Hearse
Hearse
Interview
Hearse, die neue Heimat von ex-Arch Enemy Goldkehlchen Johan Liiva, ist eigentlich das geistige Ziehkind seines langjährigen Kumpels Max Thornell. Schon anfang der Neunziger spielte man in Furbowl zusammen, bevor sich ihre Wege trenten, nur um sich Jahre später wieder in einer Band gemeinsam vorzufinden. Da Johan Liiva mittlerweile lieber Golf spielt und an Rock-Opern werkelt, erklärte mir Bandleader Max Thornell höchstpersönlich, warum Arch Enemy eigentlich ziemlich lausig sind, wie er Schulkinder versucht hat zum Satanismus zu bekehren und warum das Album eigentlich ganz anders geworden ist, als er geplant hatte.
Hallo! Könntest du uns „Hearse“ kurz selbst vorstellen?
Hi there! Also, ich bin Max und spiele Schlagzeug, ein bisschen Gitarre und nerve Johan, dass er endlich ein paar Texte schreibt. Mattias spielt Gitarre. Ich hatte zwar versucht, ihn davon zu überzeugen, dass Gibson das einzig Wahre ist, aber er bleibt bei Ibanez. Er muss auch alle meine Spielfehler auf den Aufnahmen ausbessern. Und dann ist da noch Johan. Sein Job ist es, sich die Lunge aus dem Leib zu schreien. Vielleicht irgendwann auch Bass zu spielen.
Wie geht’s dir im Moment so?
Wie’s mir gerade geht? Ich fühle mich furchtbar, um ehrlich zu sein. Ich habe Fieber und „I’m sehr erkältet“. Aber ich musste trotzdem auf die große Demonstration gegen den Irak-Krieg gehen, so dass ich jetzt vollkommen krank bin. Ich versuche nur, die Fragen hier zu beantworten, dann gehe ich ins Bett.
„Dominion Reptilian“ ist jetzt seit ein paar Wochen draußen. Bist du mit der Entwicklung bisher zufrieden?
Ja, ich bin definitiv zufrieden. Es ist schön, das Album endlich draußen zu haben. Die Reaktionen sind auch cool. Es gab aber auch ein paar seltsame Reviews. Einer z.B. dachte, dass wir unsere Riffs bei Kiss geklaut hätten, was doch eine arg seltsame Meinung ist. Ein anderer dachte, wir würden wie Scorpion-Balladen klingen, was nicht gerade von Verstand zeugt. Ich habe so das Gefühl, dass das ein fünfzehnjähriger war, der gerade entdeckt hat, dass Cannibal Corpse cool sind. Und dann hatten wir noch ein sehr lustiges Review in einem holländischen Online-Mag. Als erstes meinte der Schreiber, dass er noch nie von Arch Enemy gehört hätte und als Endnote schrieb er „Gibt es nichts positives an diesem Album? Nein!“ hehehe…
Wer kam eigentlich auf die Idee Hearse zu gründen? Und Warum?
Ich bekenne mich schuldig. Eines Tages bin ich mit einem Sack voll Songs aufgewacht, die nicht so wirklich in meine andere Band passten. „Satanarchy“ spielten Metal a la Slayer, Discharge, Venom und Motörhead. Und wenn du unser Album gehört hast, weißt du, dass das nicht unsere Richtung ist. Also, was macht man? Man gründet natürlich eine neue Band. Je mehr Bands, desto lustiger. „Nicht wahr?“
Hast du die Band also mit einem Konzept in deinem Kopf gegründet oder ist das im Laufe einfach so gewachsen?
Ich hatte schon ein gewisses Konzept, aber da ich nicht wusste mit was Mattias ankommen würde, hatte ich keine vollkommene Vorstellung vom Endergebnis. Oft hatte ich Ideen für Mattias Soli, Licks und Tricks, aber er macht fast immer das genaue Gegenteil von dem, was ich im Kopf habe, was sehr cool ist an dieser Band. Du weißt nie, was am Ende dabei rauskommt.
Wie ist Johan zu euch gestoßen?
