlich hatte den Eindruck, dass es eine Zeit gab, in der dies nicht der Fall war. Als deutsche Band hat man es schwer genug, und deshalb ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, dass wir alle zusammen halten.
Stimmt es, daß du letztes Jahr operiert werden mußtest? Was war los? Ist alles wieder ok?
Ja das stimmt. Aber das Wort Operation kling gleich immer so dramatisch. Das Problem war, dass ich eine fette Entzündung über dem Allerwertesten hatte und diese ziemlich tief herausgeschnitten werden musste. Eine Kinderfaust hätte man in diesem Loch verstecken können, hehe. War eine echte Quälerei, weil der Scheiß nicht genäht werden durfte, sondern offen zuheilen musste. Ich musste sogar 6x am Tag duschen – wie eklig! Aber genug von meinem Arsch geredet…
Viele wissen wahrscheinlich nicht, daß ihr früher mal unter dem Banner Inhuman unterwegs wart. Wie sind eure Erinnerungen an diese Zeit und an euren ex-Fronter Eumel, der jetzt bei Final Breath aktiv ist?
Leider kann ich zu der Inhuman Zeit nicht sehr viel sagen, da ich erst seit „In Vain“ dabei bin. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Jungs genügend geile Erinnerungen daran haben. Von der Inhuman-Zeit ist nur noch Andy übrig geblieben, der das letzte Uhrmitglied in der Band ist. Für ihn ist es bestimmt geil zu sehen, wie sich die Band entwickelt hat und was erreicht wurde. An Eumel brauchen wir uns gar nicht erinnern, da er immer wieder um uns rumschwirrt. Er ist immer noch ein sehr guter Freund der Band, taucht des öfteren im Proberaum auf und trinkt uns unser Bier weg. Wir verstehen und auch mit dem Rest von Final Breath super.
Gibt es die alten Sachen noch zu kaufen? Unterscheiden sie sich vom aktuellen Soul Demise-Stuff?
Die alten Sachen können noch bei uns gekauft werden. Schaut einfach mal auf unserer Page www.souldemise.de nach. Die neuen Sachen unterscheiden sich darin, dass die Songs ausgereifter sind. Das liegt allerdings auch daran, dass man viele Riffs, die man zu dieser Zeit spielen wollte, damals einfach nicht spielen konnte, hehehe. Wäre „Blind“ auf dem gleichen Niveau wie unsere noch in der Inhuman-Phase veröffentlichte Scheibe „Inner Fears“, hätten wir wohl etwas falsch gemacht.
Gut zu wissen, daß von Soul Demise absolut nichts falsch gemacht wurde. Der Rest liegt einmal mehr euch, liebe Leser, an euch da draußen! Seid nicht „Blind“ und überseht diese Band!
Galerie mit 18 Bildern: Soul Demise - Metal Franconia Festival 2022Mehr zu Soul Demise
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..Sindustry is a great album, love the track ‚Indifference‘ !!
mfG aus England