Ill Nino
Ill Nino

Interview

Ill Nino’s Debüt "Revolution Revolucion" schlug 2001 ein wie eine Bombe und machte die sympathischen Jungs aus (Süd-)Amerika zu den Senkrechtstartern des Jahres. Mein dazu geführtes Interview mit Gründungsvater Dave Chavarri (ex-Pro-Pain/ex-M.O.D.) war damals aber nicht ganz so bombig, weil die Qualität eines deutschen Handynetzes an besagtem Tage doch etwas zu wünschen übrig ließ. Dementsprechend weiteten sich dann auch meine Augen, als mich Sänger Cristian Machado kürzlich anrief, um über das neue, demnächst erscheinende Ill Nino-Werk "Confession" und die letzten beiden, aus Bandsicht aufregenden und anstrengenden Jahre zu reden. Denn diesmal leuchtete wieder eine Handynummer auf meinem Display auf. Doch diesmal ging alles störungsfrei ab und so quatschte er auch gleich munter drauf los.

Ill NinoHey Brother, wie geht es Dir?

Hi Cristian! Bin gerade von einem Festival zurückgekommen und deswegen ziemlich unfit.

Ja, das Gefühl kenne ich! Da hilft nur eins: Ganz viel Wasser trinken!

Bin schon dabei. 🙂 Aber lass uns über eure neue CD „Confession reden. Welche Bedeutung steht hinter dem Titel „Confession“?

Der Titel repräsentiert viele meiner Gedanken, die ich in den Lyrics der Platte verarbeitet habe. Ich bin in meinem Leben an einen Punkt gekommen, an dem ich mir einfach ein paar Sachen von der Seele schreiben musste, z.B. einige Gründe, die auch meine Denkweise in den Texten auf der ersten Platte erklären. Dort ging es oft um Aggressionen, Liebe, Hass. Nun war es an der Zeit zu erklären, warum diese Gefühle zur Zeit von „Revolution Revolucion“ dominierten.

In welche übergeordneten Themen hast du diese Begründungen auf dem neuen Album verpackt?

Es gibt eine Menge Diskussionen über Glaube und Nicht-Glaube, einmal mehr über Liebe und Hass, Glück und Zorn, Stolz und Angst. Es geht um die Polarität von Gefühlen.

Also erklären sich Songtitel wie „Te Amo…I Hate You“ oder „Lifeless…Life…“ quasi von selbst.

Ja, absolut!

Wie groß ist die Rolle, die die Religion auf eurem neuen Album spielt? „Confession“ ist ein Begriff, der sofort in diese Richtung abzielt, und auf dem Cover sind zwei zum Gebet gefaltete Hände zu sehen.

Das Artwork geht tiefer, als es auf den ersten Blick scheint. Das Wort „Confession“ steht in einem engen Bezug zu den Lyrics, da es das erste Mal in meinem Leben war, dass ich solche Geschichten erzählt habe. Normalerweise rede ich nicht viel über meine Privatleben oder gestehe der Kirche oder irgendjemand anderem meine Sünden. Aber ich bin wirklich glücklich, Musik machen zu können, um so die ganzen kleinen Dämonen aus mir raus zu bekommen. So kann ich auch viel über mich selbst und andere lernen. Das Artwork dreht sich dabei eher um die Polarität des Glaubens. Die Hände sind zwar zum Gebet gefaltet, aber die Finger sind gekreuzt. Glaube/Nicht-Glaube.

Wie beurteilst die Wichtigkeit von Glauben und Religion überhaupt? Gerade in der zivilisierten Welt treten doch immer häufiger andere Dinge an die Position, die früher einmal Gott und die Kirche innehatten.

Ich glaube, Religion ist immer so wichtig, wie du selbst ihr erlaubst, wichtig zu sein. Sie sollte nicht gebraucht werden, um Leute zu kategorisieren oder, noch schlimmer, zu teilen. Sie sollte nur als eine Glaubensform und als eine Form der Führung durch das Leben gebraucht werden. Alle verschiedenen Weltreligionen haben etwas Positives, das man aus ihnen heraus ziehen kann. Auf der anderen Seite hat aber auch jede ihre negativen Aspekte.

Womit wir wieder bei der Polarität angekommen wären, die auch „Confession“ kennzeichnet.