Ich habe ihn angerufen und ihm neues Golfequipment und ein Gitarrenstimmgerät versprochen, wenn er bei Hearse einsteigt. Und Johan und Golf sind wie Kaffee und Milch, Liebe und Küsse oder Gene Simmons und Frauen. Natürlich hat er zugesagt. Johan und ich sind seit zwanzig Jahren Freunde „so it felt ziemlich naturlich“, dass er dabei ist.
Erzähl doch mal kurz etwas vom Songwriting. Wer schreibt die Stücke? Und wer entscheidet, was auf das Album kommt?
Ich schriebe die meisten Riffs und lege die Strukturen fest. Manchmal mache ich auch die Gitarrenleads. Weißt du, ich bin immer der „Drummerboy“ gewesen und das heißt oft, dass du nicht wirklich in das Songschreiben mit einbezogen wirst. Diesmal bin ich da einfach was egoistisch, hehe. Mattias und Johan haben aber viel Freiheit „to entwickeln the songs“.
Ich höre eine Menge späte 80er/frühe 90er Metal- und Punk-Riffs auf dem Album. Hattest du das so schon im Hinterkopf oder ist das auch spontan so gekommen?
Das 80er Metal-Feeling ist alleine Mattias Schuld. Lustig, dass du auch Punk-Elemente in unserer Musik hörst, dass hat nämlich noch keiner vor dir erwähnt. Aber Johan und ich sind mit Punk aufgewachsen und ich bin ziemlich sicher, dass man das hören kann. Ich schätze mal, Hearse ist eine Punk-Rock-Band, die sich als Metal-Band verkleidet hat, hehe. Ich wollte auf jeden Fall ein bisschen Punk und Heavy Metal mit reinbringen. Wir alle hören so viel verschiedene Musik, von soft bis extrem, dass mein Ziel war Musik zu machen, die viele Stilelemente in sich vereinigt. Aber nichts kommt so, wie ich es ursprünglich geplant habe, also vergessen das.
Ich schätze mal, dass gerade Mattias viel damit zu tun hat.
Definitv ja! Er hat noch nie Death-Metal gemocht. Darum habe ich ihn ja gefragt, weil ich jemanden wollte, der nicht in dieser Szene steckt. Mattias hat viel Troubadour Zeugs gemacht und ist auch ein genialer klassischer Gitarrist. Ich bin sehr froh, dass er mit an Bord ist. Wir haben sogar mal zusammen in einer Band eines Lehrers gespielt, an der Schule wo wir gearbeitet haben. Wir haben auch „the Schulabschluss und so weiter“ gespielt. Und obwohl ich wusste, dass die Kids uns gerne etwas Metal spielen gehört hätten, wollte es der Direktor nicht erlauben, hehe. Ich erinnere mich aber, dass Mattias mal Metallica und Nirvana mit ein paar Achtklässlern gespielt hat. Unserer eigentliches Ziel war es, den Kindern beizubringen Satan zu huldigen. Was denn sonst?
Euer Album klingt sehr viel rauer und roher als die meisten Veröffentlichungen in Melodic-Death-Sektor, die eher sehr sauber produziert sind.
Ja, ich habe Johan die ganze Zeit wegen seiner Frisur geärgert. Er war also immer so richtig angepisst, wenn er gesungen hat. Eigentlich ist die Produktion nicht so geworden, wie ich sie mir vorgestellt hatte, aber das ist anscheinend immer der Fall. Wir haben das Studio ausgewählt, weil mir die letzten dort produzierten Alben, z.B. die beiden letzten Entombed Scheiben, sehr gefallen haben. Der Sound ist schon ein wenig primitiv, aber gleichzeitig sehr aggressiv und heavy. Wir wollten jetzt nicht wie Venom klingen, auch wenn ich deren Alben sehr mag, aber immer noch sehr rau und nicht so sauber.
Wie kamt ihr auf „Dominion Reptilian“ als Titel? Magst du etwa Schlangen? Was verbirgt sich dahinter?
