Ill Nino
Ill Nino

Interview

Nachdem vor knapp einem Jahr unser geplantes Liveinterview mit Ill Nino während ihrer Deutschlandtour als Support von Machine Head dank der abendlichen Verkehrslage rund um Offenbach ins Wasser gefallen ist, konnten diesmal keine Staus und gestresste Feierabendberufsverkehrler das Telefonat zwischen mir Drummer Dave Chavarri stören. Er und seine Truppe befanden sich nämlich vor ein paar Wochen wieder auf einem Deutschlandtrip (diesmal als Headliner) und so ergab es sich, dass er abends vor einem Gig gut gelaunt per Handy bei mir durchklingelte. Aber auch diesmal gab es diverse Hindernisse zu überwinden. Erstens war die Verbindung nicht so beschaffen, als dass man mit ihr Werbung für deutsche Mobilfunknetze hätte machen können, und zweitens war im Hintergrund eine der Vorgruppen gerade fieberhaft mit ihrem Soundcheck beschäftigt, sodass sogar er teilweise Probleme hatte, mich zu verstehen. Einiges ist jedoch druckreif herübergekommen.

Ill NinoHi Dave! Wie geht’s Dir?

Oh danke. Alles ist cool, cool, cool!

Wo seid ihr gerade und wie läuft die Tour bis jetzt?

Wir sind gerade in Bielefeld. Die Tour läuft unglaublich. Bis jetzt waren es sieben Shows und alle waren ausverkauft oder wenigstens kurz davor. Das ist ein gutes Gefühl. Dies ist jetzt unser 21. Monat on the road, in dem wir uns unsere Ärsche für das Publikum aufreissen. Da tut so ein Zuspruch natürlich besonders gut. Die Kids unterstützen uns hervorragend, unsere neue Single samt Video erscheint in Kürze. Alles ist positiv.

Du klingst auch sehr zufrieden. Was gibt es heute vor dem Gig noch alles zu tun für euch?

Erstmal stehen für fast alle von uns noch ein paar andere Interviews auf dem Zeitplan. Dann geht es natürlich an den Soundcheck. Danach gibt’s Abendessen und dann bereiten wir uns auf unsere Show um 22.30 Uhr vor.

Wie sieht bei euch ein normaler Tourtag aus? Ist das wirklich so monoton, wie es manche immer schildern?

Ein wenig ist das schon so. Du stehst morgens auf, duschst und frühstückst, was sehr wichtig ist, da man sich auf Tour tunlichst gesund und vor allem rechtzeitig ernähren sollte. Denn abends nach der Show gibt es meistens nur Essen, nach dessen Genuss du dich wie Scheiße fühlst. (lacht) Jeder tut halt das, was er kann.

Vor ein paar Wochen wart ihr beim Ozzfest mit dabei. Wie war diese Erfahrung für euch?

Sehr cool. Erst haben wir das Ozzfest in Europa zusammen mit P.O.D. gespielt. Danach ging es sofort zurück in die Staaten, wo wir an der amerikanischen Ausgabe des Ozzfests teilnahmen. Wir touren uns echt den Arsch ab, um sicherzustellen, dass es für uns gut weitergeht. Dazu hat das Ozzfest mit Sicherheit einen großen Teil beigetragen, da wir überall sehr gut ankamen. Noch dazu kannst du die ganze Zeit mit coolen Bands und Freunden abhängen und eine verdammt geile Zeit mit ihnen verbringen.

Zu diesen Personen gehörte mit Sicherheit auch Drowning Pool-Sänger Dave Williams. Wie habt ihr die Tragödie um seinen Tod während der Tour miterlebt?

Das war in der Tat sehr hart. Ich bin nicht nur ein Fan dieser Band. Wir haben uns während der Jägermeister-Tour im März sehr gut angefreundet. Als wir von seinem Tod im Tourbus erfuhren, machte sich überall tiefste Traurigkeit breit. Aus Repsekt ihm gegenüber cancelten wir erstmal unsere Show. Danach trafen wir seine Eltern. Seine Bandkollegen hingen sehr lange bei uns im Bus ab. Jeden Abend auf der Bühne benutzten wir das Drowning Pool-Banner als Hintergrund.