Genau. Es existiert nichts Gutes ohne das Böse. Wir denken in unserem Leben nie nur an schöne Dinge, genauso wenig denken wir ausschließlich an schlechte Dinge.

Kommen wir mal auf die Musik auf „Confession“ zu sprechen. Als ich letztes Jahr ein Interview mit Dave (dr) gemacht habe, habe ich ihn nach den Gründen für euren Riesenerfolg gefragt. Er sagte, es liege alles in der Mischung aus Neo Thrash und den Latino-Elementen begründet. Inwieweit habt ihr diesen Mix jetzt verfeinert?

So wirklich verfeinert haben wir daran eigentlich gar nichts. Wir wollten unsere Musik nur auf ein höheres Level hieven, was sowohl die Percussion- als auch die Gitarrenperformance angeht. Wir haben mehr experimentiert, haben mehr Percussioninstrumente verwendet. An dieser Steigerung hat vor allem unser neuer Percussionist Danny Cuoto einen großen Anteil. Er und Dave haben unglaublich gut zusammen gearbeitet. Noch dazu haben unsere Gitarrenmelodien einen größeren Latino-Touch als noch auf dem Vorgänger.

Euer Stimmungsspektrum ist ebenfalls größer geworden. Auf der einen Seite gibt es viele Songs, die melodischer sind, auf der anderen ist „Cleansing“ einer der härtesten Songs, den ihr je geschrieben habt.

Exakt. Es geht aber nur darum, immer bessere Songs zu schreiben. Dabei ist es egal, ob sie melodischer oder heavier sind. Es geht um „echte“ Songs, die Leute verbinden und eine positive Message rüberbringen.

Positiv waren gleichermaßen die letzten beiden Jahre für euch. Allerdings auch sehr stressig. Wie habt ihr euch als Band und als Einzelpersonen verändert?

Unser Job ist ein verdammt geiler Job, weil du jeden Tag machen kannst, was du liebst. Aber es ist nicht der einfachste Job, denn er bringt natürlich viel Stress mit sich. Da unterscheiden wir Künstler uns, glaube ich, nicht viel von euch Reportern. (Endlich mal einer, der das erkennt! 🙂 Anm. d. Verf.) Du musst deine Familie zu Hause lassen, wenn du lange auf Tour gehst. Du gibst deinen persönlichen Freiraum auf, wenn du mit vielen Leuten im Tourbus hängst. Das kann sowohl Menschen enger zusammen führen, als auch Menschen voneinander entfernen. Im Falle von Laz (Pina, b), Jardel (Paisante, g), Dave und mir hat es uns enger verbunden. Bei Roger (Vasquez, ex-Percussionist) und Marc (Rizzo, ex-Gitarrist) war wohl das Gegenteil der Fall gewesen. Aber wir vier haben uns nur gedacht: „Hey, wir erleben hier gerade eine Riesenzeit! Wir waren 2 1/2 Jahre auf Tour. Wir müssen das Ding am Laufen halten!“ Wir haben viel Inspiration gesammelt in den letzten Jahren on the road. Und genau diese Erfahrungen drücken wir auf unserem neuen Album aus.

Du hast eben den Ausstieg von Marc und Roger erwähnt. So richtig traurig müsst ihr aber bei dem gefundenen Ersatz in Form von Danny und Ahrue Luster (Ex-Machine Head) nicht sein, oder?

Nein, ganz im Gegenteil! Das waren zwei absolute Glücksgriffe! Ahrue kam von einer Band, zu der wir alle aufschauen. Genauso haben wir alle auch zu ihm als Gitarrist und Person aufgeschaut. Danny kannten wir aus unserer Heimatgegend. Er hat schon oft mit Jardel zusammen gespielt.

Wie hungrig seid ihr wieder auf das Touren nach 2 1/2 Jahren ununterbrochenem Unterwegsseins?

We’re dying to get out again! Das Roadrage-Package mit Spineshank und Chimaira steht an. Das wird absolut ass-kicking. Roadrunner bastelt jedes Jahr ein cooles Ding zusammen. Dieses Jahr wollen wir das ganze noch steigern.

Was hältst du von der Grundidee des Roadrage-Packages mit drei Bands, die mit gleichem Sound, gleichem Licht und gleicher Spielzeit auftreten?