„Schlangen sind cool, no doubt about that!“ Ich will es mal so erklären. Sieh die „Dominion“ als die Welt, in der wir alle leben. Die kriechenden Schlangen könnten dann all die bösen Kräfte unseres Planeten repräsentieren, die versuchen sie zu übernehmen. Wir leben schon in einer total verrückten Welt.
Auf dem Album sind einige sehr dunkele und depressive Stücke – „Abandoned“, „End of Days“,
„So Vague“, „The Unknown“ – enthalten. Zieht dich dieses Thema sehr an?
Dafür ist Johan verantwortlich. Ich meine, er hatte schon eine verdammt harte Zeit nach dem Arch Enemy Split. Ich gehe mal davon aus, dass es kein großes Geheimnis ist, dass er danach fast zwei Jahre lang unter einer Brücke gewohnt hat. Ich denke, dass reflektieren auch die Songs, die nicht gerade von Blumen, Clowns und Happy Endings handeln.
Auf der LP und Digipack-Version sind zwei Bonustracks enthalten. Was kannst du uns über die verraten? Stammen sie aus den selben Aufnahmen wie das Album?
Wir haben elf Lieder in der selben Session aufgenommen. Zwei davon, „Torch“ und „Avalon“, haben wir für die 7″ Single verwendet. „Avalon“ ist auch einer der Bonusstücke. Und „The Unknown“ passte einfach nicht zu den anderen Songs. Von daher war es ziemlich natürlich, es nicht auf dem regulären Album zu haben.
Da Johan ja früher bei Arch Enemy war, werden die Leute sicherlich immer versuchen, euch mit ihnen zu vergleichen. Siehst du irgendwelche Ähnlichkeiten zwischen den beiden Bands?
Also, zuerst einmal sind Arch Enemy ja wohl ziemlich lausige Musiker, um sie mit uns zu vergleichen. Ich meine, hör dir mal ihre beiden Gitarristen an, die sind doch fürchterlich! Und ihr Schlagzeuger kann ja nun überhaupt nicht spielen. Ich weiß nun wirklich nicht, wie man da irgendwelche Ähnlichkeiten zu uns sehen kann. Nee, nur ein Witz! Arch Enemy sind einer meiner schwedischen Lieblingsbands. Ihre Alben sind geil und live sind sie eh noch besser. Aber ich denke nicht, dass wir vom Sound her uns sehr ähneln, außer vielleicht, dass wir beide sehr zu Gitarrenlicks und Spielereien tendieren.
Wie sieht es denn dieses Jahr mit Festivals und Live-Aktivitäten aus?
Im Moment ist da nix geplant. Aber es wäre cool, ein paar Shows zu spielen. Ich war schon lange nicht mehr on the Road.
Werdet ihr eure Besetzung für den Fall, um Tourmusiker erweitern?
Ja, das ist der Plan. Johan hat zwar auch in Furbowl Bass gespielt und gesungen, aber das steht diesmal nicht zur Debatte, da er angefangen hat Golf zu spielen und keine Zeit hat, sich die Basslinien reinzuziehen.
Was sind deine Pläne für die nächsten 1-2 Jahre mit Hearse?
Wir haben jetzt fünfzehn neue Songs fertig und ich hoffe sehr, dass wir die Möglichkeit haben werden, in nächster Zeit unser zweites Album aufzunehmen. Ein paar Auftritte wären auch gut. Johan schreibt zur Zeit haufenweise Texte und hat auch schon eine Rock-Oper, basierend auf Tiger Woods Leben, geschrieben. Das Stück wird „Fore“ heißen und hoffentlich auf einem Golfplatz in Stockholm nächstes Jahr aufgeführt werden.
Möchtest du sonst noch etwas los werden?
Erst einmal, „vielen Dank a lot“ für euer Interesse in Hearse. Dann hoffe ich, dass wir bald mal Deutschland mit Hearse besuchen werden. Ich bin schon eine ganze Weile nicht mehr da gewesen und es wäre mal wieder cool. „Alles gut!“
Mehr zu Hearse
Band | |
---|---|
Stile |
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37299 Reviews und lass Dich inspirieren!
Kommentare
Sag Deine Meinung!