Kommen wir weg von solch traurigen Themen. Was waren für dich die schönsten Momente in den letzten Jahren?

Das war mit Sicherheit der Anfang ebendieses Ozzfests. Alle waren da. Drowning Pool, Hatebreed, Rob Zombie. Sie alle sind Freunde von mir. Die Festivals in Deutschland wie Rock am Ring oder Rock im Park gehörten mit Sicherheit auch zu den größten Momenten in der bisherigen Karriere Ill Ninos. Alle diese glücklichen Momente mit den traurigen und schwierigen zusammen genommen haben uns zu einer großen Familie gemacht. Jeder passt auf den anderen auf und kümmert sich um ihn.

Euer Album kam vor etwas mehr als einem Jahr auf den Markt, ihr seid jetzt seit fast zwei Jahren auf Tour. Ist es nicht Zeit für eine Pause? Seid ihr nicht langsam müde?

Ich bin verdammt müde. Aber trotzdem fühlt es sich jedesmal, wenn wir auf die Bühne gehen, wieder an wie beim ersten Mal. Wir sind eine ziemlich energetische Liveband. Wir lieben es da oben zu stehen. Aber das schützt ja nicht vor Verschleißerscheinungen. Wenn unsere Tour im Dezember zu Ende geht, waren wir 23 Monate unterwegs gewesen. Dann geht es über Weihnachten und Silvester erstmal nach Hause. Danach machen wir uns daran, unser zweites Album, für das wir schon mehr als die Hälfte geschrieben haben, fertig zu stellen. Wir hoffen, wir werden damit so gegen März/April nächsten Jahres fertig. Tja, und danach geht es dann wieder auf Tour.

Dieses exzessive Touring ist mit Sicherheit einer der Gründe für euren großen Erfolg. Woran liegt das Deiner Meinung nach noch? Daran, dass Neo Thrash gerade sehr populär ist? Oder an euren lateinamerikanischen Elementen in der Musik? Oder liegt es allein an der massiven Promoarbeit durch Roadrunner Records?

Ich denke, dass es eine Kombination von allem ist. Wir haben einen originellen, frischen Sound, die Latinoelemente heben uns von der Masse etwas ab und unser Label steht voll hinter uns.

Du hast gerade eben euer neues Album angesprochen. Kann man dazu schon etwas Druckreifes sagen? Gibt es Änderungen oder Weiterentwicklungen im Ill Nino-Sound?

Ja, wir sind etwas erwachsener geworden. Das Teil wird heavier werden als noch „Revolution Revolucion“, dabei aber auch melodischer ausfallen. Die Latinoparts haben wir etwas ausgeweitet. Trotzdem wird es aber weiterhin alles beinhalten, wofür Ill Nino bisher gestanden haben und weiterhin stehen werden.

Würdet ihr eigentlich jetzt ein Jahr nach Veröffentlichung, wo sich das Material gesetzt hat, etwas an euerm ersten Album ändern?

Nein, ich bin immer noch total zufrieden mit dem Resultat. Und selbst wenn mir etwas missfallen würde, würde ich es nicht ändern wollen, da sich jeder Mensch mit der Zeit weiterentwickelt. Sei es in punkto Musikverständnis oder in punkto Persönlichkeit. Alles im Leben entwickelt sich weiter. Deswegen würde ich aufgrund des persönlichen Fortschrittes in der Vergangenheit nichts ändern wollen.

Warum habt ihr als Titel eigentlich dasselbe Wort in zwei verschiedenen Sprachen verwendet?

Nun, wir sind eine spanisch sprechende Band. Jeder kommt mehr oder weniger aus Lateinamerika. Und obwohl wir jetzt meist in den USA weilen, sind wir immer noch stolz auf unsere Wurzeln. Deswegen der zweisprachige Titel. Als politisches Statement soll er nämlich nicht verstanden werden, da sich diese Revolution auf einen selbst bezieht. Wenn dir etwas in deinem Leben nicht gefällt, dann beweg‘ verdammt nochmal deinen Arsch und ändere diese Sache nach deinen Vorstellungen ab!