Ich finde das sehr cool. So sollten Touren immer laufen. Wir sind eine Band, die immer ihre Freunde unterstützt hat und diese dementsprechend auch mit auf Tour genommen hat. So hilft man ihnen und der gesamten Szene.

Glaubst du nicht, dass ihr irgendwann mal an einen Punkt kommen werdet, an dem ihr euch einfach nur Ruhe wünscht? Dieser Rhythmus Album – Tour – Album – Tour lässt sich doch ohne Pause auf Dauer nicht durchhalten. Eure Familien wollen ja irgendwann auch mal wieder etwas von euch haben.

Natürlich wird irgendwann jeder an diesen Punkt kommen, aber im Moment sind wir voll drin in dem, was wir machen. Wir sind sehr stolz, Teil dieser Band zu sein. Wir sind sehr stolz, Fans zu haben. Wir sind sehr glücklich, für sie Musik machen zu dürfen. Das wollen wir beibehalten.

Dave hat kürzlich gesagt, dass Ill Nino gekennzeichnet sind durch „Einstellung, Emotion und Aggression“. Also, was ist eure Einstellung? Welche Emotionen legt ihr in eure Musik? Gegen wen richtet sich eure Aggression?

Unsere Einstellung kann man so beschreiben: Lebe, um du selbst zu sein! Folge immer deinem Herzen und lass sich dir nie Leute in den Weg stellen! Mache, was du liebst! Sei stolz darauf, wo du herkommst, was du bist und was du bisher getan hast! Die Emotionen, die wir rüberbringen wollen, sind die Emotionen des realen Lebens. Wir schreiben ein Buch über unsere Leben auf eine musikalische und lyrische Weise. Wir hoffen, dass wir damit andere Leute erreichen können. Wir lieben es, unsere Musik zu spielen und werden das nie aufgeben, weil wir in der glücklichen Lage sind, dies tun zu können. Deswegen wollen wir sie auch so interessant wie möglich gestalten, um andere daran teilhaben lassen zu können. Dadurch wird es dann ebenfalls emotional. Unsere Aggressionen richten sich gegen die Leute, die grundlos Scheiße über uns erzählen. Aber auch gegen Leute mit zwei Gesichtern, die falsch sind, und gegen die allgegenwärtigen Trendhopper, die Sachen nur gut finden, weil sie gerade cool und in sind. Diese Menschen sind nur Mitläufer, die in der Welt nichts bewegen werden.

Lass uns zu guter Letzt noch ein wenig über den Film „Freddy Vs. Jason“ sprechen. Wie kam es, dass euer Song „How Can I Live“ die erste Singleauskopplung aus dessen Soundtrack ist?

New Line Cinema ist die Firma, die diesen Film gemacht hat. Sie wollten, dass der Soundtrack harte Musik featured, damit er zum Film passt. Dann ist Roadrunner auf der Bildfläche erschienen und hat gesagt, dass sie einige Bands hätten, die perfekt auf diesem Soundtrack aufgehoben wären. Als New Line Cinema dann unseren Song gehört haben, wollten sie ihn als erste Single. Dafür möchte ich mich auch noch einmal bei ihnen und unserem Label bedanken.

Hast du den Film schon gesehen?

Ja, ich war in Los Angeles bei der Premiere und hing dort mit den Jungs von Slipknot rum. Viele Schauspieler waren da, viele hübsche Frauen. (lacht) Zum Glück haben mich die Jungs von Roadrunner gefahren, denn ich war verdammt betrunken an diesem Abend. (lacht wieder und lauter)

Ist das Horrorgenre dein favorisiertes Filmgenre?

Nein, nicht wirklich. Ich stehe eher auf ernstere Sachen oder konzeptionelle Filme. Aber ich bin auch auf jeden Fall ein Horror-Fan. Ein Jason-Lunatic bin ich z.B. schon, seit ich ein Teenager war. Bei seinen Filme habe ich mich scheiße noch mal gegruselt. Wenn ich campen war oder ein Mädchen bei mir hatte, wurde ich dann immer daran erinnert, weil Jason in diesem Momenten aufgetaucht ist und jeden getötet hat.

Ich bedanke mich das coole Interview. Die letzten Worte gehören dir.

Kommt zu unseren Konzerten, kauft unsere CD, supportet uns, wenn ihr könnt! Wir sind nicht reich, was mancher vielleicht denkt. Habt einfach Spaß zusammen mit uns!

11.09.2003

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