Aber auch wenn ihr alle lateinamerikanische Wurzeln habt, so vereinen Ill Nino doch sehr viele kulturelle Unterschiede. Du kommst aus Peru und der Rest kommt entweder aus Brasilien oder ist in Amerika geboren. Wie funktioniert das?

Darüber haben wir eigentlich nie wirklich nachgedacht. Die Chemie zwischen uns stimmt einfach. Wir glauben alle an dieselbe Sache. Das ist das, was zählt.

Eure Musik wird gerne als Mischung aus Machine Head, Slipknot und Linkin Park beschrieben. Würdest du diesen Vergleichen zustimmen?

Ich mag Linkin Park sehr gerne. Sie schreiben großartige Songs, machen sehr gute Musik. Wenn wir also mit ihnen verglichen werden, kann ich das nur cool finden. Aber im Prinzip kannst du uns vergleichen mit wem du willst, da jeder alles immer mit irgendetwas vergleicht. Das liegt irgendwie in der Natur der Sache.

Wie steht es um deine Beziehungen zu den Bands, in denen du vorher aktiv warst? Hast du zu M.O.D., Pro-Pain oder Soulfly noch Kontakt?

Ja, das sind alles gute Freunde von mir, die ich auch regelmäßig sehe. Ich wünsche ihnen allen alles Gute.

Auf eurer Homepage steht, dass Prag die Stadt ist, in der du live am liebsten auftrittst. Warum?

Prag ist einfach eine wunderschöne Stadt. Ich bin kein Fan von Architektur, aber für Prag mache ich eine Ausnahme. Ich liebe die Bauwerke dort, die alten Kirchen, die Kopfsteinpflasterstraßen. Diese Stadt transportiert ein ganz bestimmtes Gefühl. Wenn ich weiß, dass wir nach Prag kommen, freue ich mich immer wie ein kleines Kind und laufe die ganze Zeit nur durch die Stadt, weil sie so schön ist.

Das ist wohl wahr, wobei ich zugeben muss, dass ich von meinem letzten Kneipenbummel durch Prag nicht mehr allzuviel weiß. 🙂 Gibt es auch Städte oder Länder, die ihr aufgrund des Publikums bevorzugt?

Deutschland ist immer sehr cool, weil ihr ein sehr gut aufgelegtes Publikum habt. Genauso ist es auch in England oder Amerika. Aber im Prinzip lieben wir jeden Ort, an dem wir spielen. Ich war mit 18 zum ersten Mal auf Tour, jetzt bin ich 34. Es ist trotzdem immer wieder dasselbe geile Gefühl, wenn du die Bühne betrittst und merkst, dass dich das Publikum mit offenen Armen empfängt. Das macht einen sehr glücklich, glaub mir.

Ich kann es mir vorstellen. Wenn du nun schon so glücklich bist, was ist das große Zeil, dass ihr mit Ill Nino erreichen wollt?

Wir wollen mit unserer Musik so viele Leute wie möglich überall in der Welt erreichen. Wir sind eine internationale Band und nicht nur auf Amerika oder Europa fokussiert. Wir wollen überall spielen. Ihr könnt euch vormerken, dass wir mit jeder CD mindestens drei Mal zu euch auf Tour kommen. Wir wollen mit unseren Fans immer in Kontakt sein und bleiben.

Dann bedanke ich mich für das Interview, wünsche viel Glück für den Gig heute Abend und gebe dir hiermit die Möglichkeit noch ein paar Worte an eure Fans zu richten.

Erstmal möchte ich ein paar Dankesworte an euch von der Presse loswerden, die ihr euch auch immer um uns gekümmert habt. Genauso wie unsere Fans. Danke, dass ihr alle immer für uns da wart. Wir lieben euch und sind im Gegenzug auch immer für euch da.

31.10.2002

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